Dem Fähnchen nach

Freitag, 1. Januar 2010

Kaum dem Kittchen entflohen, geistert der Tramp durch die Straßen der Großstadt. Ein mit langen Brettern beladener Lastwagen, der da den Weg des kleinen Tramps kreuzt, verliert den an ein Stöckchen befestigten Warnlappen, der die Überlänge des Holzes kennzeichnen soll. Der in den Straßen Herumirrende bückt sich, klaubt den Stofffetzen vom Boden, läuft einige Schritte dem Lastwagen hinterher, läßt aber eiligst davon wieder ab, denn es ist hoffnungslos, das Gefährt einzuholen. Er bleibt kurz stehen, blickt verdutzt nach links und rechts, schreitet ziellos mit dem Fähnchen in der Hand voran, als plötzlich hinter ihm, ein Demonstrationszug um die Ecke biegt, der auch prompt dem Tramp folgt. Erst unbemerkt und ahnungslos, auf alle Fälle aber unverschuldet und gegen seinen Willen, ist der Tramp zum Kommunistenführer ernannt!

Diese Chaplinade hat sich seither sicherlich tausendfach wiederholt - manchmal in großer Ausführung, viel häufiger allerdings in kleinen Gefilden. Tausendfach wurde den falschen Führern hinterhergehechelt, zehntausendfach verwechselte man das unschuldige Objekt, zufällig angebracht, eigentlich einer anderen Funktion überstellt, mit dem Objekt der Revolte. Zehntausendfach wurden aus Warnlappen und Warnlumpen rote Fähnchen; zehntausendfach schwangen Lumpen herabgefallene Lappen. Lumpen, die eigentlich wenig Ambitionen in Richtung sozialistischem Tand - wie Sozialversicherungen, Arbeitnehmerrechte, Arbeitsplatzsicherheit und dergleichen mehr - aufwiesen.

Es ist noch gar nicht lange her, da verwechselten Menschenmassen einen Pelzmantel mit einem Fähnchen und wollten ihr Scherflein dazu beitragen, dass die Pelzbemäntelte im Namen des Gemeinwohls Milliarden erhält, um auf den eigenen, privaten Milliarden weiter ruhen zu dürfen. Andere Heere brachten Schlips mit Fähnchen durcheinander und protestierten zum Wohl der Allgemeinheit um den Arbeitsplatzerhalt ihres gutbetuchten Herrn: auf dass er die Bank seines Scheiterns wieder saniere und andere, kleinere Angestellte dafür bluten läßt - alles im Namen des Gemeinnutzes selbstverständlich. Dabei sind Demonstrationszüge in Gesellschaften, in denen Massenmedien verfügbar sind, gar nicht notwendig. Wenn zur Weihnachtszeit sentimentalisierte Kapitalisten Weihnachtsgeld für leistungsbeziehende Unterschichten verlangen, dann laufen plötzlich Menschen diesen Führern mit unsichtbaren Fahnen hinterher; Menschen, die eigentlich vollkommen unverdächtig wären, auch nur irgendeinen Vorschlag aus dem Munde kapitalistischer Charaktermasken für bare Münze zu nehmen.

Jahreswechsel. Dieser Tage hofft die Menschheit auf bessere Zeiten. Andere wären froh, wenn es nicht schlimmer kommen, wenn die Gangart nicht nochmals verschärft würde. Menschen mit allerbesten Absichten fordern Zuversicht, sie fordern Kampfgeist, keine hoffnungslosen Einsichten, die besagen, wir wären gesegnet, wenn der Übelgeruch des vergangenen Jahres nicht durch einen anderen, noch mehr stinkenden, ersetzt würde. Und wenn doch, wenn der Gestank anschwillt, so erklären sie zuversichtlich, dann stinkt es auch den Massen und sie belagern dann urplötzlich die Straßen und endlich würde Widerstand herrschen, endlich geschähe das Notwendige. Nur: wer schwenkt das versehentliche Fähnchen? Der Gestank, bar der Extremitäten, wird es womöglich nicht sein können.

Leute, geht auf die Straße, rufen sie lauthals. Und recht hätten sie ja! Dieses neue Jahr könnte ein besseres Jahr werden, wenn die Menschen erstmal nicht auf die Straße gingen, denn erfahrungsgemäß laufen sie ständig den versehentlichen Fähnchen nach, neigen zur Chaplinade, stülpen erst ihre kleinbürgerliche Fassade auf die Straße, ihren Zweifingerbart, ihre Melone, ihren Stock, wenn ein ihnen ähnlicher Chaplin vornewegläuft. Ein Tramp, ein reicher Tramp fürwahr, der vollkommen unpolitisch ist, wie jener kleine Tramp aus Hollywood einst ebenso. Ein Tramp, dessen Politik bedeutet, sich selbst voranzutreiben, ein darwinistischer Tramp, der von einem Podest herunterpredigt, in Engelszungen von Gemeinwohl spricht, wobei nur dessen eigenes Wohl Inhalt seiner Reden ist. Ein darwinistischer Tramp wie jener in Lichter der Großstadt, der kurzzeitig zu Reichtum gekommen, seinen Rolls Royce anhalten läßt, um einen Zigarettenstummel aufzuheben, ihn vor der Nase eines Bettlers wegzuschnappen. Und überhaupt hüte man sich vor solchen, die von Podesten herabbeten, die das Podest aufbauen lassen, weil es etymologisch so fein den Anspruch flankiert, weil aus Podesten das potestas herausfilterbar ist - potestas: die Ermächtigung, die Macht.

Der Tramp galt als Karikatur des Kleinbürgerlichen. Er war arm und verstossen, aber in die Subkultur seines Umfeldes nie integriert. Im Gegenteil, wehe man gab ihn die Chance, gesellschaftlich aufzusteigen, er nutzte sie sofort und mit eiskalter Miene. Mitgefühl hatte er bestenfalls mit hübschen Mädchen aus armer Elternbaracke. Seinen Leidensgefährten, den Tramp an seiner Seite, beäugte er skeptisch. Der Mit-Tramp war ihm nie Bruder, er war Kontrahent - nur der Starke gewinnt, der Kluge, der Umtriebige, der Devote allemal. Chaplins Tramp war das Spottbild des unterwürfigen Kleinbürgers. Selbst bei wildesten Verfolgungsjagden unterließ er es niemals, Damen der höheren Gesellschaft, die zufällig Zuseher dieser Treibjagd wurden, mit gezogener Melone zu begrüßen. Im Gefecht mit Polizisten zog er seinen Hut gewöhnlich nach jedem Satz, der in Zeiten des Stummfilms, freilich als mimisches Spiel dargeboten wurde. Er übertrieb es mit Freundlichkeit und mit Ehrgebärden, steigerte sich in Verbeugungsorgien, überspitzte die bürgerlichen Manieren. Sein gesamtes Aussehen überdies, obwohl ganz unten angekommen, war auf den Kleinbürger eingerichtet, wenn auch karikiert und in übergroßen Hosen und zerlumpter Aufmachung - der Tramp wäre gerne mehr gewesen als er ist; das Leid seines Standes war ihm einerlei. Seine Politik, die ihm völlig unpolitisch schien, gestaltete sich egoistisch und selbstsüchtig, im Sinne von: wenn jeder auf sich selbst blickt, ist am Ende allen geholfen. Nur selten schimmerte des Kleinbürgers Sentimentalität durch, wenn er seine Selbstsucht zurückstellte, um der Hilfsbereitschaft Raum zu geben - aber nur so lange, wie es ihm beliebte, wie es ihm angebracht erschien: danach stellte er wieder auf Egomanie um. Solcherlei Chaplins sind sie alle, jedenfalls die Mehrheit der von Podesten Herabspeienden - ob ungewollt und zufällig oder mit voller Absicht, ist dabei meist unerheblich.

Jahreswechsel also. Menschen auf die Straße! Sicher: das ist sinnvoll und notwendig. Aber dieses junge Jahr wird ein besseres Jahr sein, wenn die Menschen zunächst zuhause bleiben und nicht jeder dahergelaufenen Karikatur nachrennen, den Zerrbildern von Arbeitskämpfern beispielsweise, die heute Gewerkschaftsfunktionäre heißen, und die möglicherweise bald ein wenig heiße Luft zur sozialen Kälte fabrizieren, Massen auf Straßen bewegen wollen, nur um am Ende erneut, in guter Tradition, wie in guten alten schröderianischen Zeiten, beglückwünschend und händeschüttelnd sozialen Einschnitten zu begegnen. Die Chaplinade hat aufzuhören, die Massen hätten immer dann zuhause zu bleiben, wenn falsche Propheten zufällig aufgelesene Warnlappen in die Höhe recken! Propheten, die den Zweifingerbart im Gesicht erahnen lassen, wenn sie ihn aus Modegründen schon nicht mehr tragen; Propheten, die begüterte Tramps darstellen, die Eigennutz zur Wurzel angeblichen Allgemeinwohls verklären.

Bringt die Leute auf die Straße! Mit Nachdruck: Ja, das ist notwendig! Aber achtet auf die Fähnchen, die vorweglaufen. Nicht jeder Fahnenschwenker braucht Gefolgschaft. Bringt Leute auf die Straße, aber nicht verkappte Kleinbürger, denen es nur um sich selbst geht. Und stellt so eine Parodie auf den Kleinbürger - eine Parodie auf die Parodie, wenn man so will - nicht an Spitzen solcher Kundgebungen. Nur weil Menschen die Straße zu ihrem Parlament ernennen, sind noch keine besseren Zeiten eingeläutet - wenn sie basisparlamentarisch Straßen völlen, dabei aber einem Nerz nachhetzen, einem Bankchef in den Hintern kriechen oder einem Manager Millionengehälter absegnen, dann wird aus jenen vollen Straßen nichts weiter als grobschlächtige Wegelagerei. Leute auf die Straße! Aber sorgt für die Auslese der Parodien!

Wenn das gelingen sollte, dann kann man zaghaft von Anfängen in bessere, treffender gesagt, kämpferische Zeiten sprechen - bleibt der Menschenauflauf ein Haufen parodierter Möchtegerns und Gernegroßs, dann ist jede Massenkundgebung ein Stich ins Kämpferherz, dann geht es rückwärts, nicht vorwärts. Millionen Menschen, die einem falschen Fähnchen nachrennen, sind kein Grund zur Hoffnung - sie sind eher die vollendete Hoffnungslosigkeit. Eine Desillusion, die uns in den letzten Jahren mehrmals ereilt hat - daher ist es erforderlich, skeptisch zu bleiben; daher ist es Hoffnung, darauf zu hoffen, dass die schlimmsten Befürchtungen nicht eintreffen und man mit seiner Schwarzseherei falsch liegen mag. Es ist Hoffnung, gerne im Unrecht gewesen zu sein, irgendwann in naher Zukunft. Wenn dann aber Massen dem adligen Messias aus dem Verteidigungsministerium nachlaufen, diesem blaublütigen hochgepuschten Tramp in maßgeschneiderten Anzügen, dann weint man nachher keine Tränen der Enttäuschung - man weint Tränen der Hoffnungslosigkeit: man hat es ja doch immer irgendwie gewusst.

23 Kommentare:

Anonym 1. Januar 2010 um 18:00  

Das Arbeitsmarktwunder:

Wenn Sie die unten angegebene Statistik lesen

http://www.mags.nrw.de/sozber/sozialindikatoren_nrw/rahmendaten/oeffentliche_haushalte/indikator3_6/index.php

werden Sie zum einen Feststellen:

Die Aufwendungen für Sozialhilfe insgesamt SGB2 und originäre Sozialhilfe der Landkreise und Kommunen für die Jahre 2005, 2006, 2007, 2008 sind im Verhältnis zu dem Jahr 2004 real gleich geblieben.

Ein Arbeitsmarktwunder in dem von dem Medien beschriebenen Umfang hätte die Aufwendungen für Soziales in den Landkreisen und Kommunen senken müssen.

Bemerkenswert ist , das Still und Leise ,die Sozialleistungen für Asylbewerber um die Hälfte gekürzt wurden.

Ist die Agenda 2010 wirklich notwendig gewesen, um dies zu bewerkstelligen?

Die das Boot ist voll Rethorik der rechten Medien hatte einen durchschlagenden Erfolg.

Wären wir wirklich Demokraten und eine Demokratie wäre es zu Massenprotesten gegen die unmenschliche Behandlung der Asylbewerber gekommen.

Die Medien haben es sogar geschafft auf die Urteilsbildung des Bundesverfassungsgerichtes Einfluss zu nehmen.

Das Beschämende ist.

NIE NIE NIE werden Hartz IV - Empfänger auf die Strasse gehen um für Asylanten zu protestieren.

Anonym 1. Januar 2010 um 18:40  

Dazu paßt, dass angeblich die Parteieintritte bei den Neoliberal-Grünen, und dem Original FDP, stark zunehmen während die Linkspartei nur im Westen zunimmt, und im Osten auf dem absteigenden Ast ist - einer hochaktuellen Umfrage zufolge.

Im Osten könnte es wohl eher daran liegen, und das schreiben die neoliberalen Medien eben nicht, dass die Linkspartei eben auch das Fähnchen mit den Begüterten teilt -z.B. in Brandenburg, Berlin und sonstwo wie statt Linkspartei neoliberal drin ist - in der Linkspartei.

Anonym 1. Januar 2010 um 19:22  

Lieber Roberta, ein ziemlich langer, aber dafür sehr wichtiger Beitrag!
Die Warnungen eines gewissen Michail Bakunin vor mehr als 150 Jahren vor großen Arbeiter"Führern", Arbeiter-Emporkömmlingen aller Art, welche vorgeben, die Interessen aller Arbeitenden zu vetreten, habem bis zu diesem Augenlick absolut nichts von ihrem Wahrheitsgehalt und ihrer Aktualität verloren.
"Arbeitsbefreite" Gewerkschafter in großen und größeren Betrieben, ebenso "arbeitsbefreite" Betriebsräte, quasi VERBEAMTETE Gewerkschaftsfunktionäre,"Gewerkschafter" in Aufsichtsräten von Banken und Konzernen - wodurch sie praktisch GEKAUFT wurden!- damit beginnt buchstäblich jeder VERRAT an der Mehrheit der Arbeitenden, auch der Arbeitslosen.
Dabei spielt es keine Rolle, ob sich der Kapitalismus gerade mal auf einen aufsteigenden, ein anderes mal auf einen absteigenden Ast befindet.
Der totale Abstieg und heutige praktische Scheintod der einstigen Arbeiterbewegung seit Beginn des 20. Jahrhunderts sind nicht vom Himmel gefallen.
Auch der seit Beginn des 20. Jahrhunderts mehr und mehr um sich greifende NATIONALISMUS auch innerhalb der Arbeiterschaft so vieler europäischer Ländern war und ist ebenfalls eine Folge dieses völlig entarteten GewerkschaftsUnwesens samt den dazu "passenden" einstigen und heutigen "Arbeiterparteien", welche sich einst und heute noch immer "sozialitisch" oder "sozialdemokratisch" nennen - völlig zu unrecht.
Natürlich brauchen die Arbeitnehmer Organisationen, Gewerkschaften, haben diese ebnso nötig wie alle anderen Schichten, Gruppen, KLASSEN dieser Gesellschaft, sogar noch nötiger, nur eben ganz gewiss nicht SOLCHE "Gewerkschaften" wie wir sie zur Zeit fast ÜBERALL vorfinden.
Und so lange sich Deutschlands überwiegene Zahl der Arbeitnehmer nicht von diesen so gennanten "Gewerkschaften" , aus deren Fängen befreit und sich in Richtigen, d.h. vor allem echt BASISDEMOKRATISCHEN Gewerkschaften, Kampfesorganisationen organisiert, wird sich in diesem Land, an der fast schon totalen Diktatur des Kapitals über die "Arbeit" nichts ändern.
Einfacher wäre es natürlich, die bestehenden verkommenen Gewerkschaften in echte Gewerkschaften UMZUFUNKTIONIEREN, das wäre allerdings nur möglich, wenn allen Agenten, alle diese kleinbürgerlichen Parvenüs des Kapitals aus den Gewerkschaften verjagt würden, zumindest aber entmachtet.
Denn mit Agenten des Feindes kann man nicht gegen den Feind, d.h. für seine eigenen legitimen Interessen und gegen die reinen Profit- u. Machtinteressen des Feindes, d.h. des Kapitals, kämpfen.
Mit Sommer, Huber Bsirske, "Franz" und tausender solcher verkommener Typen, oft noch Arm in Arm mit noch verkommeneren "SPD"- Politikastern, lässt sich keine Schlacht, kein wirklicher Kampf gewinnen.(Daher auch nur "Proteste", die eher an LOVE PARADES erinnern!)
In diesem Sinne für deinen Artikel meine volle Zustimmung!

mfg Bakunin (Junior) ;-))

Desparada-News 1. Januar 2010 um 19:31  

Widerspruch zu Anonyms Satz: "NIE NIE NIE werden Hartz IV - Empfänger auf die Strasse gehen um für Asylanten zu protestieren."

Doch, ich... und ich habe es schon getsn in der Vergangenheit und würde es wieder tun.
Ich habe auch für die sogenannten "Migranten" protestiert, wenn sie beschissen behandelt wurden. Dafür wollte man mir das Haus anzünden...

Ich habe es überstanden damals, und ich habe meine Ansichten nicht geändert.

Anonym 1. Januar 2010 um 19:43  

"Ist die Agenda 2010 wirklich notwendig gewesen, um dies zu bewerkstelligen?"

Lieber Anonym, die Agenda 2010 mit dem "Herzstück" Hartz 4 war notwendig, notwendig, um die schon seit vielen Jahren zuvor herbeiregierte MASSENARBEITSLOSIGKEIT endlich "produktiv" werden zu lassen, produktiv für die Knechtung und Unterdrückung aller der Arbeitnehmer, die NOCH für das Kapital malochen dürfen, manche Arbeitslose vielleicht wieder mal??.. , aber zukünftig eben weniger "anspruchsvoll".(Dumpinglöhne, endlose Befristungen, unbezahlte Mehrarbeit, Leiharbeit, Angst vor Arbeitslosigkeit und Hartz 4, niedrigste Krankenstände aller Zeiten, etc... )
Hartz 4 ist jenseits aller kleinlichen Ausgabenvergleiche ein voller Erfolg - für das Kapital und seinen diesem dienenden Staat.
Alle Statistiken, alle Meldungen aus der "Welt der Arbeit" bestätigen diesen Erfolg.
Wolfgang Clement("SPD") hatte im Januar 2005 völlig Recht mit seiner Mahnung zur Geduld, wonach die "Reformen" erst "noch greifen" müssten.
Und wie sie nun GREIFEN, diese "Reformen"!

mfg Bakunin

Anonym 1. Januar 2010 um 21:07  

"NIE NIE NIE werden Hartz IV - Empfänger auf die Strasse gehen um für Asylanten zu protestieren."

Ja es mag sein, das manche Hartz IV Empfänger das doch tun. Es gibt auch Menschen, die bereit sind Solidarität zu geben. Es gibt Wohlhabende, die eine 10%- tige Vermögensteuer fordern, während sie selbst ihr Vermögen bereits hilfreich einsetzen.
Aber es sind einfach zu wenig. Lange bevor Mathias Richling es mal kabarettistisch ansprach fragte ich mich: wieso kann man die Massen meist nur für das "Böse" für das "Ideologische" mobilisieren? Warum rennen sie vornehmlich falschen Propheten hinterher, warum nicht dem Guten?

Gut ich denke dsnn immer an Massenproteste der Bevölkerung in Spanien gegen ein Attentat der ETA. Aber das ist alles was mir einfällt wenn ich daran denke das für das "Gute" protestiert wird.

Man kann die Massen auch mobilisieren, um gegen eine kriegerische Auseinandersetzung mit einer Diktatur zu protestieren.
Sie versammeln sich dann in Kirchen und bilden Menschenketten denn Krieg ist geächtet! Bei sowas klappt Mobilisierung. Man kann die Massen mobilisieren gegen Raketen, die nur der Verteidigung dienen.
Vielleicht gehen sie irgendwann auch gegen den Afghanistan-Einsatz auf die Straße, das kann ich mir vorstellen.

Aber so frage ich mich immer warum kann man die Massen nicht dafür mobilisieren, eine Menschenkette gegen Hartz IV zu bilden.

Wie gesagt gegen Pershing war Mobilisierung möglich. Auch gegen den Castor ist sie möglich. Aber warum nicht gegen Hartz IV?

Ich habe durchaus Erklärungen, aber ich lasse das mal zunächst so stehen.

Grundsätzlich will ich aber sagen: Wenn die Massen mobilisiert werden ist das Anlaß, Verdacht zu schöpfen, selbst wenn man sich vorher noch keine Gedanken gemacht hat worum es geht!

Anonym 1. Januar 2010 um 21:28  

@Desparada-News

Ich halte die Aussage, dass Hartz IV-EmpfängerInnen und AsylantInnen sich nicht helfen für einen ziemlich durchsichtigen Troll-Versuch hier einen Keil zwischen beide zu treiben bzw. die Aussage zu betreiben, dass Hartz IV-EmpfängerInnen und AsylantInnen nichts gemein haben unter's Volk zu bringen.

Nicht drauf reinfallen, auch hier die Devise.

Eines stimmt übrigens, die Wenigsten wissen, dass die Hartz IV-Gesetze an den Wehrlosesten der Wehrlosen ausprobiert wurden - den AsylantInnen. Einiges an Hartz IV erinnert verdächtig an Maßnahmen gegen AsylantInnen, z.B. die Residenzpflicht, die neuerdings auch Hartz IV-EmpfängerInnen haben - D.h. die dürfen den Ort nicht verlassen (auch nicht zum Urlaub) wo die Hartz IV angemeldet haben bzw. wo die Leistungen beziehen. Bei AsylantInnen sieht es ähnlich aus.

Im Übrigen halte ich die Aussage, dass Ausländer und Hartzies nicht identisch sind für Schwachsinn - Hartz IV macht weder vor deutschen Arbeitslosen noch vor eingebürgerten bzw. hier geborenen Ausländern, oder AsylantInnen, halt - Beide erhalten diese Leistungen auf Antrag.

Oder ist Hartz IV eine Leistung die nur für "stramme Deutsche" vorbehalten ist?

Merkele: Trolle versuchen hier einen Keil in die Widerstandsaussagen zu treiben, und zwar sehr durchsichtig.

Mfg
garibaldi

PS: Was wir benötigen ist etwas, dass uns die Neoliberalen geklaut haben, eine neue

I n t e r n a t i o n a l e

Übrigens, Hartz IV gilt EU-weit als Modell, dass exportierbar ist, und einige Krisen-Staaten der EU, z.B. Italien wollen es via Gesetz einführen. Kein Wunder, dass Clement & Co. dieses Gesetz loben.
Ich bin nur einmal gespannt was die Italiener mit HartzIV-Befürwortern machen - Aufhängen wäre wohl noch die beste Lösung.

Anonym 1. Januar 2010 um 23:07  

D.-News, es ehrt Sie wirklich, dies zu tun. Bloß ein Massenphänomen ist es nicht.

Ich bin geneigt, mich der pessimistischen Aussage im ersten anonymen Post anzuschließen. ALG2-Empfänger gehen doch nicht einmal für sich selbst auf die Straße! Wie auch immer man dazu stehen mag: selbst bei der Bundestagswahl kommt das Hinterteil nicht hoch.

Nein, hier erwarte ich keine Solidarität mehr; jeder ist sich selbst der Nächste...

Anonym 2. Januar 2010 um 00:38  

Anonym - 1. Januar 2010 23:07

Nein, hier erwarte ich keine Solidarität mehr; jeder ist sich selbst der Nächste...

***

Solidarität kann nicht gefordert werden. Man muß sie selber denen geben, denen es schlechter geht.

Wer das nicht beherzigt hat auch keine Solidarität verdient.

Unbequemer!

Anonym 2. Januar 2010 um 01:29  

"[...]Nein, hier erwarte ich keine Solidarität mehr; jeder ist sich selbst der Nächste...[...]"

Troll dich....

landbewohner 2. Januar 2010 um 04:45  

na ja - roberto hat wie - fast immer - recht. und es ist schon zum verzweifeln, wenn man sieht, wie menschen, die vor jahren grünen und spdlern auf den leim gegangen sind immer noch an "die linke" als partei glauben oder sogar den "aufrechten demokraten" der etablierten parteien und gewerkschaftsszene nachrennen und gegen dumpinglöhne protestieren. nein!!!! sie blöken ja sogar merkel, schäffler und jedem pöstchengeilen betriebsrat hurra zu, wenn sie wieder einmal verarscht werden - und sogar so offensichtlich, daß es sogar der bild leser merkt. blöd find ichs allerdings auch, wenn dann hier interessierte leser und kommentatoren deutsche und nichtdeutsche auseinanderdividieren, hartz 4 ler für faul oder blöd erklären, weil sie das affentheater "wahl" durchschaut haben. und zumindest im baskenland gibt es auch massenaufmärsche für den politischen "arm" von eta, bzw. deren anliegen.und die larifari menschen - und lichterketten, gedenkgottesdienste und das stricken bis saufen für den frieden, die armen und ... und ...
waren ja wohl absolut wirkungslos.
drum finden ja die "friedlichen und ruhigen" massendemos auch so ein wohlmeinendes echo in allen medien und bei der politbande.

Bernd Kudanek 2. Januar 2010 um 09:23  

"drum finden ja die "friedlichen und ruhigen" massendemos auch so ein wohlmeinendes echo in allen medien und bei der politbande" landbewohner hat's auf den Punkt gebracht!

Wer "Gewaltfreiheit" als Monstranz voranträgt, macht sich zwar lieb Kind bei der herrschenden Klasse, verhält sich nicht nur wie Mühsams Lampenputzer (siehe http://www.carookee.com/forum/freies-politikforum/5/21770796 ) sondern fällt denen in den Rücken, die engagiert gegen Unrecht und Ungerechtigkeit ankämpfen.

Im Übrigen geht nach meinen Beobachtungen Gewalt auf Demos regelmäßig von der Staatsmacht aus - und ich dokumentiere als Zeitzeuge Demos schon viele Jahre in Wort und Bild. Unter anderem sind auch Hartz 4 und Agenda 2010 exzessiv angewendete strukturelle Gewalt der herrschenden Klasse gegen die Bevölkerung, jedenfalls gegen dasjenige Drittel, das ausschließlich vom erzielten Lohn- und Lohnersatz-Einkommen leben bzw. vegetieren muß.

In der Demoparole "Kriminell ist das System und nicht der Widerstand" liegt sehr viel Wahrheit.

Anonym 2. Januar 2010 um 09:30  

Ja und - wo ist die Menschenkette gegen Hartz-4, bei Aldi?

Anonym 2. Januar 2010 um 11:03  

"ALG2-Empfänger gehen doch nicht einmal für sich selbst auf die Straße!" .. schreibt da so ein Pessimist mit vollem Bedauern.

Na und, wenn sie es denn täten, was würden sie dadurch erreichen?
Sollen sich Hartz 4 Empfänger noch selbst für die dämlich und verächtlich glotzenden "Anständigen" zur Schau stellen? Sich von denen vorhalten lassen, statt zu demonstrieren doch lieber "eine Arbeit" suchen?
Glauben Sie wirklich, im 3.Reich hätten sich Menschen freiwillig einen Gelben Stern an die Jacke geheftet und wären damit dann freiwillig auf die Straße gegangen?
In welcher Welt leben Sie? Das neue alte Deutschland kann es wohl nicht sein!

Anonym 2. Januar 2010 um 12:12  

"Sollen sich Hartz 4 Empfänger noch selbst für die dämlich und verächtlich glotzenden "Anständigen" zur Schau stellen?"

Für wie blöd halten Sie eigentlich Menschen mit Arbeitsplatz? Meinen Sie etwa die verzichten freiwillig auf Lohn und arbeiten am Tag zehn und mehr Stunden, weil Hartz 4 so ein wunderbares soziales System ist? Ich würde darauf schließen, daß man weiß, was es ist.

Anonym 2. Januar 2010 um 17:02  

"Für wie blöd halten Sie eigentlich Menschen mit Arbeitsplatz?"

Hi Anonym, wo habe ich Deutschlands Arbeitnehmerschaft für blöd erklärt?
Das ist sie eben nicht, sondern beweist durch ihr ganzes Verhalten, dass sie mehrheitlich die Lexion Hartz 4 sehr gut verstanden hat, weitgehend beherzigt.
Oder sind die Medien, Politiker und Arbeitgeber nicht voll des Lobes über diese Arbeitnehmer in diesen "harten Zeiten"?
Deutschlands Arbeitnehmer sind also nicht blöd, sondert einfach devot-opportunistisch, hoffen, gerade durch dieses Verhalten mit einem Blauen Auge davonzukommen.
Sie wollen zur bürgerlichen Arbeitsgesellschaft auch weiterhin um jeden Preis dazugehören, und das bedeutet eben auch, auf keinen Fall zu den vorsätzlich rechtlich und medial stigmatisierten Langzeitarbeitslosen, die nach gängiger Meinungsmache ja im Grunde oft auch "selber schuld" seien, "ungenügend qualifiziert", manchmal auch zu "anspruchsvoll", manchmal dies, manchmal jenes Manko haben sollen, welches diese dann hindere, angeblich freie Stellen zu besetzen.
Teile und Herrsche!
Und dieses Spielchen unserer Mächtigen funktioniert noch immer so gut, dass die Langzeitarbeitslosen zumindest vorerst die stigmatisierten Aussätzigen in dieser Gesellschaft bleiben, mit denen kein "Anständiger", "Frühaufsteher" und "Leistungsträger" im Grunde in einem Atemzug genannt werden möchte - abzüglich natürlich aller berufsmäßigen Heuchler aus Politik, Medien und Gewerkschaften.
Und eben aus diesen Gründen halte ich es für ziemlich sinnlos, wenn sich derzeit Langzeitarbeitslose allein zu Demos treffen, ganz ohne die aktive Teilnahme auch anderer gesellschaftlicher Gruppen, Kräfte.
Allein sind die Langzeitarbeitslosen leider sehr machtlos, haben praktisch keinerlei Druckmittel gegen die Politik in der Hand.

Anonym 2. Januar 2010 um 19:20  

"[...]Allein sind die Langzeitarbeitslosen leider sehr machtlos, haben praktisch keinerlei Druckmittel gegen die Politik in der Hand[...]"

Stimmt, aber "die Langzeitarbeitslosen" gibt es m.E. ebensowenig wie "die Hartzies".

Es handelt sich hierbei um keine zusammenhängende Gruppe, und genau diese Unterschiedlichkeit ist das Problem bei den Protesten gegen Hartz IV und Sozialabbau - neben der Tatsache, dass die Jobsuche kaum Zeit zum Protestieren läßt und man kein Geld hat auf Demos zu gehen. Ich denke tatsächlich - und da gibt es eine Parallele zum Dritten Reich und den Juden - die Arbeitslosen sind keine zusammenhängende Gruppe.

Man kann es nicht oft genug erwähnen.

Übrigens als Geschichtskenner kann ich nur schreiben, dass es auch bei den Juden - so las ich es einmal - das Problem war, dass die Judenräte in den Ghettos eben aus den unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen stammten, was einen Widerstand auf jüdischer Seite - neben der Passivität - sehr schwierig gemacht hat.

Auch im Rahmen der Euthanasie - so las ich es einmal - soll es durchaus Eltern gegeben haben, die meinten die Nazis hätten doch recht, wenn die ihr Kind holen würden - die würden ihm ja nur helfen, und es wäre eh nur eine Last....

Genau solche Denkweisen herrschen auch in Deutschland, man nennt dies Teile und Herrsche, wo auch innerhalb der Opfergruppen differenziert wird - oder werden muss.

Es soll z.B. durchaus Arbeitslose, die dank Hartz IV eine Arbeit gefunden haben, geben, die Pro-HartzIV sind, und auf die Noch-Arbeitslosen herabschauen.

So sehe ich es, und leider werde ich im Real Life über diese Ansicht auch täglich bestätigt, auch wenn man bei der Merkel-Demokratur (noch) nicht von Faschismus sprechen kann.

Robert Paxton, ein US-Historiker ist übrigens der Ansicht, dass Konservative immer schon ein Hang zum Autoritären haben, und wenn dies nicht fruchtet eben auf faschistische Lösungen können - Insofern ist die Gefahr des Faschismus auch im 21. Jahrhundert NICHT gebannt.

Deutschland ist eben (noch) kein Faschismus, aber was nicht ist kann - wenn Merkel/Westerwelle nicht durchkommen, und ein charismatischer Rechter auftaucht -durchaus eine reale Gefahr werden, und gerade deswegen ist es so wichtig, dass Linkspartei, SPD und GRÜNE endlich - auf dem Weg des Anti-Neoliberalismus - zueinander finden, ansonsten droht ein neuer Faschismus in Deutschland.

Mfg
Garibaldi

Bernd Kudanek 2. Januar 2010 um 19:32  

Anonymus hat geschrieben: "... wenn sich derzeit Langzeitarbeitslose allein zu Demos treffen ..."

Wenn ALLE Langzeitarbeitslosen zu Demos kämen, wären auch sie allein schon eine Macht! Doch Realität ist leider, daß es in knapp 100 Städten zwar noch immer regelmäßige Montagsdemos gibt, diese aber nur von einem Häuflein zwischen 10 bis 30 immer den gleichen IdealistInnen besucht bzw. veranstaltet werden. Selbst hier in Berlin! Nur zur alljährlichen bundesweiten Herbstdemo kommen mehrere Tausend in Berlin zusammen, allerdings zu 95% aus dem übrigen Bundesgebiet. Siehe auch http://www.berlinermontagsdemo.de/index.php?option=com_content&view=article&id=113:aktuell&catid=35:news

Anonymus hat weiter geschrieben: "... ganz ohne die aktive Teilnahme auch anderer gesellschaftlicher Gruppen, Kräfte."

Die aktive Solidarität auch anderer Gruppen und linker Organisationen läßt leider in der Tat sehr zu wünschen übrig. Die Gründe sind vielfältig. Da sei genannt: selbstbejammernde Resignation, weil sich eh nix ändert, oder (falsche) Scham, ebenfalls für stigmatisierte Unterschichtler gehalten zu werden, oder auch pure Gleichgültigkeit und unvermögende Dummheit, über den eigenen kleinen Tellerrand hinauszusehen. Und dann gibt es noch diejenigen enddarmkompatiblen Zeitgenossen, die mit dem Unterführersyndrom unterschiedlicher Schwere geschlagen sind, weil ihnen von den Herrschenden ein kleines bißchen vermeintliche Macht im Sinne von teile und herrsche z. B. über eine KollegInnengruppe und/oder einen Bereich zugestanden wurde, und sie trunken vor Eitelkeit und selbstgerechtem Stolz wähnen, sie gehörten zur "Elite" dazu - - - obwohl sie in Wahrheit bestenfalls als Fußabtreter der wirklich Machthabenden dienen. Denn wer freiwillig kriecht, spürt nicht den Druck, der ihn zum Kriechen zwingt.

Ganz sicher habe ich nicht alle Gründe aufgezählt, die Menschen hindert, ja nicht solidarisch auf die Straße zu gehen. Aber es sind (neben bloßer Faulheit) die mir am häufigsten begegnenden, wenn das Gespräch auf Demos, auf Widerstand kommt. Selbst bei Linken! Leider.

Anonym 2. Januar 2010 um 20:23  

Noch was:

"Die Juden" ist eben auch nicht korrekt, da die - wie bereits erwähnt - aus allen Bevölkerungsschichten zusammengesetzt waren - damals in der Shoa - auch hier "teile und herrsche" - mittels "Judenräten" in den Ghettos.

Mfg
Garibaldi

Anonym 2. Januar 2010 um 23:37  

"[...]Aber es sind (neben bloßer Faulheit) die mir am häufigsten begegnenden, wenn das Gespräch auf Demos, auf Widerstand kommt. Selbst bei Linken! Leider.
[...]"

Ja, "Langzeitarbeitslose" sind faul und die Erde ist eine Scheibe.....

...Paß ja auf, dass du nicht vom Rand der Erde fällst....

Anonym 3. Januar 2010 um 10:48  

"[...]Nein, hier erwarte ich keine Solidarität mehr; jeder ist sich selbst der Nächste...[...]"

Troll dich....


Gut, dann beschimpfe halt... Ich werde aber deswegen auch nicht zu einer anderen Schlussfolgerung gelangen als jener, daß wir in einer massiv entsolidarisierten Gesellschaft leben.

Bernd Kudanek 3. Januar 2010 um 13:03  

Anonym hat am 2. Januar um 23:37 Uhr gesagt...

"[...]Aber es sind (neben bloßer Faulheit) die mir am häufigsten begegnenden, wenn das Gespräch auf Demos, auf Widerstand kommt. Selbst bei Linken! Leider.
[...]"

Ja, "Langzeitarbeitslose" sind faul und die Erde ist eine Scheibe.....

...Paß ja auf, dass du nicht vom Rand der Erde fällst....
............................................................................................................................................

Hmm, vielleicht war ja um 23:37 Uhr das Lese- und Verstehvermögen von Anonym bereits im Dämmerschlaf oder aber, was mir viel wahrscheinlicher scheint, hier versucht jemand im scheinbaren Schutz der www-Anonymität, ein wenig zu diffamieren, mir ans Bein zu pinkeln.

Denn nirgends habe ich, auch nicht unterschwellig, Langzeitarbeitslose als faul bezeichnet, wie die das manipulativ aus dem Zusammenhang gerissene und Empörung heischende (oder besser kreischende) Eingangszitat durch Anonym suggerieren soll. Besagter Anonym hat dem Zitat wohl- bzw. schlechtweislich meinen diesbezüglichen Eingangssatz geklaut, der da lautet: "Ganz sicher habe ich nicht alle Gründe aufgezählt, die Menschen hindert, ja nicht solidarisch auf die Straße zu gehen."

Niemand, wer lesen und das Gelesene auch zu verstehen vermag, wird die in diesem Satz von mir verwendeten Metaphern >Mensch< und >solidarisch< etwa mit Langzeitarbeitslosen und schon gar nicht mit Beschimpfung derselben verbinden wollen/können. Sondern es sind, wie aus dem Eingangssatz des vorhergehenden Absatzes >"Die aktive Solidarität auch anderer Gruppen und linker Organisationen läßt leider in der Tat sehr zu wünschen übrig."< klar ersichtlich, eindeutig andere Gruppen und Organisationen gemeint. Nicht einmal andeutungsweise werden hier "andere" Erwerbslosengruppen oder gar Langzeitarbeitslose assoziiert.

Alles in allem, allerwertester Anonym, hast du gegen Luv, gegen den Wind gepinkelt und dich nur selber naß gemacht. Übrigens kommt mir deine Diktion durchaus bekannt vor, da hilft dir auch nicht, dich in vermeintlicher Anonymität zu verstecken.

Anonym 3. Januar 2010 um 16:04  

@ Roberto J. De Lapuente:

Chapeau! an einen wachen und begabten Menschen.


@ KOmmentatorInnen:

Danke für die inhaltlich diesmal besonders erbauliche Vielfalt der Kommentare.

In unserer Stadt wachen gerade (auch ältere) MieterInnen auf, die in vom Staat an einen US-Hedge-Fond verkauften Wohnungen (mehreren Wohnsiedlungen) leben. Geweckt wurden sie von kontinuierlichen und bis dato rechtmäßig steigenden Mieterhöhungen, die sie bald nicht mehr bezahlen können, weil die Kaufkraft ihrer Renten, Gehälter, bzw. die Grenzsätze der Stütze, usw. nicht mithält/-halten. Sie wissen dann nicht mehr wohin.
Ob sie vollends aufgewacht sind oder wieder einschlafen, ist noch nicht klar. Es könnte sein, dass sie das Ganze -wie bisher- für einen (Alb)Traum halten und wieder zur Tagesordnung übergehen. Man wird sehen.

Übrigens: Auch die kommunalen PolitikerInnen und Behörden scheinen noch nichts von diesem stetig wachsenden Problem zu wissen. Darauf z. B. vor Wahlen angesprochen, wähn(t)en PolitikerInnen aller Parteien sich hilflos gegenüber privatwirtschaftlichem Unternehmertum. Sie verwiesen/ verweisen dann gerne auf Wohngeld und Hartz-IV und bezeugen damit ihre Unkenntnis über Sachverhalte, denn sonst wüßten sie, dass beim Wohngeld auch nicht jede hohe Miete übernommen und z. B. bei Hartz-IV Wohngeld angerechnet wird.

Die eigene betriebswirtschaftliche kurzsichtige Brille -staatliches Wohneigentum zur kurzfristigen Sanierung von öffentlichen Haushalten an Hedge-Fonds zu verkaufen und damit auf langfristige Einnahmen zu verzichten- holt auch hier die Gesellschaft ein.
Zahlen scheinen wichtiger geworden als Menschen.

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