Versenkt die Selbstinitiative!

Freitag, 17. April 2009

"Unverzüglich [soll] versenkt werden", damit "sich der deutsche Staat [nicht] lächerlich macht" - der deutsche Einsatz am Horn vom Afrika weitet sich zur handfesten Intervention aus, ganz anders, als man Ende letzten Jahres verkündete, als man vom stillen Patrouillieren lesen konnte, vom in die Hose rutschenden Herz der Handelsrebellen, die wir Piraten zu nennen pflegen. Nur Optimisten oder solche, die prinzipiell den Tatsachen nicht ins Auge blicken wollen, konnten damals die hanebüchene Mär der abschreckenden Meerpatrouille glauben; schon damals konnte man wissen, dass es ein Mordsgeschäft werden würde, die deutsche Marine zum Welthandelswächter zu ernennen.

Viel bedeutender indes ist, dass solche Art von Intervention ein neues deutsches Selbstbewußtsein stärken, ein Sendungsbewußtsein zur Schau stellen soll, welches es sich auf die Fahnen geschrieben hat, den herrschenden Welthandel, mit all seinen Ungerechtigkeiten und seinen Ausbeutungsmaximen, zu verteidigen. Deutschland hat wieder etwas zu gelten in der Welt, der "deutsche Staat [soll nicht] lächerlich gemacht" werden. Was sich dann in diversen Artikeln und Berichten zur dortigen Piraterie in den Medien ergießt, was Leser sich an dazugehörigen Kommentaren großmannssüchtig erlauben, wirkt wie eine Aufreihung an historischen Dumpfhaftigkeiten, die wir eigentlich schon lange überwunden glaubten: Es wäre schade, dass man Piraten nicht mehr aufknüpft und wer der Versenkungsstrategie Bedenken entgegensetzt, wäre ein Weichei. Die deutsche Kraftmeierei des Stammtisches, enteilt in realpolitische Gefilde; vom deutschen Tresen, zur Genesung der Welt. Pardon wird nicht gegeben!

Dabei gibt selbst jene Zeitung, die für Meinungsbildung bekannt ist wie keine andere, indirekt zu, dass der vermeintliche Pirat, nichts anderes als ein Küstenwächter sei; erzählt davon, dass ausländische Schiffe die dortige See leergefischt haben und daher Gegenwehr entstand. BILD nennt das "Selbstjustiz", läßt damit dem hierzulande negativ konnotierten Begriff zu seinem Recht kommen. Von Selbstjustiz im Bezug auf solche Menschen zu sprechen, die in einem "Staatswesen" leben, in dem sich der Staat kaum oder gar nicht um ihre Belange kümmert, in dem der dort lebende Mensch nicht Souverän ist, sondern Opfer einer oftmals vom Westen unterstützten Diktatur, ist schon sehr selbstgefällig. So zu tun, als hätte alles andere als die direkte Aktion, etwas Positives für diese Menschen bewirken können, die vom Leerfischen ihrer regionalen Gewässer betroffen sind, zeugt von einem guten Stück Verachtung für die Dritte Welt.

Jene Menschen, die nun sicherlich grob menschenverachtend sogenannte Piraterie betreiben, die sicherlich keine biederen Chorknaben sind, vielleicht auch oft zu Gewalt tendieren, betreiben ein Stück Selbsthilfe, denn Hilfe von der westlichen Welt mit ihrem Drang, Ressourcen bis zur Neige auszuschöpfen, Hilfe von der eigenen Regierung, die ja meist auch noch in der Hand dieser westlichen "Handelspartner" ist, ist kaum zu erwarten. Aber es ist keine Selbstjustiz, wie wir sie verstehen, denn Selbstjustiz setzt voraus, dass es staatliche Institutionen gibt, die das Recht des Einzelnen, zumindest aber die Interessen Einzelner (auch wenn noch kein Recht dazu besteht) wahrnimmt und Schritte zur Behebung oder wenigstens zu einem Kompromiss in die Wege leitet. Wenn man diese staatlichen Bahnen nicht nutzt, stattdessen selbst aktiv wird, dann betreibt man Selbstjustiz - was aber, wenn es keine staatlichen Verfahrenswege gibt? Was, wenn doch vorhandene "Rechtswege" so verkorrumpiert sind, dass sie nur für die Wasserträger der Regimes einigermaßen zugänglich bleiben?

Dann ist die direkte Aktion, das eigene Eingreifen, selbst wenn es mit Gewalt in Verbindung steht, die einzig gangbare Justiz, das einzig verbliebene Mittel. Wie sich die Institutionen der westlichen Welt um die Probleme von Völkern und Bevölkerungsgruppen kümmern, die irgendwo an der Peripherie des westlichen Wohlstandes leben, hat diese Welt schon oft erleben müssen. Die Belange der Palästinenser verhallten ebenso, wie die Not solcher Völker, die durch westliche Ausbeutung aller natürlichen Ressourcen ledig wurden, oder durch diese Ausbeutung um jeden Preis, ein gesellschaftliches Erdbeben erdulden müssen, welches jede Tradition, jede Eigentümlichkeit zerstört. In der Dritten Welt weiß man das mittlerweile auch, zumal man immer wieder Opfer westlicher Waffenlieferanten war; Kriege weniger durch humanitären Einsatz und Friedensbemühungen seitens des Westens gemildert, sondern durch handfeste wirtschaftliche Interessen, durch Profitgier und Expansionsgelüste angefacht wurden.

Die aktuelle Forderung, sogenannte Piratenschiffe schnellstmöglich zu versenken, überhaupt die gesamte Ungeduld, die man gegenüber den afrikanischen Küstenwächtern hegt, gilt weniger dem humanitären Einsatz oder dem Gerechtigkeitssinn, als der Tatsache, dass man es im Westen nicht dulden kann, dass da Menschen ihr Recht selbst in die Hand nehmen, um sich ihr Überleben zu sichern. Wo kämen wir, wo käme unser Gesellschaftsentwurf hin, wenn sich plötzlich Menschen aus der Dritten Welt nicht mehr an jene Spielregeln halten, die wir ihnen vorgegeben haben? Immerhin lassen wir mit uns reden, legen viel Wert auf Diskurs, auch wenn wir dem nichts an Taten folgen lassen. Wer nicht mehr diskutiert, gleich eigene Taten folgen läßt, den will der Westen bestraft wissen, der soll auf dem Meeresgrund schlummern. Der Einsatz gegen Afrikas Handelsrebellen gilt vorallem den Autonomiebestrebungen freiheitlich, antistaatlich wirkender Zeitgenossen, die im libertären Handstreich für ihr eigenes Überleben sorgen, wenn es schon niemand anderes tut. Das tun mit großer Sicherheit viele in hemmungsloser Gewalt (sie entstammen allesamt gewalttätiger Gesellschaften, aus diktatorisch-faschistischen Staaten), aber andere werden sich nur das holen, was ihnen zusteht. Wer diese Form der Piraterie beseitigen will, der müßte eigentlich zunächst die Armut beseitigen, muß sich von den korrupten Regimes der Dritten Welt abwenden, Profitsucht überwinden, wirkliche Partnerschaften mit afrikanischen Ländern anstreben. Stattdessen soll beispielsweise der Lissaboner Vertrag jedes Mitgliedsland ächten, welches Verhandlungen mit Ländern führt, die Schutzzölle zum Erhalt des eigenen Marktes erheben - statt Partnerschaft auf Augenhöhe, Vordiktieren der Spielregeln.

Schnell versenken, heißt es da, bevor die Selbstinitiative gegen das westliche Weltregime Schule macht, bevor auch in anderen Weltregionen unterdrückte Menschen aufstehen, um sich das zu holen, was man ihnen friedlich nicht geben wollte.

14 Kommentare:

Anonym 17. April 2009 um 17:17  

Es ist wirklich beängstigend, wie manche Leute billigend den Tod anderer (eben der bösen Piraten - die Fronten sind ja klar) in Kauf nehmen.

Dabei hast du die Geschichte mit der Auslieferung an Kenia noch nicht erwähnt, das ist auch nicht sauber gelaufen.

Gruß, Andrea

Michel aus Lönneberga 17. April 2009 um 20:49  

Ob Piraten sich nur das holen, was ihnen zusteht, wage ich zu bezweifeln. In dieser Hinsicht ähneln sie nämlich unseren westlichen Eliten: die holen auch raus, was drin ist ;-)

Nichtdestotrotz sei es ihnen gegönnt.

Was aber zu berücksichtigen ist, ist, dass die von den Piraten geraubten Güter eben nicht mit einer gewissen Gleichmäßigkeit an die von der westlichen Fischindustrie beraubten Fischer und Fischhändler verteilt werden, sondern eben nur diesen Piraten und deren Familien zugute kommen.

Und genau da liegt einer der Vorteile moderner Staaten: der Anspruch, alle Bürger gleich zu behandeln.
Würde sich das durch illegale Küstenfischerei beraubte afrikanische Land zurückholen, was ihm gehört, dann würden diese Güter (zumindest dem Anspruch nach) mit einer gewissen Gleichmäßigkeit unter großen Bevölkerungskreisen aufgeteilt werden.

Ein Staat sorgt halt (in Maßen und solange er ein funktionierendes Beamtenwesen hat) für eine gewisse Verteilungsgerechtigkeit.

[Bevor der Streit hier wieder aufflammt, gebe ich zu, dass Deutschland momentan kein allzu funktionstüchtiges Beamtenwesen hat, die Risse und Löcher sind nicht zu übersehen. Wer Peanuts bezahlt, muss sich halt nicht wundern, wenn Affen die Arbeit machen. Und wer dann noch Korruption nicht bestraft, ermutigt doch geradezu zu "Nebenerwerbstätigkeiten".]


Nochmal zu den westlichen Eliten: wenn in Deutschland die Einkommenssteuer für Gehälter ab einer halben Million um nur 1% erhöht würde, hätte der Staat 20 Milliarden Euro an Mehreinnahmen pro Jahr!

Zum Vergleich:
Für die Exzellenzinitiative der Hochschulen beträgt gerade mal 1,9 Mrd € verteilt auf 4 oder 5 Jahre, also gerade mal 475 oder 380 Mio € / Jahr.

Auch mal zum Vergleich:
Allein der Schuldendienst, also allein die Zinsen für die Staatsschulden betragen laut einer Januarschätzung im Jahr 2009 mindestens 42 Mrd €.
!!!!!!!!!!!!!
http://www.steuerzahler.de/webcom/show_article.php/_c-43/_nr-6/i.html


Man muss sich eigentlich fragen, wann wir die ersten Piraten in Deutschland haben, die für Umverteilung sorgen.

Anonym 18. April 2009 um 00:02  

Wenn ich dieses verlogene Geschwafel der Industrienationen bzgl. der "dritten Welt" so lese, werden mir die Leute aus der Kolonialzeit fast schon wieder sympathisch.

Damals war man wenigstens ehrlich. Hier der "Herrenmensch" und da eben der rechtlose "Neger".

Heute dagegen wird von "einer Welt" gefaselt, Volk glaubt diesen Blödsinn auch noch und ist glücklich darüber, dass wir die Leute in Afrika ja schon seit Jahrzehnten "fair" behandeln. Und das es dort nicht aufwärts geht, liegt für einen strammen Deutschen daran, dass die Leute da halt zu faul bzw. zu doof oder beides sind.

Im Grunde genommen hat sich aber seit der Kolonialzeit nichts verändert. Die Leute krepieren für den Wohlstand der Industrienationen und niemand nimmt Notiz, wenn z.B. ein Konzern ein halbes Land kaufen will (Daewoo, Madagaskar), um auf Feldern, die die Bevölkerung ernähren könnten, Benzin anzubauen. Dieser, bisher zum Glück nur versuchte, Massenmord interessiert hier kaum jemanden. Hauptsache billiger Sprit.

Somalia ist ein völlig entgleistes Land. Es gibt dort keinerlei Justiz im rechtsstaatlichen Sinne, also kann es auch keine Selbst"justiz" geben. Was diese sogenannten "Piraten" dort machen, ist schlicht Notwehr.

Gruß
Wolfgang

Margitta 18. April 2009 um 07:06  

Wenn sich jeder nur das nehmen würde, was ihm zusteht, gäbe es keine Piraten, keine Terroristen, keine Mörder, keine Diebe, keine...
keine Armut, keinen Hunger, keine Obdachlosen, keine... vor allem gäbe es keine UNGERECHTIGKEIT!

Die Welt wäre ein Paradies.

Es soll allerdings Menschen geben, welche es langweilig finden in einem Paradies zu leben.
Manche nennen es auch abwertend "Heile Welt".

Mir fällt da gerade ein Sprichwort ein:
"Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn´s seinem Nachbarn nicht gefällt."

Was aber würden WIR selber tun, wenn WIR dermaßen in die Ecke getrieben würden?

Nachdenkliche Grüße
Margitta Lamers

Peinhard 18. April 2009 um 16:50  

Wer die Nerven dazu hat, verfolge die Diskussion im Forum der 'Tagesmärchen':

http://forum.tagesschau.de/forumdisplay.php?f=954

Und ja, das ist die ARD, die in einem Kommentar meinte, Obamas Freibrief für gewesene Folter sei 'konsequent', da ja 'seinerzeit alles rechtens' gewesen sei. Was gestern 'Recht' war, kann doch heute... so weit sind wir immerhin schon wieder. Und, wie man sieht, mehrheitlich wohl auch schon wieder bereit, noch weiter zu gehen.

Manchmal schäme ich mich einfach nur noch...

Anonym 18. April 2009 um 19:59  

@Peinhard

"Wo Unrecht zu Recht wird, da wird Widerstand zur Pflicht" - Von wem dieser Spruch stammt weiß ich nicht, aber er scheint zeitlos gültig zu sein.

@all

Auffällig ist auch der Wandel des Piratenbildes in der dt. Öffentlichkeit - Als ich aufwuchs da waren Piraten eben Menschen, die gegen Willkür und Unrecht kämpften - echte Freibeuter eben. Später wurde mich klar, dass Piraterie immer schon "Terror auf See" war.

Dennoch wurde damals die Piraterie - mit Jonny Depp als letzten Film-Piraten - völlig unkritisch dargestellt, und verherrlicht.

Es wurde nie gefragt:

Warum gab es überhaupt Piraten?

Ich denke der Grund war immer schon die wirtschaftliche Not. Freiwillige Piraten gab es - ganz sicher - nur wenige.

Robert Kurz, den ich aus anderen Gründen - er ist keineswegs so anti-neoliberal, wie man denken könnte - hat in seinem fulminanten Werk "Das Schwarzbuch des Kapitalismus" die Anfänge der "modernen Piraterie" mit dem Kapitalismus in Verbindung gebracht.

Die Freibeuterei Englands unter Elisabeth I. - die Urform der modernen Piraterie - war nichts anderes als ein kap. Geschäft auf Gegenseitigkeit im Krieg GB - Spanien.

Schon damals waren Piraten, um den modernen Begriff zu gebrauchen "Terroristen".

Wer immer noch der Ansicht ist, dass nicht, der sollte sich einmal kritisch zu Gemüte führen was Piraten mit eroberten Galeonen bzw. span. Küstenstädten anfingen.

Wenn dies kein Terror ist, was dann....

Einzig Hollywood ist zu verdanken, dass die völlig unkritische Sicht, dieser Raubritter der Meere in Kindeshirne eingepflanzt wurde....

Es stimmt übrigens, dass beide Seiten - auch schon damals - keineswegs Unschuldslämmer waren.

Spanien hat seine Galeonen ja mit dem durch Terror an der indigenen Urbevölkerung Lateinamerikas geraubten Gold beladen, und der Durchschnittsspanier hat schon damals nichts vom Gold gesehen - ebensowenig wie heute der Durschnittsbürger der USA, GB oder Deutschlands an den Gewinnen der Mega-Fischereiflotte reich gestossen hat.

Schon damals war es ein Krieg der Armen gegen die selbst ernannten "Eliten".

Dieses Denken sollte sich Durchsetzen, die Grausicht, denn beide Seiten sind keine Heiligen - weder der "somalische Pirat", der aus berechtigten Gründen (Hunger, Ausbeutung der Nahrungsversorgung Somalias durch westl. Konzerne), zum blutrünstigen Piraten wird noch die globalisierte Fischereiflotte, die für unsere täglichen Fischstäbchen die Meere vor Somalias Küste leer gefischt hat, ohne Rücksicht auf die dortige Bevölkerung.

Eigentlich bleibt nur eines, eine "Neue Internationale" zu gründen, die gegen beides - Piraterie ebenso wie Ausbeutung durch westl. Großkonzerne - vorgeht, evtl. unter dem Dach der Weltregierung der Vereinten Nationen (UN).

Ob ich diesen Tag erlebe, fraglich....

Ich denke eher, dass nun - ein paar hundert Jahre später vielleicht - auch die Morgans, Blackbeards & Co. der somalischen See zu Helden stilisiert werden - via Hollywood.

Wie bereits erwähnt, Piraterie ist ebenso wie Ausbeutung der Meeresbestände nichts anderes wie eine neubelebte Form des Kapitalismus der ersten Stunde - siehe Robert Kurz "Das Schwarzbuch des Kapitalismus".

Geheimrätin 19. April 2009 um 00:09  

"Wo Unrecht zu Recht wird, da wird Widerstand zur Pflicht" - Von wem dieser Spruch stammt weiß ich nicht, aber er scheint zeitlos gültig zu sein."

Dieser Satz findet sich in dem Buch "Nachtzug nach Lissabon" von Pascal Mercier und bezieht sich auf die Diktatur in Portugal und die sogenannte Nelkenrevolution
http://de.wikipedia.org/wiki/Estado_Novo_(Portugal)

Das Buch bekam ich letzte Woche zufällig in die Hände und dieser Satz klingt mir seither auch ständig im Ohr...Ich las ihn zudem noch gerade als in den Nachrichten über die Geiselbefreiung des Amerikaners berichtet wurde und alle feierten und happy waren. Die bei der Befreiung getöteten Piraten betrauerte niemand, war ihr Leben doch offensichtlich nichts wert. Es gibt eben wertes und unwertes Leben auf dieser Welt und nicht jeder hat das Recht auf Existenz. Und so wie darüber berichtet wurde fällt das auch kaum jemandem auf, alles völlig normal...Piraten, Terroristen, Wirtschaftsflüchtlinge...Wir hören die Nachrichen, essen dabei unseren Karfreitagsfisch und am Sonntag drauf dann suchen wir die Eier...

Peinhard 19. April 2009 um 14:59  

Hallo Anonymus,

"Robert Kurz, den ich aus anderen Gründen - er ist keineswegs so anti-neoliberal, wie man denken könnte - ..."

Der Satz dünkt mich etwas unvollständig - magst du da evt nochmal nachlegen...?

Anonym 19. April 2009 um 15:53  

@geheimrätin

Danke für den Hinweis.

Ich dachte immer der Spruch stammt von Kurt Tucholsky - war mir aber nicht sicher ;-)

Was die anderen Dinge angeht, da hast du auch Recht, wir liegen hier im "alten Europa", während für uns Menschen Fische fangen, die der somalischen Bevölkerung - ich denke aber die großen Fischereifabriken plündern auch anderswo, ohne, dass die Einheimischen gleich zu Piraten werden.... Dennoch ich geb dir völlig Recht.

Übrigens noch so ein seltsamer Gedanke von mir, nachdem ich meinen Cicero (Biografie eines röm. Gegners Cäsars) gelesen habe....

Sind wir auf dem Weg zurück nach dem "alten Rom"? Schon damals wurden Kriege gegen Piraten geführt - nur mit dem Unterschied, es gab noch keine Vereinten Nationen, die im Namen der Menschenrechte.....

Ich finde es regelrecht unheimlich, wenn man liest, dass die USA - zumindest unter George W. Bush - sich als das "neue Rom" sahen - in ihrem Größenwahn....

Die Parallelen zu damals sind übrigens gar nicht so abwegig, wie ich selbst erst dachte....

Anonym 19. April 2009 um 15:57  

@peinhard

Sorry, ich wollte natürlich schreiben, dass Robert Kurz keineswegs so anti-neoliberal ist, wie ich immer dachte.

Mehr dazu hier:

http://www.freitag.de/2008/37/08370501.php

Soll heißen, Robert Kurz kritisiert zwar den Kapitalismus, aber vertritt wohl so eine Art Linksneoliberalismus....mit einer Fortführung des Status Quo.

Soll aber nicht abwerten was Robert Kurz im "Schwarzbuch Kapitalismus" schreibt - Die Todsünden des Kapitalismus beschreibt er sehr gut. Nur die Lösung ist nicht so gut, wie - auch ich - zunächst dachte.

Geheimrätin 19. April 2009 um 19:50  

"Ich dachte immer der Spruch stammt von Kurt Tucholsky - war mir aber nicht sicher ;-)"

Oh, well, hehe... *leicht rot werd* ich hab mich mal wieder öffentlich blamiert;-) Der Spruch den ich meine geht so:

"Wo die Diktatur eine Tatsache ist, wird Widerstand zur Pflicht"

also, so steht er in dem Roman und so habe ich ihn auch hier gelesen....also nix für ungut Herr Tucholsky, bitte gnädigst um Vergebung!

Peinhard 20. April 2009 um 11:24  

@Anonymus

Robert Kurz nimmt aber keinen 'linksneoliberalen' Standpunkt ein (was immer das auch sein mag), sondern sieht im Kapitalismus - gleich welcher 'Coleur' - überhaupt keine sinnvolle Zukunft mehr. Wenn in dieser Debatte (die ich recht genau verfolgt und mich auch öffentlich sowie 'hinter den Kulissen' etwas daran beteiligt habe) jemand irgendeine Form des 'Weiter-So' vertritt, dann sind das eher die 'NachDenkSeiten', die weiterhin - 'ich sach ma' - eine 'sozialdemokratische Illusion' verfolgen. Denen hat Kurz - mit dem ich übrigens auch mitnichten in allem konform gehe - mE zu Recht die grundsätzliche Wirkungslosigkeit von 'Konjunkturprogrammen' und anderen 'Staatsillusionen' vorgeworfen, die das Leiden zwar vielleicht noch eine zeitlang verlängern mögen, aber eben keine 'Lösung' mehr bringen können.

Im übrigen, und das habe ich seinerzeit auch verteten - schliessen sich 'radikale Abkehr' und 'Linderungsprogramme' im 'hier und jetzt' keinesfalls aus - Letzteres allein ohne die Perspektive des Ersteren allerdings halte auch ich für eine Illusion. Eine 'gefährliche' zudem, da sie das dringend notwendige Nachdenken um grundsätzliche Alternativen zwar nicht direkt unterbindet, aber ihm nicht den mE gebührenden Stellenwert in der Diskussion zuweist. Es bleibt sozusagen - und das mag ein Merkmal der mE längst an ihren Ansprüchen gescheiterten Sozialdemokratie sein, die sich im Laufe der Zeit immer mehr nur noch als 'Reparaturbetrieb des Kapitalismus' verstand als an einer 'reformistischen Umwälzung' arbeitend - auf den berühmten Sankt-Nimmerleinstag verschoben.

Anonym 20. April 2009 um 14:17  

@Peinhard

Danke für den Hinweis - Wie bereits erwähnt: Ich sehe Robert Kurz keineswegs nur kritisch, sondern finde sein Buch sehr verbreitenswert "Schwarzbuch Kapitalismus".

Was die Nachdenkseiten angeht, da glaube ich - als eifriger Leser - nicht dran, dass die den Status Quo der SPD verteidigen wollen.

Ganz im Gegenteil - Albrecht Müller und Wolfgang Lieb wollen die Partei im positiven Sinne - eben weg von der Agenda2010-Clique um Gerhard Schröder, Steinmeier & Co. bringen.

Ob Ihnen das gelingt halte ich selbst auch für fraglich, ebenso wie ich es für fatal fände, wenn eine Horrorkoalition von CDU/CSU/FDP - die Verursacher der Finanzkrise in Deutschland (mit dem Otto-Graf-Lambsdorff-Papier fing 1982 der Sozialabbau in Deutschland an - Suchfunktion: Nachdenkseiten) - dieses Land zu einem neoliberal-marktradikalen "Paradies" umfunktionieren will.

Nix für ungut, aber so sehe ich es nach wie vor....

Peinhard 20. April 2009 um 16:59  

@Anonymus

"Was die Nachdenkseiten angeht, da glaube ich - als eifriger Leser - nicht dran, dass die den Status Quo der SPD verteidigen wollen."

Nein, das wollen sie sicher nicht - ich schrieb ja auch von Sozialdemokratie und nicht von der SPD... ;)

Trotzdem glaube ich, dass da so einige Uhren am Ablaufen sind, die der Sozialdemokratie, des Parteienstaats und nicht zuletzt eben des Kapitalismus selbst. Was freilich nicht heissen soll, dass diesen ein nahes Ende bevorsteht - zu erfolgreich sind nicht zuletzt die Dämonisierungen denkbarer Alternativen - aber ich meine auch, dass wir so etwas wie 'Soziale Marktwirtschaft' nicht mehr erleben werden, weil es einfach nicht mehr 'drin' ist. Dazu gibt es von Kurz immer wieder hier auch etwas aktuelles zu lesen:

http://www.exit-online.org/text.php?tabelle=aktuelles

Die theoretischen Grundlagen der 'Werttheorie' erfordern indes schon etwas 'Grundkenntnisse in Marx'. ;)

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