Gemütlichkeit, Kaffeekranz, Häkeldeckchen
Montag, 8. September 2008
Als Fürst Metternich mit wehenden Fahnen voranschritt, um dem ehemals napoleonischen Europa einen neuen, dennoch antiquierten Anstrich zu geben, als er dazu die Karlsbader Beschlüsse durchsetzte, da stürmten die Bürger in ihrer Hilflosigkeit nicht zu den Waffen, sondern geradezu ins heimische Wohnzimmer. Im privaten Idyll ließ es sich aushalten, konnte man die auferlegte Unmündigkeit gemütlich ertragen. Selig sollte fortan nicht mehr der politische Disput machen, der ohnehin gesetzlich arg eingezäunt wurde, sondern die Beschäftigung mit dem Unpolitischen, mit der Nichtigkeit des Alltags. Zwischen liebevoll eingerichteten Zimmern, Kissen und Häkeldeckchen hier wie dort, zwischen schmuckvollem Klavier und hausbackenen Kaffeekränzchen, breitete sich das Biedermeier aus - jene Epoche, die das "Vollglück in der Beschränkung" (Jean Paul) zu finden glaubte. Ein aufgezwungenes Vollglück, denn fortan sollte nicht mehr der Bürger der Maßstab aller Politik sein. Stattdessen soll er dulden, was man ihm auferlegt - freilich hegte die Obrigkeit die Absicht, nur im Sinne des Bürgerwillens zu bevormunden. Zumindest trifft diese politische Unmündigmachung beim "Bildungsbürger", beim citoyen zu, während der zu Geld Gekommene, der bourgeois, nicht ganz so machtlos belassen wurde - eine sprachliche Feinheit, deren man sich im Deutschen nicht bedienen kann.
Eine Bestandsaufnahme unserer Zeit: Wohnungen werden heimisch - das heißt im ausgehenden 20., beginnenden 21. Jahrhundert: funktional - eingerichtet. Im trauten Heim, eine Bastion des Relaxens und Chillens, der medialen Vollversorgung, hat die Welt mit ihren Sorgen und Nöten, mit ihren politischen Spielchen und Schweinereien, keinen freien Eintritt. Gelesen wird Belangloses: Massen-Fantasy, Science Fiction ohne utopischen Charme, vielleicht eine schnulzige Liebesgeschichte. Man empfängt Gäste in den vier Wänden der Trutzburg, beratschlagt über Mobiltelefone und sonstige Elektronik, erzählt sich von Schauspieler-Affären und Realityshow-Highlights, berichtet von Urlaubsorten und der neuen Wohnzimmereinrichtung. Gemütlichkeit statt reger Diskussion, Plauscherei nimmt den Platz von handfesten Gesprächen über den Weltzustand ein; einer Welt, in der auch die heimische Bastion zuhause ist. Kochsendungen prägen den Abend im home, welches man zum castle verklärt und ausgebaut hat - das Kochen wird medial drapiert zum privaten Ritual aufgewertet, zu einen Akt, in dem man sein eigener Herr ist über Zutaten und Temperaturen, ganz anders als in der Gesamtheit der Welt, in der man meist nur ausführendes Rädchen, nicht aber Lenker sein darf. Kochen als Diktatur für den an der Welt überdrüssig gewordenen Zeitgenossen! Brav und bieder sperrt man das Politische aus seinen Räumen, kehrt es vor die Haustüre, dort unter den Fußabtreter, will daheim ungestört sein vom Übel der Welt, von den Machenschaften derer, die vertreten sollten und doch nur rücksichtslos zusammentreten. Das Ich wird zum Höhepunkt, wird zentrale Anlaufstelle des Tages. Von Interesse ist nicht das Wir, das Ihr oder Sie - nicht das "Wie geht es denen?" oder "Unter wem haben die dort zu leiden?", sondern das "Wie geht es mir heute?" und vorallem "Was kann ich mir Gutes tun?" - theoretische Nächstenliebe beginnend beim Ich. Niederschlag findet diese Vollbeschäftigung mit dem Ich in diversen Weblogs, die sich ausschließlich mit dem "Ich habe...", "Ich bin...", "Ich werde..." und "Ich will..." beschäftigen; die außer der täglichen Hatz am Ich nichts berichten können oder wollen.
Überhaupt ist das Ich, die "Ich-Fessel", dieses "Verharren im Nur-Persönlichen" (Albert Einstein) roter Faden des neuen Biedermeier, auch wenn es als ordinäres Streben "vania et frutilia" ist - eitel und nichtig (Baruch de Spinoza). Mit dem Ich beginnt die moderne Variante des biedermeierischen Rückzuges. "Ich" will mich der Ungerechtigkeit, der oftmaligen Aussichtslosigkeit und der Traurigkeit der Welt entziehen - die private Bastion bietet diese Möglichkeit, erlaubt es "mir" zum Rückzug zu blasen! Subjektive Nichtigkeit erdrückt objektive Betrachtung. Der unpolitische Zeitgenosse aber, und das ist vielleicht der Unterschied zum klassischen Spießgesellen aus dem Europa des Wiener Kongresses, versteht sich nicht als unpolitisch. Er glaubt durch Urnengänge in Vier- oder Fünfjahresabständen, im Lesen von Parteineuigkeiten oder im Verfolgen von politischen Talkrunden seinem politischen Bedürfnis Befriedigung erteilt zu haben. Was er womöglich sogar hat, weil man ihm lehrte, sich nur im Rahmen des Schicklichen politisch zu geben. Das Sollen zum Wollen gekürt!
Immer mehr fühlt man sich in eine Biedermeier-Stimmung versetzt, in der es kaum noch jemanden interessiert, dass man gegen Bevölkerungsgruppen hetzt; in der man von Schweinereien mannigfaltigster Art hört, aber keinerlei Reaktion seiner Mitmenschen verspürt. Während der Großteil der Weltbevölkerung jeden Tag um einige Bissen ringen muß, zuckt der Großteil derer, die solche Kämpfe um ein Paar Brocken nie führen müssen, stillschweigend mit den Schultern. Man spricht vielleicht - wenn man Herrn oder Frau Biedermeier in einer rührigen Stunde erwischt - drei Minuten von hungernden Menschen, aber danach schwenkt man zum Ich, zum "neuen Auto und Ich", zum "günstigen Handy-Tarif und Ich", zum "Einkauf und Ich". Aufwühlende Dokumentationen, den Irrsinn in der Welt betreffend, gehen an ihnen vorbei, nehmen sie nur wahr, wenn es die eigenen Tränendrüsen aktiviert - denn dann weint man voralledem, um das Ich zu positionieren, um es als edles Ich zu erkennen zu geben.
Diese Gleichgültigkeit, der Hang zur Nichtigkeit, die Beschäftigung mit sich selbst, weil einem alles andere widerlich geworden ist, das Abdriften in Banalität und Berauschung - alles Formen innerer Emigration und gerade dort vorzufinden, wo der Totalitarismus in der einen oder anderen Art zuhause ist. Dies alles ist Ausdruck des desillusionierten Menschen, der sich ein Idyll schafft, um sich aus der Hölle herauszuhieven - und sei es nur temporär möglich. Ob im Europa des Wiener Kongresses, ob in der Militärdiktatur Hindenburgs und Ludendorffs, ob im Hitler-Staat oder eben nun, da der Profit zum Totalen erklärt ist - überall dort ist jener Biedermeier zuhause, der sich nur in der Vertrautheit seiner Sofakissen wirklich geliebt und geduldet fühlt. Aus der Gemütlichkeit zwischen 1815 und 1848 ist das Relaxen geworden; aus dem Kaffeekranz der Voice-und Camchat; und Häkeldeckchen wissen sich durch Realityshows und Daily Soaps bestens ersetzt.
Eine Bestandsaufnahme unserer Zeit: Wohnungen werden heimisch - das heißt im ausgehenden 20., beginnenden 21. Jahrhundert: funktional - eingerichtet. Im trauten Heim, eine Bastion des Relaxens und Chillens, der medialen Vollversorgung, hat die Welt mit ihren Sorgen und Nöten, mit ihren politischen Spielchen und Schweinereien, keinen freien Eintritt. Gelesen wird Belangloses: Massen-Fantasy, Science Fiction ohne utopischen Charme, vielleicht eine schnulzige Liebesgeschichte. Man empfängt Gäste in den vier Wänden der Trutzburg, beratschlagt über Mobiltelefone und sonstige Elektronik, erzählt sich von Schauspieler-Affären und Realityshow-Highlights, berichtet von Urlaubsorten und der neuen Wohnzimmereinrichtung. Gemütlichkeit statt reger Diskussion, Plauscherei nimmt den Platz von handfesten Gesprächen über den Weltzustand ein; einer Welt, in der auch die heimische Bastion zuhause ist. Kochsendungen prägen den Abend im home, welches man zum castle verklärt und ausgebaut hat - das Kochen wird medial drapiert zum privaten Ritual aufgewertet, zu einen Akt, in dem man sein eigener Herr ist über Zutaten und Temperaturen, ganz anders als in der Gesamtheit der Welt, in der man meist nur ausführendes Rädchen, nicht aber Lenker sein darf. Kochen als Diktatur für den an der Welt überdrüssig gewordenen Zeitgenossen! Brav und bieder sperrt man das Politische aus seinen Räumen, kehrt es vor die Haustüre, dort unter den Fußabtreter, will daheim ungestört sein vom Übel der Welt, von den Machenschaften derer, die vertreten sollten und doch nur rücksichtslos zusammentreten. Das Ich wird zum Höhepunkt, wird zentrale Anlaufstelle des Tages. Von Interesse ist nicht das Wir, das Ihr oder Sie - nicht das "Wie geht es denen?" oder "Unter wem haben die dort zu leiden?", sondern das "Wie geht es mir heute?" und vorallem "Was kann ich mir Gutes tun?" - theoretische Nächstenliebe beginnend beim Ich. Niederschlag findet diese Vollbeschäftigung mit dem Ich in diversen Weblogs, die sich ausschließlich mit dem "Ich habe...", "Ich bin...", "Ich werde..." und "Ich will..." beschäftigen; die außer der täglichen Hatz am Ich nichts berichten können oder wollen.
Überhaupt ist das Ich, die "Ich-Fessel", dieses "Verharren im Nur-Persönlichen" (Albert Einstein) roter Faden des neuen Biedermeier, auch wenn es als ordinäres Streben "vania et frutilia" ist - eitel und nichtig (Baruch de Spinoza). Mit dem Ich beginnt die moderne Variante des biedermeierischen Rückzuges. "Ich" will mich der Ungerechtigkeit, der oftmaligen Aussichtslosigkeit und der Traurigkeit der Welt entziehen - die private Bastion bietet diese Möglichkeit, erlaubt es "mir" zum Rückzug zu blasen! Subjektive Nichtigkeit erdrückt objektive Betrachtung. Der unpolitische Zeitgenosse aber, und das ist vielleicht der Unterschied zum klassischen Spießgesellen aus dem Europa des Wiener Kongresses, versteht sich nicht als unpolitisch. Er glaubt durch Urnengänge in Vier- oder Fünfjahresabständen, im Lesen von Parteineuigkeiten oder im Verfolgen von politischen Talkrunden seinem politischen Bedürfnis Befriedigung erteilt zu haben. Was er womöglich sogar hat, weil man ihm lehrte, sich nur im Rahmen des Schicklichen politisch zu geben. Das Sollen zum Wollen gekürt!
Immer mehr fühlt man sich in eine Biedermeier-Stimmung versetzt, in der es kaum noch jemanden interessiert, dass man gegen Bevölkerungsgruppen hetzt; in der man von Schweinereien mannigfaltigster Art hört, aber keinerlei Reaktion seiner Mitmenschen verspürt. Während der Großteil der Weltbevölkerung jeden Tag um einige Bissen ringen muß, zuckt der Großteil derer, die solche Kämpfe um ein Paar Brocken nie führen müssen, stillschweigend mit den Schultern. Man spricht vielleicht - wenn man Herrn oder Frau Biedermeier in einer rührigen Stunde erwischt - drei Minuten von hungernden Menschen, aber danach schwenkt man zum Ich, zum "neuen Auto und Ich", zum "günstigen Handy-Tarif und Ich", zum "Einkauf und Ich". Aufwühlende Dokumentationen, den Irrsinn in der Welt betreffend, gehen an ihnen vorbei, nehmen sie nur wahr, wenn es die eigenen Tränendrüsen aktiviert - denn dann weint man voralledem, um das Ich zu positionieren, um es als edles Ich zu erkennen zu geben.
Diese Gleichgültigkeit, der Hang zur Nichtigkeit, die Beschäftigung mit sich selbst, weil einem alles andere widerlich geworden ist, das Abdriften in Banalität und Berauschung - alles Formen innerer Emigration und gerade dort vorzufinden, wo der Totalitarismus in der einen oder anderen Art zuhause ist. Dies alles ist Ausdruck des desillusionierten Menschen, der sich ein Idyll schafft, um sich aus der Hölle herauszuhieven - und sei es nur temporär möglich. Ob im Europa des Wiener Kongresses, ob in der Militärdiktatur Hindenburgs und Ludendorffs, ob im Hitler-Staat oder eben nun, da der Profit zum Totalen erklärt ist - überall dort ist jener Biedermeier zuhause, der sich nur in der Vertrautheit seiner Sofakissen wirklich geliebt und geduldet fühlt. Aus der Gemütlichkeit zwischen 1815 und 1848 ist das Relaxen geworden; aus dem Kaffeekranz der Voice-und Camchat; und Häkeldeckchen wissen sich durch Realityshows und Daily Soaps bestens ersetzt.
12 Kommentare:
Ich finde Deine Überlegungen sehr gut, zumal ich es mittlerweile als schmerzhaft erlebe, wenn ich mit Menschen zusammen bin, die selbst durch vorsichtige Hinweise auf gesellschaftliche bzw. politische Zusammenhänge nicht ansprechbar sind, die in einer abgeschlossenen Welt zu leben scheinen.
Diese abgeschlossene Welt, die Abschottung vor der Welt folglich, ist ein gewolltes Szenario, eine Absicht herrschender Interessen. Und die darin lebenden Menschen, die innerhalb ihres offenen Gefängnisses verharren, glauben aus einen irrationalen Motiv heraus, dass dieses "gefangen sein sollen" ein "gefangen sein wollen" ist. Fast könnte man annehmen, dass es sich um ein Arrangement zwischen herrschenden Interessen und an der Wirklichkeit überdrüssig gewordenen Privat-Egozentriker handelt.
die, die ich meine, sind mit der charakterisierung "an der wirklichkeit überdrüssig gewordene privat-egozentriker" nicht getroffen, denn egozentrisch im zwischenmenschlichen sinne sind sie nicht. eher trifft auf sie hegels bemerkung zu: "an dem, woran dem geist genügt, ist die größe seines verlustes zu ermessen."
letztendlich ist es eine flucht in das selbst geschaffene gefängnis mit namen "zuhause".
ich kenne dieses phänomen bei vielen menschen in meiner umgebung. und aus meiner völlig subjektiven sicht kann ich sagen, werden diese menschen weder glücklich noch zufrieden. schleichender frust stellt sich eher ein, weil die innere leere - der verlust des seins - sich wie ein geschwür ausbreitet.
Einfach nur treffend! Fein.
"[...]Ob im Europa des Wiener Kongresses, ob in der Militärdiktatur Hindenburgs und Ludendorffs, ob im Hitler-Staat oder eben nun, da der Profit zum Totalen erklärt ist - überall dort ist jener Biedermeier zuhause, der sich nur in der Vertrautheit seiner Sofakissen wirklich geliebt und geduldet fühlt. Aus der Gemütlichkeit zwischen 1815 und 1848 ist das Relaxen geworden; aus dem Kaffeekranz der Voice-und Camchat; und Häkeldeckchen wissen sich durch Realityshows und Daily Soaps bestens ersetzt.[...]"
Danke für den Artikel, der mir aus der Seele spricht, und ich weiß von was ich schreibe:
Meine Mutter sowie meine Geschwister halten mich für behämmert, weil ich mich immer schon mit Politik beschäftigt habe, und mich über die Ungerechtigkeiten dieser Welt aufgeregt habe. Nach dem Tod meines Vaters, vor 2 Jahren, sind wir nun - da er nichts mehr regeln konnte - in eine relativ zerstrittene Erbengemeinschaft übergegangen. Die privaten Streitigkeiten führen soweit, dass meine Geschwister mich hier total ausbooten wollen - als Atheist und kritisch eingestellter Mensch bin ich das tiefschwarze Schaf der Familie. Mir wurde schon angedroht, nach dem Tod meiner Mutter - die das gemeinsame Wohnhaus noch hält - endgültig auf die Straße gesetzt zu werden - im Streit mit einer Mitschwester, die im selben Haus mit mir lebt, und nur die Fassade einer lieben Schwester - der herzkranken Mutter wegen - einhält. Was soll's ich schweife ab....
Ich wollte eigentlich nur schreiben, dass ich die PolitikerInnen nicht als Problem ansehe, da die eh alle von der Finanzwirtschaft (= der wahren Macht in Deutschland) ferngesteuert werden.
Mit Ausnahme der Linkspartei, die hoffentlich dabei bleibt HartzIV und Agenda2010 abzulehnen, denn ansonsten sehe ich dunkelschwarz für uns alle hier - noch eine CDU brauchen wir nicht, da reicht die Steinmeier-Münte-SPD schon...
Übrigens, gabe es keine Linkspartei wäre ich schon längst ausgewandert....die machen wenigstens noch Politik, und lassen keine Gesetze von Konzernvertretern schreiben....
Noch was zum Schluß: Die Idee, dass sich KritikerInnen der herrschenden Politik als Irre abgestempelt werden ist uralt, und wurde anno 1968 schon gegen KritikerInnen des herrschenden Systems in Deutschland praktiziert - so nachzulesen bei den neuesten Büchern von Jutta Ditfurth...Ex-Grüne und Neoliberalismuskritikerin...
Gruß
Anonym
Man könnte auch an Platons Höhlengleichnis erinnert werden, wenn man die zur heimeligen Gemütlichkeit und unpolitischen Beschaulichkeit verdammten Kreaturen des Lifestyles in Betracht nimmt. Und wenn dann einer daherkommt, der - philosophengleich - mit Kritik an der herrschenden gesellschaftlichen Zuständen auftritt, wird er von der Masse verlacht.
Wie heißt doch noch die Ideologie der Ideologielosigkeit unserer Tage? Neoliberalismus. "Sachzwänge" haben mit Politik eben nichts zu tun!
"[...]Wie heißt doch noch die Ideologie der Ideologielosigkeit unserer Tage? Neoliberalismus. "Sachzwänge" haben mit Politik eben nichts zu tun![...]"
Treffend beschrieben, auch eine moderne Ideolgie, die nicht Ideologie sein will, wie der Neoliberalismus hat seine orwell-verdächtigen Sprachschöpfungen ("Sachzwänge, Agenda2010, HartzIV für die Ausgrenzung von Langzeitarbeitslosen, robuste Friedenseinsatz für Krieg weltweit mithilfe von Bundeswehr etc. etc.)
Gruß
Anoynm
Noch was: Hinsichtlich der wahren Machtverhältnisse im Land herrscht ja weitgehend gewollter Analphabetismus. Die Menschen meinen immer noch das die Politik es richtet, aber "die deutsche Form der Korruption nach politischen Ämtern in der Privatwirtschaft zu landen" (Zitat Albrecht Müller, Autor von "Machtwahn" und "Die Reformlüge") ist weitgehend unbekannt. Fatal ist daran, dass der/die Informierte es besser wissen müßte, die Finanzindustrie nicht die Realwirtschaft regiert Deutschland wirklich, aber wie oben erwähnt man bleibt lieber wirtschaftspolitischer Analphabeth/-in statt die wahren Machtverhältnisse zu kennen. Wer weiß? Vielleicht auch bewußt, denn ansonsten müßte man ja irre werden am heutigen Deutschland, dass die Geisel der Finanzindustrie (!nicht der Politik, die ist nur Marionette) ist....
Gruß
Anonym
Recht hast du, edler Recke! Was bleibt? ...der Kassandra Effekt.
Ich schwanke selbst zwischen Resignation und Belehrung. Doch nachdem stets der latente, gutmütig verschwiegene Vorwurf der Verbitterung, des Nicht-in-die-Welt-Passenden mein einzig Lohn für Mühe, Ausdifferenzierung, Veranschaulichung und Reflexion war... Ja, was blieb?
Sie-wollen-es-nicht-anders. Oh ja, tief im Innern sind sie sich der Resultate sicher. Sie wissen es alle. Aber wie ein sturer, dämlicher und unbelehrbarer Esel wird ignoriert und belächelt.
Nichtsdestotrotz eine Chance, die Trägheit der Masse. Sollten wir Erfolg haben, werden Sie uns ebenso träge folgen. Ich fürchte, das Messer wetzen findet im kleinen Kreise statt. Fechten wirs aus, mit Ihnen, der Bieder... der wird folgen.
Ich bitte an dieser Stelle die anonymen Nutzer, sich wenigstens einen - vielleicht immer gleichbleibenden - Nicknamen auszusuchen. Durch die Häufung der Anonymus', erscheint es immer unmöglicher, eine Diskussion zu führen.
Ich bedanke mich schon mal im Vorfeld.
Deine Diagnose des modernen ("postmodernen" möchte ich sagen) Biedermeier finde ich sehr treffend. Sowohl Opposition als auch Nischendasein habe ich ausprobiert und bin nun verzweifelt: Das Nischendasein ist so biedermeierlich. Die Opposition findet - soll sie nicht selbst wieder nur eine Ich-Inszenierung sein - zusammen mit anderen statt. Wen aber trifft man in den entsprechenden Gruppen und Zirkeln? Es sind - neben den allfällignen Alternativ-Karrieristen - viele Leute, die ängstlich an ihrem Opposition-Zirkel hängen wie das Kleinkind an der Mama. Ihre Opposition ist ihnen Identitätskrücke und kuscheliges Nest, in welchem sie sich verkriechen zum Schutz vor den Widersprüchen des Lebens - Biedermeier also auch hier.
Kommentar veröffentlichen