"Politische Information" für politisch Kaltgestellte
Freitag, 9. Mai 2008
Ein Interview soll erklären und manchmal aufklären; die Ansichten, Ideen oder Handlungen des Befragten nochmals gründlich darlegen; kurz: es soll informieren und dem Leser einen Erkenntnisgewinn bescheren. Freilich will es so nur die Theorie, die Praxis im herrschenden Medientheater zeigt aber immer wieder, wie aus der Informationsquelle ein Instrument werden kann, um die Leserschaft in eine beliebige Richtung zu stoßen. Mehr und mehr zeichnet sich ebenso ab, dass das politische Interview einen Schein wahren soll; es vorgaukeln soll, dass in einer Gesellschaft politischer und ökonomischer Entmündigung, doch noch Politik im Namen der Bürger betrieben wird; dass politische Parteien das Wohl aller im Blick haben, nicht nur das Wohl der Parteimitglieder und der Finanziers derselbigen.
Ein solches Interview, fern jeglichen Informationsgehalts, liefert erneut - wen überrascht es? - die BILD-Zeitung. Gekonnt unterwürfig leitet sie das Gespräch ein, läßt den Titel des Befragten ins Spiel kommen, damit die Leserschaft auch weiß, welch hohen Herrn sie da geistig zu folgen hat: Herr Dr. Stoiber - wie vornehm! Die Hauptaussage Stoibers, wonach die Große Koalition keine Zukunft mehr haben darf, ist so uninteressant wie unnütz. Denn letztendlich entscheiden die Wähler, welche Konstellation möglich sein wird und welche nicht - was ihm in der Folge auch schnell noch einfiel. Wünsche kann er ja haben, hat wohl jeder in der einen oder anderen Weise, aber ob Stoibers Wunschdenken in ein Interview fließen muß, sei einfach einmal dahingestellt.
Peinlich wird es kurz darauf: Da darf Stoiber sein erfundenes Feindbild attackieren. "Alles ist besser als eine Linksregierung. Die muss unbedingt verhindert werden!" - Wer eine Linksregierung führen soll, wo potenzielle Kandidaten für die Schaffung einer Linksregierung anwesend sind, bleibt ungesagt, bleibt im stoiberianischen Kosmos isoliert. Er darf seine Warnung sogar noch einmal wiederholen, damit durch stete Wiederholung dem BILD-Leser klar wird, dass der vielzitierte "Linksruck" der Untergang der Republik wäre. Nachdem er die Grünen in den Status "würdevoller Politiker" hievt hat, wird nochmals mit aller Deutlichkeit bewußt, welche Denkart diesen Herrn leitet: "Die Grünen sind keine politischen Schmuddelkinder mehr." - So also begreift Stoiber Politik. Wenn Bürgerinitiativen sich zu einer Partei zusammenschließen, so durch Wählers Willen in die Parlamente einziehen, dann scheint das ein schmuddeliges Politisieren zu sein. Heute, da aus den ehemaligen Mitgliedern der Bürgerinitiativen geschniegelte und gestriegelte Salon-Pseudo-Linke wurden, da kann man mit ihnen Staat machen, da sind sie endlich in der Politik angekommen.
"Die USA sind eine der attraktivsten Nationen. Ihr Credo von der Freiheit hat die ganze Welt erobert." - Sicher haben die USA die Welt erobert, ob es aber das "Credo von der Freiheit" war, das Feldzüge anführte, darf stark bezweifelt werden. Freilich ist es die Freiheit der Renditen, die die Welt erobert hat, aber ganze Völkerschaften erzählen andere Geschichten von US-amerikanischer Freiheitsideologie. Zudem, und das ist Stoiber in seiner unermeßlichen Weisheit wohl kurzzeitig entfallen, ist der US-amerikanische Freiheitsbegriff, der versucht war im Unabhängigkeitskrieg gegen die britische Krone, sich eine Realität zu schaffen, ein aus Europa importierter Wert. Inspiriert durch Aufklärer wie den Briten Locke oder den französisch-schweizerischen Schriftsteller Rousseau, machten sich die Gründerväter der Vereinigten Staaten von Amerika daran - allen voran Thomas Jefferson, der für eine realpolitische Form amerikanischer Aufklärung steht -, die Werte von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit in ein Verfassungsfundament zu gießen. Diese Freiheit, so revolutionär sie damals auch war, war bereits kaum ein Jahrhundert später überholt, war bereits ein Anachronismus, weil es eine Freiheit der Leistungsaristokratie war, die sich in den USA manifestierte, die ja auch im aufklärerischen Denken und nachher in den Köpfen der Jakobiner eine auf Aristokratie begründete Freiheit war - wohlgemerkt eine bürgerliche, d.h. durch Leistung begründete, d.h. wiederum: durch das Fassungsvermögen des Geldbeutels animierte Freiheit. Hier wäre noch soviel mehr anzubringen, aber diesen Gedanken abschließend sei festgehalten, dass diese Denkweise, dieses konkrete Analysieren US-amerikanischer Freiheitsideologie, keinen Einzug in ein Interview finden kann, vorallem dann nicht, wenn ein ausrangierter Politkadaver versucht ist, seine Leserschaft zu manipulieren, gezielt in eine von ihm erwünschte Richtung zu bugsieren.
Viel geredet und nichts gesagt. Freilich, so kennen wir beide Gesprächspartner, den stotternden Stoiber genauso wie den Staatsbüttel BILD. Diese Form "politischer Aufklärung", die man den Bürgern in Form eines Interviews mit einem an Reputation angereicherten Ex-Ministerpräsident zukommen läßt, ist die übliche Art und Weise politischer Kaltstellung der Massen. Man suggeriert ihnen, dass man sie informiert, dass da geballtes Wissen am Tun ist. Dabei packt man bereits gefaßte Ziele lediglich in eingängige Formeln und Schlagworte. Da wird dann z.B. nicht begründet, warum man eine Linksregierung nicht haben will - die es in diesem Land, zu diesem Zeitpunkt, gar nicht geben kann, denn in dieser politischen Richtung herrscht derzeit Personalmangel -, sondern man schmiedet eine einprägsame Satzformel und damit ist die Erklärung zwar nicht geliefert, aber geschickt verdrängt. Einmal mehr zeigt sich, dass in Zeiten medialen Dauerbombardements mit den einfachen, antiquierten Einsichten Gustave Le Bons, Massen zu steuern sind. Wichtig sind keine Analysen, tiefgreifende Erklärungen, das skeptische Hinterfragen von Gemeinplätzen, sondern das "schnelle Wort", der einprägsame Satz und dazu die durch Amtswürden verliehene Aura, die vorgaukelt, der Redende wisse, wovon er spreche.
Die BILD liefert natürlich ein besonders plattes Stück Desinformation, aber kaum besser - wenngleich eloquenter - sind die Plattheiten anderer Tageszeitungen und Magazine. Und es ist immer wieder überraschend, mit welch billigen Mitteln, welch aussagelosen Aussagen, man eine ganze Seite Interviews entstehen lassen kann...
Ein solches Interview, fern jeglichen Informationsgehalts, liefert erneut - wen überrascht es? - die BILD-Zeitung. Gekonnt unterwürfig leitet sie das Gespräch ein, läßt den Titel des Befragten ins Spiel kommen, damit die Leserschaft auch weiß, welch hohen Herrn sie da geistig zu folgen hat: Herr Dr. Stoiber - wie vornehm! Die Hauptaussage Stoibers, wonach die Große Koalition keine Zukunft mehr haben darf, ist so uninteressant wie unnütz. Denn letztendlich entscheiden die Wähler, welche Konstellation möglich sein wird und welche nicht - was ihm in der Folge auch schnell noch einfiel. Wünsche kann er ja haben, hat wohl jeder in der einen oder anderen Weise, aber ob Stoibers Wunschdenken in ein Interview fließen muß, sei einfach einmal dahingestellt.
Peinlich wird es kurz darauf: Da darf Stoiber sein erfundenes Feindbild attackieren. "Alles ist besser als eine Linksregierung. Die muss unbedingt verhindert werden!" - Wer eine Linksregierung führen soll, wo potenzielle Kandidaten für die Schaffung einer Linksregierung anwesend sind, bleibt ungesagt, bleibt im stoiberianischen Kosmos isoliert. Er darf seine Warnung sogar noch einmal wiederholen, damit durch stete Wiederholung dem BILD-Leser klar wird, dass der vielzitierte "Linksruck" der Untergang der Republik wäre. Nachdem er die Grünen in den Status "würdevoller Politiker" hievt hat, wird nochmals mit aller Deutlichkeit bewußt, welche Denkart diesen Herrn leitet: "Die Grünen sind keine politischen Schmuddelkinder mehr." - So also begreift Stoiber Politik. Wenn Bürgerinitiativen sich zu einer Partei zusammenschließen, so durch Wählers Willen in die Parlamente einziehen, dann scheint das ein schmuddeliges Politisieren zu sein. Heute, da aus den ehemaligen Mitgliedern der Bürgerinitiativen geschniegelte und gestriegelte Salon-Pseudo-Linke wurden, da kann man mit ihnen Staat machen, da sind sie endlich in der Politik angekommen.
"Die USA sind eine der attraktivsten Nationen. Ihr Credo von der Freiheit hat die ganze Welt erobert." - Sicher haben die USA die Welt erobert, ob es aber das "Credo von der Freiheit" war, das Feldzüge anführte, darf stark bezweifelt werden. Freilich ist es die Freiheit der Renditen, die die Welt erobert hat, aber ganze Völkerschaften erzählen andere Geschichten von US-amerikanischer Freiheitsideologie. Zudem, und das ist Stoiber in seiner unermeßlichen Weisheit wohl kurzzeitig entfallen, ist der US-amerikanische Freiheitsbegriff, der versucht war im Unabhängigkeitskrieg gegen die britische Krone, sich eine Realität zu schaffen, ein aus Europa importierter Wert. Inspiriert durch Aufklärer wie den Briten Locke oder den französisch-schweizerischen Schriftsteller Rousseau, machten sich die Gründerväter der Vereinigten Staaten von Amerika daran - allen voran Thomas Jefferson, der für eine realpolitische Form amerikanischer Aufklärung steht -, die Werte von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit in ein Verfassungsfundament zu gießen. Diese Freiheit, so revolutionär sie damals auch war, war bereits kaum ein Jahrhundert später überholt, war bereits ein Anachronismus, weil es eine Freiheit der Leistungsaristokratie war, die sich in den USA manifestierte, die ja auch im aufklärerischen Denken und nachher in den Köpfen der Jakobiner eine auf Aristokratie begründete Freiheit war - wohlgemerkt eine bürgerliche, d.h. durch Leistung begründete, d.h. wiederum: durch das Fassungsvermögen des Geldbeutels animierte Freiheit. Hier wäre noch soviel mehr anzubringen, aber diesen Gedanken abschließend sei festgehalten, dass diese Denkweise, dieses konkrete Analysieren US-amerikanischer Freiheitsideologie, keinen Einzug in ein Interview finden kann, vorallem dann nicht, wenn ein ausrangierter Politkadaver versucht ist, seine Leserschaft zu manipulieren, gezielt in eine von ihm erwünschte Richtung zu bugsieren.
Viel geredet und nichts gesagt. Freilich, so kennen wir beide Gesprächspartner, den stotternden Stoiber genauso wie den Staatsbüttel BILD. Diese Form "politischer Aufklärung", die man den Bürgern in Form eines Interviews mit einem an Reputation angereicherten Ex-Ministerpräsident zukommen läßt, ist die übliche Art und Weise politischer Kaltstellung der Massen. Man suggeriert ihnen, dass man sie informiert, dass da geballtes Wissen am Tun ist. Dabei packt man bereits gefaßte Ziele lediglich in eingängige Formeln und Schlagworte. Da wird dann z.B. nicht begründet, warum man eine Linksregierung nicht haben will - die es in diesem Land, zu diesem Zeitpunkt, gar nicht geben kann, denn in dieser politischen Richtung herrscht derzeit Personalmangel -, sondern man schmiedet eine einprägsame Satzformel und damit ist die Erklärung zwar nicht geliefert, aber geschickt verdrängt. Einmal mehr zeigt sich, dass in Zeiten medialen Dauerbombardements mit den einfachen, antiquierten Einsichten Gustave Le Bons, Massen zu steuern sind. Wichtig sind keine Analysen, tiefgreifende Erklärungen, das skeptische Hinterfragen von Gemeinplätzen, sondern das "schnelle Wort", der einprägsame Satz und dazu die durch Amtswürden verliehene Aura, die vorgaukelt, der Redende wisse, wovon er spreche.
Die BILD liefert natürlich ein besonders plattes Stück Desinformation, aber kaum besser - wenngleich eloquenter - sind die Plattheiten anderer Tageszeitungen und Magazine. Und es ist immer wieder überraschend, mit welch billigen Mitteln, welch aussagelosen Aussagen, man eine ganze Seite Interviews entstehen lassen kann...
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