Die SPD ist high

Montag, 23. März 2009

So titelt heute der Stern in seiner Online-Ausgabe. Und man möchte ihm zurufen: Nicht nur die SPD! Auch deine Journalisten! Und wie! Die sind mal so richtig benebelt, vollkommen breit. Wie anders soll man es auch auslegen, wenn sich ein Journalist einen Partei-Aufschwung aus den Fingern saugt, den bis dato niemand, wirklich niemand, wahrscheinlich auch kein halbwegs fanatisierter Sozialdemokrat, bemerkt hat? Was Sebastian Christ - so der Name des Benebelten - zusammentrug, um den Leser über Entwicklungen zu informieren, die er exklusiv im Stern - und nur dort! - nachlesen kann, ist ein derart verqueres Aneinanderreihen von Banalitäten, dass es kaum der Rede wert wäre. Aber reden wir dennoch darüber.

Er versteift sich, so könnte man es deuten, auf Hubertus Heils Mimik, die irgendwie wie die Mimik eines Gewinners aussehen soll, weil man sich in der SPD ja für eine finanzielle Unterstützung von Opel ausspricht. Aus irgendeinem Grunde kommt Christ damit auf die Idee, die Sozialdemokratie hätte damit Profil erhalten, weil sie mal wieder so tut, als sei sie der Anwalt des kleinen Mannes, zumindest aber der Anwalt des Opelaners. Und nach der schlimmsten SPD-Krise seit langem, die sich am Namen Kurt Beck festmacht, würde Heil nun Selbstvertrauen ausstrahlen. Verstanden? Nein? Macht nichts, muß man wahrscheinlich auch nicht. Denn um ehrlich zu sein, der gesamte Text des Benebelten gibt wenig Sinn, er ist nicht schlüssig und wirkt zusammengeschustert, als hätte der Autor in verschiedenen Texten zur SPD gefischt, um sich einen neuen Text zusammenzustellen - Artikel Marke Baukastensystem. Mittendrin fällt ihm aber dann doch noch ein, dass die highe SPD bei der Sonntagsfrage keinen Boden gutgemacht hat - braucht sie auch nicht, denn Hubertus Heil wirkt so selbstbewußt und stark, wer braucht da schon Wahlumfragen?

Sebastian Christ ist kein bekannter Name innerhalb seines Berufstandes. Es wundert einen ob dieser Qualität an Nicht-Qualität auch nicht. Was er aber verdeutlicht ist die allgemeine Qualität des deutschen Journalismus, treffender ausgedrückt: die fehlende Qualität. Es wird wie wild darauf losgeschrieben, ohne Inspiration, ohne Ideen. Die groteskesten Einfälle werden zu Leitartikeln aufgebauscht, irre Deutungen, analysiert von Wolkenkuckucksheim aus, biegen sich eine Welt zurecht, die eigentlich kaum ein Leser jemals so wahrgenommen hat. High sind vorallem die Journalisten, die einen solchen Stoff ersinnen - ein ganzer Berufsstand auf Drogen?

Was für ein Mangel an Qualität! Da fürchten sich Menschen um ihre Zukunft, haben Angst bald Bestandteil jener Armenverwaltung zu werden, die eben jene Sozialdemokratie mit Hilfe der grünen Vasallen, installiert hat; da bangen viele, viele Menschen um ihre Lebenspläne, sorgen sich um ihre Kinder, die in eine immer kältere Welt hineingeboren werden; glauben nicht mehr an Gerechtigkeit, weil plötzlich Milliardensummen für Banken und Unternehmen da sind, während vorher keine Millionen für Soziales in der Kasse zu sein schienen; Menschen sorgen sich um die Demokratie, weil elitäre Zirkel das Wahlrecht für Rentner oder Arbeitslose abschaffen wollen und dergleichen faschistoides Antidemokratentum mehr; und nicht wenige sehen in der Wirtschaftskrise, verbunden mit der deutschen Geltungssucht in der Welt einen neuen Antrieb zu ganz neuen großen Plänen - aber was macht der deutsche Journalismus? Er schwelgt in Nebensächlichkeiten, betreibt qualitativ minderwertige Parteienwerbung, die noch nicht einmal einen Hauch von Realität besitzt. Er tut so, als sei zwischen der Union und der Sozialdemokratie ein nennenswerter Unterschied feststellbar, den man unbedingt den Leser ans Herz schreiben will.

Die SPD ist high? Kann sein, der Genosse Heil muß ja irgendein Motiv für seine Überheblichkeit haben. Aber mit der SPD sind wahrscheinlich sämtliche Journalisten bekifft. Ja, sehen wir der Tatsache doch ins Gesicht: Unsere Eliten sind immer noch, selbst jetzt in Zeiten der von ihnen erwirkten Krise, bis in die Haarspitzen hinein mit Räuschen erfüllt. Sie schweben immer noch da oben, alle zusammen, Politik, Wirtschaft und Presse Hand in Hand, und schreiben und phantasieren sich eine Welt zusammen, die es wahrscheinlich so nie gab. Unsere Eliten sind high, komplett stoned, vielleicht für diese, für unsere, für die Welt der kleinen Leute, gar nicht mehr reanimierbar. Eine Zwangstherapie hätten diese Herrschaften schon lange nötig...

9 Kommentare:

Anonym 24. März 2009 um 08:23  

ine Zwangstherapie hätten diese Herrschaften schon lange nötig...


......da gibt es in Sibirien schöne Gegenden, wo man therapieren kann.

Anonym 24. März 2009 um 09:26  

Dass der Journalismus in Zeiten der Krise nicht besser wird, liegt auf der Hand. Schließlich wird hier massiv abgebaut und Existenzängste verstärken auch in diesem Metier den Hang zu Unterwerfung und Anpassung. Sogar eine Frau Will wird sich hüten, sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen und wendet den investigativen Journalismus nur in homöopatischen Dosen an. Das nützt ihr aber nichts: Wer sich das SPon-Forum zum Merkel-Auftritt zumutet, muß feststellen, dass die große Mehrheit die Bundes-Mutti als große Gewinnern sieht und die Moderatorin gnadenlos niedermacht. Wenn es wenigstens einer gesagt hätte: Ein mittelmäßiges Interview mit einer nichtssagenden Kanzlerin und einer Fragestellerin, die illusionslos ihren Fragenkatalog abspulte. Es sieht ganz so aus, als würden sich die Medien demnächst auf den Slogan 'Merkel wählen' einigen und damit jenem dumpfen Gefühl Rechnung tragen, dass diese nichtssagende Frau die Einäugige unter den Blinden ist. Immerhin hat sie die wichtigsten Pressevertreter auf ihrer Seite: Liz Mohn und Friede Springer...

Anonym 24. März 2009 um 11:07  

Klar, die SPD ist high.
Deshalb ist die neoliberale
Kra(n)ke von wahrhaften Sozialdemokraten auf Entzug zu setzen, was auch für den Mainstream-Journalismus und seine propagandistischen 'Produkte' sinnvoll wäre.

Anonym 24. März 2009 um 12:00  

Latein?
Schön und gut,
wenn man's verstehen tut!

Anonym 24. März 2009 um 13:18  

Und man sieht mal wieder: Zensur ist schlicht völlig unnötig. Da gibts viel geschicktere Mechanismen, um sich die "uneingeschränkte Unterstützung" der ... nun hätt sich fast Speichellecker geschrieben ... Journalisten zu sichern.
Man fragt sich allerdings, wo denn plötzlich die sPD-Affinität beim Stern herkommt. Wo die doch diesem Herrn Güllner seit Jahren eine Bühne für seine FDP-Lobhudeleien bieten

Anonym 24. März 2009 um 13:32  

Wenn sie mal bekifft wären... ich fürchte jedoch, wir haben es mit einer ganz anderen 'Wirkstoffkombination' zu tun.

Die 'Anbiedernden Rundfunkanstalten Deutschlands' können es aber sogar noch besser, wie dieser Kommentar beweist:

http://www.tagesschau.de/kommentar/kommentar258.html

Köhlers 'Berliner Rede' - die natürlich mal wieder in einer Kirche 'spielt' - erging es schon im Vorlauf nicht anders:

"Köhlers Rede über die Wirtschaftskrise unter dem Titel "Glaubwürdigkeit der Freiheit" war mit Spannung erwartet worden. Seinem Wort wird in dieser Situation besonderes Gewicht zugeschrieben, da Köhler als ehemaliger Chef des Internationalen Währungsfonds als ausgewiesener Kenner der Finanzmärkte gilt."

http://www.tagesschau.de/inland/berlinerrede104.html

Kein Wort von irgendeiner etwaigen 'Mitverantwortung' in dieser Position, kein Wort davon, dass er diese 'Krise' tat- und später wortkräftig mit 'herbeireformiert' hat.

'Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit der Hofberichterstattung'...

Anonym 24. März 2009 um 14:40  

Das Auseinanderdriften der selbsternannten Eliten und des 'gemeinen' Volkes könnte im Grunde positiv zu bewerten sein. Warum? Es könnte ein deutliches Signal für das sich abzeichnende Ende der Veranstaltung sein.

Ich greife da auf meine Erfahrungen mit dem Ende der DDR zurück. Ich muß zu meinem eigenen Erstaunen feststellen, wie sehr sich gewisse Verhaltensmuster der selbsternannten Eltien ähneln. Die Abgehobenheit und Realitätferne von Parteienvertretern, Wirtschaftsbonzen und Journalisten ist frappierend.

Wie damals haben die offiziellen Verlautbarungen der Medien sowie die Statments der Politiker mit der täglich erlebten Realität nichts mehr gemein. Sie leben in einem selbsterschaffenen Wolkenkuckucksheim aus Untertanenmanipulation und Selbstbetrug. Sicher sind die heutigen Methoden weitaus raffinierter und nicht so grobschlächtig, primitiv wie zu Erichs Zeiten, die Grundprinzipien sind allerdings die gleichen.

So ist sicher vielen schon aufgefallen, daß direkte, unverblümte Gesellschaftskritik im TV bzw. Radio mittlerweile nur noch im Kabarett anzutreffen ist. Eine weitere Parallele zur DDR der 80er Jahre.

Leider gibt es einen gewaltigen Unterschied zu den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, weshalb ich in den ersten Zeilen auch ausdrücklich "könnte" schrieb. Die Allgemeinbildung, das Wissen und vor allem das Interesse an gesellschaftspolitischen Zusammenhängen ist bei vielen Mitbürgern kaum noch vorhanden. So haben es die Manipulatoren heute viel einfacher den Plebs auf Linie zu halten. Die gezielte Rückführung der Schulbildung der breiten Masse auf Volksschulniveau tut ihr übriges.

Ein Meisterstück der Manipulation kann man gerade im ZDF mit dem Dreiteiler über die Krupps erleben. Es handelt sich dabei um einen weiteren Baustein zur Umschreibung der Geschichte zu Gunsten der damaligen, und damit indirekt auch heutigen, Eliten (Industrielle, Politiker, Offiziere, etc.) bzw. einer teilweisen Reinwaschung ihrer Verbrechen.

So befürchte ich, daß der deutsche Michel eher wieder einem "starken Mann" hinterher rennen wird, als endlich aufzuwachen und die wahren Schuldigen für seine Misere zu erkennen.

pillo

Anonym 25. März 2009 um 02:16  

@pillo

"[...]So befürchte ich, daß der deutsche Michel eher wieder einem "starken Mann" hinterher rennen wird, als endlich aufzuwachen und die wahren Schuldigen für seine Misere zu erkennen.[...]"

In der bisherigen Ermangelung eines charmismatischen "starken Mannes" aus der rechtsextremen Ecke bleibt deine Befürchtung bestimmt unbegründet ;-)

Ich seh das was eher aus der linken Ecke auf uns zukommen, aber ob es ein "starker Mann" oder eine "starke Frau" ist, dass steht noch in den Sternen - Übrigens, nach ihrem Auftritt bei der Hofberichterstatterin Anne Will glaube ich kaum, dass die "starke Frau" nach (noch) weiteren vier Jahren Angela Merkel heißen wird.

Ich prognostiziere derzeit, gerade wegen des Auftritts von Angie bei Anne Will, und den Busenfreundinnen von Angela Merkel Liz Mohn & Friede Springer eher für eine Horrorkoalition aus CDU/CSU/FDP oder - was manche für wahrscheinlicher halten, da Angie die FDP brüskiert hat - für weitere vier Jahre "Große Koalition" in Berlin....

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

Anonym 25. März 2009 um 12:37  

Reingefallen!. Den Artikel hatte Titanic undercover in den "Stern" eingeschleust. Ätsch!

Schon bei "Welch ruhiger Tonfall. Diese Beherrschtheit. ..." hätten Sie alle es merken müssen :-)

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