Unterdrückte Wucht
Freitag, 15. Januar 2010
Drunten mehren sich die Fressen, in die zu prügeln man geneigt ist. Ein Meer aus Visagen entsteht, eine weites, wogendes, mit Horizont ausstaffiertes Meer. Drunten schwimmt man hilflos in einem Meer aus Fressen, schwimmt zwischen allerlei Meeresgetier hindurch, zwischen seriösen Mienen ebenso wie zwischen boshaften Grimassen. Man treibt nicht gerne in diesen Fluten, man hofft auf Rettung, hofft endlos auf einen Kutter, der einen aus den Wogen fischt, aus dieser gigantischen Brühe voll Nasen, Mündern wie Augenpaaren, aus dieser Suppe von verschwitzten Köpfen. Friedfertigkeit, die entkrampfte Faust, so träumt man halbschlafend im Ozean hin- und herschwappend, wäre die erhoffte, die rettende, die idyllische Insel, das paradiesische Eiland schmalziger Novellen - endlich faustlos, endlich friedvoll, endlich frei vom blutbesudelten Handrücken.
Doch dann, immer noch paddelnd in jener Kloake, zwischen Mundgerüchen und Schweißperlen, zwischen dämlichen Blicken und lächerlichen Frisuren, zwischen großen wie kleinen Nasen und anliegenden wie abstehenden Ohren paddelnd, baut sich eine erneute Fresse auf, ein weiteres Antlitz, dass in Breiform ansehnlicher schiene, in die zu dreschen man schier gezwungen wird. Vielerlei Art kann eine solche Fresse sein - die stinkende und dampfende Fresse eines Arbeitgebers, die für wenig Geld viel Arbeitskraft fordert, die gängelt und drückt, die kürzt und bescheisst, die Löhne zurückhält und Kündigungen verteilt wie weiland Christus Seligpreisungen. Oder die faulige und selbstgerechte Fresse eines Arbeitsvermittlers, die bedrängt und presst, die das Existenzminimum in tiefere Minima minimiert, die Hungerlöhne an Hungerfürsorge knüpft, die aus einem gemachten Nest heraus Nester zerpflückt. Oder aber wahlweise die prahlerische Fresse eines Pedells, die für seinen Herrn hingehalten wird, die Geld erpresst und Vogelkarikaturen auf Zeug kleistert, die in die stickige Gosse marschiert, um den gesäumten Alleen den notwendigen Reichtum zu gewähren. Das Leben im Meer ist mannigfaltig, kaum zu katalogisieren und zu erfassen; das Leben im Meer ist eine unbegrenzte Ansammlung von Fressen, denen man die Faust hineinrammen möchte.
Drunten angekommen regiert die Faust, ganz metaphorisch, immer in der Jackentasche geballt. Man vermöbelt selten - viele schlagen gar nicht, aber die Option, diese brachiale Alternative, sie wird einem auferlegt. Drunten wirken Worte, andächtig vorgetragene Rechtfertigungen, durchschlagende Bekundungen nicht. Durchschlagend wäre nur der Fausthieb - wenn man ihn sich zutraute. Durchschlagend für einen kurzen Moment, eine Auflehnung gegen das Meer, gegen die Naturgewalt der triezenden Fressen. Durchschlagend, wie ein Schlag ins Wasser, für einen Augenblick Wassermassen durchpflügend, nur damit sie wieder zusammenfließen, sich zusammenfügen können. Zusammengeflossen reihen sich die Visagen aneinander, setzen den bis aufs Blut Gereizten nochmals zu, holen die Büttelfresse zum Dienst, die Richterfratze auf den Hochstuhl, lassen den durchschlagenden Fausthieb zum Sieg eines Pyrrhus verkommen. Drunten ist das, was enthobeneren Schichten das Damoklesschwert ist, die Faust; eine Faust, die stets und pausenlos vor den Gesichtern und Zerrmasken tänzelt.
Vorbildlich und zur Freude der Peiniger, der Quälgeister, der Ausbeuter stecken die Fäuste tief ins Futter der Tasche gegraben fest. Keine Gewalt!, rufen sie in die Täler hinab. Sprecht, argumentiert, kämpft mit Zunge und Lippen, lasst euren Kehlkopf zur Faust werden, aber hackt euch eure Fäuste ab, bleibt Lämmer, ihr Esel! Häufig bleibt man es - häufig, oh ja, viel zu häufig. Dann trottet man wie die Sau zum Bolzenschuss, nicht quiekend, nicht wimmernd, sondern geistesabwesend, mit der Faust ringend, mit der Frage kämpfend, ob denn nun eingewuchtete Gesichter sittsam wären, damit der nach unten Tretende bemerkt, dass im Kadaver der Gosse noch Atem ist, noch Kampfkraft. Lebensgeist! Dass er bemerkt, wie drunten noch eine letzte Neige Stolzes, ein kleines Fünkchen Selbstwert logiert. Doch die Faust steckt in der Tasche, festgemauert in der Weste. Einbetoniert ins Gehirn; einbetoniert, dass Gewalt sittenwidrig sei, weil sie gewaltig verletzt und gewaltig nach hinten losgeht und den Gewalttätigen gewaltsam überwältigt.
Drunten ahnt man, weiß man, spürt man, dass die Faust ein trauriger Lebenspartner ist, ein wenig geliebter Kamerad. Wie gerne würde man dem Ozean endgültig entsteigen, um nicht in jeder Fresse einen Sandsack vermuten zu müssen. Fressen, die selbst lächelnd, höflich, mit der zeitgemässen Maske des Dienstleistungslächelns verunziert, wie Sandsäcke wirken. Gedankenverloren wogt man im Wasser, im Meer aus Gesichtern, träumt sich in Zeiten, in denen Gesichter einem wieder zu Menschen werden. Phantasiert sich an Gestade, an denen Fressen Antlitze sind, wo Pedelle, Vermittler und Ausbeuter, überhaupt dieses ganze nach oben vermittelnde Gesocks, nicht mehr zum Futter für geballte Hände taugt. Wo Blut und ausgebrochene Zahnfragmente nicht mehr zur Befriedigung der eigenen Armseligkeit beitragen müssen.
Seid gewaltlos!, belehren sie hinab, seid gewaltlos, damit wir euch weiterhin Gewalt androhen können! Drunten vergräbt man die Hände in den Taschen und folgt der Herrenmoral, folgt ihr im Ruch der Vernunft, folgt auf die Schlachtbank. Drunten ist keine Fresse respekteinflössend. Respekt flösst nur die Faust ein, die oben eben nicht in die Tasche gesteckt wird, die nur umgetauft wurde - die dort Gesetz, Paragraph, Sanktion oder Haft oder sonstwie heißt. Taufte man drunten die Faust zur Gerechtigkeit und Befreiung, würde man sie Emanzipation und Autonomie nennen oder Selbstwert und Notwehr, sie würde einige Verständige mehr finden. Befürworter allerdings nicht, denn selbst drunten, im öligen Spülwasser, lassen sich keine Befürworter zur Faust finden. Sie sind nicht Befürworter, sie haben nur keine andere Wahl mehr. Sie würden gerne streicheln, liebkosen, fingern - doch drunten ist die Faust verkrampft, fast nicht mehr zu öffnen. Die Faust klammert sich ans Drunten - das Drunten gebiert die Faust.
Doch dann, immer noch paddelnd in jener Kloake, zwischen Mundgerüchen und Schweißperlen, zwischen dämlichen Blicken und lächerlichen Frisuren, zwischen großen wie kleinen Nasen und anliegenden wie abstehenden Ohren paddelnd, baut sich eine erneute Fresse auf, ein weiteres Antlitz, dass in Breiform ansehnlicher schiene, in die zu dreschen man schier gezwungen wird. Vielerlei Art kann eine solche Fresse sein - die stinkende und dampfende Fresse eines Arbeitgebers, die für wenig Geld viel Arbeitskraft fordert, die gängelt und drückt, die kürzt und bescheisst, die Löhne zurückhält und Kündigungen verteilt wie weiland Christus Seligpreisungen. Oder die faulige und selbstgerechte Fresse eines Arbeitsvermittlers, die bedrängt und presst, die das Existenzminimum in tiefere Minima minimiert, die Hungerlöhne an Hungerfürsorge knüpft, die aus einem gemachten Nest heraus Nester zerpflückt. Oder aber wahlweise die prahlerische Fresse eines Pedells, die für seinen Herrn hingehalten wird, die Geld erpresst und Vogelkarikaturen auf Zeug kleistert, die in die stickige Gosse marschiert, um den gesäumten Alleen den notwendigen Reichtum zu gewähren. Das Leben im Meer ist mannigfaltig, kaum zu katalogisieren und zu erfassen; das Leben im Meer ist eine unbegrenzte Ansammlung von Fressen, denen man die Faust hineinrammen möchte.
Drunten angekommen regiert die Faust, ganz metaphorisch, immer in der Jackentasche geballt. Man vermöbelt selten - viele schlagen gar nicht, aber die Option, diese brachiale Alternative, sie wird einem auferlegt. Drunten wirken Worte, andächtig vorgetragene Rechtfertigungen, durchschlagende Bekundungen nicht. Durchschlagend wäre nur der Fausthieb - wenn man ihn sich zutraute. Durchschlagend für einen kurzen Moment, eine Auflehnung gegen das Meer, gegen die Naturgewalt der triezenden Fressen. Durchschlagend, wie ein Schlag ins Wasser, für einen Augenblick Wassermassen durchpflügend, nur damit sie wieder zusammenfließen, sich zusammenfügen können. Zusammengeflossen reihen sich die Visagen aneinander, setzen den bis aufs Blut Gereizten nochmals zu, holen die Büttelfresse zum Dienst, die Richterfratze auf den Hochstuhl, lassen den durchschlagenden Fausthieb zum Sieg eines Pyrrhus verkommen. Drunten ist das, was enthobeneren Schichten das Damoklesschwert ist, die Faust; eine Faust, die stets und pausenlos vor den Gesichtern und Zerrmasken tänzelt.
Vorbildlich und zur Freude der Peiniger, der Quälgeister, der Ausbeuter stecken die Fäuste tief ins Futter der Tasche gegraben fest. Keine Gewalt!, rufen sie in die Täler hinab. Sprecht, argumentiert, kämpft mit Zunge und Lippen, lasst euren Kehlkopf zur Faust werden, aber hackt euch eure Fäuste ab, bleibt Lämmer, ihr Esel! Häufig bleibt man es - häufig, oh ja, viel zu häufig. Dann trottet man wie die Sau zum Bolzenschuss, nicht quiekend, nicht wimmernd, sondern geistesabwesend, mit der Faust ringend, mit der Frage kämpfend, ob denn nun eingewuchtete Gesichter sittsam wären, damit der nach unten Tretende bemerkt, dass im Kadaver der Gosse noch Atem ist, noch Kampfkraft. Lebensgeist! Dass er bemerkt, wie drunten noch eine letzte Neige Stolzes, ein kleines Fünkchen Selbstwert logiert. Doch die Faust steckt in der Tasche, festgemauert in der Weste. Einbetoniert ins Gehirn; einbetoniert, dass Gewalt sittenwidrig sei, weil sie gewaltig verletzt und gewaltig nach hinten losgeht und den Gewalttätigen gewaltsam überwältigt.
Drunten ahnt man, weiß man, spürt man, dass die Faust ein trauriger Lebenspartner ist, ein wenig geliebter Kamerad. Wie gerne würde man dem Ozean endgültig entsteigen, um nicht in jeder Fresse einen Sandsack vermuten zu müssen. Fressen, die selbst lächelnd, höflich, mit der zeitgemässen Maske des Dienstleistungslächelns verunziert, wie Sandsäcke wirken. Gedankenverloren wogt man im Wasser, im Meer aus Gesichtern, träumt sich in Zeiten, in denen Gesichter einem wieder zu Menschen werden. Phantasiert sich an Gestade, an denen Fressen Antlitze sind, wo Pedelle, Vermittler und Ausbeuter, überhaupt dieses ganze nach oben vermittelnde Gesocks, nicht mehr zum Futter für geballte Hände taugt. Wo Blut und ausgebrochene Zahnfragmente nicht mehr zur Befriedigung der eigenen Armseligkeit beitragen müssen.
Seid gewaltlos!, belehren sie hinab, seid gewaltlos, damit wir euch weiterhin Gewalt androhen können! Drunten vergräbt man die Hände in den Taschen und folgt der Herrenmoral, folgt ihr im Ruch der Vernunft, folgt auf die Schlachtbank. Drunten ist keine Fresse respekteinflössend. Respekt flösst nur die Faust ein, die oben eben nicht in die Tasche gesteckt wird, die nur umgetauft wurde - die dort Gesetz, Paragraph, Sanktion oder Haft oder sonstwie heißt. Taufte man drunten die Faust zur Gerechtigkeit und Befreiung, würde man sie Emanzipation und Autonomie nennen oder Selbstwert und Notwehr, sie würde einige Verständige mehr finden. Befürworter allerdings nicht, denn selbst drunten, im öligen Spülwasser, lassen sich keine Befürworter zur Faust finden. Sie sind nicht Befürworter, sie haben nur keine andere Wahl mehr. Sie würden gerne streicheln, liebkosen, fingern - doch drunten ist die Faust verkrampft, fast nicht mehr zu öffnen. Die Faust klammert sich ans Drunten - das Drunten gebiert die Faust.
20 Kommentare:
Sie drohen nicht nur Gewalt an, sie üben sie aus, gnadenlos. Oder ist die Sanktionierung von Alg-II-Empfängern unter das Existenzminimum etwa keine Gewalt? Also immer rein in die Visagen...
Sehr schöner Artikel, beim Lesen sind sehr klare Bilder in meinem Kopf entstanden. Packend!
Also JBK und Mike Krüger waren angesichts der damaligen Initial-Demonstrationen gegen Hartz IV auch dafür, das das alles im Rahmen der Ordnung bleibt.
Ehrlich gesagt ich hatte erwartet, das mehr Fäuste fliegen. Man hatte ja in Erwartung die Sicherheitskräfte verstärkt Schreibtisch mit Axt zertrümmert las ich mal. Es gab auch schon Versehrte. Aber der spezielle Fall den ich da las war auch noch ungerechtfertigt. In einem Fall hatte jemand der zugeschlagen hatte ungepflegte lange Haare.
Ich sage immer, wenn mich das so treffen würde, so gäbe es mindestens Arbeit für kosmetische Operateure. Ich weiß gar nicht ob eine solche Äußerung strafbar ist.
Aber ein Bekannter sagt. Nein, ich würde alles öffentlich über meinen Anwalt abwickeln. Auch bedenkenswert denn physische Gewalt führt ins Gefängnis. Ist bei den wirklich Gepeinigten denn niemand, der sich wirklich zur Wehr setzen kann? Sind die noch nicht gepeinigt genug? Kann es sein, das die neoliberale Hartz IV Gesellschaft mit immer weiteren schöpferischen Fortentwicklungen das ewige Endstadium der Demokratie a la BRD ist? Kommen als Nächtes irgendwann die Hütten am Rande der Städte? Hält diese Gesellschaft auch das noch aus?
Kommen als Nächtes irgendwann die Hütten am Rande der Städte? Hält diese Gesellschaft auch das noch aus?
Stichwort "Gentrifizierung". Läuft schon längst...
Und richtig schlimm wirds dann, wenn diese Wucht sich doch eines Tages entlädt und blind und in Rage auf das oder die Nächstliegenden einprügelt, während die Druckmacher sich weiterhin hinter den Hochburgen ihrer Macht aufblasen und die Atmosphäre anheizen. Das nennt man dann Naturkatastrophe. Und im kleinen häusliche Gewalt.
Ich musste als neuer Arbeitsloser nun noch Alg. 2 beantragen, weil das Alg. 1 nicht zu meinem Leben ausreichte, so guuuuuut habe ich verdient.
Als ich zur Fresse des (J)Mobcenter-Sachbearbeiters sagte: Nun kann ich ja von zwei Seiten getreten werden, da antwortete die Fresse: " Nein, Sie werden nur von uns getreten werden"!
Ich "liebe" dieses Land !!!
Eine Wucht, die unterdrückt? Eine Wucht, die keine ist, weil sie daran gehindert wird? Weil sie sich selbst daran hindert, sich maßregelt, eine freie, nicht unterdrückte Wucht zu sein?
Auf Aktion folgt Reaktion, oder? Es kommt doch der Sache unseres Gegenübers nicht gerecht, würde diese simple Kausalität ignoriert werden, oder? Was dachte mein Gegenüber denn, was passieren würde, wenn Gewalt angewendet werden soll, gegen mich.
Wird von mir etwa erwartet, das ich mich ruhig und besonnen der Gewalt ergebe? Oh nein! Nichts da. Wie es in den Wald hineinruft, so brüllt es mit voller Wucht heraus. War doch zu erwarten, dass das passiert, oder etwa nicht?
Wer die Schlange reizt und bedroht, muss sich nicht wundern, von ihr gebissen zu werden.
Das Problem ist, hier stehen sich strukturelle Gewalt, die vom Staat und seinen Organen ausgeht, mit Teilen des Volkes gegenüber, welche über dieses Gewaltmittel eben nicht verfügen kann und darf. Dem kann es nur rein physische Gewalt entgegensetzen. Und die ist ja, auch in meiner eigenen Wertewelt, verpönt. So bleibe nur, auch die strukturelle Gewalt als eine zu ächtende Gewaltausübung zu brandmarken und zu verbannen.
Angesichts der Zeit, die sich Bundesverfassungsgericht und ähnliche Institutionen nehmen, um z.B. HartzIV-Sätze oder die Selektivität des deutschen Schulsystems zu überprüfen, ist es erstaunlich, dass diesen Institutionen überhaupt noch Vertrauen entgegen gebracht wird.
Menschen sehen anscheinend diese Verzögerungen nicht als Verweigerung des Establishments, sich mit ihren Problemen auseinanderzusetzen.
Merkwürdig.
Es wundert einen wirklich, wie angesichts solcher Zustände KEINE Revolution ausbricht.
hartzIV, 1-€-Jobs, Armutslöhne
Die Armutsindustrie:
Derzeit entsteht ein neuer Markt rund um Armut und Hartz IV bei denen viele abkassieren, nur nicht die Betroffenen selbst. Die Reportage von der Autorin Eva Müller zeigt auf, wie Geschäftemacher mit 1-Euro-Jobbern und "subventionierten Mitarbeitern" viel Geld "erwirtschaften" und die Menschen selbst weiterhin in Armut gehalten werden. Müller greift ein brisantes Thema auf, dass bislang in den öffentlichen Medien kaum behandelt wurde. Um so wichtiger, dass möglichst viele Menschen die Reportage sehen.
Aus der Ankündigung: Florian Schneider ist arbeitslos und hat trotzdem jede Menge zu tun. Er nutzt einfach die Angebote, die sich für ihn und all die anderen, die ohne Arbeit leben, bieten: den Ein-Euro-Job beim privaten Träger, das kostenlose Bewerbungstraining, den Kurs zur gesunden Ernährung. All diese Einrichtungen geben Florian Schneiders Leben einen Rhythmus. Ob sie ihn wieder in Arbeit bringen ist fraglich, aber sie verdienen, oft vom Staat subventioniert, gut mit an seiner Misere.Ob in Braunschweig oder Berlin, in Bonn oder Stuttgart: "ARD-exclusiv" erzählt, wie sich das Geschäft mit der Armut schleichend entwickelt. Die Zahl der Arbeitssuchenden ist einfach zu groß, und so verlässt sich der Staat immer mehr auf private Unternehmer, die Kurse anbieten, Praktika organisieren - für die aber auch jeder 'Kunde', der wieder in Arbeit kommt, wirtschaftlich gesehen erstmal schlecht ist. Was hilft das alles Florian Schneider, der sich zwar 'beschäftigt' fühlt, aber trotzdem kaum Chancen auf eine feste Stelle hat? Im Dunstkreis von Hartz IV entsteht: die Armutsindustrie.
Teil 1-3, ARD-Doku
http://www.youtube.com/watch?v=9XFFV9rb5w8&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=6G42fU8Vsn4&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=MtLqFUj-nGw&feature=related
Preisfrage an alle: Eine demokratisch gewählte Regierung mit großer Stimmenmehrheit ginge daran, die Privilegien der Besitzenden stark einzuschränken, Privatbesitz, ob an Grund und Boden oder wichtigen Produktionsmitteln, Banken, etc.., zumindest teilweise in öffentliches Eigentum zu überführen, W E R würde dann wohl als erstes zur "Gewalt" greifen um dies zu verhindern?
Bakunin
"Das System funktioniert deswegen immer noch so reibungslos, weil es sich für den neuen Menschen nicht mehr als Zwang von außen zu erkennen geben muß. Es funktioniert als Denk-, Gefühls- und Handlungsreflex [...]. Epistemologisch scheint mir dieser Mechanismus in der Unmöglichkeit gegründet, Zusammenhänge auch nur denken zu können, die sich aus gegenteiligen Bestimmungen zusammensetzen. Aber so findet der Pluralismus der bürgerlichen Gesellschaft eben seine Vollendung."
Quelle
Insofern leider gar nicht so merkwürdig...
Mittlerweile denken viele Politiker über Hartz IV nach.
Sie versuchen es zumindest.
Koch ist kein Dummkopf.
NUR SO KANN ER DIE EINFÜHRUNG VON MINDESTLÖHNEN VERHINDERN.
Er muss die Arbeitnehmerschaft spalten!
Herr Koch weiss genau dass die Bundesregierung mittlerweile 10 Milliarden Euro Lohnsubventionen an Unternehmer auszahlt.Einen Mindestlohn der die Ausbeutung des Staates durch schlechte Unternehmer verhindert hält er für falsch.Soviel zur wirtschafts- und finanzpolitischen Kompetenz des Herr Koch.Und jetzt Herr Koch warum keinen Mindestlohn eine Abschreckungsfunktion für schlechte Unternehmer die ihre Kollegen und den Staat ausbeuten?
Langsam bekomme ich das Gefühl, bestimmte interessierte Kreise streben eine "Endlösung" an.
http://debatte.welt.de/kolumnen/41/modernes+deutschland/184928/hartz+iv+und+das+bundesverfassungsgericht
Man beachte auch den Verfasser. Da ist offensichtlich jemand ganz versessen darauf, dass die Menschen nicht vergessen sollen, wem u.a. sie das alles zu "verdanken" haben. Glückwunsch. Ich würde es als Schuss ins Knie bezeichnen. ;-)
Wenn man nach der ausbleibenden Gewalt von Unten frägt, finde ich einen Blick in die Länder, die uns in der Entwicklung bereits ein paar Schritte voraus sind, ganz ratsam. Sprich die USA oder Großbritannien. Dort war die Repression bislang auch immer so stark, dass sich von unten kein nennenswerter Widerstand formieren konnte. Ich habe leider keinen Zweifel daran, dass wir die selben Schritte wie die USA vollziehen werden, hin zu einer Dystopie der Repression, des Wegsperrens und der Prekarisierung der Gesellschaft. Mir scheint leider die Herrschenden sind heute einfach zu gut organisiert...
"[...]Ich habe leider keinen Zweifel daran, dass wir die selben Schritte wie die USA vollziehen werden, hin zu einer Dystopie der Repression, des Wegsperrens und der Prekarisierung der Gesellschaft[...]"
Den Verdacht teile ich auch.
Die neoliberale Amerikanisierung Europas ist sicher schon soweit fortgeschritten, dass nicht einmal in einer "Neuen Weltwirtschaftskrise" (Zitat Paul Krugman - US-Wirtschaftsnobelpreisträger) Widerstand gegen diese Dauerhetze von ganz Unten kommt.
Haiti wird jetzt, wenn man Nachdenkseiten folgen kann, via Schock-Doctrine, in dieselbe Richtung gebracht.
Es ist schon bezeichnend, dass die USA einen Präsidenten haben, der mitsamt seinem Amtsvorgänger, der eigentlich nach Den Haag als Kriegsverbrecher überstellt gehört - George W. Bush ist gemeint - und Bill Clinton in Haiti "helfen" will.
Noch bezeichnender ist, dass Kuba und Venezuela sofort zivile Hilfskräfte dorthin geschickt haben, von denen in linken, aber nicht in den anderen dt. Medien, geredet wird - Die Mainstream-Medien bringen nur, dass die USA den Flughafen Haitis "unter Kontrolle" haben und "eine Aufklärungsdrohne wie in Afghanistan" über Haiti abgefeuert wurde - Sollte die Nachricht stimmen, die die Mainstream-Medien verbreiten, dann ist die Schocktherapie (Zitat: US-Autorin Naomi Klein) in Haiti im vollem Gange.
Gegen wen die sich richtet ist wohl jedem klar - Gegen die antineoliberalen Kräfte in der Karibik und in Lateinamerika, einschließlich der stark getroffenen Bevölkerung von Haiti.
Der Neoliberalismus duldet in seinem Hinterhof keine Abweichler, und - zurück auf Deutschland - genauso verfahren Westerwelle, Merkel & Co. auch im Fall Deutschlands. Kein Wunder, dass man unter Schäuble das "Militär im innern einsetzen will", und das KSK-Kommandanten vom "Feind im Innern" (=Arbeitslose und sonstige Hartz IV-EmpfängerInnen) fabuliert.
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
"Nein, der Mensch soll immer in Angst leben, und sei es nicht die Angst vor irrealen Gefahren, dann die Angst, in ein abschreckendes System sozialer Kälte einer gnadenlosen Gesellschaft abzustürzen. Druck muss überall spürbar sein. Jeder muss sich behaupten, jeder muss immer und überall kämpfen, und der Feind muss besiegt werden. Der Feind, das ist nicht nur „der Terrorist“, das ist auch der Konkurrent um den Arbeitsplatz, und das sind die „Arbeitsunwilligen“, sind die Hilfsbedürftigen, sind die Schwächeren, gegen die man triumphieren muss und gegenenüber denen man keine Gnade oder Menschlichkeit kennen darf. Nur der Stärkere setzt sich durch."
http://guardianoftheblind.wordpress.com/2010/01/16/das-menschenbild-der-neokonservativen/
@ Roberto:
Zunächst: herzlichen Glückwunsch zu deinem wundervollen Buch! Nachdem ich die "Ansichten eines Büttels"; "Der gute Wille" und den obigen Blogeintrag gelesen habe, bin ich dabei, mir nochmals Heinrich Manns "Der Untertan" und Kafkas "Prozess" durchzulesen. Insbesondere den Untertan von Mann kann ich an dieser Stelle nur wärmstens allen zur Lektüre empfehlen! Er ist bedauerlicherweise wieder aktuell.
@Anonym 17.01. 9:28
Eben das ist aber nicht beschränkt auf ein neokonservatives oder neoliberales 'Menschenbild', sondern bezeichnet die Situation des 'doppelt freien' Lohnabhängigen schlechthin. Nur dass diese in Krisenzeiten, in Zeiten prekärer Kapitalverwertung, 'knapper Kassen' und hoher Arbeitslosigkeit natürlich etwas greller ausgeleuchtet wird als bei relativ gutem 'Geschäftsgang', der noch allerlei verschleiernden Sozialklimbim zulässt. Geschäftsgrundlage der Anwerbung von 'Arbeitskräften' ist aber immer die Tatsache, dass die Mehrheit der Bevölkerung eben nicht über die nötigen Produktionsmittel - angefangen mit Grund und Boden - verfügt, um sich selbst durchzubringen und daher stets gezwungen ist, sich zu verkaufen. Der 'Anreiz', von dem gerne geschwafelt wird, ist im Kern immer Zwang - und das jeweils herrschende 'Menschenbild' nur der ideologische Ausdruck der Verhältnisse, der halt in Krisenzeiten nur etwas 'deftiger' ausfällt. Eine Änderung des 'Menschenbildes' würde denn auch rein gar nichts bewirken, wenn man darüber nicht auch zu einer grundlegenden Änderung der Verhältnisse gelangen will.
Apropos Untertanen:
Die Universitäten gehen wieder dazu über, Untertanen zu züchten.
Mit dem Verlust akademischer Freiheit, dem Druck auf Dozenten, sich anzupassen oder keinen Job zu bekommen, der übergroßen Arbeitsbelastung des akadem. Personals, dem peniblen, elektronischen Nachhalten jeden auch noch so kleinen studentischen Geschreibsels (Protokolle werden gespeichert etc) und der dadurch erzeugten Notwenigkeit, möglichst viele Studenten wegen kleinerer formaler Versäumnisse durchfallen zu lassen (Protokoll 1 Seminarsitzung 1 Tag zu spät abgegeben etc), wird ein sehr autoritärer und sehr hierarchischer Ton an Universitäten etabliert.
Der akadem. Personalmangel macht es außerdem notwendig, Veranstaltungen als Vorlesung anzubieten, statt diese als Seminar zu veranstalten. Lernen und Bildung funktioniert aber immer nur im Dialog mit einem Gegenüber, dem man Fragen, Gegenargumente etc. vorlegen kann und mit dessen Antworten und Argumenten man sich auseinandersetzen muss, um die eigenen Gedankengänge zu schärfen, Gedanken abzugrenzen, weiterzuentwickeln usw.
Übrigens:
Neuerdings müssen Universitäten sich von privatwirtschaftlichen Institutionen bestätigen lassen, dass ihre angebotenen Studiengänge angemessen akademisch sind. Akkreditierung nennt man das.
Zudem muss die Existenz bestimmter Studiengänge seit neuestem in ihrem Wert für die Gesellschaft bestätigt werden. Kurz: Die Dozenten müssen begründen, dass das Fach, welches sie seit Jahren unterrichten, irgendwie für die Gesellschaft (Wirtschaft) nützlich ist.
Die Anträge für diese Verfahren müssen natürlich vom akadem. Personal zusätzlich zur normalen Arbeitsbelastung ausgefüllt werden.
Und unter enormem Zeitdruck: 2 wochen Zeit, weil besagte Anträge durch mehrere Verwaltungsinstanzen durch müssen. Die endgültige Entscheidung ob der Zulassung dieser Anträge erfolgt in 2 (!!) Jahren.
Die Bologna-Reform ist so ein unglaublicher Haufen gequirlter Scheiße, das ist institutionalisierte Absurdität.
Bzgl. "Untertan", und fehlende Massenproteste.
Könnte es auch an den Anti-Terrorgesetzen in Deutschland liegen, dass es derzeit - statt massiver sozialer Unruhen - so ruhig ist? Wie ich auf so eine Überlegung kommt?
Ich las vor kurzem über eine Tierrechtsbewegung, die in Österreich via Anti-Terrorgesetzen verhaftet wurde - Grund: Andere Meinung als die herrschende Klasse und Aktionen zur Unterstützung dieser Meinung (z.B. Proteste, Boykotts, Flyer etc.).
Wir kennen es ja von Heiligendamm am G8 Gipfel.
Jeder, der auch nur etwas anderes DENKT als Merkel/Westerwelle ist höchst verdächtig, und außerdem "negative Meinungen" sind in Deutschland nicht erwünscht - Zumindest in meinem Umfeld hörte ich dies einmal.
Fazit:
Du bist ein Terrorist, schlimmer noch als die Taliban, wenn Du nur eine andere als eine wirtschaftsfreundliche Meinung hast.
Mir geht es jetzt nicht um die Aktion der Tat, sondern einfach darum, dass andere Meinungen via Staatsterrorismus in .de/Österreich verfolgt werden.
Ich will jetzt keine Tierschützer in Schutz nehmen, bin selber keiner, aber als ich den Hinweis über die österreichische Tierschutzbewegung las, die wie Terroristen via Spezialeinheit des Nächtens aus dem Bett geholt wurden, weil die eben "anders" als der Rest in Österreich sind, kam mir das kalte Gruseln.
Soweit sind wir in Deutschland (noch) nicht, aber was nicht ist kann ja noch werden - Zynisch ausgedrückt.
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
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