Die Freiheit zu Pressen
Donnerstag, 16. April 2009
Ein ausgewiesener Freund der Pressefreiheit, Kai Diekmann, entrüstet sich nun darüber, dass zum Fall Benaissa keine Berichterstattung stattfinden soll. Ausgerechnet dieser Parteigänger der entfesselten Pressefreiheit, der keine Scheu zeigt, Bilder und Namen getöteter Kinder in seiner Zeitung abzudrucken, macht sich dafür stark, dass Pressefreiheit auch in jenem aktuellen Fall stattfinden solle. Pressefreiheit nennt er es zwar, meint damit aber natürlich die Möglichkeit seiner Zeitung, möglichst skandalträchtige Geschichten feilzubieten, die weder Rücksicht auf persönliche Interessen noch auf Wahrheit nähmen. Es ist die springerspezifische Variante der Pressefreiheit, die Diekmann da vertritt, nämlich jene Freiheit der Presse, die nichts anderes darstellt, als die Freiheit Springers, Meinung in die Köpfe zu pressen - nicht irgendeine Meinung, sondern die Meinung der potenten Herrschaften hinter den Fassaden des Springerimperiums.
Es sind die Worte eines Schmierfinks, der sich ansonsten kaum um die von ihm gelobte und gefeierte Pressefreiheit kümmert, der zuläßt, dass seine Zeitung willkürlich und in abscheulicher Regelmäßigkeit, gegen Pressekodizes verstößt. Würde George W. Bush heute für Gandhis Satyagraha werben, so wäre dies nicht minder unglaubwürdig, wäre in gleicher Weise geheuchelt, wie Diekmanns Einsatz für die Pressefreiheit - für das, was er als Pressefreiheit versteht. Mit Rücksicht auf die Formen der Berichterstattung, wie sie uns seit Jahren und Jahrzehnten bekannt ist, mit all ihrer Skandalumwitterung, Sensationsgier und ihrem moralischen Vorverurteilen, nicht nur von der BILD so praktiziert, aber eben vorallem von der BILD, kann man den richterlichen Einspruch begreifen; mit Blick in die derzeitige Reaktion der Medien, wie sie HIV-Infizierte ruchbar macht, beinahe wie Aussätzige behandelt, wird ein Verbot der Berichterstattung geradezu attraktiv.
Wie gefährlich HIV sei, muß man allerorten lesen und hören. Dabei meint man aber wohl eher: Wie gefährlich sind HIV-Infizierte? Dass jemand, der wissentlich eine Ansteckung in Kauf nahm, selbstverständlich juristische Konsequenzen zu tragen habe, versteht sich auf Anhieb von selbst; dass man aber seine derzeitige Haft als selbstverständlich hinnimmt, mit dem Argument, er - der Jemand - würde ansonsten sofort mit dem Nächstbesten ins Bett gehen und weitere Ansteckungen in die Wege leiten, zeugt vom Intellekt der hiesigen Medienlandschaft. Die obskure Verhütungsmethode der Staatsanwaltschaft trifft auf Gegenliebe, wird relativ unkritisch aufgenommen, handelt es sich ja nur um einen HIV-Infizierten, den man sowieso irgendwie auf Abstand halten muß. Man möchte gar nicht wissen, wieviele der Berichterstatter ein generelles Internierungsgesetz für Kranke favorisieren würden. Bei Jauch wurde eine uralte Geschichte herausgekramt, bei der ein Ehemann seine Ehefrau wissentlich infizierte - paßt gerade gut ins Konzept: der böswillige HIVler, immer und überall will er die Welt infizieren, sie für seine Krankheit bestrafen - das ist die Quintessenz dieses Berichtens, ausgerichtet einzig und alleine am Unterhaltungswert. Das ist die verantwortungsvolle Berichterstattung der Medien. Nebenbei wird Benaissas Privatleben in die Öffentlichkeit gezerrt, ihre Krankenakte, die nur Ärzte und später Richter etwas angeht, nicht aber die deutsche Öffentlichkeit. Das komplette Blanklegen desjenigen, über den berichtet wird, ist die diekmannsche Pressefreiheit.
Pressefreiheit wäre freilich ein hohes Gut. Aber dazu bedarf es moralisch einwandfreier Charaktere, keiner windigen Gestalten wie Diekmann, die sich Pressefreiheit so zurechtlegen, wie es ihnen am dienlichsten, d.h. am profitabelsten ist. Im Grunde sollte es für eine derart verantwortungsvolle Position, eine Art Führerschein, eine Lizenz geben, die die charakterlichen Eigenschaften des Prüflings erfaßt. Über die dann festgehaltenen charakterlichen Mängel des Diekmann, ließe sich zudem trefflich skandalumwittert berichten - Pressefreiheit ganz in seinem Sinne! Aber machen wir uns nichts vor, diejenigen, die Interesse an dieser Form der Berichterstattung haben, weil sie ihnen zupass kommt, Massen ablenkt und nebenbei ihre Machenschaften deckt, haben kein Interesse an charakterlich Einwandfreien. Solche könnten wirklichen Journalismus betreiben wollen, ein Interesse daran finden, die Schweinerei höherer Kreise bloßzulegen. Dann lieber Diekmanns, die einen ganz besonderen Stil von Pressefreiheit frönen, der zwar wenig mit Presse und noch weniger mit Freiheit zu tun hat, aber wenigstens die Massen kleinpresst und den Oberen alle Freiheit beläßt.
Es sind die Worte eines Schmierfinks, der sich ansonsten kaum um die von ihm gelobte und gefeierte Pressefreiheit kümmert, der zuläßt, dass seine Zeitung willkürlich und in abscheulicher Regelmäßigkeit, gegen Pressekodizes verstößt. Würde George W. Bush heute für Gandhis Satyagraha werben, so wäre dies nicht minder unglaubwürdig, wäre in gleicher Weise geheuchelt, wie Diekmanns Einsatz für die Pressefreiheit - für das, was er als Pressefreiheit versteht. Mit Rücksicht auf die Formen der Berichterstattung, wie sie uns seit Jahren und Jahrzehnten bekannt ist, mit all ihrer Skandalumwitterung, Sensationsgier und ihrem moralischen Vorverurteilen, nicht nur von der BILD so praktiziert, aber eben vorallem von der BILD, kann man den richterlichen Einspruch begreifen; mit Blick in die derzeitige Reaktion der Medien, wie sie HIV-Infizierte ruchbar macht, beinahe wie Aussätzige behandelt, wird ein Verbot der Berichterstattung geradezu attraktiv.
Wie gefährlich HIV sei, muß man allerorten lesen und hören. Dabei meint man aber wohl eher: Wie gefährlich sind HIV-Infizierte? Dass jemand, der wissentlich eine Ansteckung in Kauf nahm, selbstverständlich juristische Konsequenzen zu tragen habe, versteht sich auf Anhieb von selbst; dass man aber seine derzeitige Haft als selbstverständlich hinnimmt, mit dem Argument, er - der Jemand - würde ansonsten sofort mit dem Nächstbesten ins Bett gehen und weitere Ansteckungen in die Wege leiten, zeugt vom Intellekt der hiesigen Medienlandschaft. Die obskure Verhütungsmethode der Staatsanwaltschaft trifft auf Gegenliebe, wird relativ unkritisch aufgenommen, handelt es sich ja nur um einen HIV-Infizierten, den man sowieso irgendwie auf Abstand halten muß. Man möchte gar nicht wissen, wieviele der Berichterstatter ein generelles Internierungsgesetz für Kranke favorisieren würden. Bei Jauch wurde eine uralte Geschichte herausgekramt, bei der ein Ehemann seine Ehefrau wissentlich infizierte - paßt gerade gut ins Konzept: der böswillige HIVler, immer und überall will er die Welt infizieren, sie für seine Krankheit bestrafen - das ist die Quintessenz dieses Berichtens, ausgerichtet einzig und alleine am Unterhaltungswert. Das ist die verantwortungsvolle Berichterstattung der Medien. Nebenbei wird Benaissas Privatleben in die Öffentlichkeit gezerrt, ihre Krankenakte, die nur Ärzte und später Richter etwas angeht, nicht aber die deutsche Öffentlichkeit. Das komplette Blanklegen desjenigen, über den berichtet wird, ist die diekmannsche Pressefreiheit.
Pressefreiheit wäre freilich ein hohes Gut. Aber dazu bedarf es moralisch einwandfreier Charaktere, keiner windigen Gestalten wie Diekmann, die sich Pressefreiheit so zurechtlegen, wie es ihnen am dienlichsten, d.h. am profitabelsten ist. Im Grunde sollte es für eine derart verantwortungsvolle Position, eine Art Führerschein, eine Lizenz geben, die die charakterlichen Eigenschaften des Prüflings erfaßt. Über die dann festgehaltenen charakterlichen Mängel des Diekmann, ließe sich zudem trefflich skandalumwittert berichten - Pressefreiheit ganz in seinem Sinne! Aber machen wir uns nichts vor, diejenigen, die Interesse an dieser Form der Berichterstattung haben, weil sie ihnen zupass kommt, Massen ablenkt und nebenbei ihre Machenschaften deckt, haben kein Interesse an charakterlich Einwandfreien. Solche könnten wirklichen Journalismus betreiben wollen, ein Interesse daran finden, die Schweinerei höherer Kreise bloßzulegen. Dann lieber Diekmanns, die einen ganz besonderen Stil von Pressefreiheit frönen, der zwar wenig mit Presse und noch weniger mit Freiheit zu tun hat, aber wenigstens die Massen kleinpresst und den Oberen alle Freiheit beläßt.
4 Kommentare:
Die Medien haben sich schon länger auf die Bekämpfung von Menschen mit HIV und AIDS eingeschossen. Aus dem „Kampf gegen AIDS” ist ein Kampf gegen HIV+ Menschen geworden. Anlässlich des Welt-AIDS-Tag 2008 hatte ich dieses Phänomen im Blog erläutert.
“Kampf gegen AIDS” Vom Stereotyp zum Feindbild
http://zwischenzeit.de/blog/?p=30
Damals war mir nicht bewusst, welche Dimensionen diese Kampagne annehmen kann und wie weit sie in der Bevölkerung verwurzelt ist. Mit Grauen lese ich die Kommentare zum aktuellen Fall bei welt.de und anderen Medien.
"[...]Dann lieber Diekmanns, die einen ganz besonderen Stil von Pressefreiheit frönen, der zwar wenig mit Presse und noch weniger mit Freiheit zu tun hat, aber wenigstens die Massen kleinpresst und den Oberen alle Freiheit beläßt.[...]"
Dazu paßt die Weißwäscherei dieser Bild-Fuzzys gestern bei "Zapp":
http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/tv114.html?
Überschrift: "Journalisten und ihr Glaube".
Auch diverse Bild-Fuzzys melden sich zu Wort, die "sozial Schwachen" keinen Heller mehr gönnen, aber gleichzeitig einen auf christlich machen.
Dies paßt im paulinschen Sinne mit den vermeintlich "Mächtigen" zu kungeln wie ein Ei zum Anderen.
Die Presse ist nur für den frei, dem sie gehört.
Objektivität (im Journalismus wie in der Wissenschaft) ist m. E. meist eh nur ein Schein, um dahinter Ideologien, Interessen und eigene Ziele zu verstecken. Insofern sind Blogs ehrlicher, authentischer und glaubwürdiger. Jeder Leser weiß, dass er die subjektive Meinung und Bewertung des Verfassers vorgesetzt bekommt. Er kann dann frei entscheiden, ob ihm das gefällt oder nicht.
Diekmann verdankt seine Karriere allein der Tatsache , dass er einmal unaufgefordert zu Herrn Kohl ins Auto stieg. Er schmierte dem Alten soviel Honig ums Maul, dass hier eine Beziehung entstand in der Diekmann das Glück hatte dem Alten nützlich und vertrauenswürdig zu erscheinen.
Solche Banalitäten und Zufälle machen Karrieren.
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