Das bezeichne ich nicht als Bürger!
Mittwoch, 30. September 2009
Nicht dass man niedergeschlagen sein müßte, falls man Hans Rudolf Wöhrls Definition, wann man als Bürger gelten dürfe und wann auf keinen Fall, nicht entspricht. Es ist kein nennenswertes Ziel, zu jenem bürgerlichen Kreis aufschließen zu wollen, in dem sich Wöhrl und seine Spießgesellen räkeln. Kein halbwegs belesener Mensch möchte innerhalb von Hinterfotzigkeit, Wichtigtuerei und Aufgeblähtheit ausharren, die in jenen Sphären Bürgertum stets bedeuten. Nein, es ist wahrlich kein Ziel, den bürgerlichen Entsprechungen des Wöhrls zu genügen.
Und dennoch heißt es Ohren spitzen, wenn uns Wöhrl die bürgerliche Welt erklärt: "... also, ich betrachte alle Leute nicht als Bürger, die nur - und zwar ausschließlich - den Staat diffamieren, die nur vom Staat Forderungen stellen und eigentlich nicht bereit sind, Gegenleistung zu bringen - das bezeichne ich nicht als Bürger." Wen er damit wohl meint? Es liegt nahe, die einfachsten Schlüsse zu ziehen, denn gemeinhin ist bei denen, die vorgeben, die Köpfe der Bürgerswelt zu sein, nicht mit Tiefgründigkeit zu rechnen. Keine Gegenleistung bringen Arbeitslose. Dafür stellen sie unentwegt Forderungen. Das ist in dieser Republik keine rauschige Stammtischparole mehr, das ist mittlerweile Standardrepertoire jedes ernstzunehmenden Demokraten. Man darf sich sicher sein, dass Wöhrl genau jene meinte. Gabor Steingart, Wöhrl in jener palavernden Runde schräg gegenüber sitzend, schritt ein. Selbstverständlich seien auch Arbeiter Bürger, diese historische Sichtweise sei heute passé. Natürlich, Steingart, der Sozialstaatsfeind, der seit Jahren nur neoliberalen Unsinn nachbetet, ergreift lediglich für jene das Wort, die auf Transferleistungen nicht angewiesen sind, die ihm nicht auf der Geldbörse liegen. Dem Arbeitslosen wollte er jedoch keine Bürgerrechte nachsagen, die verschwieg er einfach, obwohl offenbar war, dass Wöhrl nicht solche meinte, die auf dem freien Arbeitsmarkt Unterschlupf gefunden haben.
Später relativierte Wöhrl emsig, nachdem er bemerkt hatte, dass seine sonntägliche bürgerliche Bierlaune nicht alle Anwesenden ergriffen hatte. Kommunisten und solche Leute, die bei dieser ultralinken Partei mitmischen würden, seien für ihn keine Bürger. Weltanschauliche Freiheit findet bei Wöhrl also auch nicht statt, das heißt, die Weltanschauung darf natürlich frei gewählt werden - man ist ja liberal. Aber wer sich zu sehr von den gesellschaftlichen Vorgaben wegorientiert, der muß seine Freiheit eben damit bezahlen, für Wöhrl und Konsorten nicht mehr als Bürger durchzugehen
Wirklich, man muß sich nicht grämen, den bürgerlichen Vorgaben jenes Herrn nicht zu entsprechen. Hinterfragen muß man seine Definition aber schon. Denn hier wird offenbar, dass der Begriff des Bürgertums nicht historisch entschwunden ist, sondern immer latent im Weltbild seiner Kaste mitschwang. Es ist ja nicht so, dass er mit diesem Begriff lediglich separiert. Das wäre an sich schon bedenklich genug. Er sagt damit einerseits, "das sind wir, das seid ihr!", und andererseits bewertet er, "wir sind wer, ihr seid niemand!", was deutlich macht, wo für ihn Mensch beginnt, wo Ding anfängt. Die Verdinglichung wird sprachlich fassbar: "Das bezeichne ich nicht als Bürger", erklärte er. Das! Wen er nicht als Bürger begreife, hat er nicht aufgezeigt, aber was er nicht als Bürger versteht, das schon. Unterbewusst spielt das Sächliche die erste Geige, verdeutlicht seine arrogante Auffassung.
Hier wurden herablassend Menschen sortiert. Gutsherren wie Wöhrl reichen dazu einige Nebensätze, sie machen sich nicht einmal die Mühe, jemanden ausführlich und nachdrücklich ihre Menschenverachtung zu erklären. Aber was gibt es da auch zu erklären? Er ist exemplarisch für eine Gruppe, die sich als Herrenmenschen der Gesellschaft wahrnimmt, die Bürgerrechte willkürlich verteilen oder aberkennen würde, wenn sie nur die exekutive Macht dazu innehaben würde. Solche Musterstücke von Bürgersleut' setzen sich dann vor die Kamera, sprechen Menschen den Bürgerstatus ab, schimpfen kurz danach über die undemokratischen Kommunisten und wähnen sich in königlicher Unantastbarkeit. Nach dem letzten Sonntag brechen herrliche Zeiten für derlei Egomanen an. Nein, wahrlich, wer will schon der bürgerlichen Vorstellung dieses Kerls gerecht werden?
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Und dennoch heißt es Ohren spitzen, wenn uns Wöhrl die bürgerliche Welt erklärt: "... also, ich betrachte alle Leute nicht als Bürger, die nur - und zwar ausschließlich - den Staat diffamieren, die nur vom Staat Forderungen stellen und eigentlich nicht bereit sind, Gegenleistung zu bringen - das bezeichne ich nicht als Bürger." Wen er damit wohl meint? Es liegt nahe, die einfachsten Schlüsse zu ziehen, denn gemeinhin ist bei denen, die vorgeben, die Köpfe der Bürgerswelt zu sein, nicht mit Tiefgründigkeit zu rechnen. Keine Gegenleistung bringen Arbeitslose. Dafür stellen sie unentwegt Forderungen. Das ist in dieser Republik keine rauschige Stammtischparole mehr, das ist mittlerweile Standardrepertoire jedes ernstzunehmenden Demokraten. Man darf sich sicher sein, dass Wöhrl genau jene meinte. Gabor Steingart, Wöhrl in jener palavernden Runde schräg gegenüber sitzend, schritt ein. Selbstverständlich seien auch Arbeiter Bürger, diese historische Sichtweise sei heute passé. Natürlich, Steingart, der Sozialstaatsfeind, der seit Jahren nur neoliberalen Unsinn nachbetet, ergreift lediglich für jene das Wort, die auf Transferleistungen nicht angewiesen sind, die ihm nicht auf der Geldbörse liegen. Dem Arbeitslosen wollte er jedoch keine Bürgerrechte nachsagen, die verschwieg er einfach, obwohl offenbar war, dass Wöhrl nicht solche meinte, die auf dem freien Arbeitsmarkt Unterschlupf gefunden haben.
Später relativierte Wöhrl emsig, nachdem er bemerkt hatte, dass seine sonntägliche bürgerliche Bierlaune nicht alle Anwesenden ergriffen hatte. Kommunisten und solche Leute, die bei dieser ultralinken Partei mitmischen würden, seien für ihn keine Bürger. Weltanschauliche Freiheit findet bei Wöhrl also auch nicht statt, das heißt, die Weltanschauung darf natürlich frei gewählt werden - man ist ja liberal. Aber wer sich zu sehr von den gesellschaftlichen Vorgaben wegorientiert, der muß seine Freiheit eben damit bezahlen, für Wöhrl und Konsorten nicht mehr als Bürger durchzugehen
Wirklich, man muß sich nicht grämen, den bürgerlichen Vorgaben jenes Herrn nicht zu entsprechen. Hinterfragen muß man seine Definition aber schon. Denn hier wird offenbar, dass der Begriff des Bürgertums nicht historisch entschwunden ist, sondern immer latent im Weltbild seiner Kaste mitschwang. Es ist ja nicht so, dass er mit diesem Begriff lediglich separiert. Das wäre an sich schon bedenklich genug. Er sagt damit einerseits, "das sind wir, das seid ihr!", und andererseits bewertet er, "wir sind wer, ihr seid niemand!", was deutlich macht, wo für ihn Mensch beginnt, wo Ding anfängt. Die Verdinglichung wird sprachlich fassbar: "Das bezeichne ich nicht als Bürger", erklärte er. Das! Wen er nicht als Bürger begreife, hat er nicht aufgezeigt, aber was er nicht als Bürger versteht, das schon. Unterbewusst spielt das Sächliche die erste Geige, verdeutlicht seine arrogante Auffassung.
Hier wurden herablassend Menschen sortiert. Gutsherren wie Wöhrl reichen dazu einige Nebensätze, sie machen sich nicht einmal die Mühe, jemanden ausführlich und nachdrücklich ihre Menschenverachtung zu erklären. Aber was gibt es da auch zu erklären? Er ist exemplarisch für eine Gruppe, die sich als Herrenmenschen der Gesellschaft wahrnimmt, die Bürgerrechte willkürlich verteilen oder aberkennen würde, wenn sie nur die exekutive Macht dazu innehaben würde. Solche Musterstücke von Bürgersleut' setzen sich dann vor die Kamera, sprechen Menschen den Bürgerstatus ab, schimpfen kurz danach über die undemokratischen Kommunisten und wähnen sich in königlicher Unantastbarkeit. Nach dem letzten Sonntag brechen herrliche Zeiten für derlei Egomanen an. Nein, wahrlich, wer will schon der bürgerlichen Vorstellung dieses Kerls gerecht werden?