Facie prima

Samstag, 11. April 2009

Heute: Der Gescheiterte, Jürgen Klinsmann


Aus aktuellem Anlass bietet sich an, sich der bildlichen Darstellung des derzeitigen Bayern-Trainers zu widmen, der vielleicht in einigen Stunden schon nicht mehr Trainer des Münchner Nobelvereins sein wird. Wenn er gegebenenfalls sein Amt verliert, wenn sein Scheitern offenbar wird, so haben die Mengen an Bildern, mit denen Artikel zu seiner Person unterlegt wurden, das Gescheiterte schon vorab erfasst und sichtbar gemacht. Der lächelnde Schwabe, Strahlemann und Motivationsmeister ist nicht mehr - jedenfalls nicht mehr in den berichterstattenden Medien. Uns blickt eine besorgte Miene entgegen, hängende Mundwinkel, mit gelegentlich vorgeschobener Zunge, ernst dreinblickend, ausgelaugt und resigniert wirkend. Der Klinsmann von heute wird nicht mehr wie der Klinsmann vom Amtsantritt dargestellt. Dem Betrachter wird glaubhaft, schon bevor er den dazugehörigen Artikel liest, dass der amtierende Trainer ausgedient hat, in dieser Verfassung keine paar Wochen mehr durchhält.

Er steht alleine auf weiter Flur. Doch dies beschreibt uns kein Text, keine journalistische Leistung, keine Buchstaben, sondern wird uns von einem Bild mitgeteilt. Klinsmann vereinsamt, steht am Rande, fernab von Mannschaft und Management. Zwar sitzen Hoeneß und Ersatzspieler nur einige Meter hinter ihm, aber sie sind abgeschnitten, unsichtbar gemacht worden. Der an den Rand gedrängte stiert in die Ferne, wirkt illusionslos, signalisiert mit verschränkten Armen Verspannung. Fast möchte man glauben, er habe die innerliche Kündigung schon vollzogen, er sinniere darüber, wie er schnellstens aus München verschwinden, wer seinen Schreibtisch für ihn ausräumen könne. Der einst strahlende Sunnyboy, der gutgelaunt durch die Flure des Vereinsheims lustwandelte, ist zum Verlierer, zum Gescheiterten stilisiert. Er wirkt fehl am Platz, im Abseits stehend, alleingelassen, unverstanden.

Flankiert wird das bildlich erfaßte Scheitern des Jürgen Klinsmann von den verkniffenen Mienen der Bayern-Granden, die zwar immer noch Treue zum Trainer verkünden, aber scheinbar ins Gesicht gemeißelt stehen haben, dass dem nicht mehr so ist. Zweierlei kann der verkniffene Mund bedeuten: Unzufriedenheit oder Entschlußkraft. Hier deutet sich der entschlussfreudige Macher an, der bereits einen Nachfolger im Kopf hat, zumindest aber dem derzeitigen Trainer die Koffer packen will. Während Klinsmann alleine am Bildrand steht, dabei ausgelutscht und ohne Zukunftsträume wirkt, zeigen uns die Medien Fotos von verkniffenen Bayern-Machern, die in ihrer Hilflosigkeit entschlußbereit wirken und damit Klinsmanns Abgang vorbereiten. Schadenfroh nimmt sich die Berichterstattung dieser vorab suggerierten Ereignisse an. Später wird es heißen, dass in den Mundfalten des Hoeneß Klinsmanns Entlassung - ob nun in ein paar Stunden oder am Saisonende - bereits vergraben lag.

Natürlich trifft alles zu, Klinsmann hat wahrscheinlich ausgedient. Der FC Bayern läßt sich an Erfolgen messen, ist dem vollkommenen Leistungsgedanken verfallen, der sich nicht an schönen Spielzügen, sondern an Titeln begutachten läßt. Schöne Spielzüge gibt es derzeit zudem sowieso nicht. Aber selten bekommt man in aller Deutlichkeit zu sehen, wie die Medien tendenzielle Bilder anbieten, die das - in diesem Falle - sowieso schon Gewusste nochmals optisch unterstützen. Man muß die schadenfrohen Berichte gar nicht mehr lesen, ein Blick auf die gezeigten Fotos und man weiß, was der Inhalt des Textes ist. Klinsmann ist gescheitert, keine Frage - aber der Trauerklos am Rande, der kein Lächeln mehr kennt, wird er auch dieser Tage nicht sein, selbst wenn wir ihn in den Zeitungen schon seit Wochen nicht mehr lächeln sehen.

6 Kommentare:

klaus baum 11. April 2009 um 23:34  

hast du die taz heute gesehen. klinsmann am kreuz. fotomontage. ich mag übrigens den fc bayern nicht.

ad sinistram 11. April 2009 um 23:37  

Wer mag den schon?

Am Kreuz? Kreuzweise und so...

Holsten 12. April 2009 um 00:17  

Wettbewerb über alles, wer kann sich da noch wundern ?!

M. Pape 12. April 2009 um 12:54  

Letzten Endes geht es ja nicht um Sport oder im weiteren Sinne um Unterhaltung oder gar um die Person Jürgen Klinsmann. Was am Ende zählt, ist der Erfolg - und zwar der finanzielle. Im Profifußball geht es um so viel Geld, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass dort nicht mindestens genau so geschummelt, bestochen und geschoben wird, wie es jetzt beim Handball offensichtlich wird. Ich glaube, im Profisport gibt es keinen wirklichen Wettbewerb, jedenfalls nicht im sportlichen Sinn. In so fern ist Klinsmann vielleicht nur das "Opfer" höherer Machenschaften - bildgewaltig in Szene gesetzt.

Holsten 12. April 2009 um 19:02  

@M. Pape

Vielleicht ist die Art des heutigen Wettbewerbs eine andere, sozusagen die logisch verschärfte Weiterführung eines Wettbewerbs wie er in der Hölle geführt werden würde. Selbst dort könnte nicht effektiver selektiert werden !

Anonym 12. April 2009 um 21:57  

Gerade im Fußball zeigt sich die Schizophrenie der heutigen "Leistungs-" und "Wettbewerbs"gesellschaft sehr gut.
Die Spieler sollen untereinander konkurrieren um die letzten Leistungsreserven herauszukitzeln. Gleichzeitig sollen sie ein Team bilden. Eine deutlichere Doppelbotschaft gibt es kaum noch.
Konkurrenz zerstört Vertrauen und Vertrauen zum Kollegen wird benötigt um im Team zu spielen.

Übrigens auch nicht "übersteigerte" Konkurrenz. Ausgiebige Untersuchungen u.a. in der USA zeigen das Kooperation der Konkurrenz in praktisch allen Fällen weit überlegen ist. Und diese Untersuchungen zeigen ebenso das Menschen die beide sozialen Gestaltungsformen kennengelernt haben sehr viel lieber die Kooperation wählen wenn sie denn eine Wahl haben.
Kooperation heißt auch nicht "Ringelpitz-mit-anfassen" es kann trotzdem heftige - konstruktive - verbale Auseinandersetzungen, in der Sache, geben.

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