Im Exil

Mittwoch, 27. Januar 2010

"Die völlige Ungewissheit, über das, was der nächste Tag, was die nächste Stunde bringt, beherrscht seit vielen Wochen meine Existenz. Ich bin verurteilt, jede Zeitung [...] wie eine an mich ergangene Zustellung zu lesen und aus jeder Radiosendung die Stimme des Unglücksboten herauszuhören."
- Walter Benjamin, in einen Brief an Theodor W. Adorno -
Was Benjamin einstens in anderem Zusammenhang an Adorno richtete, dürfte wohl die Befindlichkeit von Millionen von Menschen schildern, die heute in einer anderen doch ähnlichen Situation warten. Benjamin schrieb hier als Exilant, schrieb über sein Empfinden im Exil. Exilanten sind auch jene, die dieser Tage in Gazetten blättern, dem Radio lauschen, im Internet stöbern oder sich vom Fernsehen berieseln lassen. Exilanten des Inneren, Menschen, die sich allmählich in ein inneres Exil zurückziehen, weil sie den fanatischen Eifer, mit dem sich öffentlich gejagt oder verunglimpft werden, nicht mehr ertragen können.

An mich ergangene Zustellung nannte Benjamin das, was seinerzeit zur Exilantenpolitik geschrieben und berichtet wurde. Ähnlich scheint es heute, wenn in allen Tageszeitungen über die Faulheit der Erwerbslosen (vulgär Hartz IV-Empfänger genannt) gemosert, wenn der spärliche Regelsatz zur drallen Apanage verklärt wird; Radiofeatures in dieselbe Kerbe schlagen und dabei vermeintliche Experten fabulieren lassen; in Talkshows über den geförderten und alimentierten Müßiggang und den geschlussfolgerten Arbeitszwang diskutiert wird. Die Stimmen des Unglücksboten sind nicht nur vereinzelt herauszuhören, die gesamte Berichterstattung ist von solcherlei Stimmen durchsetzt.

Wer derzeit als Betroffener die Zeitungen aufschlägt, muß sich geradezu zum Empfänger solcher Botschaften genötigt fühlen. Eine völlige Ungewissheit beherrscht die Existenz, ungewiss blickt man in die nahe Zukunft, fragt sich, was der nächste Tag, die nächste Stunde bringt. Das Leben des Exilanten war unstet, nicht planbar, durchwoben mit Furcht vor dem Morgen, zudem bürokratisch gestört, immer auf der Hatz nach Visa und Genehmigungen. Es war ein Leben in Ausgrenzung, ohne Heimatgefühl, ein Leben des Überflusses, in dem man überflüssiger Esser, überflüssige Arbeitskraft, überflüssiger Mensch war. Ein Leben, in dem lächelnde Mitmenschen rar, Verständnis Bückware, Mitgefühl unbekannt war. Stattdessen Hiobsbotschaften, die aus den Zeitungen sickerten, die man persönlich nehmen mußte, weil sie über Leben und Tod, über Hunger und Sattheit, Integration und Exklusion des Exilanten entschieden.

Frühstücksei und Croissant, dazu ein intensiver Blick in die Morgenzeitung - für den gemeinen Exilanten war das undenkbar. Nicht nur, weil es an Geld mangelte und ein Frühstück nicht finanzierbar war. Für ihn war dieser erste täglich Blick kein Genuss, den man mit gutem Essen garnieren sollte - für ihn war dieser Blick existenziell. Gemütliches Blättern und schmatzendes Lesen kamen ihm dabei nicht in den Sinn. Nein, er schlief abends schlecht ein, ruhte nachts meist unruhig, immer ängstlich, was wohl morgen in den Zeitungen wieder über ihn, den Exilanten, zu lesen sein wird. Hoffentlich geht mir morgen keine Zustellung zu! Hoffentlich ein Paar Stunden, ein Paar Tage in bescheidener Ruhe! Hoffend, nicht weinen zu müssen; hoffend, nicht an einem cholerischen Anfall ersticken zu müssen; hoffend, keinen Ärger hinabschlucken zu müssen, der wieder einmal Herzstechen und Brustziehen bereiten würde; hoffend, das längst fällige Motiv für einen Selbstmord nicht herauszulesen.

Vielleicht sind jene Exilanten nicht vergleichbar mit denen, die heute ihr Exil nur innerlich bestreiten müssen. Was heißt eigentlich nur? Mag sein, dass das innere Exil viel schlimmer, viel ruheloser, viel tödlicher ist, als die Flucht in wirklichen Welten; vielleicht ist die Flucht der Füße erbaulicher, als die Flucht der Gedanken. Einerlei, denn die heutigen Opfer der öffentlichen Jagdsaison leiden ganz ähnlich, schwanken zwischen Furcht und Desillusion, ängstigen sich vor den journalistischen Pogromen, die an ihrer gesellschaftlichen Stellung verübt werden. kennen kein heimatliches Gefühl mehr. Zwischen Minderwertigkeitskomplex und Gewaltbereitschaft pflegen sie ihre Ausgrenzung. Heute volle Hosen aufgrund eines beleidigenden Artikels und neuer rabiater Kürzungs- und Zwangsforderungen in der Postille, morgen weil eine Einladung in den heiligen Tempel, in das Jobcenter ansteht. Immer Angst, immer Ungewissheit, immer Furcht vor neuen Attacken.

Vieles sagt man dem Arbeitslosengeld II nach. Dass es Exil ist, dass sämtliche Maßnahmen darauf abzielen, den Empfänger zum Exilanten zu machen, davon wird wenig gesprochen. Der Leistungsbezieher wird in einem steten Klima der Angst gehalten, lebt in einem furchteinflössendem Biotop, welches ihn erziehen und prägen soll. Ständig der Angst ausgesetzt, täglich gesagt zu bekommen, man koste zu viel, nütze wenig, sei generell minderwertig, wird man zu willfährigen Knechten oder Mägden erzogen, die bereit sind, für Butterbrote zu schuften. Die ebenso bereit sind, aus Angst vor Rückfall, beispielsweise vereitelte Lohnfortzahlung bei Krankheit nicht zur Anzeige beim Arbeitsgericht zu bringen. Aus jenem Exil gibt es keine Fluchtmöglichkeit - man gehört nicht mehr dazu, selbst dann nicht, wenn man schlechtbezahlte, aufzustockende Arbeit findet. Hartz IV manifestiert den Bodensatz, exiliert eine ganze Gesellschaftsschicht.

21 Kommentare:

Anonym 27. Januar 2010 um 10:43  

Meine Assoziation:

http://www1.historisches-centrum.de/nrw_zw/fotos/foto24.jpg

fletcher2 27. Januar 2010 um 11:00  

Treffender kann man "diesen Zustand" nicht beschreiben. Ein Leben ist das sowieso nicht mehr. "Angst essen Seele auf" - ein Film von Fassbinder - heute bitterer Alltag für Millionen Menschen in Deutschland. Die Angst um die kleine, noch geduldete Existenz ist alles bestimmend. Sie läßt fast keinen Raum mehr für Gefühle, innere Ruhe oder gar ungezwungene Freude.

Die Geschichte wiederholt sich nicht! Sie wird immer wieder neu geschrieben - infamer und immer tödlicher für immer mehr Menschen. Menschen als Material - verfügbar, austauschbar und nach Gebrauch, entsorgbar!

Ajax 27. Januar 2010 um 11:31  

Mit dem inneren Exil und dem äußeren Exil ist es wie mit dem Arm sein in einer reichen oder einer armen Gesellschaft. Das Arm sein in einer reichen Gesellschaft kann schlimmer sein als in einer armen Gesellschaft.

Aber eigentlich verbieten sich solche Differenzierungen, denn gibt es ein Schlimmeres im "Schlimmen".
Das gibt es genausowenig wie etwas Richtiges im Falschen wie Adorno festgestellt hat.
Ich denke in diesem Zusammenhang z. b. immer an die gedankenlos hingeworfenen Äußerungen, auch von sympathischen, human wirkenden Professoren. Wenn sie im Heute Journal zu einer Katastrophe bzw. den Verhältnissen in einem armen Land befragt werden, dann meinen Sie, das wir dankbar sein müssen, das es uns so gut geht.

Ich denke dann immer an die 20% denen das heute schon wie ein Hohn vorkommen muß. Daran denke ich auch, wenn Franz Beckenbauer meint, das Deutschland ein herrliches Land ist.

Mein Gott wie wenig sozialhumane Sülze hat ein solcher genialer Spiesser im Kopf.

Wo soll Hoffnung sein?

Ajax 27. Januar 2010 um 11:44  

Mir fällt doch noch etwas ein, was ich vergaß und der Vollständigkeit halber gerne loswerden möchte

Ich beschwerte mich ja über mangelnden "Sozialverstand". Aber da fällt mir Folgendes ein: Ich hörte vor Langem mal ein Geburtstagsinterview mit Eddie Constantine (Lemmy Caution). Nach seinem Befinden gefragt meinte er , er sei glücklich, doch während ich stutzte verbesserte er: Nein glücklich kann man nicht sagen, wenn man die Zuständen auf der Welt sieht, er sei eher zufrieden. Ob man (persönlich) zufrieden sein kann, weiß ich nicht, aber ich fand einen humanen Aspekt in seiner Äußerung. Also ein Funken Hoffnung? Es ist lange her.

Anonym 27. Januar 2010 um 12:06  

Äußerst treffend Roberto!

Ich würde jedoch nicht nur die Arbeitslosen, sondern alle anderen realitätsnahen Menschen als Exilanten bezeichen, wenn ich jedoch von mir auch auf andere dabei schließe darf.

MfG, Oscar.

Kassandra 27. Januar 2010 um 12:49  

Es werden noch mehr Menschen in den Genuß der "drallen Apanage" kommen und dann lernen wollen müssen.

Anonym 27. Januar 2010 um 12:57  

Lieber Roberto J. de Lapuente,
du bringst mein Lebensgefühl treffend auf den Punkt.
Erst gestern bekam ich aus dem Mund meiner eigenen Mutter wieder bestätigt wie richtig du mit "Im Exil" liegst. Als Außenseiter bekommst du den Druck den die neoliberalen Medien verbreiten nämlich bis ins privateste Umfeld quasi heiß serviert. Ich lebe übrigens nicht von Hartz IV, aber von einem mickrigen Niedrigstlohn, den ich nicht aufstocke, da ich mit dem Geld noch gerade so über die Runden komme, und dennoch bekomme ich immer wieder Vorwürfe zu hören - frei nach dem Motto: Selber schuld!

Wie ich schon einmal hier erwähnte, vielen dürfte es ähnlich gehen, die vor Harzt IV geflüchtet sind, und evtl. das vermeintliche "Glück" hatten Teil von Familienunternehmen zu sein. Das geht spätestens solange gut bis kein Schicksalsschlag zuschlägt, und die betreffende Person - z.B. mich - in eine relative Unsicherheit, trotz Beschäftigung, hineinkatapultiert.

Ich beantrage dennoch kein Hartz IV, da ich mich vorher eher noch umbringe, als - wieder einmal - von "Arbeitslosenhilfe" leben zu müssen.

Von Fällen wie mir redet die Presse übrigens nicht gerne, und ich denke - auch hier - ist die Dunkelziffer rießig, die sich spätestens dann offenbart, wenn der Arbeitgeber vor einem Schicksalsschlag steht - und die dir "eine Chance" gebenden Personen - ohne Rücksicht auf Verluste den Betrieb abwickeln wollen.

Fazit:

Hartz IV holt auch mich eines Tages noch, wie die anderen denen ein ähnlicher Weg - als Sackgasse -entpuppte.

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

Julie 27. Januar 2010 um 13:31  

Anlehnend an den hervorragenden Artikel von Roberto, hier ein Beitrag von Volker Wulle - einem Betroffenen.

http://frei-blog.blogspot.com/2010/01/hartz-iv-du-kommst-nicht-raus-aus.html

Anonym 27. Januar 2010 um 15:44  

Eigentlich sollte ich einfach nur noch draufhauen auf diejenigen, die da meinen, es gäbe noch genügend Arbeit für die Arbeitssuchenden. Ja wo denn, verdammt noch mal? Kommt raus aus Euren Rattenlöchern. Gebt denen Arbeit, die noch nicht krank geworden sind in diesem heuchlerischen System. Gebt denen Arbeit, die bald zu hunderttausenden auf der Strasse landen. Denn es werden immer mehr.


Dienstaufsichtsbeschwerde

betreffend Herrn XXXXX der Arge XXXXX

Sehr geehrte Damen und Herren,

am heutigen Tag, den 16. Dezember 2009, hat meine Frau und ich sage und schreibe 6 Schreiben der Arge XXXXX, von einem Herrn XXXXX, Tel: XXXXX erhalten.

Der Grund :

Meine Frau bezieht regelmäßiges monatliches geringfügiges Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit in Höhe von monatlich 96,00 Euro. In der Woche 24,00 Euro, in der Stunde 8,00 Euro bei 3 Stunden in der Woche, immer Montags. Manchmal hat meine Frau 5 Einsätze im Monat. Dann beträgt ihr Einkommen maximal 120 Euro.

Nun hat der Arbeitgeber meiner Frau mit Frau XXXXX der Arge XXXXX vereinbart, die Lohnabrechnungen bei Ihrem Arbeitsantritt per Fax an die Arge XXXXX zu übermitteln. Dies lief bisher ohne Komplikationen.

Am XX.XX.XX hat der Arbeitgeber meiner Frau, Herr XXXXX, in XXXXX ein fehlerhaftes Fax an die Arge XXXXX übermittelt. Als Einkommen für November 2009 wurde von Herrn XXXXX zunächst 188,00 Euro Einkommen für meine Frau eingetragen. Dies wurde von Herrn XXXXX korrigiert und mit 96,00 Euro Einkommen kurz darauf nochmals an die Arge XXXXX per Fax übermittelt. Dies ist schriftlich nachweisbar.

Dieses letzte Fax ist in der Arge XXXXX wohl abhanden gekommen. Für mich nicht nachvollziehbar. Außerdem drohen Sie mir. Unterlassen Sie in Zukunft Ihre Drohungen mit Leistungsentzug gegen mich. Ich drohe nicht!

Da kommt ein Herr XXXXX daher, und verschleudert Staatsgelder mit 6 Schreiben an einem Tag an uns. Nach persönlicher Rücksprache meiner Frau mit diesem Herrn XXXXX hat dieser sehr lange dafür benötigt. Hat dieser Herr XXXXX nichts anderes zu tun? Da kommt ein Herr XXXXX daher und berechnet für meine Frau und mich für Januar 2010 ein fiktives Einkommen von 200,00 Euro, obwohl meine Frau dieses Geld nie verdienen wird.
Und ich soll Rechenschaft darüber abgeben? Und glauben Sie mir, ich werde Rechenschaft abgeben.

Nehmen Sie diesen Herrn bitte wegen fachlicher Inkompetenz aus Ihrer Riege. Tun Sie mir den Gefallen, bitte. Sie greifen mich unberechtigt an. Unterlassen Sie das bitte!


Achtungsvoll
XXXXX

Anonym 27. Januar 2010 um 16:14  

Vielleicht wird es in diesem Land irgendwann wieder so kommen, dass man auch als Arbeitsloser einen Aufnäher sichtbar auf der Kleidung anbringen muß, um vom gesunden Volkskörper allzeit erkannt zu werden?

Anonym 27. Januar 2010 um 17:02  

"[...]Vielleicht wird es in diesem Land irgendwann wieder so kommen, dass man auch als Arbeitsloser einen Aufnäher sichtbar auf der Kleidung anbringen muß, um vom gesunden Volkskörper allzeit erkannt zu werden?[...]"

Du redest vom "schwarzen Winkel", den "asoziale Elemente" (=Arbeitslose bzw. -scheue (=NS-Jargon), Bettler, Vagabunden etc.) von 1933 - 1945 tragen mußten?

Anonym 27. Januar 2010 um 17:07  

"[...]Eigentlich sollte ich einfach nur noch draufhauen auf diejenigen, die da meinen, es gäbe noch genügend Arbeit für die Arbeitssuchenden. Ja wo denn, verdammt noch mal? Kommt raus aus Euren Rattenlöchern. Gebt denen Arbeit, die noch nicht krank geworden sind in diesem heuchlerischen System. Gebt denen Arbeit, die bald zu hunderttausenden auf der Strasse landen. Denn es werden immer mehr[...]"

Stimmt genau, aber es war ja schon damals 1929 so, dass Arbeitslose allesamt Faulenzer waren, und schuld an der Geldentwertung. Sündenböcke eben, die benötigt der Kapitalismus immer wieder, und die Normalarbeitnehmer fallen darauf herein - 1929 genauso wie heute wieder.

Übrigens, wie sehen eigentlich die Menschen die Bewerbungen, die bei ihnen - ordentlich und ungefragt - auf dem Schreibtisch im Personalbüro landen? Würde mich einmal interessieren.

Für die ist es doch auch Unsinn....Wieso schweigen eigentlich die und stellen sich nicht auf die Seite der Arbeitslosen, die sich mit solchen Unsinn-Bewerbungen initiativ zeigen sollen?

Morgen könnte Personalheini Müller z.B. doch auch auf der Straße stehen, und muß sich evtl. auf Stellen bewerben wo er von vorneherein weiß rausgeschmissenes Geld - als Profi.

Ist hier nicht einmal - auch von Medien und Politik - notwendig auf den offensichtlichen Unsinn einer solchen Geldverschwendung hinzuweisen?

Frägt sich
anonym

Leser 27. Januar 2010 um 19:57  

...Und ich dachte, ich sei am verrückt werden.

Man ist ja geneigt - dem im neoliberalen Zeitgeist liegenden kategorischen Appell an die Eigenverantwortung folgend - immer nur bei sich selbst zu suchen. Dieser Beitrag hat mir geholfen, die Klarheit vor den Augen nicht zu verlieren und die Ursachen für dieses zuweilen unerträgliche Lebensgefühl korrekt zu verorten.

@Nachdenkseiten-Leser: Ich kann das sehr gut nachfühlen.

Ralf-zwei.null 28. Januar 2010 um 03:32  

Nach meiner unmaßgeblichen Meinung liegt hier ein Kardinalfehler dieses so fortschrittlichen und überlegenen Gesellschaftsmodells vor. Die vielgepriesene "Freiheit", die stets wie eine Monstranz von den Verfechtern der "Demokratie" vor sich hergetragen wird, ist nur ein ideologischer Kampfbegriff für "Individalismus". Dieser Individualismus ermöglicht den geräuschlosen Austausch von "Solidarität" gegen "Gerechtigkeit", er ist der Humus, auf dem Ausgrenzung und Diffamierung von Menschen prächtig gedeihen. "Was kümmert mich fremdes Leid?" Solange es noch jemanden gibt, dem es dreckiger geht als mir, ist die kleine individualistische Welt doch in Ordnung...

Nur ein ganz kleiner Schritt noch, und wir sind wieder bei den Nazis.

Übrigens, ich habe irgendwo gelesen, dass die Lebensunwerten eine kleine gelbe Bierflasche aufs Jackett bekommen sollen...

Anonym 28. Januar 2010 um 09:16  

Hier habe ich was zum "Schwarzen Winkel" gefunden, ein Begriff, der mir bis dato unbekannt war:

http://www.freitag.de/2008/07/08071101.php

klaus baum 28. Januar 2010 um 12:15  

Die Verunglimpfung und Herabsetzung und Verteufelung der Hartz-IV-Empfänger ist das eigentlich Schlimme an der Arbeitslosigkeit. Die Hetze läßt die meisten immer rasch wieder vergessen, wie die Tatsachen-Nachrichten aussehen, nämlich so:
"Siemens verschärft seinen Sparkurs: Knapp 2000 Arbeitsplätze sollen in Deutschland gestrichen werden, vor allem in der Industriesparte. Auf betriebsbedingte Kündigungen soll verzichtet werden - Betriebsräte bekamen die Pläne jetzt präsentiert, Gewerkschafter protestierten umgehend."
Ebene gerade von Spiegel-Online zitiert. Dieses Klima der Hetze, die Vergiftung der Atmosphäre ist eben das Faschistische deutscher Politik und deutscher Wirtschaftsführer und deutscher Medien.

Anonym 28. Januar 2010 um 14:53  

@Klaus Baum

"[...]Dieses Klima der Hetze, die Vergiftung der Atmosphäre ist eben das Faschistische deutscher Politik und deutscher Wirtschaftsführer und deutscher Medien[...]"

Nicht allein, auch die Geschichtsvergessenheit der jüngeren und mittleren Generation ist ein Segen für Neoliberale.

Genauso wie die gewollte Verblödung vieler Bevölkerungsteile trotz gegenteiliger Parole von den Bildungschancen für alle.

Der Antikommunismus ist von vorgestern, ergo fahren die Neoliberalen andere Geschütze auf -die gewollte Infantilisierung vieler Mitbürger sowie Bildung nicht mehr für alle, sondern nur noch für den kleinen Teil der "es sich leisten kann", und zwar gerade entgegen der üblichen PolitikerInnenphrasen von Bildung für alle. Die Wahrheit sieht - auch hier - anders aus.

Interessant ist übrigens auch, dass ein dt. Papst gerade zur richtigen Zeit in Rom residiert - So bekommt die allgemeine Geschichtsfälscherei der Neoliberalen noch den Segen aus Rom:

http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Verharmlost-der-Papst-die-NaziDiktatur/story/30947832

...man könnte auch hier sagen, die uralte Eintracht zwischen Thron (=Staat, Wirtschaftsbosse) und Altar (=einzelne Kirchenvertreter, Papst) funktioniert fast wieder astrein wie früher :-(

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

Anonym 28. Januar 2010 um 14:54  

@Leser

Danke für's nachfühlen, da weiß ich, dass ich wenigstens nicht so alleine bin mit meinen Gedanken bzw. Problemen im (Familien-Unternehmens-)Alltag.

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

Anonym 28. Januar 2010 um 17:18  

"[...]Achtungsvoll
XXXXX
[...]"

Stimmt völlig.
Ich habe gerade einen alten Bewerbungsratgeber von Hesse/Schrader "Die Bewerbungsprofis" gelesen und die schrieben schon damals, dass man "unsinnige Bewerbungen vermeiden sollte".

Eine Erkenntnis, die in der Politik, bei den ARGEN und bei der BA so sicher noch nicht angekommen ist - sind eben keine Bewerbungsprofis, die über 20 Jahre Bewerber beraten sondern nur eine staatliche Verwaltungsanstalt für die Ausgabe von Hilfsgeldern bzw. Unterstützung an Arbeitslose.

Die "Fordern" seit Jahren nur noch, dass "Födern" der ARGEN bzw. BA ist völlig auf der Strecke geblieben....

Zynisch ausgedrückt, die lassen sich auch nicht von Bewerbungsprofis bei den "Reformen" beraten sondern von Lobbyisten der Arbeitgeberseite.

Was dabei rauskommt kann nur Schwachsinn sein....

Seltsam finde ich nur, dass Bewerbungsprofis wie Hesse/Schrader hier nicht lautstark bei den Verantwortlichen protestieren....die leben doch von der Beratung von Arbeitsuchenden Hesse/Schrader....seit über 20 Jahren....

Frank 28. Januar 2010 um 21:53  

Ich bin der festen Überzeugung, daß es zur Zeit deshalb besonders schlimm ist mit der hetze und der propaganda, weil am 9.2. das Urteil gefällt wird vom BVerfG zu Hartz IV und der Menschenwürde bzw. soziokulturelle Teilhabe. Da geht nämlich den Politfatzkes und der Wirtschaft der Arsch auf Grundeis. Sollte der Satz erheblich erhöht werden müssen kommen sie wahrscheinlich um Mindestlöhne nicht mehr drumherum, davor haben sie die meiste Angst. Also, alles taktisches Kalkül mit sich vor den Karren spannen lassendem Journalistenpack.

flavo 29. Januar 2010 um 09:25  

Die innere Fülle beachten. Lektion der Angst. Empfindsamkeit ist eine wichtige Fähigkeit von Menschen. Die Opfer solcher sozialpathologischer Kampagnen können auf ihre Empfindungsfähigkeit stolz sein. Ich weiß, das klingt leer und höhnisch, aber es hängt ein Fläumchen Wahrheit dran. Es wäre wichtig, den eigenen Schmerz und die eigene Angst zu teilen, sich gegenseitig anzunehmen. Der Blog hier ermöglicht das ja auch teilweise. Aber er bleibt in den Grenzen der Virtualität.
Hingegen bewegen sich die Akteure dieser Kampagnen in Unempfindsamkeit, sie können es nur aus einer solchen Anlage heraus tun. Es mag subjektivistisch klingen, aber es soll das auch, es braucht nicht die Klammer an Objektivität und Sachzwang, an die Abstraktion; das Objektgetriebe muss von Menschen am Leben gehalten werden, der Geist der Weltgeschichte tönt nur in subjektiven Individuen auf. Dort entscheidet sich, welches Klangspektrum Resonanz findet. Das dumpfe Rattern und Hacken und das eintönig-rythmische Schlagen belebt die Agenten der Diffamierung. Sie finden in der prozessierenden und engräumigen Erzwingung von Ordnung ihre Ruhe, ihren Unterschlupf, der sie vor der Fülle der Klänge des Lebens schützt. Die Traumatisierten Menschen müssen ihr Leid äußern, gemeinsam, nicht alleine, einig im Leiden.

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