Nomen non est omen

Mittwoch, 6. Mai 2009

Heute: "Terrorismus"

"Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich angesichts der wachsenden Terrorgefahr für eine Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Inneren ausgesprochen."
- Spiegel Online am 2. Juli 2007 -

"Angesichts der Festnahme eines Terrorverdächtigen bei Osnabrück hat Niedersachsens Innenminister Schünemann Strafen für das Herunterladen von Terrorbotschaften gefordert."
- Zeit Online am 11. Oktober 2006 -
Der Slogan "Kampf gegen den Terror" wird in der heutigen politischen Praxis als allgemeine Legitimationsfigur benutzt, um kontroverse politische Entscheidungen zu rechtfertigen: zunehmende staatliche Gewalt, Einschränkung von Bürgerrechten, der Ausbau des Überwachungsstaates sowie die Repression gegen Oppositionelle. Dabei liegt es im Interesse derer, die diese Legitimationsfigur heranziehen, diesen Terminus möglichst schwammig zu halten. Sei es der Paragraph 129a des deutschen Strafgesetzbuches, George W. Bushs "Anti-Terror-Politik", Russlands Kampf gegen den Terrorismus in Tschetschenien oder Israels Kampf gegen "palästinensische Terroristen" – der Begriff dient als flexible Rechtfertigungsformel ohne ihn exakt definieren zu wollen.

Der lateinische Begriff Terrorismus bedeutet übersetzt soviel wie "Schrecken" oder "Furcht". Eine einheitliche Definition des Schlagwortes gibt es bis heute nicht. Dies liegt bisweilen auch daran, dass der Begriff von der Betrachtungsweise und seiner Instrumentalisierung abhängt – Terrorist oder Widerstandskämpfer? Die wissenschaftliche Definition sagt beispielsweise, dass der Terrorismus eine gewaltsame Methode sei, die gegen Zivilisten und zivile Einrichtungen gerichtet sei. Insofern wären der staatliche und der nicht-staatliche Terrorismus nicht weit voneinander entfernt, da es vor allem in Kriegen zivile Opfer gibt. Die systematische Verbreitung von Angst und Schrecken zur Erreichung politischer Ziele wird auch oft als Terrorismus bezeichnet.

Interessant ist jedoch, dass zwar kaum jemand klar definiert, was Terrorismus eigentlich sei, sich jedoch viele Staaten einig sind, dass dieser bekämpft werden müsse. Anstatt also zunächst eine exakte Definition vorzulegen, um anschließend eine Motiv- und Ursachenanalyse des Phänomens Terrorismus zu starten, wird sich hastig gegen diesen verschworen. So hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 8. Oktober 2004 in der Resolution 1566 beschlossen, dass der Terrorismus in all seinen Erscheinungsformen bekämpft werden müsse – ohne jedoch genau zu sagen, gegen was man nun eigentlich kämpfe.

Dies ist ein Gastbeitrag von
Markus Vollack aka Epikur.

5 Kommentare:

ad sinistram 6. Mai 2009 um 10:07  

Eine Definition des Terroristen? Bitte sehr!

Margitta 6. Mai 2009 um 11:18  

@ Roberto

Danke für diesen Link.
Damit ist alles gesagt.

"Terrorist?? Wer ist das??"

Sagen wir allen: Wenn du einen Spiegel hast, dann schau hinein....

Liebe Grüße
Margitta Lamers

Anonym 6. Mai 2009 um 18:56  

Eine Ausnahme gibt es, der Staatsterrorismus gegen die Unterschichten in Deutschland ist natürlich nach der FDJ-Frau für "Agitation und Propaganda" Angela Merkel - kein Terrorismus.

Ich stand heute übrigens - so eben während ich auf den Arzttermin wartete - mal kurz vor Terroristenplakaten, beim gegenüber der Arztpraxis liegenden Landratsamt, und fragte mich:

"Wo ist eigentlich das Terrorplakat, dass nach Angela M. fahndet?"

Fazit:

"Mit wem die Macht ist, der ist kein Terrorist, auch wenn er sich so aufführt...."

...aber wie erwähnt: "Das Imperium schlägt zurück".

Obiwanobi

romano 7. Mai 2009 um 09:12  

ich meine, der Terrorismus muss in Relation zu der Ordnung betrachtet werden, die er terrorisiert bzw. die vorgibt, terrorisiert zu werden.
Wenn Ordnungen zerfallen, dann kann dies leicht sehr "nervös" geschehen. Sie können einfach zerfallen (das kann der Hausverstand dann nicht lösen, Religionen entstehen eventuell) oder aber durch Angriffe oder durch neue entstehende Ordnungen zerfallen.
Der Krieg gegen den Terror scheint ein Resultat des inneren Zerfalls einer Ordnung. Im Aufflammen des Terrorismus wird gewissermaßen bestätigt, dass es die Ordnung noch gibt. Denn wenn es sie nicht gäbe, würde sie nicht angegriffen werden können. Die Ordnung geriert ihr Entfaltungspotential aber nunmehr aber zum Teil und immer mehr als Reaktion, die kreative Tendenz ist versiegt. Sie ist nicht mehr schöpferisch. Ihre letzte Schöpfung ist der Feind: sie braucht nichts mehr zu schöpfen, sie braucht sich nur mehr gegen den Feind verteidigen. Die Menschen brauchen dann gewissermaßen nicht mehr zu denken, sondern nur mehr auszuführen. Eine fruchtbare Erde trocknet aus und zerklüftet zu brüchigem Sand.

Anonym 7. Mai 2009 um 22:43  

Wann ist 's denn so weit, dass man Hannah Ahrendts Werk über Totalitarismus als "Terroranleitung" versteht und zensiert bzw. Besitzer dieses Opus' einsperrt?
Und Kleists' Kohlhaas, die Robin-Hood-Erzählungen, die Nibelungensage (ErMORDung eines vierbeinigen geschuppten feuerspeienden Herrschers) und Goethes Götz gehören doch wohl auch auf die Terrorliste, oder nicht?
Machiavellis Il Principe kann man natürlich direkt als Handbuch für Herrschaft auslegen und da Terroristen das natürlich auch missbrauchen könnten... zensieren.

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