Ein gefühlskalter Menschenschlag
Freitag, 4. September 2009
Thüringer sind schlechte Menschen. Auf alle Fälle eine Vielzahl von ihnen. Sie haben weder ein Herz für Schwache noch für Geläuterte. Da verunfallt der eigene Landesvater, liegt komatös darnieder, erleidet schwere innere Verletzungen, rappelt sich jedoch für sein Völkchen wieder hoch und bekommt zum Dank einen satten Wahlverlust serviert. Die Thüringer sind Unmenschen. Man kann nachvollziehen, dass der arg Geschundene nicht mehr Landesvater spielen will. Es ist menschlich verständlich, wenn man so offen brüskiert wird, nicht mehr Herr einer solchen Rotte sein zu wollen.
Dabei hat sich Althaus wirklich bemüht. Wenn er ausgewählte Presse in sein Haus ließ, um nochmals Rückschau auf den Unfall zu halten, dann gab er sich demutsvoll, geläutert, mit allen moralinvermengten Wassern gewaschen. Er habe verstanden, was das Leben nun wert sei, welchen Respekt man empfinden müsse. Besonders philosophisch waren seine Ausführungen nicht, aber das durfte man sowieso nicht erwarten. Erwarten durfte man, dass er das Beste aus der Sache mache, dass er seinen Unfall zu einen Pluspunkt macht, zu einem Mitleidsfaktor, zu einem Respektsfaktor. Mensch, ein harter, unbeugsamer Hund, hätte der Thüringer sagen sollen; armer Kerl, der kann einem wahrlich leidtun, hätte er ebenso denken dürfen. Und was macht dieser undankbare Menschenschlag? Er tritt auf den Schwächen des Armseligen herum, nutzt seinen Makel um ihn abzustrafen, nimmt die Läuterung des obersten Thüringers für einen Scherz, traktiert dessen neuen Lebenseinsichten mit Füßen.
Verwunderlich sei das nicht. Gewusst haben es hernach alle - gerade auch die schreibende Zunft -, dass man mit einem solchen Mann keine zufriedenstellenden Wahlresultate einfahren könne. Bei den Wahlkampfveranstaltungen habe er nur zu Boden gestiert, wenig fröhlich gewirkt. Dabei schrieben einst jene, die nun um den gezeichneten Althaus schwadronieren, dass er doch rundherum erholt wirke, keine Folgeerscheinungen oder bleibende Schäden aufweise. Doch aus irgendeinem Grund erkennt man nun doch Schäden, seelische Schäden, Schäden eines Gezeichneten. Zur gelungenen Therapie hätte eine wenig Bauchpinseln seitens der Thüringer gehört. Aber wie wir gehört haben, waren jene eiskalt und unmenschlich und haben sich von einem der stille Not leidet, abgewandt.
Denn nur darin liegt die Misere der thüringischen Christdemokraten. Eine arrogante, selbstherrliche, klüngelnde, enthobene Politik auf Landes- und Bundesebene war sicherlich nicht der Grund - das wird gezielt aus der Berichterstattung herausgehalten, darüber soll nicht diskutiert werden. Nein, es läge vielmehr, ja eigentlich einzig und allein an Althaus' Unfall, an seinem Versehrtsein, an dem halbtoten Wahlkampf, den er geläutert, in sich hineinlallend führte. Da hätte nur noch Kutte und Tonsur gefehlt - so jedenfalls will es jetzt die bürgerliche Presse gesehen haben.
Kaum ist ein Ereignis an uns vorbeigegangen, schon beginnt die Klitterung, das Lifting, die Verklärung. Althaus ist nicht an seiner und seiner Partei Politik gescheitert, beispielsweise nicht daran, dass Milliardenpakete an Banken und Unternehmen weitergereicht wurden, während die Ärmsten der Gesellschaft weiter ins Ofenrohr starren und bald auch noch des Ofenrohrs beraubt werden dürften. Nicht dafür, dass er indirekter Bestandteil der Großen Koalition im Bund ist, treuer Vasall seiner Herrin war, quasi ein thüringisches Synonym arroganter Machtpolitik abgibt, einer Machtpolitik die keine Rücksicht mehr auf Interessen der Menschen nimmt, sie stattdessen an der Nase herumführt. Das Schwinden der sogenannten Volksparteien: in Thüringen findet es nicht statt, dort ist nur Althaus nach seinem Unfall verunfallt. Ein Sonderfall war das. Sonderfall, das ist das Lieblingswort der Landtagswahlen. Jedes Bundesland hat neuerdings Sonderfälle, so auch das Saarland, wo die im freien Fall befindliche SPD Lafontaine als ihren Sonderfall entlarvt hat.
Man könnte es demnach auch anders erklären: Da wird ein Gezeichneter an die Wahlkampffront geschickt, tapst dort herum, wirkt müde und kränklich. Aber die Thüringer verschließen ihre Herzen, empfinden kein Mitleid, machen die Schotten dicht und bestrafen die traurige Gestalt auch noch mit hohen Wahlverlusten. Mit den Schwachen hat man es in Thüringen nicht, man mag sie nicht, man gliedert sie der Gesellschaft aus, merzt den Umstand aus, das Schwache ständig vor der eigenen Nase herumlungern sehen zu müssen. Was für ein Menschenschlag! Die CDU-Misere liegt also nicht in der eigenen Politik, nichtmal in Althaus, weil der kann für seine Gebrechlichkeit nichts - man kann ihm doch aus christlich-demokratischen Impulsen heraus keine Schuld zuweisen. Nein, Schuld ist der gefühlskalte Wähler, dieser mitleidslose Mitteldeutsche. Wenn es nun mit Thüringen bergab geht, dann liegt das eindeutig an der fehlenden emotionalen Intelligenz dieses Menschenschlages...
Dabei hat sich Althaus wirklich bemüht. Wenn er ausgewählte Presse in sein Haus ließ, um nochmals Rückschau auf den Unfall zu halten, dann gab er sich demutsvoll, geläutert, mit allen moralinvermengten Wassern gewaschen. Er habe verstanden, was das Leben nun wert sei, welchen Respekt man empfinden müsse. Besonders philosophisch waren seine Ausführungen nicht, aber das durfte man sowieso nicht erwarten. Erwarten durfte man, dass er das Beste aus der Sache mache, dass er seinen Unfall zu einen Pluspunkt macht, zu einem Mitleidsfaktor, zu einem Respektsfaktor. Mensch, ein harter, unbeugsamer Hund, hätte der Thüringer sagen sollen; armer Kerl, der kann einem wahrlich leidtun, hätte er ebenso denken dürfen. Und was macht dieser undankbare Menschenschlag? Er tritt auf den Schwächen des Armseligen herum, nutzt seinen Makel um ihn abzustrafen, nimmt die Läuterung des obersten Thüringers für einen Scherz, traktiert dessen neuen Lebenseinsichten mit Füßen.
Verwunderlich sei das nicht. Gewusst haben es hernach alle - gerade auch die schreibende Zunft -, dass man mit einem solchen Mann keine zufriedenstellenden Wahlresultate einfahren könne. Bei den Wahlkampfveranstaltungen habe er nur zu Boden gestiert, wenig fröhlich gewirkt. Dabei schrieben einst jene, die nun um den gezeichneten Althaus schwadronieren, dass er doch rundherum erholt wirke, keine Folgeerscheinungen oder bleibende Schäden aufweise. Doch aus irgendeinem Grund erkennt man nun doch Schäden, seelische Schäden, Schäden eines Gezeichneten. Zur gelungenen Therapie hätte eine wenig Bauchpinseln seitens der Thüringer gehört. Aber wie wir gehört haben, waren jene eiskalt und unmenschlich und haben sich von einem der stille Not leidet, abgewandt.
Denn nur darin liegt die Misere der thüringischen Christdemokraten. Eine arrogante, selbstherrliche, klüngelnde, enthobene Politik auf Landes- und Bundesebene war sicherlich nicht der Grund - das wird gezielt aus der Berichterstattung herausgehalten, darüber soll nicht diskutiert werden. Nein, es läge vielmehr, ja eigentlich einzig und allein an Althaus' Unfall, an seinem Versehrtsein, an dem halbtoten Wahlkampf, den er geläutert, in sich hineinlallend führte. Da hätte nur noch Kutte und Tonsur gefehlt - so jedenfalls will es jetzt die bürgerliche Presse gesehen haben.
Kaum ist ein Ereignis an uns vorbeigegangen, schon beginnt die Klitterung, das Lifting, die Verklärung. Althaus ist nicht an seiner und seiner Partei Politik gescheitert, beispielsweise nicht daran, dass Milliardenpakete an Banken und Unternehmen weitergereicht wurden, während die Ärmsten der Gesellschaft weiter ins Ofenrohr starren und bald auch noch des Ofenrohrs beraubt werden dürften. Nicht dafür, dass er indirekter Bestandteil der Großen Koalition im Bund ist, treuer Vasall seiner Herrin war, quasi ein thüringisches Synonym arroganter Machtpolitik abgibt, einer Machtpolitik die keine Rücksicht mehr auf Interessen der Menschen nimmt, sie stattdessen an der Nase herumführt. Das Schwinden der sogenannten Volksparteien: in Thüringen findet es nicht statt, dort ist nur Althaus nach seinem Unfall verunfallt. Ein Sonderfall war das. Sonderfall, das ist das Lieblingswort der Landtagswahlen. Jedes Bundesland hat neuerdings Sonderfälle, so auch das Saarland, wo die im freien Fall befindliche SPD Lafontaine als ihren Sonderfall entlarvt hat.
Man könnte es demnach auch anders erklären: Da wird ein Gezeichneter an die Wahlkampffront geschickt, tapst dort herum, wirkt müde und kränklich. Aber die Thüringer verschließen ihre Herzen, empfinden kein Mitleid, machen die Schotten dicht und bestrafen die traurige Gestalt auch noch mit hohen Wahlverlusten. Mit den Schwachen hat man es in Thüringen nicht, man mag sie nicht, man gliedert sie der Gesellschaft aus, merzt den Umstand aus, das Schwache ständig vor der eigenen Nase herumlungern sehen zu müssen. Was für ein Menschenschlag! Die CDU-Misere liegt also nicht in der eigenen Politik, nichtmal in Althaus, weil der kann für seine Gebrechlichkeit nichts - man kann ihm doch aus christlich-demokratischen Impulsen heraus keine Schuld zuweisen. Nein, Schuld ist der gefühlskalte Wähler, dieser mitleidslose Mitteldeutsche. Wenn es nun mit Thüringen bergab geht, dann liegt das eindeutig an der fehlenden emotionalen Intelligenz dieses Menschenschlages...
11 Kommentare:
An dieser Stelle möchte ich Vorsicht anmahnen:
"Thüringer haben kein Herz für Schwache"
Vielleicht hätte die Thüringer CDU einfach nur erwähnen müssen, das Althaus kein Neger sondern ein (politsch) Schwarzer ist. Das Wählergedächnis reicht für 4 Wochen und Althaus war 2 Monate weg; ist doch jetzt klar, oder?
Wer die Mentalität seiner eigenen Wähler sooo schlecht einschätzen kann, der hat es nicht besser verdient.
Mit Schadenfreude und (Stahl-)Helm
p.s. das hätte auch für die SPD geklappt. Ein Solgan wie "Schwarze raus" hätte für Matschie Wunder gewirkt.
Okay, ich bin ungerecht den Menschen gegenüber. Bei einem Drittel der Menschen entschuldige ich mich.
Köstlich, lieber Roberto! Das ist wirklich herzerfrischend boshaft, was Du hier wieder vom Stapel läßt ;-) Ist es noch "Ironie" oder schon "Zynismus"? Man weiß so wenig ... :-D
Beste Grüße
Frank
Ja, gestern war wahrlich ein Freudentag. Zuerst kam es mir zwar hoch, als ich Althaus' Portrait in den Nachrichten sah, doch die Nachricht von seinem Ruecktritt war diesen kleinen Anfall von Uebelkeit durchaus wert.
Na, das ist doch ein Riesenerfolg für Althaus und seine Kameraden in Bund und Land!
Seit über 20 Jahren hämmern Sie den Wählern in die Köpfe, dass sie kalt, unbarmherzig und mitleidlos zu sein haben. Alles Recht dem Starken, der Schwache soll sehen wo er bleibt und ist sowieso an seiner Misere selbst schuld!
Und genau das ist in Thüringen jetzt endlich angekommen. Wie sagt man neudeutsch? "Mission accomplished, Althaus!".
Ach, wie Recht du hast. Die Politik tut ihr Menschenmöglichstes, um aus dem Pöbel ein Volk zu machen - ein dankbares Volk. Und was macht dieser Pöbel? Er bockt und stellt sich quer, lehnt die Segnungen christlicher Demokratie undankbar ab. Da ist es nur verständlich, wenn man hinwirft, sich zurückzieht und diesen Pöbel sich selbst überläßt. Sollen sie doch sehen, wo sie bleiben.
Ich kann Althaus verstehen. Diese Thüringer sind die deutschen Normannen - kühl, berechnend, herzlos und kalt - so kalt wie eine österreichische Skipiste.
Ach, Althaus. Genieße deine Pension so lange es geht. Viel Zeit bleibt dir nicht mehr; denn der Pöbel fängt an zu denken.
Woher wußtest Du, was ich mit eigenen Augen gesehen haben? Ich sah Dieter Althaus im Büßergewand, in der Mönchskutte. Ich habe sogar ein Foto davon gemacht.
Hier der Link dazu:
http://www.klaus-baum.info/2009/09/04/prophetische-worte-von-roberto-j-de-lapuente-er-schreibt-heute-uber-dieter-althaus/
Es freut mich zu sehen, daß die Mitleidsmasche von Althaus beim Wähler nicht verfangen hat. Trotz kräftiger Unterstütztung der Springer-Presse und einer überwiegend CDU-nahen Medienlandschaft im Allgemeinen, sind die Thüringer in ihrer Mehrheit der CDU-Strategie nicht auf den Leim gegangen.
Gut, 44% der Wahlberechtigten sind erst gar nicht zur Wahl gegangen, was ebenfalls viel über den herrschenden Frust bzw. die Resignation aller Orten aussagt. Aber, von den restlichen 56% gaben nur noch 38,8% dem so genannten "bürgerlichen Lager" - also Schwarz/Gelb - ihre Stimme. Vielleicht bleibt uns ja Vizekanzlerin Westerwelle doch noch erspart.
Die Instrumentalisierung des Skiunfalls für den Wahlkampf war natürlich ein Schuss in den Ofen. Abgesehen davon, dass so etaws zweifelhaft zu bewerten ist, muss man sich fragen, welche Wahlkampf- und PR-Berater Althaus hatte. Denn die Kampagne in BILD und anderen, Althaus freundlich gesinnten Medien war so durchsichtig, dass die Hervorrufung emotionaler Reaktionen nur bei sehr minderbemittelten Thüringern erfolgreich sein konnte.
Wie auch immer: es scheint, als wüchse aus dem Versagen der CDU die Möglichkeit, ein rot-rot-grünes Bündnis voranzubringen. Immerhin haben SPD und Linke zuerst Sondierungsgespräche aufgenommen, noch vor SPD und CDU.
Bitte nicht vergessen:
Althaus wurde "zurückgetreten", der Befehl kam von ganz oben.
Nur so kann die SPD wieder mit der CDU.
Nur so sind die "Kommunisten" in die Opposition zu verbannen.
Wer glaubt noch an die karakterliche Grösse unserer Politiker, eine Niederlage mit Rücktritt zu parieren.
Paranoid, oh mann, ist das paranoid.
Althaus ist doch nicht wirklich freiwillig gegangen. Er ist nur das Bauernopfer. Die CDU will um jeden Preis in Thüringen an der Macht bleiben, dafür war Althaus nicht mehr tragbar. Ich wage vorauszusehen, dass die SPD nun jegliche (angeblichen)Differenzen mit der CDU vergisst, denn es geht gegen den gemeinsamen Feind, Die Linke. Wir werden nach der Bundestagswahl in Thüringen ein schwarz-schwarzes Bündnis haben. Die SPD wird wieder unter Beweis stellen, das sie ihrem uralten Image vom Arbeiterverräter treu bleibt.
"Wie auch immer: es scheint, als wüchse aus dem Versagen der CDU die Möglichkeit, ein rot-rot-grünes Bündnis voranzubringen."
Und welche begründeten Hoffnungen verbinden sich mit einem solchen Projekt nach den Erfahrungen von 1998ff sowie im Vergleich der Zeit davor...?
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