In nuce

Mittwoch, 14. Mai 2008

Zwangsarbeit kommt wieder in Mode. Diktatur ist wieder voll im Trend. Sofern Sie Ihre alten Kapo-Armbinden oder schwarze Uniformen noch im Schrank haben, sollten Sie sie nicht wegwerfen, denn ab den kommenden Sommer könnte sich das Einmotten der guten Stücke gelohnt haben. Mit romantischem Fernweh nach der guten, alten Zeit, in der noch Zucht und Ordnung herrschte, versucht man das Flair damaliger Tage wiederzubeleben. Freilich ist nicht alles so, wie es einst war, denn aus der rostigen Stahlkugel, die man keck um das Fußgelenk gewickelt trug, ist heute eine ordinäre "Pflicht zur Mitwirkung" geworden, und der drangsalierende Kapo steht nicht mehr mit der Gerte daneben, sondern sitzt fernüberwachend im Büro des jeweiligen Jobcenters, nennt sich dort euphemistisch "Sachbearbeiter", doch ist man versucht, Altbewährtes nach bestem Wissen und Gewissen zu reanimieren. Namentlich Wirtschaftsminister Glos tut sich hervor, um als Gründervater des BAD (Bundesarbeitsdienstes) in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen zu können. "Bürgerarbeit" nennt man diese feine Einrichtung; von Zwang wird aber nicht gesprochen. Man will ja niemand erschrecken. Und in Zeiten, in denen man wie verrückt auf die politische Korrektheit achtet, ist nicht wichtig, was wirklich politisch korrekt ist, sondern wie man es in politisch korrekter Weise bezeichnet. Deshalb darf man nicht von Zwang sprechen, auch wenn Zwang angewandt wird.
Das wird wieder schön romantisch werden, so wie damals: "Der Bundesarbeitsdienst ist Ehrendienst am deutschen Volke. [...] Der Bundesarbeitsdienst ist zur Durchführung gemeinnütziger Arbeiten bestimmt.“ Letztendlich ist dies die logische Konsequenz, nachdem vor einigen Jahren in Wirtschaftsministerium bereits von Schmarotzern und Parasiten die Rede war. Nun werden die Arbeitsscheuen zu braven Volksgenossen herangezogen. Aber "entartet" darf man weiterhin natürlich nicht sagen, und wenn ein besonders frecher Zeitgenosse seinen Drangsaleur "Kapo" nennt, dann wird wieder gewettert, der Nazi-Jargon angemahnt. Aber Zwangsarbeit fordern und es Bürgerarbeit nennen - sowas ist immer erlaubt, solange die Begrifflichkeit stimmt.

Vor einiger Zeit schrieb ein von mir geschätzter Kollege, dass es an der Zeit wäre, die Bonzokratie dieses Landes zu zerschlagen. Damit traf er natürlich auch meine Einstellung, nur war mir der Begriff "Bonzokratie" bis dato noch nie ins Bewußtsein gerückt bzw. ich hatte ihn wahrscheinlich vormals nie gehört. Anzeichen für Bonzokratie? - Ganz einfach, anhand der plötzlichen Hochzeit des Altbundeskanzlers: "Trauzeugen waren der Chefredakteur der "Bild"-Zeitung, Kai Diekmann, und der Medienunternehmer Leo Kirch. Beide gelten als enge Freunde Kohls." Da trifft zusammen, was zusammengehört...

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