Quo vadis, VdK?

Dienstag, 21. April 2009

Mit einem ganz besonderen Leckerbissen wartet die Mai-Ausgabe der VdK-Zeitung auf. Der VdK-Gemeinde wird ein Abonnement der Frau im Spiegel angeboten - Exklusiv für VdK-Mitglieder!, prangert groß auf der handlichen Heftbeigabe. Sechs Hefte gratis frei Haus, sollte man sich dann nach Erhalt des vierten Heftes für ein Jahresabo entscheiden, sparen VdK-Mitglieder weitere 15 Prozent. Ein wahrer Knüller, wie auch Frau im Spiegel-Chefredakteurin Cieslarczyk der Gemeinde des Sozialverbandes erklärt. "Nutzen Sie die Gelegenheit!"

Nun ist es an sich eh schon fraglich, warum Mitglieder eines Sozialverbandes, der sich selbst auf die Fahnen schrieb, für eine möglichst paritätische Gesellschaft zu streiten, ausgerechnet ein Heftchen abonnieren sollen, welches sich mit - Orginalton Cieslarczyk - "Adel, Showbusiness und Society" auseinandersetzt. Mit jenen Kreisen also, die der paritätischen und sozialen Gesellschaft oft unbewußt, meist aber in eloquenter Masche der Verdummung, diametral entgegengesetzt sind. Es ist geradezu makaber, den VdK mit jenen Titelgeschichten in Verbindung zu bringen, in denen Michael Schumacher, seines Zeichens Steuerflüchtling, ins rechte Licht gerückt wird; in denen der Verband mit solchen Herrschaften zusammengebracht wird, die wenig bis gar nichts von Umverteilung und Sozialstaatlichkeit halten mögen. Und warum der VdK, der sich offiziell um die Lebenswirklichkeit vieler benachteiligter und armer Menschen in diesem Lande kümmert, ausgerechnet mit der Frau im Spiegel-Realität verbandelt werden muß, in der es um Schönheitsoperationen, prominentes Liebesleid, Faltenbekämpfung und allerlei Luxusprobleme mehr geht, erschließt sich dem kritischen Beobachter ebensowenig.

Alleine dies läßt schon Fragen zurück. Warum aber der VdK mit einem Massenblatt in Kooperation geht, welches der Verlagsgruppe von Gruner + Jahr zugehört, jenem Verlagshaus, das Reinhard Mohns Bertelsmann AG zu 74,9 Prozent besitzt, läßt nicht nur Fragen, sondern Ärger zurück. Ausgerechnet der VdK, der sich in den Medien als Streiter für eine bessere Gesellschaft darstellen läßt, wirbt mit seinem Namen für jene Krake, die wie keine andere hierzulande für Meinungsbildung verantwortlich ist; steht damit in direkter Verbindung zur Bertelsmann-Stiftung, die mit Umfragen und scheinbar wissenschaftlich einwandfreien Analysen den politischen Konsens in diesem Lande maßgeblich beeinflusst, d.h. den Konsens damit eigentlich erstickt. Eine vermeintlich demokratische Organisation wie der VdK, verwoben mit dem selbsterklärten Widerstandsverlag Bertelsmann (was der Verlag nie war), gejagt von den Nationalsozialisten, daher als eine Art Musterbeispiel demokratischen Unternehmertums geltend - welch schlechter Witz! Aber ein kalkulierter Witz, denn vor einiger Zeit warb der VdK für die Riester-Rente, der ja auch Bertelsmann nicht abgeneigt war.

Aufklärung in unserer Zeit scheint ein schweres Unterfangen. Sich für das Gute einzusetzen, dabei in Organisationen einzutreten, um mit mehr Schlagkraft gegen den Irrsinn unserer Zeit vorzugehen, wird immer mehr zum Vabanquespiel, weil die Hintergründe immer schleierhafter werden. Man tritt schnell einem Sozialverband bei, will darin wirken, wenigstens kleine Schritte der Veränderung herbeiführen, und erkennt zu spät, dass sich der Sozialverband indirekt (manchmal auch ganz direkt) mit den asozialen Tendenzen unserer Gesellschaft gemein macht. Diese kleinen und großen Paradoxa zu entlarven, immer wieder aufzuzeigen, in welche Richtung auch die vermeintlichen Retter unserer Gesellschaft tendieren, muß Aufgabe derer sein, die sich als Gegenöffentlichkeit (bei allem vagen Verständnis dieses Begriffes) verstehen.

5 Kommentare:

klaus baum 21. April 2009 um 21:56  

Es mag arrogant klingen, aber wenn ich mir die Leute vor Augen halte, die Ortsgruppen bilden, sich zum Kaffee oder zu Busfahrten treffen, und ich mir vorstelle, ich würde da Mitglied, dann müßte ich wohl depressiv werden.

Sprotte 21. April 2009 um 22:39  

Mit freundlichen Grüßen möchte ich Sie auf einen offen Brief von C. Pichlo aufmerksam machen, der unter Anderem hier zu lesen ist:
http://www.rentenreform-alternative.de/index2.htm

Offener Brief von Rentner C. Pichlo, 19.03.09

Sozialverband VdK Deutschland e. V.
Präsidium.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit großem Erstaunen habe ich zur Kenntnis genommen, dass Frau Ulrike Mascher im September letzten Jahres Präsidentin des Sozialverband VdK Deutschland e.V. geworden
ist.
Darum mit Erstaunen, um nicht zu sagen mit Entsetzen, weil mir Frau Mascher bisher als Staatssekretärin bei Herrn Riester im Arbeitsministerium bekannt war.
Dort hat sie zwischen 1998 und 2002, in der entscheidenden Zeit, federführend an der Zerschlagung der gesetzlichen Rente mitgewirkt.
Und noch viel schlimmer: Zwischen 1974 und 1990 war sie ausgerechnet in der privaten Versicherungswirtschaft tätig (Allianz), die der Verursacher und der Nutznießer der Rentenzerschlagung war und ist!

Wie um Gottes Willen konnte eine solche Person, die Verkörperung der asozialsten Gesetzgebung die dieses Land je erlebte, Präsidentin des VdK werden?
Wie war das ohne einen Aufschrei des Präsidiums und auch der Mitglieder möglich?

Was glauben Sie, was Millionen Rentner und Mitglieder des VdK in diesem Lande wohl machen, wenn sie erfahren, dass ihr größter Feind nun plötzlich ihre Interessen vertreten soll?
Hat es jemals eine größere Verhöhnung der Bevölkerung dieses Landes in der Nachkriegszeit gegeben?
Oder kann Frau Mascher erklären, wie es zu einem solchen Frontwechsel kam?
Kann sie uns Rentnern erklären, wie sie nun die furchtbaren Rentengesetze bekämpfen will, die sie selbst mit in die Welt gesetzt hat?
Wie will Frau Mascher erklären, dass sie als ehemalige Allianz-Angestellte, dann in der Funktion als Staatssekretärin, nicht für die ungeheuren Gewinne aus der privaten Rentenversicherung bei den privaten Anbietern die Verantwortung trägt?

Diese Dame hat nach meinem Verständnis unendliches Leid über uns Rentner gebracht und ist für unsere zunehmende Verarmung und Verelendung mitverantwortlich.
Wie können Sie mir glaubhaft erklären, dass diese Dame nun als Präsidentin des VdK, nicht ihr furchtbares Zerstörungswerk an der gesetzlichen Rentenversicherung fortsetzt?

In größter Sorge,
Claus Pichlo, Rentner

Jan Hanfeld 22. April 2009 um 11:43  

Der offene Brief von Claus Pichlo ist am 21.03.2009 auch auf folgender Seite veröffentlicht worden:

Gästebuch der «Rentnerinnen und Rentner Partei RRP», Landesverband Hessen

Tom 22. April 2009 um 16:20  

@ Klaus Baum

Hallo Klaus, es klingt nicht nur arrogant, nein dieser Kommentar IST arrogant!!

Jeder sollte nach seiner Fasson glücklich werden.

Und Du musst ja nicht Mitglied werden. Ist vielleich auch besser so.

Anonym 21. August 2009 um 07:48  

Das Frau Pauscher sich engagiert für den VdK ist o.k.Aber das man den "Bock zum Gärtner macht" wird sich rächen. Frau Pauscher war bei ex-Minister Riester Staatssekretärin und für den Riester-Faktor mit verantwortlich! Heute will sie ihren eigenen Mist abschaffen.Mir tun die VdK Mitglieder leid, die aus voller Überzeugung dieser Gemeinschaft Mitglied geworden sind, aber Politik-Neurosen versauen die Verbände.Schade

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