Selbstverliebtheit spricht deutsch
Sonntag, 4. Oktober 2009
Es ist Deutschland hier, grinste er durch die Runde, mit den Augen nach verständnisvollen Blicken suchend. Ein englischer Reporter traktierte ihn in englischer Sprache, deshalb bat er darum, in deutscher Zunge eingeschläfert zu werden. Unfreundlich war er nicht, auch nicht aggressiv im Klang, aber so eine kleine Nuance Platzherrenmentalität konnte man schon heraushören. Man sei ja schließlich in Deutschland, dürfe auch deutsche Fragen erwarten, da gehöre es sich, dass der Gast mit dem Besteck des Gastgebers hantiere.
Und damit es gleich klar ist: Natürlich ist es nur recht und billig, jemanden darum zu bitten, er möge vielleicht in einer Sprache kommunizieren, mit der beide etwas anfangen können. Es ist legitim darum zu bitten, in deutscher Sprache zu sprechen, wenn sich denn ein solch stotterndes Gespräch im deutschen Umfeld abspielt. Aber nur weil es hier Deutschland ist, muß noch keine Verpflichtung bestehen, sich des Deutschen zu bemächtigen. Hätte Westerwelle klargestellt, ihm wäre es in deutscher Sprache lieber, weil er sich hart tue im Englischen, dann hätte die Zurechtrückung des Fragestellers weniger platzherrisch geklungen, weniger herablassend. Er war ja bemüht, das muß man ihm bescheinigen; er wollte gar nicht herrisch klingen, es war ihm ja auch irgendwie peinlich, daher lächelte er wohl unkontrolliert und sichtlich künstlich. Es war ein Verlegenheitslächeln, ein Lächeln wider besserer Alternative. Dass er in englischer Sprache zwar bewandert, allerdings kein Virtuose ist, wollte er jedoch nicht in die Öffentlichkeit posaunen. Hätte er das, wäre das Herrische seiner Worte verpufft. Es wäre die Bitte eines Menschen gewesen, der gerne verstehen möchte, qua mangelnder Sprachkenntnisse aber daran gehindert ist.
Das Prinzip der Gesellschaft, nur keine Schwächen zuzugeben, macht auch vor Westerwelle nicht halt. Oder macht gerade vor Westerwelle nicht halt, denn er setzt seine Ellenbogen so schnell und zielgerichtet ein, damit die Schwäche erst gar nicht aufgetischt werden kann. Das oberste Gebot lautet, immer Stärke zu zeigen. Wenn du stark bist, dann lass' es alle wissen und schlag' ordentlich auf den Tisch. Bist du schwach, roll' die Hemdsärmel hoch und zeig' Bizeps und Trizeps, damit du erst gar nicht auf die Tischplatte dreschen mußt. Dieses Denken geht so weit, dass man lieber wie ein Gutherr die Bühne betritt, der sein Heimrecht in vollen Zügen genießt, als dass man zugibt, vielleicht ein sprachliche Schwäche zu besitzen. Lieber den Junker raushängen lassen, als mit der Schwäche öffentlich leben. Man muß Westerwelle gar nicht zu arg schelten, denn ihm war es wirklich sichtlich peinlich, aber dass er diesem pervertierten Verständnis von Ellenbogenmentalität so weit folgt, dafür auch als überheblicher Platzherr aufzutreten, das soll man nicht dulden müssen.
Westerwelle wäre nicht der, der er ist, wenn er plötzlich seine Ellenbogen einzöge. Es ist eine Säule des Selbstsuchtsgebäudes, Schwächen niemals zuzugeben. Wer nach sich selbst süchtig ist, ist es, weil er sein Selbst großartig und unvergleichlich empfindet. Ein wunder Punkt würde die Liebe zum Selbst beschmutzen, würde dunkle Stellen auf dem Selbst erzeugen, würde Zweifel speisen, ob denn die Liebe eines makelbehafteten Selbst noch Wert hätte. Daher heißt es für den Egomanen - und vorallem für den Vorsitzenden der Egomanie -, Stärke zeigen, damit die schöne, heißgeliebte, lüstern zu betrachtende äußere Hülle nicht befleckt wird. Wir sahen Westerwelles peinliche Berührtheit und wir glauben sie ihm sogar, aber dahinter stand mehr: er hat seinem Ego geschmeichelt, hat auf Kosten des gerügten Reporters sein Selbst beschützt, hat in Kauf genommen, als Karikatur des Gutsherren aufzutreten, nur damit er seine brüchig gewordene Stärke kaschieren kann. Schwäche zeigen wäre menschlich. Doch der Egomane ist kein Mensch - er steht sich selbst höher.
Und damit es gleich klar ist: Natürlich ist es nur recht und billig, jemanden darum zu bitten, er möge vielleicht in einer Sprache kommunizieren, mit der beide etwas anfangen können. Es ist legitim darum zu bitten, in deutscher Sprache zu sprechen, wenn sich denn ein solch stotterndes Gespräch im deutschen Umfeld abspielt. Aber nur weil es hier Deutschland ist, muß noch keine Verpflichtung bestehen, sich des Deutschen zu bemächtigen. Hätte Westerwelle klargestellt, ihm wäre es in deutscher Sprache lieber, weil er sich hart tue im Englischen, dann hätte die Zurechtrückung des Fragestellers weniger platzherrisch geklungen, weniger herablassend. Er war ja bemüht, das muß man ihm bescheinigen; er wollte gar nicht herrisch klingen, es war ihm ja auch irgendwie peinlich, daher lächelte er wohl unkontrolliert und sichtlich künstlich. Es war ein Verlegenheitslächeln, ein Lächeln wider besserer Alternative. Dass er in englischer Sprache zwar bewandert, allerdings kein Virtuose ist, wollte er jedoch nicht in die Öffentlichkeit posaunen. Hätte er das, wäre das Herrische seiner Worte verpufft. Es wäre die Bitte eines Menschen gewesen, der gerne verstehen möchte, qua mangelnder Sprachkenntnisse aber daran gehindert ist.
Das Prinzip der Gesellschaft, nur keine Schwächen zuzugeben, macht auch vor Westerwelle nicht halt. Oder macht gerade vor Westerwelle nicht halt, denn er setzt seine Ellenbogen so schnell und zielgerichtet ein, damit die Schwäche erst gar nicht aufgetischt werden kann. Das oberste Gebot lautet, immer Stärke zu zeigen. Wenn du stark bist, dann lass' es alle wissen und schlag' ordentlich auf den Tisch. Bist du schwach, roll' die Hemdsärmel hoch und zeig' Bizeps und Trizeps, damit du erst gar nicht auf die Tischplatte dreschen mußt. Dieses Denken geht so weit, dass man lieber wie ein Gutherr die Bühne betritt, der sein Heimrecht in vollen Zügen genießt, als dass man zugibt, vielleicht ein sprachliche Schwäche zu besitzen. Lieber den Junker raushängen lassen, als mit der Schwäche öffentlich leben. Man muß Westerwelle gar nicht zu arg schelten, denn ihm war es wirklich sichtlich peinlich, aber dass er diesem pervertierten Verständnis von Ellenbogenmentalität so weit folgt, dafür auch als überheblicher Platzherr aufzutreten, das soll man nicht dulden müssen.
Westerwelle wäre nicht der, der er ist, wenn er plötzlich seine Ellenbogen einzöge. Es ist eine Säule des Selbstsuchtsgebäudes, Schwächen niemals zuzugeben. Wer nach sich selbst süchtig ist, ist es, weil er sein Selbst großartig und unvergleichlich empfindet. Ein wunder Punkt würde die Liebe zum Selbst beschmutzen, würde dunkle Stellen auf dem Selbst erzeugen, würde Zweifel speisen, ob denn die Liebe eines makelbehafteten Selbst noch Wert hätte. Daher heißt es für den Egomanen - und vorallem für den Vorsitzenden der Egomanie -, Stärke zeigen, damit die schöne, heißgeliebte, lüstern zu betrachtende äußere Hülle nicht befleckt wird. Wir sahen Westerwelles peinliche Berührtheit und wir glauben sie ihm sogar, aber dahinter stand mehr: er hat seinem Ego geschmeichelt, hat auf Kosten des gerügten Reporters sein Selbst beschützt, hat in Kauf genommen, als Karikatur des Gutsherren aufzutreten, nur damit er seine brüchig gewordene Stärke kaschieren kann. Schwäche zeigen wäre menschlich. Doch der Egomane ist kein Mensch - er steht sich selbst höher.
13 Kommentare:
Sehe ich genauso, wie du es beschrieben hast.
Krankhafte Egomanen bekommen nur in kranken Gesellschaften Führungspositionen.
Menschliche Reaktionen sind verpönt, da sie nicht ins System passen.
Das hat Erich Fromm schon in den 50er Jahren geschrieben, wir werden von Psychopathen regiert und verwaltet.
@Alman: "Wir werden von Psychopathen regiert". Diese Analyse ist deutlich zu kurz gegriffen. Egomanie und die Nicht-Fähigkeit, eigene Schwächen zuzugeben, ist in der Gesellschaft weit verbreitet. Deshalb besteht diese aber nicht aus "Psychopathen". Es bestehen kulturelle Gründe für diese gesellschaftliche Fehlentwicklung - die westliche Kultur ist eben gescheitert. Selbstverständlich aber wurde diese maßgeblich von den Führungseliten geprägt, die sich durch die von ihr geschaffene Kultur immer wieder selbst reproduziert. Einzelnene Menschen kann man da noch nicht mal einen Vorwurf machen.
Für jemanden, der viel in der Welt herumgekommen ist, erscheint einem die Geringschätzung der eigenen Sprache in Deutschland schon merkwürdig. Das ist so ähnlich mit dem Singen: Seit 1945 ist in diesem Land das Liedgut ebenso durch die Nazis kontaminiert wie die Sprache schlechthin. Schon die 68er verachteten die eigene Sprache, der Gipfel war dann der Tunix-Kongress 1979 in Berlin, wo jemand ein riesiges Transparent aufgehängt hatte: 'I hate my german language'. Und das ist leider bis heute so geblieben. Der deutsche Selbsthass manifestiert sich in einem freudigen Akzeptieren von absurdesten Anglizismen, die es sonst nirgendwo gibt, nicht mal in den anglophonen Ländern selbst. Wenn nun ein Politclown wie Westerwelle sich verbittet, auf englisch befragt zu werden und auf englisch antworten zu müssen, dann hat er, so leid es mir tut, recht. Den Spott über Westerwelle sollte man sich für bessere Gelegenheiten aufbewahren, denn die werden nicht auf sich warten lassen.
Der Fall "Westerwelle" ist ebenso wie der Fall "Sarrazin" für mich der beste Beweis dafür, dass Neoliberale eben nicht nur Sozialrassisten gegenüber HartzIVlern sondern auch echte Rassisten gegenüber jedem, der nicht deutsch spricht sind.
Fazit:
Neoliberalismus = Faschismus = Sozialrassismus = Ausländerhass.
Wir benötigen weder DVU noch NPD, die FDP reicht schon mitsamt der CDU als rechtsextremer Block.
Gruß
Serdar Somuncu-Fan
PS: Serdar Somuncu spricht in seinem Kabarett ja auch generell von CDU-CSU-NPD-DVU-FDP. Ja? Warum wohl?
Der Mann ist ein Dampfplauderer,der Mann ist Sozialrassist und für mich ist er sogar ein Ar...... und noch vieles mehr, aber in diesem Fall muss ich ihm recht geben. Bei einer Deutschen Pressekonferenz in Deutschland wird in Deutsch geantwortet genauso wie in jedem anderen Land in der Landessprache geantwortet wird. Wo ist da das Problem?
Meine unbedeutende Meinung
Die FDP verdreifacht das Schonvermögen für Hartz IV - Empfänger und schafft die Erbschaftssteuer ab.
Das sind doch soziale Wohltaten?
Unzufriedenheit, wie auch Einkommens- und Bildungsarmut mobilisieren nicht, sondern führen häufig zu Resignation. Auch wenn es weiteren Forschungsbedarf gibt, entsteht doch der Eindruck, dass im unteren Drittel der Gesellschaft der Glaube abhanden gekommen ist, Politik könne die eigene Lage verbessern.
Der internationale Vergleich zeigt zudem, dass Menschen in Ländern mit geringer sozialer Ungleichheit zufriedener mit der Demokratie sind und Parlamenten und Politikern stärker vertrauen.
sprechen sie arabisch, sahib minister von außen westerwelle. das hier araberland!
"[...]Das sind doch soziale Wohltaten?
[...]"
Soziale Wohltaten wäre z.B. die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die komplette Abschaffung von Hartz IV - wie die Linkspartei die fordert, und der Ausbau von gesetzlich festgelegten Mindestlöhnen.
Auf die sozialen Wohltaten der FDP können Sie lange warten, dass sind nur Worthülsen, denen keine realen Taten folgen - Westerwelle redet z.B. bei Mindestlöhnen davon, dass man den Sozialismus ala DDR hätte.
Komisch - sogar Ottmar Schreiner (SPD) - meinte, dass Frankreich und Resteuropa wohl in den Augen Westerwelles dann stalinistisch wären - Dort gelten überall Mindestlöhne.
Übrigens, um noch was zu schreiben ich wäre dafür, dass FDP und CDU/CSU lockerer im Bundestag angezogen wären - mit T-Shirts und Pullovern wo draufsteht wer die via Lobbyismus finanziert.
Was für Drückerkolonnen z.B. die FDP fördern, und welche mittelalterlichen Arbeitsmethoden dort herrschen konnte man vor kurzem ja bei Nachdenkseiten lesen - Die, dank unserer Bananenrepublik Deutschland so notwendig sind wie nie zuvor....
Gruß
Serdar-Somuncu-Fan
Übrigens, ich warte jetzt schon gespannt auf den ersten Auftritt von Westerwelle als Außenminister, wenn er den rechtsextremen Putsch gegen Zelaya in Südamerika verteidigt, und vielleicht sogar mal mit echten Sozialisten spricht wie Chavez/Morales/Castro und Co.
Vielleicht fällt dem guten Westerwelle, und seinen Freunden-Der-Putschisten (=FDP) ein, dass echter Sozialismus eben nichts mit der Abschaffung der Sozialen Marktwirtschaft ala FDP zu tun hat?
Ach, das ist doch bloß ein unbedeutender Nebenschauplatz. Roberto hat doch deutlich gemacht, dass es nicht die "Liebe zur deutschen Sprache" ist, die Westerwelle erfüllt, sondern das Unvermögen, eigene Schwächen einzugestehen - ganz im Sinne der neoliberalen Ideologie.
Und dass Herr Westerwelle sich dieser Ideologie vollkommen konform verhält, dürfte niemanden überraschen.
Um so mehr überrascht mich dieser Beitrag ... Denn es gäbe über Herrn Westerwelle so viel mehr zu sagen - ein Beispiel von tausenden: Versicherungsvertreter im Bundestag
Dass dieser Mann Lobbyist ist, an sein eigenes Bankkonto denkt, keine Schwächen zugeben mag und sich angesichts des Wahlergebnisses auch noch bestärkt fühlt in seinem Wahn - wer wundert sich wirklich darüber??
Von wegen locker und liberal. Das kommt davon, wenn man ein eitler Polit-Pfau ist und keine Federn lassen möchte. Vor allem, wenn man sooo wild auf den Job im Auswärtigen Amt ist. Ein humorvolles Eingeständnis, der Frage des Reporters nicht auf English antworten zu können und im selben Atemzug anzudeuten: "But I'm working on it ...", DAS wäre eine wirklich lockere Antwort gewesen. Stattdessen bekommt die auslänsiche Presse mal wieder was nettes zu futtern:
http://www.independent.co.uk/news/world/europe/tony-paterson-from-big-brother--to-foreign-minister-1794708.html
>>Anonym 5. Oktober 2009 00:39
>>Übrigens, ich warte jetzt schon
>>gespannt auf den ersten Auftritt
>>von Westerwelle als Außenminister,
>>wenn er den rechtsextremen Putsch
>>gegen Zelaya in Südamerika verteidigt,
Die FDP-Friedrich-Naumann-Stiftung mit dem Stiftungsvorsitzende Wolfgang Gerhardt tut es bereits.
siehe auf zb. "amerika21.de" oder einfach Friedrich-Naumann-Stiftung - Honduras bei google eingeben. Wer wissen will was die FDP unter "Demokratie" versteht sollte das lesen.
@Jan Perlak
In der USA sind sich die meisten Suchttherapeuten schon seit den 90er Jahre einig das die westliche Gesellschaft zu 90 - 95 % aus Suchtkranken ("direkt" Süchtigen und "Coabhängige") bestehen. Süchte verändern die Wahrnehmung massiv. Und das die Politiker süchtig (natürlich auch in Deutschland) in mehrfacher Hinsicht süchtig sind ist (würde ich meinen) allgemein bekannt.
Zu Westerwelle`s Interview:
Da ist meine Meinung gespalten. Einerseits haben viele recht wenn sie schreiben, mehr (positiver - siehe potemkin´s Beitrag) Nationalstolz wäre gut und Westerwelle`s Aussage wäre ein Beleg dafür. Abgesehen davon das ich diese asoziale / sozialdarwinistische FDP-Bande nicht ausstehen kann (wenn ich an Gerhard, Westerwelle oder Brüderle denke "geht mir das Messer in der Hose auf") glaube ich auch nicht das man Westerwelle mit "Nationalstolz" "verbinden" kann.
Ich würde eher sagen. Eine Antwort auf Englisch hätte Westerwelle eine "Weltläufigkeit" und Souveränität bescheinigt. Er hätte seine Antwort (und die Frage) ja auf Deutsch "hinterherschieben" können.
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