Intakter Pluralismus
Montag, 31. August 2009
Mit den Landtagswahlen des Wochenendes scheint der Pluralismus nun endgültig die Sitzordnung in Landtagen und Senaten vorzugeben. Kaum ein Landesparlament, in dem nicht mindestens vier Fraktionen lungern - oft sind es gar fünf oder sechs, die dort ihrem Geschäft und den Geschäften ihrer Finanzgeber nachgehen. Natürlich ärgern sich darüber viele lupenreine Demokraten, weil die unkomplizierte Drei- oder Vier-Parteien-Übersicht perdu ist, man am Wahlabend nicht mehr zu Bett gehen könne, ohne zu wissen, welcher Landesvater wohlig in den Schlaf summt. Wenn Demokratie umfangreich wird, dann wird sie zum Ballast. Der zeitgemäße Demokrat, der seine Demokratie als einstudierten Ritus zelebriert, sehnt sich nach einer starken Hand, die ein Heer an Fraktionen unnötig machen würde.
Es muß ja förmlich schlaflose Nächte und Magenkrämpfe stiften, wenn man mit einer Legion von Parteien konfrontiert wird, die den Pluralismus dieses Landes abzeichnen. Da spricht sich zum Beispiel die Union für militärische Auslandseinsätze aus, während die SPD strikt dafür, die Grünen wiederum mit Abstrichen bereit sind - und die FDP andererseits sieht ein solches Vorgehen für dringend geboten an. Unübersichtlich geht es auch in der Sozialpolitik zu. Die SPD, seit nunmehr elf Jahren Regierungspartei, befürwortet eine repressive Erwerbslosenverwaltung, gleichzeitig die Christdemokraten einer solchen Verwaltung nicht im Wege stehen. Die Grünen indes hadern mit der Ungerechtigkeit der Welt, wären gerne dagegen, müssen aber, als Väter und Mütter des Konzepts, dringlich dafür sein. Ganz anders die FDP: sie steht hinter diesem Verwaltungsungetüm, vorallem aber hinter den Repressionsmechanismen. Bei der Umgehung des Grundgesetzes, Umweg nehmend über Lissabon, zeigt sich ebenso deutlich, wie intakt der pluralistische Geist hierzulande arbeitet. Die Union hat dem EU-Vertrag zugestimmt, während die Sozialdemokraten zugestimmt und die FDP zugestimmt hat. Lediglich die Grünen haben quergeschlagen und haben zugestimmt.
Natürlich betrifft das auch die Fremdenpolitik. Für die Liberalen sollten Ausländer in Deutschland schnellstmöglich Anpassung erzielen. Die CDU/CSU stimmt dem zu, fordert aber schnellere Abschiebungsmodalitäten, während die SPD grundsätzlich für schnelle Integration ist und die Grünen, gemäß Cohn-Bendits Heftchen, das er als Integrationsbeauftragter der Stadt Frankfurt dereinst drucken ließ, heimlich, still und leise die Ansicht vertreten, bestimmte Gruppierungen wären schier integrationsresistent. Wie man mit solchen Rebellen am genesendem deutschen Wesen verfährt, das sollen allerdings die anderen entscheiden. Ebenso in Fragen demographischer Natur oder dem Bekenntnis zur Privatversicherung und der daraus resultierenden Aushebelung der paritätischen Sozialversicherungen: auch dort herrscht gesunde pluralistische Gesinnung. Wer da die Wahl hat, der ist ein wahrlich ein Gequälter. Dass sich Demokraten da überfordert fühlen müssen und jenen Zeiten nachtrauern, in denen die Liberalen mal konservativ mal sozialdemokratisch heirateten, liegt auf der Hand.
Dieses Schreckgespenst ist das Feigenblatt heutiger Politik. Wer kann ernsthaft von einer schwindenden Demokratie sprechen, wenn doch plötzlich fünf oder sechs Fraktionen in den Landtagen hocken? So läßt sich leicht auf die Fraktionsmassen deuten, die anständiges Regieren zwar unmöglich machen, die aber dennoch als Ausdruck von Vielheit anzusehen seien. Wer eine moribunde Demokratie wittert, der muß glatt am Durchdrehen sein, bei dieser Anzahl von Parteien, die allesamt derart verschiedenartig aufgestellt sind. Solange Pluralismus vorgegaukelt wird, ist die Demokratie intakt.
Es muß ja förmlich schlaflose Nächte und Magenkrämpfe stiften, wenn man mit einer Legion von Parteien konfrontiert wird, die den Pluralismus dieses Landes abzeichnen. Da spricht sich zum Beispiel die Union für militärische Auslandseinsätze aus, während die SPD strikt dafür, die Grünen wiederum mit Abstrichen bereit sind - und die FDP andererseits sieht ein solches Vorgehen für dringend geboten an. Unübersichtlich geht es auch in der Sozialpolitik zu. Die SPD, seit nunmehr elf Jahren Regierungspartei, befürwortet eine repressive Erwerbslosenverwaltung, gleichzeitig die Christdemokraten einer solchen Verwaltung nicht im Wege stehen. Die Grünen indes hadern mit der Ungerechtigkeit der Welt, wären gerne dagegen, müssen aber, als Väter und Mütter des Konzepts, dringlich dafür sein. Ganz anders die FDP: sie steht hinter diesem Verwaltungsungetüm, vorallem aber hinter den Repressionsmechanismen. Bei der Umgehung des Grundgesetzes, Umweg nehmend über Lissabon, zeigt sich ebenso deutlich, wie intakt der pluralistische Geist hierzulande arbeitet. Die Union hat dem EU-Vertrag zugestimmt, während die Sozialdemokraten zugestimmt und die FDP zugestimmt hat. Lediglich die Grünen haben quergeschlagen und haben zugestimmt.
Natürlich betrifft das auch die Fremdenpolitik. Für die Liberalen sollten Ausländer in Deutschland schnellstmöglich Anpassung erzielen. Die CDU/CSU stimmt dem zu, fordert aber schnellere Abschiebungsmodalitäten, während die SPD grundsätzlich für schnelle Integration ist und die Grünen, gemäß Cohn-Bendits Heftchen, das er als Integrationsbeauftragter der Stadt Frankfurt dereinst drucken ließ, heimlich, still und leise die Ansicht vertreten, bestimmte Gruppierungen wären schier integrationsresistent. Wie man mit solchen Rebellen am genesendem deutschen Wesen verfährt, das sollen allerdings die anderen entscheiden. Ebenso in Fragen demographischer Natur oder dem Bekenntnis zur Privatversicherung und der daraus resultierenden Aushebelung der paritätischen Sozialversicherungen: auch dort herrscht gesunde pluralistische Gesinnung. Wer da die Wahl hat, der ist ein wahrlich ein Gequälter. Dass sich Demokraten da überfordert fühlen müssen und jenen Zeiten nachtrauern, in denen die Liberalen mal konservativ mal sozialdemokratisch heirateten, liegt auf der Hand.
Dieses Schreckgespenst ist das Feigenblatt heutiger Politik. Wer kann ernsthaft von einer schwindenden Demokratie sprechen, wenn doch plötzlich fünf oder sechs Fraktionen in den Landtagen hocken? So läßt sich leicht auf die Fraktionsmassen deuten, die anständiges Regieren zwar unmöglich machen, die aber dennoch als Ausdruck von Vielheit anzusehen seien. Wer eine moribunde Demokratie wittert, der muß glatt am Durchdrehen sein, bei dieser Anzahl von Parteien, die allesamt derart verschiedenartig aufgestellt sind. Solange Pluralismus vorgegaukelt wird, ist die Demokratie intakt.
8 Kommentare:
Dazu passt Gregor Gysis Rede vor dem Bundestag vom vergangenen Mittwoch:
"Alle vier Fraktionen - Union, SPD, FDP und Grüne - haben den Vertrag von Lissabon natürlich so angenommen, wie er war...
Die Konsenssoße der vier erwähnten Fraktionen ist eines der Probleme, mit denen wir es jetzt zu tun haben. Das gilt nicht nur für den Vertrag von Lissabon. Denken Sie an den Krieg in Afghanistan: Hier stimmen alle vier Fraktionen überein. Nur wir sagen: Mittels Krieg kann man niemals wirksam Terror bekämpfen. Denken Sie an die Rente ab 67: Alle vier Fraktionen sagen, dass müsse wegen der Demografie so sein. Wir sagen, dass ganz andere Reformen denkbar sind. Ich kann auch über die Agenda 2010 und über Hartz IV reden. Hartz IV ist demütigend und gleichmachend.
Da sind sich alle vier Fraktionen einig. Nur wir haben eine andere Auffassung.
Ich will Ihnen etwas sagen: Was für Lissabon gilt, das gilt auch hier. Alle vier Fraktionen sind sich auch darüber einig, dass sie keine Vermögensteuer wollen...
Das ist ein Problem für unsere Gesellschaft. Ich glaube, wir brauchen mehr Auseinandersetzung..."
Yoooh Rolf Kleine will keine.
Ok, - mal im Ernst. Ich hatte mal ein Gespräch mit jemandem der die interessante Theorie vertrat das, - je deckungsgleicher, aber sophistischer die Rhetorik zweier Parteien wird, desto mehr werden sie sich in Splittergruppen aufteilen. Mittlerweile sehe ich dies nicht mehr als Theorie, sondern Praxis an. Aber nichts ist erfrischender, als wenn plötzlich Gruppierungen mitspielen welche sich der gewohnten Rhetorik nicht anschließen. Echte Vielfalt hat etwas ergötzliches an sich, - nämlich die Zerstörung des Phlegmas.
Wer weiß, vielleicht nähern wir uns auch bei der "Parteienvielfalt" peu à peu der Weimarer Republik an? Vielleicht sitzen im übernächsten Bundestag nicht mehr nur fünf sondern womöglich sieben, acht oder noch mehr Parteien (Piraten, Freie Wähler, NPD, ...)?
Diese zunehmende Aufsplitterung der Parteienlandschaft sehe ich als ein weiteres Zeichen einer sich in Auflösung befindlichen Gesellschaft an. Die Saat des Individualismus geht auf. Jeder kämpft nur noch für seine persönlichen Interessen und versucht auf Biegen und Brechen das Maximum für sich herauszuholen. Das funktioniert natürlich in kleinen Klientelparteien besonders gut.
Wenn viele Parteien ein großes und buntes Spektrum an Politikansätzen und Lösungen bedeuten würde, hätte ich ja nichts dagegen. Das Problem ist aber, das die allermeisten Parteien Teil des Mainstreams sind und eben gerade keine Alternative zum Status Quo bieten. Sie sind halt nur Klientel- oder Ein-Thema-Parteien innerhalb des vorgegebenen Rahmens.
Es sehe darin eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Wenn nämlich irgendwann einmal ein neuer "starker Mann" die Bühne betreten sollte und den Deutschen versprechen würde, er wolle das Volk wieder vereinen bzw. miteinander in einer Volksgemeinschaft versöhnen, so glaube ich, hätte er beim Deutschen Michel (dem jede innerparteiliche Diskussion gleich als Streit gilt) recht gute Chancen ins Kanzleramt einzuziehen.
Das Problem sind eigentlich nur die Grünen und die SPD. CDU/CSU und FDP sind in unseren Zeiten rückgratstarke Parteien, die ihr Programm offensiv verkünden und durchziehen (vielleicht die CSU merkt manche Rührungen ihres christlich-soziales Gewissens). Ebenso die Linke, wenngleich man bei ihr oft nicht klar erkennt, wie weit sie sich von ihren Gegnern vereinnahmen lässt (siehe Berlin).
Es herrscht eine formaler Pluralismus, abzählbar an den Fraktionen. Wollte man eine Zahl entlang der Inhalte gewinnen, kommt man auf zwei. Die der Linken und des Restes. Wobei man die zulässige Abweichung auch nicht zu hoch ansetzen darf, aber immerhin.
Die Suppe eingebrockt haben uns die wie gesagt die Grünen und die SPD. Die Grünen teilweise noch mehr, weil sie eine größere Differenz zum Mainstream verworfen und damit innerhalb weniger Jahre ein vielfältiges Gedankengut in das politische Jenseits katapultiert haben. Wenn die Grünen schon neoliberal sind, ja dann...
Es fehlen die Ideen und Konzepte. Man stelle sich einen Grünen oder einen SPDler vor, der in den höchsten Gremien, sagen wir bei einer EU-Ratssitzung, irgendwelche Regeln, gewonnen aus einem halbherzigen Konzept einer Basissitzung, einfordert und sich seine Kollegen rechtskonservativer Regierungen mit zunehmender Vortragszeit immer mehr das Kichern unterdrücken müssen und er selbst die Röte in seinem Gesicht zu spüren beginnt. Da geht vieles leichter, wenn man alles durchwinkt, so tut, als passte man sich sowieso nur Sachzwängen an und nachher unterhaltsam Champus trinken gehen kann. Dr. Joseph Fischer hat sich ja in dieser Weise sofort konformiert, als Dank wurde er ja auch in die entsprechenden Netzwerke integriert und kann seine Alterszeit nunmehr als ehrwürdiger Staatsman schauspielen und sich jeden Tag seine Kravatte in den Hals ziehen, um die neue Identitat auch am eigenen Leib zu spüren.
Die SPD flüchtete und flüchtet aus Ideenmangel in die selbe Richtung. Steinmeier wirkt wie ein empfindliches Trotzkind, das seine am Schreibtisch ausgehäkten Strategiechen aufgrund seiner Position in der Partei akribisch und aneckend durchsetzen will, wobei jeder Schritt wie ein Druckablass innerer, über Jahre aufgebauter Spannung wirkt. Nun will ER einmal die Figuren spielen! Und wenn er sich gekünstelt nur über die Verluste seiner Gegner freut, macht das auch nichts. Basta. Um was es geht, das ist perifer, man muss halt schauen was grad trend ist. Letztens Obama, also machen wir auch so Videos und so Zeug. Das kommt gut an.
"Wer kann von einer schwindenden Demokratie sprechen", wenn die Vielfalt in Einfalt (schön erklärt die 'Unterschiede' der Parteien!) steigt, wenn, um auf den vorherigen Artikel einzugehen, die größte Partei die der Nichtwähler ist?
Demokratie in Täuschland, eine Täuschung.
bitte nicht PPP in der Aufzählung vergessen ('das waren auch die Römer'). Auch hier sind sich alle uneinig einig, gute Freunde zu bedenken.
Btw: Gibt es in diesem Block ein ungeschriebenes Gesetz, die LINKE nicht zu erwähnen?
... bitte nicht PPP in der Aufzählung vergessen...
Es fällt einen immer noch was ein... man hat nie ausgedacht bei diesen Herrschaften...
Wer sich die Wahlergebnisse inklusive der Nichtwähler einmal grafisch ansehen möchte, kann das hier tun. Dass die unterschiedlichen Farben nicht zwingend für unterschiedliche Gedanken und Konzepte stehen, bedarf keines gesonderten Hinweises mehr ... aber sehr deutlich wird beim Betrachten, welches Potenzial da immer und immer wieder bei jeder Wahl verschleudert wird. Die Nichtwähler könnten eine Revolution auslösen ... wenn sie es nur begreifen würden.
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