Drastische Worte: ein Nachtrag
Dienstag, 25. August 2009
Ist das Aufgreifen drastischer Worte zielführend? Bringt eine drastische Ausdrucksweise, unter die Gürtellinie gehende Fäkalsprache, Unterdrückte weiter?
Wenn man Scheiße nicht mehr Scheiße nennen darf, weil man in aller Sachlichkeit auf Sachlichkeit pocht, dann verliert sie ihren charakteristischen Gestank. Aus der Scheiße werden Nahrungsrückstände, werden wohlklingende Termini vielerlei Art, die den Dreck nicht beim Namen aufgreifen. Dann klingt das Beschriebene fast melodiös, ein wenig erhaben, werden die olfaktorischen Zumutungen getilgt. Die Nasenklammer kann in die Schublade gepackt, die Nase muß sich nicht mehr zugehalten werden. Man kann bedenkenlos atmen, kann tief Luft holen, kann Geruchloses in die Lungen saugen.
So läßt sich sachlich über Nahrungsrückstände diskutieren, deren Gerüche finden aber im Gespräch nicht mehr statt. Wohlklingendes riecht nicht. Man spricht über Beschriebenes, zersetzt aber dabei die Charakteristika, kehrt sie unter den Teppich, man stülpt dem Kothaufen eine Käseglocke über, damit er nicht duftet. Nach und nach vergisst man, dass Scheiße stinkt. Man spricht über sie, man macht sie zum Sujet, man behandelt sie thematisch, analysiert sie, aber man erfasst sie nicht als Ganzes, weil der Gestank nicht besprochen wird, weil er nicht Sujet ist, weil er thematisch nicht behandelt wird, weil er in der Analyse nicht müffelt. Man behandelt die Sache zwar in der Diskussion, setzt sich mit der Sache folglich auseinander, macht so, als sei man bei der Sache, steckt sachlich im Disput. Aber in Wirklichkeit bleibt die Sache reduziert, entbehrt um den eigenen natürlichen Charakter; man ist der Sache nicht vollends gewachsen, kann sie nur teilweise begreifen, wird halb-sachlich, viertel-sachlich, un-sachlich: weil die Sache nicht in ihrer Gesamtheit erfasst wird.
Kommt nun jemand und johlt Scheiße, erinnert er die Gesprächspartner an den Gestank, macht die Diskussion zwar sachlicher und konkreter, legt nochmal ein Stück Wahrheit in die Waagschale, verunmöglicht für den Vertreter politisch korrekter Biedermeierei aber das Gespräch. Dieser will vom Gestank der Scheiße ja gerade nichts wissen. Er will von der Sache schwelgen, er will über sie entrückt diskutieren, will sie nicht zu konkret benennen, will im Nebel der Begrifflichkeiten verweilen. Dort erspart er sich den Gestank, dort muß er nicht schnuppern, muß die Scheiße nicht in ihrer Gesamtheit wahrnehmen. Die entrückte Scheiße, die er anders benennt, damit sie ihm nicht stinkt, ist seine Sachlichkeit. Die Halbsachlichkeit des Benannten, diese Unsachlichkeit des neu getauften Dinges, ist sie Sachlichkeit desjenigen, der politisch korrekt bleiben will. Der Unsachliche aber, derjenige, der für die Gefolgschaft politischer Korrektheit unsachlich ist, weil er der Scheiße auch Gestank zubilligt, weil er die Sache als Ganzes betrachtet, der ist bei genauem hinsehen sachlich. Wer unsachlich ist (im Sinne herrschender Wahrnehmung von Unsachlichkeit), der ist sachlich; wer sachlich ist (in jenem Sinne), der ist unsachlich.
Wenn Scheiße nicht mehr Scheiße sein darf, damit sie zum geruchsneutralen Diskussionsstoff taugt, dann darf derjenige, der in der Scheiße sitzt, direkt im Gestank sein Leben fristen muß, auch die Scheiße beim Namen rufen. Würde er in die Gesprächskultur der Schönredner einstimmen, beschreibt er seine Lage nicht treffend. Er würde seine Situation annehmbar machen, würde den außenstehenden Diskutanten vorheucheln, es stänke nicht, obwohl es doch ganz außerordentlich stinkt. Deshalb muß er den Außenstehenden zurufen, wie scheiße die Scheiße doch ist, wie stinkend der Gestank, wie unzumutbar die Zumutung. Die biedere Gesprächskultur des Unbetroffenen betrifft ihn nicht, denn sie ist ein Kunstprodukt der Ahnungslosen, ein willentliches Kunstprodukt, das zur Diskussion taugen soll, nicht zur Ruchbarmachung des Gestankes. Diesen will man ja gerade nicht, mal will ihn unter die Käseglocke verbannen, damit derjenige, der in der Scheiße hockt, es also auch unter der Käseglocke aushalten muß, ihn alleine erträgt. Wenn dieser dann vom Gestank spricht, weil er lauthals Scheiße ruft, dann blicken die Außenstehenden um sich, zucken mit den Achseln und meinen selbstzufrieden: "Also, ich riech' nichts."
Vom "Ich riech' nichts" zum "Bleib' bei den Tatsachen" ist es bloß ein kleiner Schritt. Man fordert Sachlichkeit von demjenigen, der die Sache täglich in sich einatmen muß. Aber seine Sache ist nicht die Sache derer, die Käseglocken überstülpen. "Bei den Tatsachen bleiben!" Dabei meinen sie aber stillschweigend: "Bleib' bei unseren Tatsachen!" Jene Tatsachen also, die sie sich selbst erzwungen haben, ihre Tatsachen - Tatsachen übertünchten Geruches. Gerüche zu benennen, wo keine Gerüche für alle ruchbar sind, erklärt man für unsachliches Vorgehen. Sache ist, dass es nicht stinkt; Sache ist, dass die Scheiße zum Nahrungsrückstand ernannt wurde. Das jedenfalls ist die Sache der Außenstehenden, die Sachlichkeit der Unbetroffenen - die Sache der Involvierten, die Sachlichkeit der Betroffenen gilt als Unsache, wird zur Unsachlichkeit degradiert. Der Gestank ist demnach nicht mehr Ursache der Unerträglichkeit, er ist Unsache, es gibt ihn nicht, weil es ihn terminologisch nicht gibt. Was nicht gesagt wird, existiert nicht; was verschwiegen wird, kann nicht sein.
Wo Scheiße nicht mehr Scheiße ist, da ist auch Teilhabe nicht mehr Teilhabe, Frieden nicht mehr Frieden, Demokratie nicht mehr Demokratie. Wenn die Scheiße ausgeschissen hat, dann hat auch der Unterdrückte, der in der Scheiße sitzt, die nun nicht mehr Scheiße heißt, seine Möglichkeiten verspielt. Drastische Worte gibt es nicht! Es gibt nur wahre Worte, die freilich drastisch werden, wenn sie Besitz- und Machtverhältnisse antasten. Fäkalsprache gibt es ebensowenig, es gibt nur unangenehme Tatsachen, die nicht ins bürgerliche Sprechritual eingearbeitet wurden. Bringt eine solche Sprechweise Unterdrückte weiter? Das kann man nicht beantworten, denn vom Sprechen alleine verändert man nicht. Aber die drastische Sprechart schärft das Selbstbewusstsein. Wenn sich Leute treffen, die alle miteinander in der Scheiße sitzen und dies auch konkret benennen, dann strampelt man sich gezielter aus dem Dreck frei. Treffen sich Leute, die in Nahrungsrückständen hocken, dann beratschlagen sie nur, ob man nicht auch von den Rückständen der Nahrung leben könne. Ist es also hilfreich? Zielführend?
Wenn man Scheiße nicht mehr Scheiße nennen darf, weil man in aller Sachlichkeit auf Sachlichkeit pocht, dann verliert sie ihren charakteristischen Gestank. Aus der Scheiße werden Nahrungsrückstände, werden wohlklingende Termini vielerlei Art, die den Dreck nicht beim Namen aufgreifen. Dann klingt das Beschriebene fast melodiös, ein wenig erhaben, werden die olfaktorischen Zumutungen getilgt. Die Nasenklammer kann in die Schublade gepackt, die Nase muß sich nicht mehr zugehalten werden. Man kann bedenkenlos atmen, kann tief Luft holen, kann Geruchloses in die Lungen saugen.
So läßt sich sachlich über Nahrungsrückstände diskutieren, deren Gerüche finden aber im Gespräch nicht mehr statt. Wohlklingendes riecht nicht. Man spricht über Beschriebenes, zersetzt aber dabei die Charakteristika, kehrt sie unter den Teppich, man stülpt dem Kothaufen eine Käseglocke über, damit er nicht duftet. Nach und nach vergisst man, dass Scheiße stinkt. Man spricht über sie, man macht sie zum Sujet, man behandelt sie thematisch, analysiert sie, aber man erfasst sie nicht als Ganzes, weil der Gestank nicht besprochen wird, weil er nicht Sujet ist, weil er thematisch nicht behandelt wird, weil er in der Analyse nicht müffelt. Man behandelt die Sache zwar in der Diskussion, setzt sich mit der Sache folglich auseinander, macht so, als sei man bei der Sache, steckt sachlich im Disput. Aber in Wirklichkeit bleibt die Sache reduziert, entbehrt um den eigenen natürlichen Charakter; man ist der Sache nicht vollends gewachsen, kann sie nur teilweise begreifen, wird halb-sachlich, viertel-sachlich, un-sachlich: weil die Sache nicht in ihrer Gesamtheit erfasst wird.
Kommt nun jemand und johlt Scheiße, erinnert er die Gesprächspartner an den Gestank, macht die Diskussion zwar sachlicher und konkreter, legt nochmal ein Stück Wahrheit in die Waagschale, verunmöglicht für den Vertreter politisch korrekter Biedermeierei aber das Gespräch. Dieser will vom Gestank der Scheiße ja gerade nichts wissen. Er will von der Sache schwelgen, er will über sie entrückt diskutieren, will sie nicht zu konkret benennen, will im Nebel der Begrifflichkeiten verweilen. Dort erspart er sich den Gestank, dort muß er nicht schnuppern, muß die Scheiße nicht in ihrer Gesamtheit wahrnehmen. Die entrückte Scheiße, die er anders benennt, damit sie ihm nicht stinkt, ist seine Sachlichkeit. Die Halbsachlichkeit des Benannten, diese Unsachlichkeit des neu getauften Dinges, ist sie Sachlichkeit desjenigen, der politisch korrekt bleiben will. Der Unsachliche aber, derjenige, der für die Gefolgschaft politischer Korrektheit unsachlich ist, weil er der Scheiße auch Gestank zubilligt, weil er die Sache als Ganzes betrachtet, der ist bei genauem hinsehen sachlich. Wer unsachlich ist (im Sinne herrschender Wahrnehmung von Unsachlichkeit), der ist sachlich; wer sachlich ist (in jenem Sinne), der ist unsachlich.
Wenn Scheiße nicht mehr Scheiße sein darf, damit sie zum geruchsneutralen Diskussionsstoff taugt, dann darf derjenige, der in der Scheiße sitzt, direkt im Gestank sein Leben fristen muß, auch die Scheiße beim Namen rufen. Würde er in die Gesprächskultur der Schönredner einstimmen, beschreibt er seine Lage nicht treffend. Er würde seine Situation annehmbar machen, würde den außenstehenden Diskutanten vorheucheln, es stänke nicht, obwohl es doch ganz außerordentlich stinkt. Deshalb muß er den Außenstehenden zurufen, wie scheiße die Scheiße doch ist, wie stinkend der Gestank, wie unzumutbar die Zumutung. Die biedere Gesprächskultur des Unbetroffenen betrifft ihn nicht, denn sie ist ein Kunstprodukt der Ahnungslosen, ein willentliches Kunstprodukt, das zur Diskussion taugen soll, nicht zur Ruchbarmachung des Gestankes. Diesen will man ja gerade nicht, mal will ihn unter die Käseglocke verbannen, damit derjenige, der in der Scheiße hockt, es also auch unter der Käseglocke aushalten muß, ihn alleine erträgt. Wenn dieser dann vom Gestank spricht, weil er lauthals Scheiße ruft, dann blicken die Außenstehenden um sich, zucken mit den Achseln und meinen selbstzufrieden: "Also, ich riech' nichts."
Vom "Ich riech' nichts" zum "Bleib' bei den Tatsachen" ist es bloß ein kleiner Schritt. Man fordert Sachlichkeit von demjenigen, der die Sache täglich in sich einatmen muß. Aber seine Sache ist nicht die Sache derer, die Käseglocken überstülpen. "Bei den Tatsachen bleiben!" Dabei meinen sie aber stillschweigend: "Bleib' bei unseren Tatsachen!" Jene Tatsachen also, die sie sich selbst erzwungen haben, ihre Tatsachen - Tatsachen übertünchten Geruches. Gerüche zu benennen, wo keine Gerüche für alle ruchbar sind, erklärt man für unsachliches Vorgehen. Sache ist, dass es nicht stinkt; Sache ist, dass die Scheiße zum Nahrungsrückstand ernannt wurde. Das jedenfalls ist die Sache der Außenstehenden, die Sachlichkeit der Unbetroffenen - die Sache der Involvierten, die Sachlichkeit der Betroffenen gilt als Unsache, wird zur Unsachlichkeit degradiert. Der Gestank ist demnach nicht mehr Ursache der Unerträglichkeit, er ist Unsache, es gibt ihn nicht, weil es ihn terminologisch nicht gibt. Was nicht gesagt wird, existiert nicht; was verschwiegen wird, kann nicht sein.
Wo Scheiße nicht mehr Scheiße ist, da ist auch Teilhabe nicht mehr Teilhabe, Frieden nicht mehr Frieden, Demokratie nicht mehr Demokratie. Wenn die Scheiße ausgeschissen hat, dann hat auch der Unterdrückte, der in der Scheiße sitzt, die nun nicht mehr Scheiße heißt, seine Möglichkeiten verspielt. Drastische Worte gibt es nicht! Es gibt nur wahre Worte, die freilich drastisch werden, wenn sie Besitz- und Machtverhältnisse antasten. Fäkalsprache gibt es ebensowenig, es gibt nur unangenehme Tatsachen, die nicht ins bürgerliche Sprechritual eingearbeitet wurden. Bringt eine solche Sprechweise Unterdrückte weiter? Das kann man nicht beantworten, denn vom Sprechen alleine verändert man nicht. Aber die drastische Sprechart schärft das Selbstbewusstsein. Wenn sich Leute treffen, die alle miteinander in der Scheiße sitzen und dies auch konkret benennen, dann strampelt man sich gezielter aus dem Dreck frei. Treffen sich Leute, die in Nahrungsrückständen hocken, dann beratschlagen sie nur, ob man nicht auch von den Rückständen der Nahrung leben könne. Ist es also hilfreich? Zielführend?
14 Kommentare:
hegel kann übrigens mitunter ganz schön deutlich werden. ein beispiel habe ich allerdings momentan nicht zur hand.
"Die Scheiße ist unsere Seele ... Scheiße ist der Baustein unserer Wiederauferstehung ... Humus ist das wahre schwarze Gold."
Wie kaum ein anderer hatte sich Friedensreich Hundertwasser dafür eingesetzt, dass Scheiße als wichtiger Teil unseres Lebenszyklus' wieder beim Namen genannt sein sollte. Nicht unbekannt dürfte sein Plädoyer für die Scheiße sein, das er in Form eines Manifests verfasste: "Scheißkultur - die heilige Scheiße"
PS Vor knapp 10 Jahre hatte ich das zufällige Glück, ihn bei einen seiner letzten öffentlichen Auftritte zu begegnen. Es war die feierliche Übergabe der von ihm entworfenen public toilet :), wohl als Dank an die Bewohner seiner kleinen Heimatgemeinde in Neuseeland.
Na, dann dieser hier:
Niemals habt ihr mich verstanden,
niemals auch verstand ich euch.
Nur wenn wir im Kot uns fanden,
so verstanden wir uns gleich.
Heinrich Heine
Wenn Scheiße als "atypisches Beschäftigungsverhältnis" porpagiert wird ...
Wenn Atom-Scheiße "entsorgt" wird ...
Wenn Finanz-Scheiße in Bad Banks "ausgelagert" wird ...
Wenn Propaganda-Scheiße überhand nimmt ...
...dann ist die Kacke (Scheiße) am dampfen!
Jetzt weiß ich auch warum es in einigen Polit-Talks und im Bundeskanzleramt seit Jahren nicht mehr nach Scheiße stinkt. Die haben alle eine Verstopfung. So eine Verstopfung kann zu einem Darmverschluss führen der tödlich enden kann. Anderenorts hört man von immer mehr Durchfällen im Lande. Wo die Scheiße einfach fließt stinkt es gewaltig.
Aber bringt es weiter? Du schreibst ja selbst, dass sich durch reden alleine Nichts ändert (obwohl, ich habe da so gewisse zweifel). Da das Ziel Änderung heisst, ist der Schritt zu mehr handgreiflichen Ausdrucksformen irgendwie konsequent und vielleicht unausweichlich. Und selbst, wenn es bei Worten bleibt, jede Abweichung von der verordneten political correctness wird doch stante pede als Vorwand für noch schärfere Unterdrückungsmaßnamen missbraucht. Irgendwann kommen alle Argumente nur noch aus den Läufen dr Gewehre. Dumm nur, dass die Anderen mehr Geld und damit mehr Gewehre haben.
Vielleicht sollte man auch unterscheiden zwischen "eine Sache beim Namen nennen", und seinem gerechten Zorn (verbal) gegen Personen freien Lauf zu lassen.
Alles in Allem bin ich mir meiner Sache selber nicht so sicher. Mir ist oft danach, mit laufender Kettensäge durch's Regierungsviertel zu laufen. Die Sauerei dürfte minimal sein im Vergleich zu dem, was dort täglich an Sauerei verbrochen wird. Aber wem hilft das? Wem nützt es? Doch nur den Mächtigen, die wieder einen Vorwand mehr haben.
Nein, ich denke, einen großen Befreiungsschlag kann es nicht geben. Vielleicht, ganz vielleicht, gibt es den Weg, die Herrschenden durch ihr eigenes System von innen aufzurollen. Ein Ansinnen, an dem die Grünen grandios gescheitert sind. Sie wurden von den Borg assimiliert. Jetzt treten die Piraten an. Mal sehen, wie lang die Assimilation dauert. Eine Änderung des Systems auf diese Art ist wie ein Sechser im Lotto: Die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs ist etwa gleich groß. Nur fürchte ich, die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs auf anderen Wege ist gleich Null.
Vielleicht mal ein Beispiel dazu: Vera Lengsfelds Busenplakat. Die Wut auf die CDU ist berechtigt. Aber dieser Wut derart Luft zu machen, indem man Frau Lengsfeld aufgrund ihres halbnackten Busens als Schlampe bezeichnet, wird der Sache nicht gerecht. Man lässt seiner Wut unkontrolliert freien Lauf, und was bringt es? Die Macht der Mächtigen nimmt zu. Vor einer solchen Fäkalsprache muss man die Jugend ja schützen. Also ein Argument mehr für Zensur. Und schon ist der Schuss nach hinten losgegangen.
Hmmm, -die Frage ob es hilfreich, oder zielführend sei, entspricht meiner Ansicht nach wieder einer Form von Sachlichkeit. Sachlichkeit ist aber wiederum das Resultat einer Ansichtsweise von außen, um emotionslos Dinge beurteilen zu können. Sowohl Sachlichkeit, als auch rhetorische Bewandniß müssen erlernt werden. Deshalb sind beide Dinge etwas, was nicht alle Menschen gleichwertig besitzen, oder sagen wir besser erfüllen können. Ich spreche diesbezüglich, mitunter ganz gerne vom "modellierten Menschen", bei welchem nach und nach die natürliche Emotionalität diskreditiert wird.
Menschliche Gleichwertigkeit darf sich aber nicht um diese Unterschiede kümmern. Und wenn es für viele auch noch so unbequem ist, so haben "alle", unabhängig von ihren rhetorischen oder analytischen Fähigkeiten das "gleiche" Recht zur politischen, und auch gesellschaftlichen Mitgestaltung.
Sprich Emotionalität ist gleichwertig zur Sachlichkeit.
Also wenn es nicht anders geht, - dann schreit Scheiße, - das sich die Donnerbalken biegen.
Aber vielleicht hat man auch nur Angst davor, das jemand der sich fäkalisiert ausdrückt, imstande ist seinen Emotionen auch in folgender Form freien Lauf zu lassen.
Bankers cars destroyed in Iceland
Am Ende läßt sich das Ganze wohl auf den elementaren Begriff der Heuchelei zurückführen.
Wer über Mißstände redet, ohne konkret und deutlich zu werden, wer über Hilfe plauscht ohne darüber zu entscheiden, wer über Veränderung und Wohlstand für alle redet ohne etwas einzuleiten, der ist einfach ein Heuchler.
"Vielleicht mal ein Beispiel dazu: Vera Lengsfelds Busenplakat. Die Wut auf die CDU ist berechtigt. Aber dieser Wut derart Luft zu machen, indem man Frau Lengsfeld aufgrund ihres halbnackten Busens als Schlampe bezeichnet..."
Die CDUler sind vieles, aber sicher sind sie nicht unterdrückt; die Busen der Lengsfeld sind massig, aber sicher sind sie nicht derart gigantisch, als dass sich CDU-Mitglieder unterdrückt fühlen müßten.
Wir sprachen von einer drastischen, direkten Sprache, von einer Fäkalsprache, die Unterdrückte nutzen müssen, wenn sie gehört werden wollen. Die Fäkalsprache dieser Unionisten gründet nicht auf Unterdrückung, sie ist die Sprache der Herren, aufbauend auf Herrenmoral, herrisch im Ton. Davon war nicht die Rede...
Äh, nein! Einen nackten Busen bezeichne ich mitnichten als Fäkalsprache. Und nicht die CDU hat Fäkalsprache verwendet, sondern ihre Gegner (zum Teil). Da hast Du wohl was verwechselt.
Hmmm ja, Ratio und Emotio sind in der Tat mindestens gleichwertig. Ich denke sogar, dass Emotionen, da sie den größeren Teil des menschlichen Wesens ausmachen, auch eine größere Bedeutung haben. Wie auch immer, ich würde die Anwendung rationaler und/oder emotionaler Handlungsweisen nie menschlich wertend nutzen. Niemand ist mehr oder weniger wert, weil er/sie diese oder jene Handlungsweise wählt.
Ich sehe das eher von einer taktischen oder vielleicht besser strategischen Warte. Das Ziel heisst Änderung. Die Frage dazu heisst: Welche Mittel und Wege führen zu diesem Ziel, und welche sind eher ungeeignet. Dass man Dinge beim Namen nennt, dürfte zielführend sein. Dass man Dinge nicht beschönigt oder verschweigt. Persönliche Beleidigungen und Diffamierungen dürften eher nicht zielführend sein. Vermutlich eher im Gegenteil.
Und ja, es ist richtig, dass nicht Jeder jede Fähigkeit hat. Manche haben nicht die Fähigkeit, Emotionen zu zeigen, Andere haben nicht die Fähigkeit, ihre Emotionen zugunsten der Ratio zu beherrschen. Weder das Eine noch das Andere ist perfekt, und schon gar nicht taugt das Eine oder Andere zu einer persönlichen Wertung.
P.S. Ich kriege das leider nicht hin, hier Namen und URL anzugeben. Wenn ich das auswähle, passiert gar Nix. Der Beitrag wird trotzdem anonym gesendet. Daher:
Name: Siegfried
URL: http://www.rorkvell.de/
Die große Scheisse ist vor allem, wenn so getan wird, als spräche man von wichtigen, tollen, erkenntnisreichen Dingen - dabei spricht man nur von Scheisse. Anders ausgedrückt: Vieles was glänzt ist pure stinkende Scheisse. Besonders vermeintliche Wissenschaftlichkeit produziert viel Scheisse. Wir von ZG haben das mal vor einer ganzen Weile zu ironisieren versucht. Hier nachzulesen!
Es geht nicht nur um "feune" oder Faekalsprache. Wir benutzen, wenn wir denken und meinen, bestimmte Woerter, die jeweils mit bestimmten Assoziationen besetzt sind. Darueber erfassen wir die Realitaet aus einem bestimmten "Blickwinkel". Wenn die Worte falsch sind, wird auch das Denken und Meinen falsch. Beispiele: Marktwirtschaft, Leistungsgesellschaft, Sozialpartnerschaft, Friedensmission, Demokratie etcpp.
Es ist ein ganzes Woerterbuch, das unsere Koepfe besetzt, und es handelt sich um das Woeterbuch der Herrschenden. So kommt die "Lufthoheit ueber den Stammtischen" zustande.
Wir muessen tatsaqechlich wieder unser eigenes Vokabular finden. Drastisches zum Beispiel. Oder auch Begriffe, die von den Herrschenden so gruendlich diffamiert worden sind, dass sich der "Normalbuerger" kaum noch traut, sie zu benutzen. (Mir faellt oft auf, mit welcher Selbstverstaendlichkeit z.B. in Spanien das Wort Arbeiterklasse benutzt wird, bei dem in Deutschland jeder zusammenzuckt und den, der es ausspricht, als Kommunisten beargwoehnt - oft gar nicht zu unrecht, weil es die Hardcore-Linken sind, die sich das alte und richtige Vokabular am wenigsten haben nehmen lassen.) Neue Begriffe muessen auch erfunden werden. - Alles in allem, eine "eigene Sprache" der ... Entschuldigung: Arbeiterklasse.
Sag heute in einem Dialog mal "Arbeiterklasse", lieber Sepp. Man guckt Dich dann an, als wärst Du von einem anderen Stern. Was soll denn Arbeiterklasse sein, steht dann als Frage in die Gesichter geschrieben. Wir ziehen doch alle an einem Strang, es gibt doch gar keine Klassen mehr, wird man für sich denken. Was redet der Sepp da nur, Arbeiterklasse ist doch gar nicht existent. Kapitalist und Arbeiter, entschuldige, Unternehmer (der fleißig unternimmt - nur was unternimmt er denn?) und Arbeitnehmer (der dem Unternehmenden die Arbeit nimmt - oder sogar raubt?) arbeiten doch zusammen. Heute gibt es ja auch keine Angestellten mehr, es gibt nurmehr Mitarbeiter. Alle für einen und einer für alle!
Eben. Das meinte ich.
Ich wollte damit darauf hinweisen: So lange die lieben Mitarbeiter die Sprache der lieben Sozialpartner (Arbeitgeberseite) benutzen, zeigt das, dass sie so dumm sind, wie die lieben Sozialpartner (Arbeitgeberseite) sie haben wollen. Oder anders herum: Man wird auch an der Verwendung der Worte ablesen koennen, wieweit aus der heutigen Situation gelernt wird. D.h. auch, dass die, die schon genauer sehen, es als eine eigenstaendige und gar nicht unwichtige Aufgabe ansehen sollten, dem Neusprech wieder vernuenftigere Worte entgegenzusetzen. Das muss mit Umsicht getan werden, aber einiges geht da schon.
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