Ich verabschiede mich...

Freitag, 29. Mai 2009

Mach’ es gut, Leser! Vielleicht denkst du mal an mich zurück, an die Zeit, in der ich offen schreiben, offen meine Meinung verkünden durfte. An die gute alte Zeit, die aber auch schon ganz schön beschissen war. Mach’ es gut! Wenn es am schönsten ist, muß man aufhören – wenn es am schönsten ist, dann wird man aufgehört. Ich verabschiede mich präventiv, quasi testamentarisch, irgendwie so, wie bei einer Patientenverfügung, damit man im Fall der Fälle abgesichert ist, damit ich im Fall der Fälle nicht noch einige banale Abschiedsworte in die Tastatur hämmern muß. Abschiedsworte, für die man dann keinen freien Kopf mehr hat.

Vielleicht schaffe ich es ja nicht einmal mehr, diese Sätze zu beenden, womöglich klingelt es gleich an der Türe.
Sind Sie Roberto De Lapuente?
Ja, immer gewesen!
Sie sind verhaftet!
Es klicken Handschellen, ich frage nach dem Grund, doch den wird man mir erst auf dem Revier erläutern. Ich habe Kinder hier, werde ich betteln, nehmen Sie mir wenigstens die Handschellen ab, ich folge ihnen ja auch so. Es wird nichts helfen, das wird man nicht tun, denn ich bin schwerkriminell, ein potenzieller Polizistenmörder. Warum man sie mir nicht abnimmt, warum man mich nicht ehrenvoll abführt, das werde ich dann erst später erfahren, wenn ich in einem kargen Büro sitze, vor mir ein Beamter im schlecht sitzendem Hemd, Kaffeedunst aus seinem Rachen verströmend, in Mundart seltsame Fragen stellend. Fragen, auf die man sich nur schwer konzentrieren kann, weil man noch immer die salzige Würze der tränenüberströmten Wangen der Ehefrau auf den Lippen hat, noch immer ihr leidendes Antlitz vor sich sieht, ihr Wehgeschrei hört, dahinter die ratlos und verstört wirkenden Kinder.

Wer weiß, vielleicht geschieht dies in einigen Minuten, vielleicht auch erst in einigen Wochen oder Monaten. Man wird mir dann erklären, dass der Besuch von Terrorlagern strafbar sei, worauf ich fragen werde, wie man nur auf die bizarre Idee kommen kann, dass ich ein solches Lager je besucht hätte. Ich kenne mich, ich weiß, dass mir der Humor nicht schwinden wird; ich werde zynisch erklären, dass ich nicht wußte, dass jener CSU-Werbestand in der Fußgängerzone, an dem ich einst ratlos umherblickend, auf meine Gattin wartend, die sich währenddessen Schuhe oder dergleichen Schnickschnack erwerben wollte, dass ich eben nicht wußte, dass dieser ominöse Werbestand ein faschistischer Außenposten einer Terrororganisation gewesen sei. So glauben Sie mir doch, Herr Kommissar!

Und wenn es auch noch ein Erahnen des Zukünftigen bleibt, so weiß ich doch bereits heute, was man mir antworten wird. Man müßte kein Lager besuchen, es reiche aus, wenn man bereits eine Gesinnung hege, die zu einer solchen Tat führen könne - bereits dies sei ausreichend um strafrechtlich verfolgt zu werden. So wollte es die Politik, die Große Koalition, so wollten es die Gedankenleser des Bundestages. Ja, aber... ich habe doch nie Terror gepredigt! Skepsis ja, Gerechtigkeit ja, Mißstände anprangern ja – über solche Dinge habe ich viel und sehr häufig geschrieben und berichtet. Im Grunde bin ich ja Moralist! Ja eben, wird der Kommissar beiläufig in seine Kaffeetasse säuseln, ja eben, Sie sind Moralist. Darum geht es ja, Sie stehen doch gerade deswegen dem Terrorcamp so nahe. Ich werde einwerfen, nutzlos einwerfen - dies wird mir dann bereits schon bewusst sein, dass es nichts mehr nützt -, dass das doch nicht Terror sei, sondern die strikte Überzeugung, dass es die Rettung des Menschlichen sei, wenn man sich auf moralische Grundsätze besinnt und sie klar verteidigt. Er wird abwinken, nichts mehr sagen, mir einen Anwalt empfehlen. Sein Abwinken wird mir alles an den Kopf werfen, was ich mir als Anklage vorstellen kann: Ein Moralist in unmoralischen Tagen ist ein Terrorist!

So könnte es kommen, so könnte es vielen meiner Kollegen gehen, die im Auftrag ihres Gewissens gegen den Wahnsinn der Zeit anschreiben. Ihr alle, geschätzte Freunde, steht dem Terror näher, als es euch bewusst ist! Mir ist es bis heute auch nicht bewusst, auch jetzt nicht, da ich in eine zukünftige Zeitlinie geblickt habe. Eine Zeitlinie, die indes hoffentlich niemals in dieser Form reale Zeitlinie werden wird; ich weiß immer noch nicht, weshalb ich dem Terror nahestehen soll, aber ich erahne, dass ich es dennoch tue. Man spürt, wenn man in eine Ecke gedrängt wird, auch wenn es dunkel ist und die Konturen der Wand nicht sichtbar sind, man merkt, wenn eine Mauer nurmehr ein Paar Zentimeter hinter einem lauert, auch wenn noch kein Kontakt mit derselbigen entstanden ist.

Wir wissen aus der Geschichte dieses Landes, dass linke Opposition immer als terroristisch beschimpft wurde. Wir wissen, dass es im Grunde heute immer noch so ist, dass es nie anders war. Protestiert man gegen die Pläne der G8, so gehört man laut öffentlicher Meinung einer Gruppe von Irren an; geht man gegen Sozialabbau auf die Straße, mokieren sich Meinungsmacher darüber, wie fleißig Arbeitslose demonstrieren könnten, während sie weniger Fleiß bei der Suche eines Arbeitsplatzes an den Tag legen. Geistige Brandstifter, die ihre Flausen aus den Kopf geradewegs aufs Papier bringen, diese Auswürfe auch noch einer Leserschaft vorsetzen – was müssen denn das für terroristische Naturen sein? Wer nach der Gesinnung riecht, die ich hege, der ist kriminalisiert, der wird entweder in die Ecke des Tagträumers oder des gefährlichen Zündlers gestellt.

Wundert es da noch, wenn ich mich von euch verabschiede? Rein vorsorglich, versteht sich, rein aus der Angst heraus, vielleicht nicht mehr zum Zuge kommen zu können. Wenn ich erst am Tisch des verbeamteten Pflichterfüllers sitze, der in seinem Bericht die Vermutung äußern wird, bei mir handle es sich um einen pathologischen Moralisten, der eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstelle, wenn ich erst einmal dort sitze, dann werde ich kaum mehr daran denken, noch einige Abschiedsworte an meine Leserschaft zu richten, ich werde das Schreiben sowieso ganz schnell verwerfen müssen, weil man mir keinen Raum mehr belassen wird, meine geistigen Brandsätze unters Volk zu bringen. Nicht mal unter dieses kleine Völkchen meiner Leserschaft!

Nein, man sollte sich nicht wundern, wenn man sich als Mensch, der heute in der Opposition steht, schon mal auf den Fall der Fälle vorbereitet. Was da auf uns zurollt, was Schritt für Schritt umgesetzt wird, was an Homogenisierung der Massen und Ausmerzung der Individualisten in die Wege geleitet wird, muß uns das Blut in den Adern gefrieren lassen. Eine Gesinnung, die zu einer solchen Tat – zum Terror - führen kann, so meint der Bundestag, soll die Strafverfolgung ermöglichen. Meine Güte, ich beziehe mich so oft auf Marcuse, so wie einst die Gruppe um Baader. Macht mich das bereits zum Terroristen? Oder dass ich Ulrike Meinhof für eine Koryphäe des deutschen Journalismus halte? Blüht mir nun Gefängnis? Oder dass ich glaube, dieses System muß abgelöst werden? Soll ich mich geistig schon mal auf fünf Jahre einstellen? Und was, wenn ich nun wirklich denke, dass ein Staat, der solche Gesinnungsschnüffelei betreibt, auch Bomben verdient hätte? Nicht weil ich abgerissene Körperteile besonders erquickend finde, sondern weil sie einfach logische Folge einer Diktatur sind. Bin ich nun ein Terrorist? Das wirft die Frage auf: Darf ich in meinem Kopf alle terroristischen Methoden anwenden, solange ich sie nicht ins wirkliche, ins physische Leben werfe? Ist im Kopf nicht sogar der Mord legitim, weil im Kopf das eigene grenzenlose Reich der Phantasie eine gänzlich oppositionsfreie Diktatur ausübt? Sind die Gedanken nicht frei?

Wie ein an den Tod denkender Mensch, der im Falle seiner geistigen Abwesenheit per Patientenverfügung auch seine physischen Restbestände gestorben wissen will, so sollte der Oppositionelle dieser Gesellschaft ebenso eine Verfügung erlassen. Eine Oppositionellenverfügung. In diesem Sinne verabschiede ich mich schon einmal, viele von euch treffe ich wieder, hinter Gittern, miteinander den Hass auf eine Gesellschaft aufkochend, die uns dann zu dem gemacht hat, was wir dann sein werden, die uns bereits zu dem gemacht hat, was wir heute sind – obskure Gestalten, die den Ablauf dieses Landes hemmen, weil sie ständig dazwischenquatschen und einen Fetisch von Grund- und Menschenrechten frönen und damit alle Wirtschaftlichkeit des Systems vor arge Probleme stellen. Macht es also gut! Denkt an mich, denkt an uns Dazwischenquatscher. Und laßt euch nicht erwischen, wie ihr unsere Webpräsenzen besucht, sonst klingelt es bald auch an eurer Haustür!

33 Kommentare:

Rainer 29. Mai 2009 um 14:37  

Du bist gut.
So gut, dass ich fast zu glauben geneigt bin, was Du an dieser Stelle schreibst.
Die Situation in diesem Land ist schlecht.
So schlecht, dass ich fast zu glauben geneigt bin, was Du schreibst.

Holsten 29. Mai 2009 um 14:58  

Präventiv im Vorab schon einmal Auslese betreiben, entweder über das Kommissariat oder durch die Schweinegrippe ...

klaus baum 29. Mai 2009 um 15:09  

Ich war 1956 bei den JUNGEN PIONIEREN. Und mit denen 3 Wochen in einem Wald-Zelt-Lager. Gestern dacht ich denn auch: Werde ich jetzt verhaftet?
Diese Republik ist nur noch peinlich. Ich sollte mal wieder Thomas Bernhard lesen.

Margitta 29. Mai 2009 um 15:25  

Ganz ehrlich Roberto, diese Alpträume habe ich auch und in letzter Zeit häuften sie sich derart, dass ich schon die Befürchtung hatte paranoid zu sein.

Danke dass Du mit zeigst, dass ich nicht alleine bin.

Wie schon an anderer Stelle erwähnt, mit Dir Seite an Seite lässt sich´s gut kämpfen.

In diesem Sinne
Liebe Grüße
Margitta

Wat. 29. Mai 2009 um 15:44  

"Und laßt euch nicht erwischen, wie ihr unsere Webpräsenzen besucht, sonst klingelt es bald auch an eurer Haustür!"

Doch, ich lasse mich erwischen bzw. tue nichts dagegen, denn von dem anderen gehe ich schon lange aus bzw. bin mir sicher, es nicht ausschließen zu können!

Es gibt aber viele Menschen, die jemanden, der so denkt, für neurotisch (Paranoia) halten...

Ich halte das für besonders realistisch.

Beizukommen ist diesem Staatshandeln nur, wenn der überwiegende Teil sich erwischen läßt, aus ALLEN Schichten.

Man muß für seine Haltung auch einstehen!

Und wenn es die von Dir genannten Konsequenzen hat, lieber Roberto, dann ist das zwar schlimm,es wird auch so schlimm kommen, aber damit müssen wir leben, wenn man uns wenigstens das läßt...

Liebe Grüße - ich umarme Dich schon mal
Danke

ad sinistram 29. Mai 2009 um 15:46  

Da sitzen wir dann, frei nach Thoreau, die ehrenwerten Menschen dieser Gesellschaft im Gefängnis, denn dort, wo man Menschen willkürlich einsperrt, da ist es eine Ehre für einen Mann, im Gefängnis zu sitzen...

landbewohner 29. Mai 2009 um 16:12  

ich denke auch, so futuristisch sind deine befürchtungen nicht und dann ist es allemal besser als bekennender gegner einzusitzen als in so einem schweinesystem zu funktionieren und es am leben zu erhalten

antiferengi 29. Mai 2009 um 16:28  

Ja ist es denn die Möglichkeit?
Kaum ist man mal weg, da lochen sich die Jungs und Mädels selber ein.
Jetzt macht aber mal halblang. Unsereiner kommt wegen seinem Geschriebsel höchstens in die Klappse.
Und was mach ich da?
Also tut mir das nicht an und lasst mich nicht einfach so im Stich. Ihr könnt dann zotige Männerlieder singen, und ich male Strichmännchen an die Wand,
- oder ?

Thomas Dose 29. Mai 2009 um 16:58  

Man muss nur Eins und Eins zusammenzählen, dann weiss man wie der Hase läuft.

Vorgeblich zur Bekämpfung der Kinderpornographie wird erfasst, wer welche Internetseite besucht.

Daran merkt der Staat schnell, wer welche Gesinnung hat.

Und fix sind die zukünftigen Terroristen identifiziert.

Geheimrätin 29. Mai 2009 um 17:45  

Roberto, seit deinem gestrigen Blogeintrag liege ich mit Kotzeritis darnieder. Und jetzt verabschiedest du dich. Wenn auch nur vorsorglich. Eine Horrovision, die aber leider im Fall Andrej Holm schon Realität geworden ist!

Also sorge bitte soweit vor, dass im Ernstfall deine Frau oder irgendeine Vertrauensperson eine Meldung rausgeben kann, an alle anderen. Wir werden uns dann vor dem Polizeirevier versammeln und schlimmstenfalls dürfen die uns dann in eine Sammelzelle sperren. Wenn wir dann nach Stammheim verschleppt werden sollten, wird Stammheim von unseren Verbündteten belagert werden.

Deine Vorsorge wird also im Ernstfall eine Massenmobilisierung ermöglichen.

liberté, égalité, fraternité!

klaus baum 29. Mai 2009 um 18:21  

Richard Sennett und Saskia Sassen: Die Verhaftung Andrej Holm betreffend:

"Terrorism" has two faces. There are real threats and real terrorists, and then again there is a realm of nameless fears, vague forebodings, and irrational responses. The German federal police seem to have succumbed to the latter; on the July 31 2007 they raided the flats and workplaces of Dr Andrej Holm and Dr Matthias B, as well as of two other persons, all engaged in that most suspicious pursuit: committing sociology.

Mehr hier:
http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2007/aug/20/thewaronshapelessterror

Frank F. 29. Mai 2009 um 18:35  

Wow!!!

Wieso muss ich ausgerechnet jetzt an dieses Gedicht von Günter Eich denken, der vor gut einhundert Jahren hier ganz in der Nähe ... auf der anderen Seite des Flusses geboren wurde?

SEID SAND IM GETRIEBE DER WELT!Ich beneide sie alle, die vergessen können,
die sich beruhigt schlafen legen und keine Träume haben.
Ich beneide mich selbst um die Augenblicke blinder Zufriedenheit:
erreichtes Urlaubsziel, Nordseebad, Notre Dame,
roter Burgunder im Glas und der Tag des Gehaltsempfangs.
Im Grunde aber meine ich, daß auch das gute Gewissen nicht ausreicht,
und ich zweifle an der Güte des Schlafes, in dem wir uns alle wiegen.
Es gibt kein reines Glück mehr (- gab es das jemals -),
und ich möchte den einen oder andern Schläfer aufwecken können
und ihm sagen, es ist gut so.

Fuhrest auch du einmal aus den Armen der Liebe auf,
weil ein Schrei dein Ohr traf, jener Schrei,
den unaufhörlich die Erde ausschreit und den du sonst
für das Geräusch des Regens halten magst
oder für das Rauschen des Winds.
Sieh, was es gibt: Gefängnis und Folterung,
Blindheit und Lähmung, Tod in vieler Gestalt,
den körperlosen Schmerz und die Angst, die das Leben meint.
Die Seufzer aus vielen Mündern sammelt die Erde,
und in den Augen der Menschen, die du liebst, wohnt die Bestürzung.
Alles, was geschieht, geht dich an.

Wacht auf, denn eure Träume sind schlecht!
Bleibt wach, weil das Entsetzliche näher kommt.
Auch zu dir kommt es, der weit entfernt wohnt von den Stätten,
wo Blut vergossen wird,
auch zu dir und deinem Nachmittagsschlaf,
worin du ungern gestört wirst.
Wenn es heute nicht kommt, kommt es morgen,
aber sei gewiss.

”Oh, angenehmer Schlaf
auf den Kissen mit roten Blumen,
einem Weihnachtsgeschenk von Anita,
woran sie drei Wochen gestickt hat,
oh, angenehmer Schlaf,
wenn der Braten fett war und das Gemüse zart.

Man denkt im Einschlummern an die Wochenschau
von gestern abend:
Osterlämmer, erwachende Natur,
Eröffnung der Spielbank in Baden-Baden,
Cambridge siegte gegen Oxford mit zweieinhalb Längen, -
das genügt, das Gehirn zu beschäftigen.

Oh, dieses weiche Kissen, Daunen aus erster Wahl!
Auf ihm vergißt man das Ärgerliche der Welt,
jene Nachricht zum Beispiel:
Die wegen Abtreibung Angeklagte sagte zu ihrer Verteidigung:
Die Frau, Mutter von sieben Kindern, kam zu mir mit einem Säugling,
für den sie keine Windeln hatte und der
in Zeitungspapier gewickelt war.
Nun, das sind Angelegenheiten des Gerichtes, nicht unsre.
Man kann dagegen nichts tun,
wenn einer etwas härter liegt als der andere.
Und was kommen mag, unsere Enkel mögen es ausfechten.”

”Ah, du schläfst schon? Wache gut auf, mein Freund!
Schon läuft der Strom in den Umzäunungen,
und die Posten sind aufgestellt.”
Nein, schlaft nicht, während die Ordner der Welt geschäftig sind!
Seid mißtrauisch gegen ihre Macht,
die sie vorgeben für euch erwerben zu müssen!
Wacht darüber, daß eure Herzen nicht leer sind,
wenn mit der Leere eurer Herzen gerechnet wird!
Tut das Unnütze, singt die Lieder,
die man aus eurem Mund nicht erwartet!
Seid unbequem, seid Sand, nicht das Öl im Getriebe der Welt!

- aus dem Hörspiel "Träume" 1950/53

Anonym 29. Mai 2009 um 19:31  

Gott gib mir Kraft ... dass ich es ertrage, mir weiterhin diesen Bullshit anzuhören, den die Politik verzapft, ohne dass ich dabei allmählich dem Wahnsinn verfalle! Innerhalb von nur 2 Legislaturperioden haben die Regierungen alles demontiert, was einst dem Wohle des Volkes diente. Heute regiert ausschließlich die Profitgier - und das auch noch saumäßig schlecht.

G. G. 29. Mai 2009 um 19:51  

Leider ist es wieder so weit. Ziehen wir uns warm an. Spätestens nach der Wahl im September wird es richtig losgehen.

henteaser 29. Mai 2009 um 21:14  

Macht es wie die drei Affen, rät uns RP Online indirekt:

**Das Internet verschont mit gar nichts. Link um Link führt es tiefer und tiefer in die Absturzgeschichten irgendwelcher Mittelschichtsmenschen. Depression 2.0.
[...]

"Die schlechten Nachrichten schüren ein allgemeines Gefühl von Unsicherheit", sagt Wirtschaftspsychologe Jürgen Smettan, "in einer solchen Stimmung scheuen die Menschen sich, langfristige Entscheidungen zu treffen, sei es die für einen Ratenkauf, für den Hausbau – oder für ein Kind".

Das Internet habe aber nicht nur den Zugang zu Negativnachrichten vereinfacht, sondern auch mehr Menschen in die Lage versetzt, direkt am globalen Spekulieren teilzunehmen. So hat das Medium doppelte Krisenbeschleunigungswirkung, als Instrument der Spekulierer und als Botenstoff für die Kunde ihres destruktiven Tuns.
[...]
Im Informationszeitalter fließt der Nachrichtenstrom an jedem PC-Arbeitsplatz vorbei, verführt jederzeit zu ein bisschen Schwarzsehen. So wird eine Krise auf Dauer gestellt, erscheint nicht mehr als ein Tal, das es zu durchschreiten gilt, sondern als ein endloser Düsterdatentunnel aus dem jede Abfahrt in die nächste Trauergeschichte führt.

Retten kann sich vor dem Katastrophenschmökern nur, wer die Augen schließt oder die Kabel kappt.
**

Wobei ich eher zur Variante B tendiere: Unerschrocken weitermachen. Vielleicht wird später sogar mal eine Straße nach mir benannt; einfach nur deshalb, weil ich die Nachdenkseiten, Telepolis usw. angesurft habe.

Stream your World 29. Mai 2009 um 22:03  

Derber Text! Respekt!

redlope 29. Mai 2009 um 22:12  

Ich vermute, "sie" machen es ganz gemein: Die lassen einige der oppositionellen/kritischen Leute unbehelligt und andere werden verfolgt und gepiesackt.
Dass die meisten eigentlich keine "Terroristen" sind, wissen sie. Aber das ist auch nicht wichtig.
So können sie prima das "teile und herrsche"-Spiel betreiben.
Schon werden Diskussionen losgehen, sich Grüppchen formieren, niemand wird niemandem mehr trauen und man wird sich gegenseitig verdächtigen, Disinfo-Agent zu sein.
So kriegt man eine Opposition kaputt.

Anonym 29. Mai 2009 um 22:19  

vor 1989 konnte ich wenigstens noch unter einsatz meines lebens fliehen.
und nu...?


dd

Manfred 29. Mai 2009 um 22:42  

Hallo, Roberto!

Immer so verklausuliert. Ist nicht meine Sache...

Wenn die ARGE noch viel länger "gesetzestreu" agiert - nämlich im Hinblick auf das faschistoide Hartz-IV-Gesetz -, dann brenne ich sie eben nieder. Meine Fallmanagerin sagte letztens: "Dann geht das eben immer so weiter und Sie schreiben immer Widersprüche" - HA! Selig sind die Armen im Geiste!

Wenn die MVG sich noch lange gegen das Sozialticket für 15 Euro sträubt und irgendwann ein Gerichtsvollzieher bei mir auftaucht oder ein Staatsanwalt, dann brenne ich eben MVG und die Staatsanwaltschaft nieder.

Das Recht ist doch auf meiner Seite: Wo Recht zu Unrecht wird, ist Widerstand Pflicht nach Artikel 20 Abs. 4! Habe kein Problem damit, das unmissverständlich klarzustellen.

lupo cattivo 30. Mai 2009 um 00:38  

wir leben in einem , das durchgängig verbrecherisch konstruiert ist, das mit den miessten Absichten erdacht wurde. Da muss man sich entscheiden, für Opportunismus oder Widerstand.

Deshalb hilft auch der Aufruf zum Mord an den Herrschenden nicht, es sind derer zu viele.

Dein Artikel zeigt, dass wir in Zuständen des 3.Reichs leben , obwohl alle betonen, dass wir doch nun endlich in einer freiheitlich demokratischen Grundordnung leben.

Vieles über Obama erinnert an den kolportierten Satz: "wenn das der Führer wüsste"

Trotzdem glaube ich, dass wir etwas bewegen , solange das Internet noch funktioniert und dann... wird der Widerstand eine andere Organisationsform finden, hoffe ich.

Peter A. Weber 30. Mai 2009 um 01:02  

Du sprichst mir mit Deinen Kommentaren aus der Seele. Mittlerweile schäme ich mich für diesen Staat und bin entsetzt darüber, mit welcher Geschwindigkeit er die demokratische Bahn verlässt.

Aber was mich noch mehr konsterniert, ist die Apathie der Staatsinsassen, die sich ohne Form von Gegenwehr zur Schlachtbank führen lassen. "Wehret den Anfängen!" appellieren ich an jeden, der es hören oder nicht hören will. Meistens ernte ich nur Unverständnis oder Abneigung. Wenn man bedenkt, dass wir schon weit über die besagten Anfänge hinaus sind, dann ergibt sich ein frustrierenden Bild. Was ist bloss los mit den Menschen? Hat man ihnen was in den Kaffee getan? Wer oder was hat sie paralysiert?

Ich bin jetzt 60 Jahre alt und bin mir bewusst, dass ich früher oft feige und unengagiert war. Aber nun habe ich die Angst verloren und gehe in die Offensive. Ich stecke nicht mehr zurück stelle mich gegen diese faschistoid-feudalistische und verlogene Ideologie "unserer Eliten" unter dem Motto: Nur über meine Leiche ...

Tim 30. Mai 2009 um 03:00  

"Sind die Gedanken nicht frei?"

Nein.

Franktireur 30. Mai 2009 um 03:06  

Furcht zieht Furcht an. Daher werde ich weitermachen wie bisher, wie eigentlich immer schon (seit etwa 30 Jahren).
Die können mich mal.
Apropos: die somalischen Piraten lassen sich ja auch schon gern verhaften (von Holländern und so), da kriegen sie dann wenigstens ein Dach über den Kopf und etwas zu essen.
Da das bei uns auch bald so weit sein wird, ist es evtl. gar nicht so schlecht, erst recht weiter zu machen.

Peinhard 30. Mai 2009 um 10:02  

"Aber was mich noch mehr konsterniert, ist die Apathie der Staatsinsassen, die sich ohne Form von Gegenwehr zur Schlachtbank führen lassen."

Und das scheint wiederum die 'Gegenseite' jede letzte Scham vergessen zu lassen - die Scheinbegründungen, insbesondere zB bei den Internetsperren, sind inzwischen dermaßen durchsichtig, platt, 'lieblos' - kurz so unverhohlen unverschämt, dass eigentlich keinem einigermaßen wirklich denkenden Menschen mehr verborgen bleiben kann, dass die eigentliche Stoßrichtung eine ganz andere ist, geradezu sein muss. Es ist ihnen offensichtlich längst vollkommen egal.

Die Mehrheit, die gerne Herrn Köhler wieder haben wollte, obwohl er weiterhin für all das steht, was ganz ähnliche Mehrheiten laut anderen Umfragen samt und sonders ablehnen - diese gehirngewaschene Mehrheit wähnen sie wohl nicht ganz zu Unrecht hinter sich, oder zumindest für 'schweigend'.

Was 'die Medien' zur Internetzensur und zum Fall Kurras abgesondert haben und weiterhin absondern, stellt dabei wohl auch nur einen vorläufigen Höhepunkt dar. Sie haben ja wie gesagt ua mit Köhler schon gezeigt, dass und wie es geht.

Wer jetzt immer noch nicht 'paranoid' wird - wann will er es denn werden...?

klaus baum 30. Mai 2009 um 12:17  

"Jemand mußte Josef K. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet."

So fängt Kafkas Prozeßroman an.

carlo 30. Mai 2009 um 12:23  

Hallo Roberto!
Hier was zur Aufheiterung in diesen depressiv machenden Zeiten!
Who Is The Superstar?

Anonym 30. Mai 2009 um 12:43  

So weit ist ja noch nicht mal der Adolf sel. gegangen, dass er bereits die Gedanken bestrafte. Deshalb wohl auch dieses fieberhafte Herumdoktorn an den Gehirnen, von dem man lesen muss und das uns als medizinischer Fortschritt verkauft wird. Aber eine gute Seite hat die Sache: ihre demoskopischen Umfragen werden einen höheren Wahrscheinlichkeitsgrad erhalten, und kein Mensch kann mehr von Wahlmanipulation reden. Es wird einfach niemand mehr glauben.

anobo 30. Mai 2009 um 16:21  

Lieber ad-sinistram,

mir fallen in letzter Zeit zwei Dinge ein:
1) Das Zitat "Welcome to the real world" aus der Matrix und
2) 1984 von George Orwell.

Alles in allem wieder ein Artikel, den es zu Lesen lohnt. Dankeschoen.

Mary 30. Mai 2009 um 18:51  

Dieses Angstgefühl, aufgrund meiner "linken Gesinnung" und Mitgliedschaft zuerst in der PDS und nun in der Linkspartei, hat mich schon seit Jahren fest im Griff. Bin wegen meines Bekanntheitsgrads in D deswegen vor zwei Jahren "fahnenflüchtig" geworden und habe mich abgesetzt.

Nachdem ich Polizisten, die Teilnehmer einer Demo in Berlin mehrmals grundlos niedergeknüppelt und schwer verletzt haben, musste ich zu einer Zeugenaussage. Dort wurde ich wie eine Schwerverbrecherin und Alzheimerpatientin behandelt.
Nun kämpfe ich zwar verbal und gedanklich weiter, aber eben nicht mehr von Deutschland aus.

Möchte nicht den Rest meines Lebens in irgendeinem "Guantanamo" verbringen. Von dort aus kann niemand mehr etwas bewegen. Zum Märtyrer eigne ich mich nicht.

Mir fällt dazu nur immer wieder der Ausspruch ein: "Denk ich an Deutschland in der Nacht, werd ich um den Schlaf gebracht!"

Hier ein drei Jahre altes Gedicht von mir:

DIE SEELENVERKÄUFER

Klein und fein - das war'n sie mal -
lange ist es her.
Leistungsdrill war ihre Wahl -
Seelen sind nun leer.

Studium, Ausland - Wissen - mehr -
bis der Kopf zerspringt.
Und die Seele - sie schmerzt sehr -
wird bald ausgeklinkt.

Geier - hässlich, groß und stark -
lauern hier und dort.
Ködern sie mit jeder Mark -
feixend schrei'n sie "Mord"!

Jeder Pfennig wird gerafft -
Geier feuern an.
Schmatzen, kreischen voller Kraft:
"Kommt in unser'n Bann!"

Und die Denkmaschinen - zack! -
folgen dem Geschrei.
Geier packen zu und - hack! -
sind die Seelen Brei.

"Gebt uns Macht!" die Bonzen brüll'n -
"und viel Geld dazu.
Uns're Konten müsst Ihr füll'n -
dann erst habt Ihr Ruh'!"

Mammon fließt in Strömen - schleck! -
Geier schlingen froh
der "Eliten" Seelen weg -
ist das Leben? NO!

Macht weiter so,

Mary

carlo 30. Mai 2009 um 20:18  

Roberto....nicht übertreiben, uns geht es ja auch nicht besser!
Daher noch ein Stück um Dich etwas zu erheitern:
Willkommen im NeandertalAlles Gute und
Salute
carlo

Daniel 31. Mai 2009 um 16:30  

@Thomas Dose:
Wie soll bitteschön über DNS Spoofing Spionage betrieben werden...?

Das ist absoluter Blödsinn-technisch nicht möglich...


Ich halte das für etwas überdramatisiert, das Gesetz kommt eh nicht durch. Allein schon wegen dem Grundgesetz!

Anonym 3. Juni 2009 um 00:16  

Es gibt neben all den schlechten Nachrichten aber auch Gründe für Hoffnung, so wie hier in Michael Winklers Pranger vom 3.6. veröffentlicht:

http://www2.q-x.ch/~michaelw/Pranger/Pranger.html

Denn wenn Du glaubst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her...

saç ekimi fiyatları 3. Januar 2012 um 17:12  

"Jemand mußte Josef K. verleumdet haben, denn ohne daß er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens verhaftet."

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