An die Arbeit!
Sonntag, 11. Mai 2008
Schon mehrfach wurde an dieser Stelle umschrieben, wie sich die Eindimensionalität des modernen Menschen, der sich in einer Absolutheit der herrschenden Zustände - die als einzig machbare Form gesellschaftlicher Strukturierung wieder und wieder schmackhaft gemacht werden -, in jeglicher Situation, ja in jeder Alltagshandlung, äußert. Die Verwertbarkeit menschlicher Arbeitskraft, damit die Ausbeutung menschlicher Energie, und folglich natürlich die sogenannte "Wertschöpfung", die man entkleidet gutmeinender Schönrederei als "Profitmaximierung" betiteln muß, stehen im Zentrum jeder Entscheidung. Diese Konstante, die sich wie ein roter Faden durch jeden Bereich, sogar durch jede noch so kleine Nische des alltäglichen Lebens spinnt, die selbst das Denken einfacher Angestellter, Arbeiter, Schüler etc. maßgeblich beeinflußt, bewertet den Nutzen einer Handlung, dasjenige also, welches dem Wohl einiger Menschen, vielleicht sogar dem Gemeinwohl dienlich wäre, nie isoliert, sondern zieht immer den Kostenfaktor heran, um ihn - den Nutzen - an den Kosten stumpfzuwetzen. Der vielpostulierte Fortschritt, der in der kapitalistischen Gesellschaftsstruktur als Silberstreif am Horizont winkt, der fast wie eine Heilsverkündung, wie eine jenseitige Idee sorglosen Daseins verkündet wird, rechtfertigt in Augen aller Protagonisten das Agens, schließt aber die Mehrzahl aller Menschen dieser Welt - einer Welt, die wirklich Fortschritte in vielen Bereichen bietet, man besehe den medizinischen Fortschritt - von dieser fortschrittlichen Verbesserung aus. Was nützt z.B. eine fortschrittliche Behandlungsmethode gegen AIDS, wenn der Nutzen einer solchen Behandlung - d.h. die Heilung eines menschlichen Lebens, die Zurückerstattung menschlicher Würde, weil man den Kranken davor bewahrt, sein Sterben auf Raten zu ausgemergelt, zu schnell zu erleben - an den Kosten plattgedrückt wird? Wenn die Kosten den Nutzen relativieren? - Hier hat die kapitalistische Sorglos-Welt versagt, falsche Versprechungen in die Welt gesendet, "Fortschritte der Produkte und Dienstleistungen" gesagt, aber "Fortschritte der Renditen" gemeint.
Die Eindimensionalität dieser Gesellschaft, die als Grundlage jeder Handlung den Kostennutzen heranzieht, äußert sich aber oberflächlich in anderer Weise, d.h. den Menschen wird nicht eindeutig klargemacht, dass es nur ihre Arbeitskraft zur Profitmaximierung ist, welche die Grundlage allen Geschaffenen ist. Für sie ist der "Wert Arbeit" erschaffen worden, die notwendige Heilsverkündung vom Schweiß, der täglich in Lohnarbeit rinnen muß, die Romantik vom arbeitenden, daher nutzvollen Menschen. Haben sich schon frühe Sozialisten skeptisch darüber geäußert, ob die Adelserhebung der Arbeit konform mit des Menschen Hang zum Müßiggang gehen - denken wir an Paul Lafargue und seinem Postulat "Das Recht auf Faulheit" -, so ist diese Aufwertung menschlicher Mühe, die nicht selten in totaler physischer und psychischer Ausbeutung mündet - auch Arbeitsschutzgesetze bieten nur einen begrenzten Schutz, wenn Unternehmer mit der "industriellen Reservearmee" Druck erzeugen können -, heute mehr und mehr ein Auslaufmodell, geradezu ein Relikt einer ausgestorbenen Epoche, als man noch von Arbeit in Hülle und Fülle predigen konnte. Die heutige kapitalistische Gesellschaft kettet ihre Population an Werte und Moralvorstellungen, die Arbeit zur maßgebenden, sinnverleihenden und hohen sozialen Status bescherenden Priorität vergöttlicht. Obwohl Arbeitsplätze rar werden - Arbeitsplätze, die diese Bezeichnung verdienen, keine Taschengeldarbeitsgelegenheiten, an denen man sich auf Raten in die Armut arbeitet; oft schneller als man denkt -, obwohl die Arbeitslosenstatistiken ausweisen - sofern man nicht die geschönten Statistiken liest -, dass es keinen Aufschwung hin zur Vollbeschäftigung gibt, ihn nicht mehr geben wird, legt man Menschen, die man dann gemeinhin "Arbeitslose" nennt, an die Leine, drängt sie zur täglichen Suche nach einem Gut, welches nicht in ausreichender Anzahl vorhanden ist, gar nicht mehr vorhanden sein kann.
Die Erfahrung lehrt uns täglich, dass der Mensch seine Jagd auf Arbeitsplätze gegen Maschinen und Rechner verliert. Gemeinhin haben wir wenig arbeitslose Elektronik, dafür regelmäßig ansteigende Zahlen menschlicher Arbeitsloser. Das Festhalten am "Wert Arbeit" als Fundament der kapitalistischen Gesellschaft, dominiert das Individuum innerhalb selbiger. Die Arbeit macht ihn zum Menschen, sie entscheidet, ob er dazugehört oder ausgeschlossen wird. Ihre Abwesenheit stürzt Familien ins Unglück, einzelne Unglückliche stürzen sich sogar ins Messer, um der Schmach zu entkommen. Überhaupt die Schmach: Gerade dieser Unwert ist es, der die Ökonomie trotz aller Mißverhältnisse weiter am Leben hält. Solange die Menschen sich der Schmach des Arbeitslosseins ausgeliefert fühlen, solange sie sich schämen, in einem Apparat, der immer weniger Arbeit bei immer mehr Menschen anbietet, ohne einen der begehrten Arbeitsplätze zu sein, solange kann man die Sozialgesetzgebung ohne Gegenwehr beschneiden; Menschen drangsalieren, etwas zu suchen, was kaum zu finden ist. Viviane Forrester ("Der Terror der Ökonomie") stellt treffend fest, dass man die Schmach an der Börse handeln sollte, denn sie ist der beste Rohstoff, der dieses Festhalten an antiquierte Heilsphantasien zur Arbeit ermöglicht. Und so wie die Arbeit entscheidet, wo man jemanden gesellschaftlich einzustufen hat, so glaubt der Mensch der arbeitsbasierenden Gesellschaft, dass nur die Arbeit seinem Leben Sinn verleihen kann. Zwar bietet das freizeitliche Treiben sicher auch ein gewisses Maß an Sinnschaffung, doch dies flankiert nur den konkreten Sinn der jeweiligen Existenz. Ist aber jemand ohne Arbeit, dafür aber mit Freizeit sinnvoll beschäftigt, macht man ihm diesen Sinn streitig, sieht ihn von der Seite schief an, weil er Energien für einen Sinn aufwendet, der für diese "Arbeitsmoralisten" nutzlos wirkt.
Wir sollten es auch nicht unterschätzen, dass wir immer und immer wieder von "Arbeit" sprechen, aber doch eigentlich "Verdienst" oder "Lohn" meinen. Auch hier spielt die Überhöhung dieses entschwindenden Guts hinein. Gemeinhin suchen Arbeitslose keinen Verdienst, sondern sie bemühen sich um Arbeit. Tritt jemand auf und bewirbt sich bei einem Unternehmen, nicht weil er es sympathisch findet oder weil er seine Arbeitskraft gerne dort ausgebeutet hätte, weil ihm vielleicht der wohlklingende Name des Unternehmens das Augebeutetwerden erleichtert, sondern weil er gerne verdienen würde, so hat er seine Absage schon sicher im Briefkasten. "Sozial ist, was Arbeit schafft" - und sozial angesehen ist, wer Arbeit sucht, nicht einen Lohn.
Wenn wir die Arbeit als Basis unserer Gesellschaft verleugnen, wenn wir nun einsehen, dass menschliche Arbeitskraft immer weniger benötigt, dass vielleicht nur noch eine geringe Anzahl von Menschen benötigt wird, um eine allversorgende Ökonomie zu betreiben, dann stellt sich zuallererst die Frage, was mit denen geschieht, die für den Produktionsabblauf nicht mehr nützlich sind. Unterwerfen wir sie auch einer Kosten-Nutzen-Analyse? Packen wir eines Tages das Unkraut an der Wurzel und tilgen es aus? Gerade das letzte Jahrhundert hat bewiesen, dass die menschliche Antriebskraft - auf der Gewißheit basierend, das Richtige und Gute zu tun - keine Humanität gelten läßt, kein Mitleid kennt. Und wie sieht eine Ökonomie aus, die jeden Menschen dieser Welt versorgen könnte - ginge sie nicht von Kosten und Nutzen aus -, die Fortschritt an alle Menschen weitergibt?
Wenn die Arbeit als Wert entschwindet, wenn man bloßlegt, dass arbeitsbasierende Gesellschaften, nicht die Gesellschaften der Zukunft sein können, dann entschwindet auch die Profit-Gottheit, dann wird das ganze System auf den Kopf gestellt, vielleicht sogar niedergerissen. Und war es nicht der Traum aller Menschen, in einer Welt zu leben, die jeden versorgt, jeden größtmögliches Glück bietet? Basieren nicht das religiöse Motiv vom Paradies oder die Utopie vom Schlaraffenland genau auf diesem ewigen menschlichen Traum? Versuchen wir nicht alle, unsere täglichen Verrichtungen so zu arrangieren, dass wir möglichst wenig Zeit dafür aufwenden müssen? Betreiben wir nicht alle eine gewisse Form der privaten Arbeitsrationalisierung? Man kann es den Unternehmen nicht übelnehmen, wenn sie schneller, effizienter, damit billiger produzieren wollen. Nur am alten Wert von den Segnungen der Arbeit dürften sie nicht festhalten. Auch die realsozialistischen Gesellschaften scheiterten vorallem auch daran, dass sie eine modifizierte Form des Kapitalismus übernahmen und im "Recht auf Arbeit" - die de facto eine Pflicht auf Leben und Tod war - manifestierten. Ein wahrer Sozialismus - der einzige wahre - hat den menschlichen Bedürfnissen, damit auch dem "Recht auf Müßiggang", Raum zu geben. Was wir im letzten Jahrhundert erlebten, war nicht der Kampf von Kapitalismus und Kommunismus, sondern der Kampf von zweieiigen Zwillingen. Es war das Jahrhundert des Widerstreits zwischen zwei Kapitalismen, zwei Erscheinungsformen von Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft und deren Glorifizierung zum Wertbegriff.
Man darf sich fragen, wielange es noch dauert, bis aus der segensreichen, sinn- und statusverleihenden Arbeit, wieder das wird, was es über Jahrhunderte - in der vorkapitalistischen Zeit - war: Eine Notwendigkeit, die gerne umgangen wird, wenn es sich schneller und bequemer anders erledigen ließe. Bis dahin liegt wohl noch viel Arbeit vor uns...
Die Eindimensionalität dieser Gesellschaft, die als Grundlage jeder Handlung den Kostennutzen heranzieht, äußert sich aber oberflächlich in anderer Weise, d.h. den Menschen wird nicht eindeutig klargemacht, dass es nur ihre Arbeitskraft zur Profitmaximierung ist, welche die Grundlage allen Geschaffenen ist. Für sie ist der "Wert Arbeit" erschaffen worden, die notwendige Heilsverkündung vom Schweiß, der täglich in Lohnarbeit rinnen muß, die Romantik vom arbeitenden, daher nutzvollen Menschen. Haben sich schon frühe Sozialisten skeptisch darüber geäußert, ob die Adelserhebung der Arbeit konform mit des Menschen Hang zum Müßiggang gehen - denken wir an Paul Lafargue und seinem Postulat "Das Recht auf Faulheit" -, so ist diese Aufwertung menschlicher Mühe, die nicht selten in totaler physischer und psychischer Ausbeutung mündet - auch Arbeitsschutzgesetze bieten nur einen begrenzten Schutz, wenn Unternehmer mit der "industriellen Reservearmee" Druck erzeugen können -, heute mehr und mehr ein Auslaufmodell, geradezu ein Relikt einer ausgestorbenen Epoche, als man noch von Arbeit in Hülle und Fülle predigen konnte. Die heutige kapitalistische Gesellschaft kettet ihre Population an Werte und Moralvorstellungen, die Arbeit zur maßgebenden, sinnverleihenden und hohen sozialen Status bescherenden Priorität vergöttlicht. Obwohl Arbeitsplätze rar werden - Arbeitsplätze, die diese Bezeichnung verdienen, keine Taschengeldarbeitsgelegenheiten, an denen man sich auf Raten in die Armut arbeitet; oft schneller als man denkt -, obwohl die Arbeitslosenstatistiken ausweisen - sofern man nicht die geschönten Statistiken liest -, dass es keinen Aufschwung hin zur Vollbeschäftigung gibt, ihn nicht mehr geben wird, legt man Menschen, die man dann gemeinhin "Arbeitslose" nennt, an die Leine, drängt sie zur täglichen Suche nach einem Gut, welches nicht in ausreichender Anzahl vorhanden ist, gar nicht mehr vorhanden sein kann.
Die Erfahrung lehrt uns täglich, dass der Mensch seine Jagd auf Arbeitsplätze gegen Maschinen und Rechner verliert. Gemeinhin haben wir wenig arbeitslose Elektronik, dafür regelmäßig ansteigende Zahlen menschlicher Arbeitsloser. Das Festhalten am "Wert Arbeit" als Fundament der kapitalistischen Gesellschaft, dominiert das Individuum innerhalb selbiger. Die Arbeit macht ihn zum Menschen, sie entscheidet, ob er dazugehört oder ausgeschlossen wird. Ihre Abwesenheit stürzt Familien ins Unglück, einzelne Unglückliche stürzen sich sogar ins Messer, um der Schmach zu entkommen. Überhaupt die Schmach: Gerade dieser Unwert ist es, der die Ökonomie trotz aller Mißverhältnisse weiter am Leben hält. Solange die Menschen sich der Schmach des Arbeitslosseins ausgeliefert fühlen, solange sie sich schämen, in einem Apparat, der immer weniger Arbeit bei immer mehr Menschen anbietet, ohne einen der begehrten Arbeitsplätze zu sein, solange kann man die Sozialgesetzgebung ohne Gegenwehr beschneiden; Menschen drangsalieren, etwas zu suchen, was kaum zu finden ist. Viviane Forrester ("Der Terror der Ökonomie") stellt treffend fest, dass man die Schmach an der Börse handeln sollte, denn sie ist der beste Rohstoff, der dieses Festhalten an antiquierte Heilsphantasien zur Arbeit ermöglicht. Und so wie die Arbeit entscheidet, wo man jemanden gesellschaftlich einzustufen hat, so glaubt der Mensch der arbeitsbasierenden Gesellschaft, dass nur die Arbeit seinem Leben Sinn verleihen kann. Zwar bietet das freizeitliche Treiben sicher auch ein gewisses Maß an Sinnschaffung, doch dies flankiert nur den konkreten Sinn der jeweiligen Existenz. Ist aber jemand ohne Arbeit, dafür aber mit Freizeit sinnvoll beschäftigt, macht man ihm diesen Sinn streitig, sieht ihn von der Seite schief an, weil er Energien für einen Sinn aufwendet, der für diese "Arbeitsmoralisten" nutzlos wirkt.
Wir sollten es auch nicht unterschätzen, dass wir immer und immer wieder von "Arbeit" sprechen, aber doch eigentlich "Verdienst" oder "Lohn" meinen. Auch hier spielt die Überhöhung dieses entschwindenden Guts hinein. Gemeinhin suchen Arbeitslose keinen Verdienst, sondern sie bemühen sich um Arbeit. Tritt jemand auf und bewirbt sich bei einem Unternehmen, nicht weil er es sympathisch findet oder weil er seine Arbeitskraft gerne dort ausgebeutet hätte, weil ihm vielleicht der wohlklingende Name des Unternehmens das Augebeutetwerden erleichtert, sondern weil er gerne verdienen würde, so hat er seine Absage schon sicher im Briefkasten. "Sozial ist, was Arbeit schafft" - und sozial angesehen ist, wer Arbeit sucht, nicht einen Lohn.
Wenn wir die Arbeit als Basis unserer Gesellschaft verleugnen, wenn wir nun einsehen, dass menschliche Arbeitskraft immer weniger benötigt, dass vielleicht nur noch eine geringe Anzahl von Menschen benötigt wird, um eine allversorgende Ökonomie zu betreiben, dann stellt sich zuallererst die Frage, was mit denen geschieht, die für den Produktionsabblauf nicht mehr nützlich sind. Unterwerfen wir sie auch einer Kosten-Nutzen-Analyse? Packen wir eines Tages das Unkraut an der Wurzel und tilgen es aus? Gerade das letzte Jahrhundert hat bewiesen, dass die menschliche Antriebskraft - auf der Gewißheit basierend, das Richtige und Gute zu tun - keine Humanität gelten läßt, kein Mitleid kennt. Und wie sieht eine Ökonomie aus, die jeden Menschen dieser Welt versorgen könnte - ginge sie nicht von Kosten und Nutzen aus -, die Fortschritt an alle Menschen weitergibt?
Wenn die Arbeit als Wert entschwindet, wenn man bloßlegt, dass arbeitsbasierende Gesellschaften, nicht die Gesellschaften der Zukunft sein können, dann entschwindet auch die Profit-Gottheit, dann wird das ganze System auf den Kopf gestellt, vielleicht sogar niedergerissen. Und war es nicht der Traum aller Menschen, in einer Welt zu leben, die jeden versorgt, jeden größtmögliches Glück bietet? Basieren nicht das religiöse Motiv vom Paradies oder die Utopie vom Schlaraffenland genau auf diesem ewigen menschlichen Traum? Versuchen wir nicht alle, unsere täglichen Verrichtungen so zu arrangieren, dass wir möglichst wenig Zeit dafür aufwenden müssen? Betreiben wir nicht alle eine gewisse Form der privaten Arbeitsrationalisierung? Man kann es den Unternehmen nicht übelnehmen, wenn sie schneller, effizienter, damit billiger produzieren wollen. Nur am alten Wert von den Segnungen der Arbeit dürften sie nicht festhalten. Auch die realsozialistischen Gesellschaften scheiterten vorallem auch daran, dass sie eine modifizierte Form des Kapitalismus übernahmen und im "Recht auf Arbeit" - die de facto eine Pflicht auf Leben und Tod war - manifestierten. Ein wahrer Sozialismus - der einzige wahre - hat den menschlichen Bedürfnissen, damit auch dem "Recht auf Müßiggang", Raum zu geben. Was wir im letzten Jahrhundert erlebten, war nicht der Kampf von Kapitalismus und Kommunismus, sondern der Kampf von zweieiigen Zwillingen. Es war das Jahrhundert des Widerstreits zwischen zwei Kapitalismen, zwei Erscheinungsformen von Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft und deren Glorifizierung zum Wertbegriff.
Man darf sich fragen, wielange es noch dauert, bis aus der segensreichen, sinn- und statusverleihenden Arbeit, wieder das wird, was es über Jahrhunderte - in der vorkapitalistischen Zeit - war: Eine Notwendigkeit, die gerne umgangen wird, wenn es sich schneller und bequemer anders erledigen ließe. Bis dahin liegt wohl noch viel Arbeit vor uns...
17 Kommentare:
... wenn Unternehmer mit der "industriellen Reservearmee" Druck erzeugen können ...
Da sagte doch ein pfiffiger Geschäftsmann (MS) zu IBM: "Es kommt der Tag wo der Schwanz mit dem Hund wackelt"
Das System hat aber viele Schwänze und mindestens genauso viele schwarze Löcher.
In dem Beitrag wird es zwar direkt nicht angesprochen, könnte durch das "Recht auf Faulheit und Müßiggang" aber indirekt gemeint sein: das bedingungslose Grundeinkommen.
Freilich leben wir unter kapitalistischen Machtverhältnissen, und das bedeutet, daß dieses bedingungslose Grundeinkommen für alle entgegen gutgemeinter Absichten für die für überflüssig Erklärten und auch für die noch nicht für überflüssig Erklärten der Arbeitsgesellschaft sich als ein bedingungsloses Unterwerfungseinkommen entpuppen könnte, das die wirtschaftliche Ausbeutung nicht in Frage stellt.
Der eher erfolgversprechende Weg ist der der konsequenten Arbeitszeitverkürzung, der die eigentumslosen, abhängigen Bevölkerungsmassen nicht unnötig aufspaltet in Arbeitslose und Noch-nicht-Arbeitslose und somit gesellschaftsintegrierend wirkt.
Wenn man zudem bedenkt, daß die heutige Wirtschaft so leistungsfähig wie nie zuvor ist und noch immer produktiver wird, aber trotzdem Not und Elend auf der Welt nicht weniger geworden sind, stellt dies dem die wirtschaftliche , soziale und kulturelle Entwicklung antreibenden Profit-Prinzip der kapitalistischen Gesellschaft in der Tat ein Armutszeugnis aus. Und Armut gehört bekanntlich abgeschafft. Dies aber wird noch viel Arbeit erfordern: "An die Arbeit!"
Ich bin durchaus fuer ein bedingungsloses Grundeinkommen und habe mich kuerzlich ziemlich ausfuehrlich darueber ausgelassen: http://notatio.blogspot.com/2008/04/bedingungsloses-grundeinkommen.html
Dennoch finde ich den Einwand von markus berechtigt. Es reicht nicht, wenn so ein Einkommen im Endeffekt lediglich der Entlastung einiger Raffkes von weiteren sozialen Verpflichtungen dient. Eine Arbeitszeitverkuerzung, die sich nur auf die abhaengig Beschaeftigten erstreckt, wuerde das Problem freilich auch nicht loesen. Wenn, dann muesste diese Kurzarbeitsregelung fuer alle gelten, egal welcher (entgeltlichen) Taetigkeit sie nachgehen. D.h. auch fuer Unternehmer, Politiker usw. Das duerfte aber derzeit kaum durchsetzbar sein. Ausserdem wuerde so immer noch am alten falschen Ethos der Arbeit ("Arbeit adelt") festgehalten.
Was wirklich nottut, ist rigorose Aufklaerung z.B. darueber, dass sich die grossen Vermoegen eben nicht der Arbeit eines einzelnen besonders tuechtigen Individuums verdanken und dass man mehrheitlich auch nicht einmal erhaelt, was man durch seine eigene Arbeit tatsaechlich erzeugt hat. Ferner waere vor allem das Eigentumsrecht radikal zu reformieren. Dieses Recht wurzelt in Zeiten, in denen die Weltbevoelkerung insgesamt aus rund 500 Millionen Menschen bestand und zumindest theoretisch noch jeder sich irgendwo haette "seinen Claim abstecken" und vergleichsweise autark wirtschaften koennen. Diese Zeiten sind vorbei. Die zentrale Luege des geltenden Eigentumsrechts ist ja die, dass es dafuer sorge, dass niemandem genommen werde, was er sich selbst "redlich" erarbeitet hat. Dass also das Eigentum durch die eigene Taetigkeit gerechtfertigt und deshalb zu schuetzen sei. In Wirklichkeit richtet sich das rechtlich gesicherte Eigentum aber nicht nach dem Umfang (oder gar Wert) der je eigenen Taetigkeit und dem Schutz der Eigentumsrechte des Erzeugers, sondern nach der Moeglichkeit die Ergebnisse fremder (respektive: gesellschaftlicher) Taetigkeit zu okkuppieren und das Okkupierte erfolgreich zu verteidigen (wozu in der Regel wieder auf gesellschaftliche Arbeit zurueckgegriffen werden muss. Wir lassen uns also nicht nur auspluendern, sondern wir verteidigen unser Eigentum dann auch noch als ein fremdes).
Nebenbei: das GG laesst weitgeghend offen, welches Eigentum denn schutzwuerdig sei; es bevorzugt keine bestimmte Form (das erledigt erst das BGB) und es laesst Beschraenkungen zu.
"
Art. 14 [Eigentum, Erbrecht und Enteignung]
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen."
Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen muessten zumindest zwei Grenzen eingezogen werden - eine untere, die durch das garantierte Einkommen jeder Person markiert wird und eine obere, die keine feste Groesse bildet, die aber durch die untere Grenze gesteuert wuerde, denn es liegt auf der Hand: das BGE muss aus dem gesellschaftlich produzierten Mehrwert (und nicht: aus einer 50%igen "Mehrwertsteuer") finanziert werden. D.h. es muessen die akkumulierten oder akkumulierbaren Ueberschuesse um(oder:anders-)verteilt werden, also muessen im Bedarfsfall die jeweiligen Spitzeneinkommen (z.B. durch entsprechende Besteuerung von Vermoegen, Gratifikationen und Erbschaften) gekappt werden. Der Hohn ist doch, dass gegenwaertig Einkommen aus Arbeit besteuert werden und man gleichzeitig darueber nachdenkt, die Besteuerung arbeitslos "erworbener" (z.B. geerbter oder gewonnener) Einkommen moeglichst ganz abzuschaffen.
Auch das Thema Mindestlohn duerfte mit der Einfuehrung eines BGE nicht einfach vom Tisch gewischt werden (darauf spekulieren ja die Verfechter eines BGE aus dem Wirtschaftslager: dass sich ein 3,50 Stundenlohn fuer manchen wieder "lohnen" wuerde). Im Gegenteil - solange es ueberhaupt noch zulaessig ist bzw. bleiben wird, dass Dritte aus der Arbeit anderer ihr (hoeheres) Einkommen erwirtschaften, muss fuer dieses Privileg auch von dem der es in Anspruch nimmt "bezahlt" und es nicht etwa noch infolgeder Einfuehrung eines BGE durch die Hintertuer subventioniert werden.
Ich gebe zu, die Verhaeltnisse sind sehr viel komplexer als man es sich wuenschen moechte, gerade das aber sollte uns zu entsprechend intensivem Nachdenken anspornen.
Ohne mich jetzt in Details (einer ansonsten sicherlich interessanten Debatte) verlieren zu wollen, sei angemerkt, daß die Arbeit insofern adelt, da sie als das Fundament jeder Gesellschaft und kulturellen Entwicklung anzusehen ist.
Freilich ändern sich die gesellschaftlichen Notwendigkeiten der Arbeit immerfort. So wäre es beim heutigen Entwicklungsstand der Produktivkräfte angeraten, mit der Arbeit allgemein "kürzer zu treten". Warum sollte das nicht zielführend sein? Und politisch durchsetzbarer ist die Arbeitszeitverkürzung vermutlich auch eher als das GG und dies bei weniger Risiken der Instrumentalisierung durch "falsche Freunde". (Der dm-drogeriemarkt-Chef Götz Werner ist ein solcher falscher Freund.)
Völlig unstrittig ist aber, daß die Verteilungsungleichheiten ein Ausmaß angenommen haben, das weder "gerecht" noch vernünftig begründbar ist. Damit kommen die ebenso "schiefen" Machtverhältnisse in der kapitalistischen Gesellschaft ins Blickfeld der Betrachtung (was die grundgesetzlich geforderte Sozialpflichtigkeit des privaten Eigentums miteinschließt). Mehr Ausgeglichenheit bei der Verteilung der Einkommen und Vermögen würde aber die gewinnorientierte Marktökonomie stabilisieren helfen.
Korrektur: Im zweiten Absatz meiner vorherigen Anmerkung muß es GE (=Grundeinkommen) und nicht GG (=Grundgesetz) lauten.
Hinzugefügt sei noch die Feststellung, daß es meines Erachtens in einer Arbeitsgesellschaft - und welche Gesellschaft basiert letztlich nicht auf menschlicher Arbeit? - kein ausgesprochenes "Recht auf Faulheit" geben kann und damit auch kein Anrecht auf ein bedingungsloses Grundeinkommen eingefordert werden sollte.
Was aber nicht heißt, daß damit einem wie auch immer gearteten Leistungsfetischismus und einer restlosen ökonomischen Vernutzung der menschlichen Arbeiskraft das Wort geredet werden soll. Vielmehr wäre darauf hinzuwirken, daß der gesellschaftlich produzierte Reichtum allen zugute kommt (und nicht nur wenigen Kapitalbesitzern), und sei es u.a. auch durch eine auf Vollbeschäftigung hinzielende allgemeine Arbeitszeitverkürzung in Form einer "kurzen Vollzeitarbeit für alle".
Zur Faulheit: ich bin sehr fuer ein solches Recht, wobei ich diese "Faulheit" allerdings "Muße" nennen wuerde. Entweder man nimmt in Kauf, dass es (immer) auch ein paar Leute gibt, die (auch in der Summe) weniger produzieren, als sie konsumieren - oder man landet wieder in irgendeiner anderen Form von Zwangsgesellschaft. Und ein BGE setzt der Konsumfreude so oder so schon eine Grenze unterhalb der sicherlich nicht jeder (und sehr wahrscheinlich sogar nur sehr wenige) dauerhaft leben moechte(n). Wems aber reicht, dem sollte man es nicht missgoennen. Moeglicherweise ist selbst solche Bescheidenheit am Ende noch ein "Gewinn". Denn entgegen weitverbreiteter Ansichten brauchen wir m.E. inzwischen eher "Wachstumsbremsen", als Wachstumsmotoren".
Bleibt anzumerken:
Eine leicht erweiterte Fassung meiner letzten Anmerkung findet sich hier.
Ich habe weder etwas gegen Muße noch gegen Wachstumsgrenzen einzuwenden. Im Gegenteil. Auch respektiere ich die guten Absichten der BGE-Anhänger.
Nur bezweifele ich die Erfolgsaussichten eines solchen Unterfangens unter kapitalistischen Verhältnissen. Der Spaltpilz der Instrumentalisierung hehrer Absichten und der allgemein zu erwartenden Lohndrückerei durch die "Arbeitgeber" ist groß und der pädagogische Nutzen von einem proklamierten "Recht auf Faulheit" fragwürdig, nicht zuletzt auch deswegen, weil er die lohnabhängige "arbeitende" Bevölkerung mit dem "nicht arbeitenden" Teil gegeneinander in Stellung bringen könnte. - Eine völlig "zwangfreie" Gesellschaft ist aber eine umso gefährlichere Utopie.
Die Pointe ist doch, dass es einen lohnabhaengigen Teil der Bevoelkerung gar nicht gaebe, wenngleich die "Lohnarbeit" nicht (sofort) ganz wegfiele. Im Gegensatz zu heute waere die Situation nur die, dass jeder garantiert "etwas" haette, diejenigen mit einem Lohnjob aber mehr haetten. Der Abstand bliebe also gewahrt.
"Eine völlig "zwangfreie" Gesellschaft ist aber eine umso gefährlichere Utopie."
Na - dann klaer mich doch mal auf ueber die Gefahren.
Die "Medizin" BGE scheint im Ganzen schlimmer zu sein als die "Krankheit" soziale Ungerechtigkeit. Es entspringt doch einer puren Wunschvorstellung, daß durch die Einführung des BGE jeder garantiert (s)einen gewissen Anteil am erarbeiteten Wohlstand abbekäme. Das "Jedem nach seinen Bedürfnissen" klapppt nur im Paradies. Im Paradies muß aber nicht gearbeitet werden, weil dort alles bereits vorhanden ist. In der realen Welt wird man ohne Arbeit aber nicht auskommen, die nach Marx zur gesellschaftlichen Verwirklichung des Menschseins beiträgt.
Und die "Arbeitswilligen" müßten sich noch mehr dem Diktat der Unternehmer beugen, weil die sozialen Errungenschaften höchst wahrscheinlich alle geschleift wurden. Es gibt ja das BGE als notdürftigen "Rettungsanker"! Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel.
Ohne eine mittelbare staatliche "Zwangsandrohung" durch die - hoffentlich - demokratisch legitimierte Politik werden sich aber weder die "bösen" Kapitalisten noch die "guten" BGEler von in einer Gesellschaft gefällten Entscheidungen überzeugen lassen, wenn der "ganze Laden" nicht in Anarchie versinken soll.
"Anarchie" - ein gutes Stichwort: vielleicht wird es Dich verwundern, aber gerade klassische Anarchisten wie z.B. Bakunin, wuerden Dir womoeglich beipflichten:
"b) Die Arbeit ist die Grundlage der Menschenwürde und des Menschenrechts. Denn nur durch freie und intelligente Arbeit schafft der Mensch, seinerseits Schöpfer der äußeren Welt und seiner eigenen Bestialität sein menschsein und sein Recht abgewinnend, die zivilisierte Welt."
Michael Bakunin. Staatlichkeit und Anarchie und andere Schriften. Verlag Ullstein GmbH. FfM, Berlin, Wien 1972. S.16f
Damit aber jeder von seiner eigenen Arbeit frei leben kann, muss auch jedem die gleiche Moeglichkeit "frei" zu arbeiten geboten werden. Bakunin erkennt die "natuerlichen" Zwaenge als unvermeidlich an, nicht aber soziale:
"10. Soziale Organisation. Ohne politische Gleichheit gibt es keine wirkliche politische Freiheit, aber die politische Gleichheit wird nur dann möglich sein, wenn die ökonomische und soziale Gleichheit bestehen wird.
a) Die Gleichheit bedeutet nicht Gleichmachung der individuellen Verschiedenheiten, noch die intellektuelle, moralische und physische Identität der Individuen. Diese Verschiedenheit von Fähigkeiten und Kräften, diese Unterschiede von Rassen, Nationen, Geschlecht, Alter unter den Menschen sind durchaus keine sozialen Uebel, sondern bilden im Gegenteil den Reichtum der Menschheit. Die ökonomische und soziale Gleichheit bedingt ebensowenig die Gleichmachung des persönlichen Vermögens, insoweit es das Produkt der Fähigkeit, produktiven Energie und Sparsamkeit jedes Einzelnen ist.
b) Die Gleichheit und die Gerechtigkeit verlangen nur: eine solche Gesellschaftseinrichtung, daß jedes menschliche Wesen, wenn es auf die Welt kommt, dort, soweit dies nicht von Natur, sondern von der Gesellschaft abhängt, die gleichen Mittel findet, zur Erwicklung seiner Kindheit und Jugend, bis es erwachsen ist, zunächst für seine Erziehung und seinen Unterricht und später zur Uebung in den verschiedenen Kräften, die die Natur in jeden für die Arbeit gelegt hat. - Diese Gleichheit des Ausgangspunkts, welche die Gerechtigkeit erfordert, wird unmöglich sein, solange das Erbrecht bestehen bleibt.
c)Die Gerechtigkeit, sowie die Menschenwürde verlangen, daß jeder einzig und allein der Sohn seiner Werke sei. Wir weisen mit Entrüstung das Dogma der Erbsünde, der erblichen Schande und Verantwortlichkeit zurück. Mit derselben Folgerichtigkeit müssen wir die fiktive Erblichkeit der Tugend, der Ehren und der Rechte zurückweisen, auch die des Vermögens. Der Erbe irgendeines Vermögens ist nicht mehr ganz der Sohn seiner Werke und ist in bezug auf den Ausgangspunkt Bevorrechteter.
d) Abschaffung des Erbrechts. Solange dieses Recht besteht, werden die erblichen Unterschiede der Klassen, Stellungen, des Vermögens, werden mit einem Wort soziale Ungleichheit und das Privileg, wenn nicht rechtlich, wenigstens tatsächlich weiterbestehen. - Die faktische Ungleichheit bringt aber nach einem der Gesellschaft eigenen Gesetz immer die Ungleichheit der Rechte mit sich; die soziale Ungleichheit wird notwendig zur politischen Ungleichheit. Und ohne politische Gleichheit gibt es, wie wir sagten, keine Freiheit im allgemeinen, menschlichen, wirklich demokratischen Sinn des Wortes; die Gesellschaft würde stets in zwei ungleiche Teile zerfallen, deren einer, der ungeheuer große, die ganze Volksmasse umfassende von dem anderen unterdrückt und ausgebeutet würde. Folglich ist das Erbrecht dem Sieg der Freiheit entgegengesetzt, und wenn die Gesellschaft frei werden will, muss sie es abschaffen.
e) Sie muss es abschaffen, weil dieses Recht, da es auf einer Fiktion beruht, dem Prinzip der Freiheit zuwiderläuft. - Alle persönlichen, politischen und sozialen Rechte haften an der wirklichen und lebenden Person. Nach dem Tode gibt es nur den fiktiven Willen einer Person, die nicht mehr existiert und im Namen des Todes die lebenden bedrückt. Wenn der Tote auf die Durchführung seines Willens hält möge er kommen und ihn selbst ausführen, wenn er kann; er hat aber nicht das Recht zu verlangen, daß die Gesellschaft ihre ganze Macht und ihr Recht in den Dienst seiner Nichtexistenz stellt.
Michail Bakunin. Staatlichkeit und Anarchie und andere Schriften. Herausgegeben und eingeleitet von Horst Stuke. Verlag Ullstein GmbH. FfM - Berlin - Wien 1972. S. 15f.
Natuerlich wird niemand nur "Sohn seiner [ausschliesslich eigenen] Werke" sein koennen. Denn jeder der geboren wird, profitiert mehr oder minder von den Vorleistungen derer, die vor ihm lebten. Immerhin aber wuerde er, fiele das individuelle Erbrecht zugunsten eines kollektiven weg, im Verhaeltnis, zu anderen als ein solcher erscheinen, da dieses Verhaeltnis sich nur noch durch die wirklich individuellen Zuleistungen ausdruecken wuerde.
Ich klebe nicht am BGE - von mir aus koennen wir auch sofort das Erbrecht abschaffen, damit waere dann auch gleich die leidige Diskussion ueber die Erbschaftssteuer vom Tisch ..
;-)
Wie auch mir scheint, sollte bei der Diskussion über den "richtigen" Weg das gemeinsame Ziel einer solidarischen Gesellschaft der Freien und Gleichen nicht aus den Augen verloren werden.
Dem angegebenen Literaturhinweis werde ich eventuell mal nachgehen. Auch ein Literaturhinweis von mir: "Wie Reichtum Armut schafft. Verschwendung, Arbeitslosigkeit und Mangel" (2006) von Karl Georg Zinn.
Wir sind uns aber wohl einig, daß Deine "radikalen" Ideen zum Erbrecht derzeit nicht umsetzbar sind. Ähnlich hatte ich ja bzgl. des BGE versucht zu argumentieren. Das soll selbstverständlich nicht heißen, daß man nichts tun kann. Ein Quasi-Ausstieg aus der heutigen Gesellschaft mittels BGE ist m.E. aber nicht der richtige Weg, sondern dem kapitalistischen Profitsystem sollte besser innerhalb seiner eigenen Grenzen ein Mehr an Humanität und Sozialität abgerungen werden.
Außerdem kommt man dabei mit einem realistischeren Menschenbild aus, das noch recht weit von sozialistischen Idealen entfernt ist. "Böse" sind eben nicht nur die Kapitalisten, sondern mitunter auch ihre potentiellen "Opfer", die fehlgeleiteten Menschenmasen.
Lieber Markus,
was waere denn ein "realistisches" Menschenbild? Einer der wenigen Saetze aus diversen "Heiligen Schriften", den man m.E. - zumindest hinsichtlich solcher Bilder - beherzigen sollte, lautet in etwa: "Du sollst Dir kein Bild machen!"
Und einer der wenigen Denker, die sich diesen Satz zu Herzen genommen haben und weitgehend ohne ein solches (starres) Bild des Menschen ausgekommen sind, ist bezeichnenderweise Marx gewesen, bei dem uebrigens auch keine "boesen Kapitalisten" vorkommen, sondern nur Menschen, die das Produkt der Verhaeltnisse sind, die sie selber geschaffen haben - und die sie folglich auch "umzuschaffen" (Nietzsche) in der Lage sein sollten.
"Der Mensch" kommt bei Marx weder, wie etwa bei Hobbes, als homo hominem lupus noch, wie bei Rousseau, als "von Natur aus gut" vor, sondern als Wesen, das sich (vor allem) dadurch auszeichnet, dass es seine Lebensmittel (und damit auch seine Lebensverhaeltnisse) selbst produziert:
"Die Voraussetzungen, mit denen wir beginnen, sind keine willkürlichen, keine Dogmen, es sind wirkliche Voraussetzungen, von denen man nur in der Einbildung abstrahieren kann. Es sind die wirklichen Individuen, ihre Aktion und ihre materiellen Lebensbedingungen, sowohl die vorgefundenen wie die durch ihre eigne Aktion erzeugten. Diese Voraussetzungen sind also auf rein empirischem Wege konstatierbar.
Die erste Voraussetzung aller Menschengeschichte ist natürlich die Existenz lebendiger menschlicher Individuen. Der erste zu konstatierende Tatbestand ist also die körperliche Organisation dieser Individuen und ihr dadurch gegebenes Verhältnis zur übrigen Natur. Wir können hier natürlich weder auf die physische Beschaffenheit der Menschen selbst noch auf die von den Menschen vorgefundenen Naturbedingungen, die geologischen, orohydrographischen, klimatischen und andern Verhältnisse, eingehen. Alle Geschichtschreibung muß von diesen natürlichen Grundlagen und ihrer Modifikation im Lauf der Geschichte durch die Aktion der Menschen ausgehen.
Man kann die Menschen durch das Bewußtsein, durch die Religion, durch was man sonst will, von den Tieren unterscheiden. Sie selbst fangen an, sich von den Tieren zu unterscheiden, sobald sie anfangen, ihre Lebensmittel zu produzieren, ein Schritt, der durch ihre körperliche Organisation bedingt ist. Indem die Menschen ihre Lebensmittel produzieren, produzieren sie indirekt ihr materielles Leben selbst.
Die Weise, in der die Menschen ihre Lebensmittel produzieren, hängt zunächst von der Beschaffenheit der vorgefundenen und zu reproduzierenden Lebensmittel selbst ab. Diese Weise der Produktion ist nicht bloß nach der Seite hin zu betrachten, daß sie die Reproduktion der physischen Existenz der Individuen ist. Sie ist vielmehr schon eine bestimmte Art der Tätigkeit dieser Individuen, eine bestimmte Art, ihr Leben zu äußern, eine bestimmte Lebensweise derselben. Wie die Individuen ihr Leben äußern, so sind sie. Was sie sind, fällt also zusammen mit ihrer Produktion, sowohl damit, was sie produzieren, als auch damit, wie sie produzieren. Was die Individuen also sind, das hängt ab von den materiellen Bedingungen ihrer Produktion."
Karl Marx Friedrich Engels. Die deutsche Ideologie. Werke Bd.3. Dietz Verlag. Berlin 1962. S.20f. (Im Netz hier zu finden)
Wo er aber doch mal von dem Menschen spricht, kommen Saetze heraus, die jeder nur denkbaren Verfassung zur Zierde gereichen wuerden:
"Die Kritik an der Religion endet mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist."
Karl Marx. Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. (Hier im Netz) Zitiert nach Karl Marx / Friedrich Engels - Staatstheorie. Materialien zur Rekonstruktion der marxistischen Staatstheorie. Hrsg. Eike Hennig e.al. Ullstein FfM - Berlin - Wien 1974. S.102
Zur Durchsetzbarkeit: Mag sein, dass Du Recht hast und alle Wahrscheinlichkeit spricht dafuer. Aber dennoch: man sollte fordern, was man will und fuer richtig haelt und nicht nur: was man sowieso bekommt. Auch "against all odds".
;-)
Zitat Roger Beathacker:
"Aber dennoch: man sollte fordern, was man will und fuer richtig haelt und nicht nur: was man sowieso bekommt."
So wertvoll der letzte Kommentar auch war, dieser zitierte Satz schließt alles ein, wofür Opposition innerhalb dieses Systems zu stehen hat. Man darf sich nicht an Realisierbarkeiten orientieren, sondern muß durchaus idealistische Ziele wahren und einfordern.
Wie es der Zufall so will, widmet sich mein heutiger Artikel in gewisser Weise diesem Thema.
Wer sich nur an Realisierbarkeiten innerhalb dieses Systems reibt, der wird schnell aufgerieben sein...
Lieber Roger,
natürlich sind die "bösen Kapitalisten" auch das Produkt der Verhältnisse, aber als "betrogene Betrüger" doch in einer machtausübenden privilegierten Vorteilsposition (was sie für grundlegende gesellschaftliche Veränderungen nicht gerade prädestiniert).
Die lohnabhängigen, kapitallosen Menschen entsprechen auch wegen der herrschenden Ideologie des forschen "Selfmade-Man" aber "durchschnittlich" nicht den Anforderungen, die ein BGE erfordert. Wo bleiben für die vom Homo-oeconomicus-Denken geprägten Menschen etwa die nötigen Anreize, um sich nicht nur auf die geleistete notwendige Arbeit der anderen zu verlassen? Vor dem "Reich der Freiheit" steht unverrückbar das "Reich der Notwendigkeit" - auch in der potentiellen Überflußgesellschaft.
Ein starres Menschenbild vertrete ich damit aber nicht. Lernfähigkeit ist für niemanden von vornherein auszuschließen. Wenn dem so wäre, brauchte man sich ja gar nicht um politisch-gesellschaftliche und Bewußtseinsveränderungen zu bemühen.
Daß auch ich die Wichtigkeit der überschießenden Zielvorstellungen nicht bestreite, ergibt sich allein schon aus der geäußerten Kritik an den bestehenden politischen, ökonomischen und sozialen Verhältnissen in der kapitalistischen Gesellschaft heutiger Formation. Man wird aber - wohl oder übel - innerhalb des gegenwärtigen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems mit Reformen ansetzen müssen, um kommunikativ und mental anschlußfähig zu bleiben für die
Menschen im Land, auch wenn man letztendlich mehr und anderes erreichen möchte.
Lieber Markus,
du schreibest "Wo bleiben für die vom Homo-oeconomicus-Denken geprägten Menschen etwa die nötigen Anreize, um sich nicht nur auf die geleistete notwendige Arbeit der anderen zu verlassen?"
Wie willst Du aber die Notwendigkeit solcher "Anreize" beweisen? Es mag sein, dass sie manchem innerhalb der bestehenden "Ordnung" gegeben werden muessen. Dann aber muss man auch fragen: Warum? und dann kommt man leicht in einen Zirkel, weil die Antwort im Grunde lautet: damit er sich dieser Ordnung fuegt.
Auch ist man damit schon wieder bei einem vergleichsweise "festen" Menschenbild (auch wenn Du persoenlich einem anderen zuneigst - Du musst dieses Bild zumindest akzeptieren um "anschlussfaehig" zu bleiben); und das besagt: Der Mensch (an sich) ist ein faules Schwein. Wenn man ihn nicht - sei es nun direkt oder sei es durch den "stummen Zwang der Verhaeltnisse" - zum Arbeiten zwingt, dann wird er gar nicht arbeiten, solange er nur genug zu fressen hat.
Ob die Verhaeltnisse selbst womoeglich dasjenige sind, was ihn hemmt - und denen er sich (weil sie eben zwingen) zu entziehen versucht wo immer es geht, wird gar nicht erst in Betracht gezogen. Und darauf ruht dann letztlich die ganze Ideologie. Wenn es aber die Verhaeltnisse waeren, die das Verhalten hervorrufen (das Sein das Bewusstsein bestimmt), dann wird man innerhalb der bestehenden Verhaeltnisse niemals eine Veraenderung herbeifuehren koennen, sofern man die Verhaeltnisse im wesentlichen solange unangetastet zu lassen gedenkt, bis die Menschen "reif" fuer andere geworden sind.
Da wir hier immer wieder auf das BGE kommen: ich habe dazu vor kurzem einen etwas laengeren Text verfasst, den Du hier findest.
Ich möchte mich kurz in diese Diskussion einmischen. Ich hoffe, es wird geduldet.
Lieber Markus,
konkret gesprochen: Du sprichst Dich für eine Reform des Kapitalismus aus, glaubst ihn dadurch bändigen zu können. Ausgeschlossen ist das freilich nicht. Anders als die dogmatischen Betonkommunisten, die glauben, im Kapitalismus ein unreformierbares Etwas vor sich zu haben, glaube ich sehr wohl an die menschliche Gabe, Dinge zu verändern. Da der Kapitalismus kein Naturgesetz ist - auch wenn die treuen Marktjünger gerne so tun -, sondern ein Konstrukt aus Handel und Herstellung, also durch "Menschenhand geformt", kann auch hier der Mensch ansetzen und wirken. Jene, die bis in die Haarspitzen mit Dogmatik angereichert sind, erklären zwar offen, dass der Mensch das Maß aller Dinge ist, selbst die Ärmel hochzukrempeln hat ("Es rettet uns kein höh'res Wesen, kein Gott, kein Kaiser, noch Tribun. Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun."), sind aber gleichermaßen felsenfest davon überzeugt, dass das "Menschenwerk des Kapitalismus" nicht von Menschenhand reformiert werden kann.
Bei allem Optimismus menschlicher Schaffenshabe, glaube ich dennoch, dass der Kapitalismus, ob reformiert zu sozialerer Umverteilung und zur ökonomischen Teilhabe aller Erdenbürger oder eben nicht, immer ein System bleiben wird - bleiben muß -, in dem die menschliche Arbeitskraft mehr als Ware ist. Sie ist faktisch sakraler Bestandteil der Ablaufs. Die Adelserhebung desjenigen, der arbeitet, ist nicht einfach wegzureformieren. Dies bekommt man nicht aus den Köpfen jener, die das System direkt oder indirekt steuern. Die Menschen innerhalb der kommunistischen Welt können ein Lied davon singen, wie sehr die Konstante dieses Gedankens dem System immanent war. Einem System, dass sich selbst als rabiaten Bruch mit dem Kapitalismus ansah. Mittels ein Paar Reformen und Reförmchen ist dies nicht aufhebbar. Und Reformen, die Teilhabe sichern sollten, bedeuten nicht gleich, dass dieses Unwesen von Verehrung menschlicher Arbeit verschwindet. Solche Reformen, bzw. akuter Reichtum der Gesellschaft, haben in Huxley Dystopie Teilhabe aller an allem bewirkt. Besitzen denn die Bewohner der "schönen neuen Welt" nicht auch Teilhabe an allen Gütern ihrer Gesellschaft? Sind sie deswegen glücklicher? Freilich ohne Soma zu schlucken glücklicher? Der Kapitalismus ist dort freilich überwunden, geblieben sind aber die Wertvorstellungen des verstorbenen Systems. Arbeit, Arbeit über alles! Und Nutzen hat der Mensch zu haben, sonst hat er keine Existenzberechtigung. Reform des Kapitalismus überwindet vielleicht Ungerechtigkeiten materieller Art, nie aber das Unwesen, Menschen nach Wert zu kategorisieren, ihn zum Faktor des allgemeinen Ablaufs zu machen.
Nun äußert sich Deine Reformfreudigkeit gerade auch darin, dass Du diese Aufwertung des Menschen durch Arbeit, durchaus als Konstante jeder Gesellschaft begreifst. Gearbeitet wurde auch in der vorindustriellen Zeit - das ist wahr. Die Arbeit äußerte sich seinerzeit aber in großen Maßen dahingehend, notwendiges Übel zu sein, kein Heiligtum im Sinne menschlichen Wertes. Bedenken wir auch, wir seinerzeit Gelehrte bei Krankheit freigestellt wurden, man ihnen materielle Sicherheit bot, auch wenn sie nicht mehr nutzvoll verwendet werden konnten. All das hat der Menschheit ein Erbe hinterlassen. Max weber, obwohl bereits in der industriellen Welt lebend, schrieb seine Werke als Frühpensionist, hätte sie als arbeitende Kraft nie schreiben können. Dort definierte sich - auch wenn wir hier von einer privilegierten Randgruppe sprechen - der Mensch nicht durch Arbeit alleine. Freilich auch, aber nicht nur!
Wir sind weiterhin am Faktor Arbeit gekettet, hätten es in großen Teilen aber nicht mehr nötig. Der ewige menschliche Traum von Muße wäre zu Greifen nahe, wenn wir nicht an einem Anachronismus verhaften würden. Und hier greift dasjenige, was Roger mittels Marx schon zum Ausdruck brachte: "Das Sein prägt das Bewußtsein." Wir können die Wertschätzung der Arbeit nur innerhalb dieses Systems begreifen, es wird uns anerzogen, geradezu eingepflanzt. Wäre unser aller Sein anders geartet, wäre dieses Verhaftetsein an alten Wertvorstellungen zur Arbeit anders strukturiert. Dies äußert sich ebenso in Russells "Lob des Müßiggangs". Er plädiert dafür, dass wir diese Chance, uns mehr Freizeit zu sichern, ergreifen sollten. Eine neue Menschheit könnte daraus hervorgehen. Eine, die weniger auf ökonomische Zwänge Rücksicht nehmen muß, daher bedingungslos auf Erkenntnis abzielen kann, ohne Angst, den Brotgeber zu beleidigen.
Was ich hier im Kleinen wiederbelebt sehe, ist der Widerstreit zwischen Marx/Roger und Hegel/Markus. Sein oder Bewußtsein? Das ist hier die Frage.
Liebe Mitstreiter für eine weniger von Arbeit und Zwang geprägten Gesellschaft,
die hier bisher zum Ausdruck gekommenen Standpunkte mögen auf den ersten Blick nicht völlig zusammenpassen, aber könnten nach meinem Gefühl durchaus auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen sein.
Wenn der eine "radikal" ein BGE fordert und der andere "reformerisch" für eine deutliche Arbeitszeitverkürzung eintritt, ist das Ziel doch dasselbe: jedem Menschen ein den hochentwickelten - durch Arbeit erreichten - Produktivkräften entsprechendes "angehmes" Leben möglich zu machen.
Während die "Revolution" im Denken wie im Handeln die abrupte Veränderung und Verbesserung verspricht - aber vielfach nicht halten kann -, will die "Reform" nicht weniger radikal in ihren Zielen sein, aber in den Mitteln.
Wenn aber selbst die "Revolutionäre" eingestehen, daß die gesellschaftlich empfangene Prägung der Menschen aktuell durch und durch kapitalistisch gefärbt ist und dem Kult der falsch verstandenen Arbeit als Selbstzweck frönt (bis in die verbliebenen kommunistischen Länder hinein), wird es schwer vorstellbar sein, wie eine radikale, schlagartige Umwälzung der Verhältnisse mit diesen so und nicht anders gearteten Menschen(massen) möglich sein soll?
Aber selbst so privilegierte Randgruppen wie die Gelehrten (die es immer Stile des umfassend gebildeten Max Webers wohl kaum noch gibt) sind in ihrem "angestrengten Müßiggang" höchst arbeitssam und produktiv gewesen.
Man sollte der Arbeit somit kein so schlechtes Zeugnis ausstellen; sie muß nicht nur negativ als notwendiges Übel (immerhin "wendet" sie ein Übel zum Besseren) definiert werden, sondern kann durchaus der menschlichen Freiheit und Selbstverwirklichung dienen.
Freilich hindert die produktivistische Arbeits- und Lebensweise diese volle Entfaltung des "ganz Anderen" in den möglichen und "not-wendigen" progessiven Vorstellungswelten der Menschen. Es sei aber daran erinnert, daß der große Reformer des Kapitalismus, der englische bourgoise Snob John Maynard Keynes, bereits von der Möglichkeit einer nicht mehr kapitalistischen Welt in der Enkelgeneration gesprochen hat, deren Mitglieder ihre eigentlich produktive "freie" Zeit nicht mehr dem notwendigen Übel der mühseligen Arbeit aufopfern müßten.
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