De auditu
Freitag, 13. März 2009
Stets, wenn die besonders wichtigen Menschen unserer Gesellschaft sich in Betroffenheitslyrik suhlen, finden allerlei vorgezeichnete Floskeln, die im Stakkato runtergerattert werden, Einzug in die öffentliche Berichterstattung. Eine der gern gebrauchten Phrasen ist jene von der "sinnlosen Gewalt", wie sie erst neulich Horst Seehofer wieder benutzte, als er sich animiert sah, auch seinen Betroffenheitsanteil in die "Winnenden-Geschichte" hineinzuwerfen. Die "sinnlose Gewalt" ist zum Allgemeinplatz der Trauerrhetorik geworden, wird ohne Nachzudenken als hohle Phrase gebraucht, um in einer Stunde, da eigentlich keine Worte erfassen können, was da an menschlichen Leid erzeugt wurde, doch noch kamera- und mediengerecht in Szene gesetzt werden zu können - lieber hohl als leise; lieber leer engagiert wirkend als zurückhaltend vernünftig.
Was diese Phrase vertuscht, ist die Erkenntnis, wonach Gewalt immer sinnlos ist. Sie erzeugt keine wesentlichen Lösungen, bewirkt stattdessen nur eine Spirale von Endlosgewalt und - sofern es sich um tödliche Gewalt handelt, und immer wenn die "sinnlose Gewalt" aufgesagt wird, handelt es sich um eine solche Tödlichkeit - ist als letztlicher Beender allen Lebens, der Auflöser menschlicher Lebenssinne, daher vollkommen sinnraubend und sinnlos. Mit dem Auslöschen eines menschlichen Lebens, löschen wir den Lebenssinn des Getöteten aus, egal ob er ihn schon gefunden hatte, keinen maßgeblichen Sinn kannte oder felsenfest für einen sich selbst auferlegten Sinn lebte. Die tödliche Gewalt ist Sinnzerstörer, negiert Sinn, ist sinnlos - immer.
So weit würde die Floskel Geltung haben. Aber im Gebrauch der "sinnlosen Gewalt" spiegelt sich ein Weltbild wider, welches man zwischen den Zeilen erfassen kann. Wo es für Menschen "sinnlose Gewalt" gibt, muß es auch soetwas wie eine "sinnvolle Gewalt" geben. Jemand der die pazifistische Selbstverständlichkeit (zumal in Zeiten der Massenvernichtung), wonach Gewalt immer und überall eine sinnlose Widerlichkeit ist, in der Art umgeht, nur in bestimmten Fällen die Sinnlosigkeit gelten zu lassen, muß auch das vermeintliche Gegenteil, muß die "sinnvolle Gewalt" kennen oder zumindest erahnen. "Sinnvolle Gewalt" ist in solchen Weltbildern nicht selten die Gewalt des Krieges, das Bombardieren irakischer Zivilisten beispielsweise. Diese Gewalt sei unumgänglich, sei notwendig, müsse von irgendjemanden erbracht werden - sie ist traurige, aber dennoch "sinnvolle Gewalt", denn sie schafft zwar viele Tote, aber soll auch ein Land in die kapitalistische Welt zurückführen, soll dort also neue Sinne schaffen.
Wo die These der "sinnlosen Gewalt" zuhause ist, offenbart sich - wie bei sprachlichen Turnübungen üblich - die Antithese, die in Form einer "sinnvollen Gewalt" daherkommt. Beides verschmilzt zur Synthese, die sich dann in einem Weltbild niederschlägt, welches Gewalt als Mittel nicht scheut, aber nur dann, wenn es nutzbringend, vorteilhaft und vorallem gesellschaftlich legitimiert ist oder gesellschaftlich ignoriert wird. Die Betroffenheitslyrik dieser Coleur nötigt uns unbewußt ein Herrschaftsdenken auf, zeigt, versteckt hinter verbalen Tränen, auf die Segnungen legalisierter Gewalt und verurteilt demnach nicht Gewalt an sich, sondern nur Gewalt, die nicht ins Konzept paßt. Es ist nicht die Rhetorik der Lämmer, sondern jene angeschlagener Wölfe.
Was diese Phrase vertuscht, ist die Erkenntnis, wonach Gewalt immer sinnlos ist. Sie erzeugt keine wesentlichen Lösungen, bewirkt stattdessen nur eine Spirale von Endlosgewalt und - sofern es sich um tödliche Gewalt handelt, und immer wenn die "sinnlose Gewalt" aufgesagt wird, handelt es sich um eine solche Tödlichkeit - ist als letztlicher Beender allen Lebens, der Auflöser menschlicher Lebenssinne, daher vollkommen sinnraubend und sinnlos. Mit dem Auslöschen eines menschlichen Lebens, löschen wir den Lebenssinn des Getöteten aus, egal ob er ihn schon gefunden hatte, keinen maßgeblichen Sinn kannte oder felsenfest für einen sich selbst auferlegten Sinn lebte. Die tödliche Gewalt ist Sinnzerstörer, negiert Sinn, ist sinnlos - immer.
So weit würde die Floskel Geltung haben. Aber im Gebrauch der "sinnlosen Gewalt" spiegelt sich ein Weltbild wider, welches man zwischen den Zeilen erfassen kann. Wo es für Menschen "sinnlose Gewalt" gibt, muß es auch soetwas wie eine "sinnvolle Gewalt" geben. Jemand der die pazifistische Selbstverständlichkeit (zumal in Zeiten der Massenvernichtung), wonach Gewalt immer und überall eine sinnlose Widerlichkeit ist, in der Art umgeht, nur in bestimmten Fällen die Sinnlosigkeit gelten zu lassen, muß auch das vermeintliche Gegenteil, muß die "sinnvolle Gewalt" kennen oder zumindest erahnen. "Sinnvolle Gewalt" ist in solchen Weltbildern nicht selten die Gewalt des Krieges, das Bombardieren irakischer Zivilisten beispielsweise. Diese Gewalt sei unumgänglich, sei notwendig, müsse von irgendjemanden erbracht werden - sie ist traurige, aber dennoch "sinnvolle Gewalt", denn sie schafft zwar viele Tote, aber soll auch ein Land in die kapitalistische Welt zurückführen, soll dort also neue Sinne schaffen.
Wo die These der "sinnlosen Gewalt" zuhause ist, offenbart sich - wie bei sprachlichen Turnübungen üblich - die Antithese, die in Form einer "sinnvollen Gewalt" daherkommt. Beides verschmilzt zur Synthese, die sich dann in einem Weltbild niederschlägt, welches Gewalt als Mittel nicht scheut, aber nur dann, wenn es nutzbringend, vorteilhaft und vorallem gesellschaftlich legitimiert ist oder gesellschaftlich ignoriert wird. Die Betroffenheitslyrik dieser Coleur nötigt uns unbewußt ein Herrschaftsdenken auf, zeigt, versteckt hinter verbalen Tränen, auf die Segnungen legalisierter Gewalt und verurteilt demnach nicht Gewalt an sich, sondern nur Gewalt, die nicht ins Konzept paßt. Es ist nicht die Rhetorik der Lämmer, sondern jene angeschlagener Wölfe.
18 Kommentare:
Vielleicht war Tim K. ja nur ein Surrealist im Sinne von André Breton:
"Die einfachste surrealistische Tat besteht darin, mit Revolvern in den Fäusten auf die Straße zu gehen und blindlings, solange man kann, in die Menge zu schießen. Wer nicht einmal im Leben Lust gehabt hat, auf diese Weise mit dem derzeit bestehenden elenden Prinzip der Erniedrigung und Verdummung aufzuräumen - der gehört eindeutig selbst in diese Menge und hat den Wanst ständig in Schusshöhe."
Es ist wie eine Welle! Immerwiedermal ein Attentat - Betroffenheit - Sprüche - Erklärungsversuche. Und dann...
Vergessen!!!
Ich habe auf Nachdenkseiten.de einen Leserbrief gefunden, den ich hier einfach mal reinkopieren will, da er mir, gewissermaßen, aus dem Herzen spricht und die Thematik voll erfasst (ich habe selbst 2 Kinder 18/25)!
Zum Amoklauf an der Schule in Winnenden schrieb uns NDS-Leser A.R.:
Wenn ich mir die ersten Reaktionen auf den Amoklauf in den Medien betrachte, so ist mein Fazit niederschmetternd.
Es wird von schnellerem Eingriffen der Polizei, neuen Waffengesetzen, Schizophrenie, Gewaltcomputerspielen, Drogen, mehr Schulpsychologen, Prävention usw. gesprochen.
Niemand spricht die allgemeine Abstumpfung der Gesellschaft, den stetig wachsenden Druck auf die Jugendlichen, das fehlende Verständnis für Mittelmäßigkeit, Mobbing durch Mitschüler, die fehlende Zuneigung bei Versagen, die Angst der Jugend vor der Zukunft, mangelndes Verständnis von Lehrern für ihre Schüler usw. an.
Bei mir macht sich eine gewisse Hoffnungslosigkeit breit. Die Lösung wäre doch einfach. Man gibt auch den vermeintlichen jugendlichen Versagern Menschlichkeit, Wärme, Geborgenheit, Verständnis und eine berufliche Zukunft.
Ich erwische mich selbst oft genug dabei, über meine jugendlichen Kinder zu denken, sie haben nur eine Chance in der Gesellschaft zu bestehen, wenn sie zu den Besseren oder den Besten gehören.
Stattdessen diskutiert man 10 Stunden nach der Tat einen Fragebogen, um die “Risikoträger” leichter zu identifizieren.
In welcher Gesellschaft leben wir eigentlich, wenn die Medien 10 Stunden nach der Tat mit solchen perfiden Weisheiten auftreten?
Wo bleibt die wirkliche Auseinandersetzung mit der Thematik?
Wie bei allen ungelösten Problemen (siehe Berichterstattung Finanzkrise) werden hier emotionslose Patentlösungen eingefordert, die mit den ursächlichen Problemen solcher “vermeintlichen Killer” nicht das geringste zu tun haben.
“Der Junge kommt aus einem guten Elternhaus” - ja und was hat das mit den wirklichen Problemen der betroffenen Jugendlichen zu tun?
Jetzt hat man Angst vor den Nachahmern, aber auch die Nachahmer haben tiefe menschliche Zerwürfnisse in sich, oder will man mir weismachen, das man auf Grund einer Inspiration zum Killer wird. Nein, die menschlichen jugendlichen Zeitbomben, die auf Grund so einer Tat zum Nachahmen angeregt werden, haben auch aus Ihrer Sicht Unmenschliches erlebt.
Mir kann niemand erzählen, dass ein 17 jähriger Junge ohne jahrelange Fremdeinwirkung zum Killer wird.
Weder der Schulpsychologe, Risikofragebogen oder Wachdienst vor der Schule werden dieses Problem lösen, sondern nur Menschen, die den Jugendlichen mit Liebe, Menschlichkeit vielleicht auch ein wenig mehr Disziplin, Verständnis und Respekt gegenübertreten.
Wir, die Lehrer und Eltern müssen zu den Kindern und Jugendlichen ein Bund des Vertrauens aufbauen, bei dem auch das Versagen als menschliche Normalität verstanden wird.
Dazu gehört auch, dass Lehrer und Eltern den Kindern und Jugendlichen beibringen, das anders Denkende, anders Fühlende und anders Aussehende Jugendliche nicht zu Mobbingopfern degradiert werden.
Wenn wir diesen Weg nicht beschreiten, wird sich die Situation weiter verschärfen und alle Jugendlichen werden Opfer eines Fragebogens der Schulpsychologen…..Und das sinnlose Morden geht weiter….
"[...]Es ist nicht die Rhetorik der Lämmer, sondern jene angeschlagener Wölfe.[...]"
Sehr treffend ausgedrückt.
Bei Nachdenkseiten steht heute auch so einiges dazu - unter Punkt 13:
http://www.nachdenkseiten.de/?p=3821#more-3821
Was ich noch dazu anmerken will, ich habe den Irak-Krieg, und die Kriegsverbrechen in diesem Zusammenhang verfolgt.
Die Parallelen, die du ansprichst sind wirklich unheimlich übereinstimmend. Es gab z.B. in Haiditha, einem kl. irak. Ort, noch zu Zeiten der Bush-Regierung, einen Amok-Lauf von US-Soldaten, die wahllos ZivilistInnen abknallten, nachdem 2 Kameraden (?) bei einem Anschlag auf den US-Konvoi ums Leben gekommen sind.
Hier zeigt sich keiner betroffen.
Warum auch? Es ist ja Krieg, und zynisch ausgedrück, da sind Amok-Läufe ja was normales.
Ich muß nicht extra erwähnen, dass für mich beides Irrsinn ist.
Was übrigens am selben Tag wie in Winnenden in den Medien lief war die unheimliche Übereinstimmung mit dem Amoklauf eines 27-jährigen US-Amerikaners in seiner Heimat USA, und eines Irakers im Irak. Alle 3 Vorfälle am selben Tag.
War der Amokläufer von Winnenden vielleicht ein Nachahmungstäter?
Soviel ich weiß besaß dieser ja auch Internet, und sicher TV, d.h. wenn die beiden anderen Amokläufe zeitlich vorher stattgefunden haben ist die Frage gar nicht so abwegig, wie die mir im ersten Moment selbst vorkommt.
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
(=Kriegsdienstverweigerer und Pazifist)
Je mehr Leistungs- und Konkurrenzdenken und Ausschluss von "Leistungsverweigerern" in der Schule vorherrscht, desto mehr Schüler versagen, werden depressiv und drehen durch.
Das hat nix mit "Bloß-nix-von-Schülern-verlangen" zu tun, sondern schlicht damit, dass man Schulen nicht wie Firmen oder Betriebe führen sollte, genau das passiert aber momentan.
Schwache Schüler brauchen Hilfe, nicht noch zusätzlichen Druck oder eine "leichtere" = schlechtere Schule.
Genau so läuft es aber momentan.
Je mehr Konkurrenzdenken in den Schulen aufkommt, desto mehr Ellbogen- und Cliquenmentalität kommt auf, sei es, um Schwächere auszugrenzen oder um Stärkere fertigzumachen, um von der eigenen Schwäche abzulenken oder um einfach "andere" auszuschließen, weil sie nicht 100% ins Schema passen und manchmal durch Nachfragen den Unterricht aufhalten. Das führt halt dann dazu, dass Schüler ausgegrenzt werden und dann passiert halt sowas.
Schule hat etwas mit Lernen und Erziehen und Aufwachsen zu tun, nicht mit dem Aussortieren von Menschen und auch nicht mit dem Aussortieren von vermeintlich "Leistungsschwachen", welche nicht wirklich leistungsschwach sind, sondern für die die Wirtschaft einfach keine Stellenangebote hat.
Genau dazu, nämlich einem kostengünstigen Assessment-, Selektions- und Trainingscenter, will die Wirtschaft die Schulen aber machen.
Und was machen die Schüler?
Mobben, werden gewalttätig und schießen.
Paßt eigentlich als pervers logische Antwort, denn wie es so schön heißt:
Gewalt ist die letzte Zuflucht der Hilflosen.
Was meint die prominente Linke Lucy Redler zum Fall - "Nach dem Amoklauf in Winnenden" - http://www.sozialismus.info/?sid=3057
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Apropos sinnlose Gewalt. Wenn es sinnlose gibt, dann gibt es auch sinnvolle. Sinnvolle Gewalt wäre, aus der Perspektive Seehofers formuliert, wenn die Arbeitslosen mit den Hartz-IV-Gesetzen tausendfältig gedemütigt werden, damit man sie in niedrig entlohnte Tätigkeiten hineintreiben kann, auf daß der Arbeitgeber noch höhere Profite macht.
Sinnvolle Gewalt…
Natürlich ist Gewalt immer sinnlos. Allein die Abnutzung dieses Begriffes durch Politiker und einschlägige Kommentatoren suggeriert, dass es auch sinnvolle Gewalt gäbe. Im Sinne der Staatsraison gibt es natürlich die putative Notwehr, den finalen Rettungsschuss in inneren, Polizei- und Militäreinsätze gegen „Terror“ einschließlich der Kolateralschäden. Auch Attentate werden stets mit dem Adjektiv „feige“ belegt, auch wenn der Attentäter sich in die Luft sprengt. Auch wenn solche Taten zu missbilligen sind, feige sind sie gewiss nicht. Ebenso wie die Taten von Thomas Steingräber und Tim Kretschmer sind sie ein Verzweiflungsakt, der aus einer vermeintlichen oder tatsächlichen Ausweglosigkeit resultiert. Gewalt wird immer dann als legitim dargestellt, wenn sie durch Staatsorgane oder das Militär ausgeübt wird. In diesem Sinne ist anscheinend die ‚Tötung’ eines 70jährigen Blinden durch eine Luft-Boden-Rakete, der seit seiner Geburt an einen Rollstuhl gefesselt ist, weder feige noch sinnlos. Amok und Attentat sind letztlich nur Ausdruck von Ohnmacht gegenüber einer Welt, deren Regeln und Wertvorstellungen nicht mehr nachvollziehbar sind.
Komisch, dass Tim beim Bund ausgemustert wurde. Die suchen doch solche Leute: http://www.welt.de/print-wams/article107173/Bundeswehr_braucht_archaische_Kaempfer.html
@christophe
"[...]Amok und Attentat sind letztlich nur Ausdruck von Ohnmacht gegenüber einer Welt, deren Regeln und Wertvorstellungen nicht mehr nachvollziehbar sind.[...]"
Seh ich genauso bei der Re-Feudalisierung Deutschlands.
Man muss sich eigentlich wundern, dass wir uns dies widerstandslos gefallen lassen bzw. die Gewalt immer gegen die falschen richten.
Was können die Schüler in Winnenden den dafür, dass Sozialabbau und Krieg seit Schröder/Fischer/Merkel/Westerwelle
fester Bestandteil dt. "Politik", wir werden in Wahrheit von Banken und Versicherungen "regiert", sind?
Wieso richtet der Amokläufer seine Aggression nicht in diese Richtung, wenn denn die Gesellschaft, wie sogar Innenminister Schäuble zugibt, unser Problem ist?
Er braucht ja keine Gewalt anzuwenden, der Amokläufer, friedlicher Widerstand würde schon reichen, um den Herrschaften in Berlin, Stuttgart und anderswo zu zeigen:
"Es reicht!" oder zapatistisch "Ya, basta!"
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
"Lagerung von Waffen in Privathaushalten untersagen"?
Mehr dazu hier:
http://www.linksfraktion.de/pressemitteilung.php?artikel=1284800515
Ich finde Gregor Gysi hat völlig recht!
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
"[...]Komisch, dass Tim beim Bund ausgemustert wurde. Die suchen doch solche Leute: http://www.welt.de/print-wams/article107173/Bundeswehr_braucht_archaische_Kaempfer.html[...]"
Vielleicht hat er es nicht bei der Killertruppe KSK versucht sondern bei einem anderen Verein? Im Ernst, vielleicht war er auch nur untauglich und wollte so seinen Frust loswerden, d.h. sollte dem so sein, dann wäre die Bundeswehr mitschuld am Tod der Schüler in Winnenden - reine Spekulation.
Übrigens, auch Bundeswehrsoldaten leiden unter posttraumatischen Belastungsstörungen - ich denke aber, dass hier der Unterschied zu den USA - was privaten Waffenbesitz von Armeeangehörigen angeht - doch etwas gravierender ist.
Zum Glück für uns alle muss man sagen....
Ich will nicht wissen was passiert wenn ein wirklicher KSK-Spezialist in Deutschland durchdrehen und Amok laufen würde.
Der Amokläufer in den USA war wohl ein Ex-Marine? Ich rede vom selben, der am selben Tag wie der Schüler in Winnenden in den USA Amok lief.....
Reine Spekulation, aber wundern würde es mich nicht, und ich will auch nicht wissen wieviel bundeswehrinterne Amokanwärter schon darauf warten in Afghanistan, oder gleich hier in Deutschland durchzudrehen....
Es sind nämlich nicht allein Schüler, die für Amokläufe anfällig sind, die Computerspiele betreiben - so manch Angehöriger der Bundeswehr ist auch hochgradig Amok gefährdet, aber wie bereits erwähnt, die müssen ja ihre Dienstwaffen nach Dienstende abgeben - zum Glück für uns alle in Deutschland.
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Die Gegenüberstellung von sinnloser und sinnvoller Gewalt regt an: ist sinnvolle Gewalt (Krieg) nicht weitaus sinnloser?
Das mediale Trommelfeuer steht dem des Schützen in nichts nach. Beiden ging und geht es nicht um Lösungen.
In der Tat, was Gysi als Antrag in den Bundestag einbringen will, kann man nur unterstützen - indes wird es kein praktisches Ergebnis bringen bei der Interessen- und Machtsituation im heutigen Bundestag. Könnte man nicht auch mit diesem Inhalt ein Bürgerbegehren initiieren und damit auch gleich den Antrag verbinden, daß Hersteller und Vertreiber von Gewaltspielen mit einer "Risiko"-Steuer belegt werden. Man könnte sicher durch Steuerpolitik nicht das Problem lösen, aber doch einen Teil des Riesengeschäftes in die Gesellschaft zurückführen und so wenigstens mit solchen finanziellen Mitteln Leid mindern und gegensteuern.
hallo roberto, hallo alle mitleser ...
auch ich mag immer wieder die nachdenkseiten ins gespräch bringen, denn da gab es heute u.a. ein paar lesenswerte leserbriefe unter der rubrik "hinweise des tages" ...
ich selber möchte mich nur vorsichtig zu zu dem "vorfall" mit tim k. äussern, da ich ihn nicht kannte, die situation in der er war nicht nachvollziehen kann, und ansonsten auch nichts über diese person weiss ...
ich möchte mich hiermit lediglich den meisten aussagen der kommentatoren und das autoren anschliessen ...
was ich aber bisher am bemerkenswertesten fand, waren die leserkommentare ( nicht nur zu diesem thema ) vor allem in der sz-online ausgabe.
bemerkenswert daher, weil die aussagen von medienschaffenden redakteuren, von politikern und anderen so genannten experten im exakten gegenteil zu den leserkommentaren stand, denen ( zumindest manchen ) ich mehr kompetenz zuschreiben würde ( vor allem aber mehr taktgefühl und reflexionsfähigkeit ) als den zuerst genannten personen ...
und das ist mehr als nur schade, es ist ein armutszeugniss, denn es offenbart mal wieder, wie eigentlich fast täglich zu fast jedem thema, von was für erbärmlichen gestalten wir uns unser leben vorschreiben lassen.
nochmals, ich kann nur wild spekulieren, welche motive tim k. hatte, eine so extreme tat zu begehen ...
viele kommentatoren haben hier bereits diverse einflüsse genannt denen ich mich anschliessen möchte aber nicht weiss inwiefern sie auch zutreffen.
dennoch, nur wie kommt es zu so einer eskalation?
ich fürchte das ist eine frage, die gar nicht in der öffentlichkeit genannt werden soll, denn es könnte unsere "eliten" am ende in gar nicht so angenehmen licht zeigen, wenn man mal alles über die machenschaften dieser damen und herren zusammenfasst, und vor allem die daraus resultierenden konsequenzen ableitet ... ( spezialthema: sozialdarwinismus/feudalismus )
ich mag nur noch sagen, so schlimm es auch ist, doch möglicherweise ist die letzte vieldiskutierte tat von tim k. lediglich die essence des handels unserer politischen und gesellschaftlichen akteuren und deren vorgaben, nach denen sich ein grossteil der bevölkerung richten muss, oder "stirbt".
habe hier auch noch ein zusätzliches bröckchen zum thema gewalt:
http://electric.twoday.net
... bei zeiten wird das angefangene fortgeführt, denn auf einen konkreten sachverhalt bin ich noch nicht eingegangen ...
könnte dennoch passen ...
lg,
e
[...]Wieso richtet der Amokläufer seine Aggression nicht in diese Richtung, wenn denn die Gesellschaft, wie sogar Innenminister Schäuble zugibt, unser Problem ist?
Er braucht ja keine Gewalt anzuwenden, der Amokläufer, friedlicher Widerstand würde schon reichen, um den Herrschaften in Berlin, Stuttgart und anderswo zu zeigen:[...]
Warum?
Weil Gewalt nunmal das letzte Mittel der Hilflosen ist und nicht die erste Wahl der beherrschten, uneingeschränkt geistig Urteilsfähigen.
Er hat sich an denjenigen "gerächt", die er als "Quelle" seiner Pein ausgemacht hatte, leider waren diejenigen nicht nur / nicht alleine / garnicht (ich weiß es nicht) dafür verantwortlich.
Er hat sich vermutlich an denjenigen "gerächt", die er unmittelbar erreichen konnte.
Ein 17jähriger ist nicht unbedingt vollkommen auf dem Laufenden über das, was gerade passiert, nicht mal alle von uns hier sind vollkommen und umfassend informiert, nehme ich an.
Meiner Ansicht sollte man sich allerdings auch mal fragen, welcher "Sportschütze" 16 Mordwaffen zu Hause braucht. 2,3 oder 4 könnte ich ja noch irgendwo verstehen, aber 16 Stück?
Und wieso unbedingt Mordwaffen erlaubt sein müssen, ist mir auch nicht klar.
Kann man nicht auch mit Erbsenschleudern und ähnlichem nicht-kriegstauglichem Gerät auf eine Zielscheibe schießen?
Arsen, Opium und Selen kann man ja mittlerweile auch nicht mehr frei in der Apotheke kaufen, oder?
Hobbychemiker verknacken sie wegen des Besitzes von Quecksilber und Schwefel(säure), aber Schusswaffennarren dürfen genug Waffen und Munition bevorraten, um eine Kompanie auszurüsten???
Wer ein Taschenmesser zum Apfelschälen mit sich führt, wird wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz bestraft. Wer 16 Mordwaffen zu Hause offen vor den eigenen Kindern lagert, kriegt noch nicht mal eine Ordnungsstrafe?
@Martin
Stimme dir völlig zu, aber der Amoklauf in Winnenden hat vielleicht sogar noch eine andere Wirkung:
http://oeffingerfreidenker.blogspot.com/2009/03/ard-schauble-remix.html
Schau dir das Video einmal an - die Empfehlung gilt auch für andere, die hier evtl. mitlesen.
Bei all den Sicherheits- und Antiterrorgesetzen in Deutschland, die Schäuble vorangetrieben hat, wundert es mich nämlich schon, dass der Amoklauf überhaupt stattfinden konnte - das selbe gilt übrigens für die Hochsicherheitsgeschützte USA, wo regelmäßig Amokläufe von Einheimischen stattfinden.
Was taugt eigentl. die viel beschworene Antiterrorgesetzgebung seit dem 11. September 2001, wenn der Staat nicht einmal mit den eigenen Problemfällen in der Bevölkerung, die zuhause Waffen horten, klar kommt?
Es ist wohl doch wahr, dass diese sich nur gegen arabischstämmige richtet? In diesem Fall also sogar als rassistisch bezeichnet werden kann.
Hier wäre m.E. eine strikte Anwendung der Antiterrorgesetze auch gegen dt. Mitbürger mehr als gerechtfertigt.
Jeder, der zuhause Waffen hortet sollte eigentlich als "potentieller Terrorist" bzw. "Terrorverdächtiger" gelten, aber hier macht Schäuble (wegen der dt. Waffenlobby?) ja eine Ausnahme.
Gar nicht auszudenken, wenn ein "Ausländer" Amok gelaufen wäre, das Geschrei der - überwiegend konservativen - Medien in Deutschland wäre groß gewesen, und solche Populisten wie z.B. Roland Koch hätten darauf ihr Wahlkampfsüppchen gekocht - mal zynisch gesehen....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Den Sinn von Gewalt erklären zu wollen, ist nichts weiter als die Flucht vor der Verantwortung. Das kommt aus dem Unterbewußtsein und soll die Wahl der üblicherweise im Laufe der Geschichte ausgewählten Wege zur eigenen Durchsetzung legitimieren, eine Wahl die zu Ungunsten von Dialog und Pazifismus gefallen ist - fällt - und immer fallen wird.
Eine Ohrfeige die ein Elternteil seinem Kinde verpasst, verdient derjenige der Eltern selbst. Das kann man extrapoliert bis hin zu Kriege ausweiten, aber wozu? Die Legitimation ist schließlich da: Es ist passiert im Sinne einer "großen Sache".
Erziehung ist ein Beispiel für eine solche Sache. Die tägliche Vergewaltigung von Millionen Opfern der Hartz-Gesetze ist ein anderes Beispiel.
Wir haben heute oft nichte einmal mehr eine Ahnung von Sanftmut, Verständnis, Freundlichkeit, Hilfsbreitschaft und all diesen sozialen Tugenden. Wir kennen sie als Wörter, aber für einen freien und ernsten Vollzug sind wir viel zu sehr von gewaltvollem Erleben geprägt. Die Gewalt fängt nämlich schon beim Verhältnis an, das man zu sich selbst hat und noch früher in Nuancen der Art und Weise, wie man überhaupt dazu steht, dass man Phänomene erleben kann. Der Alltag von heute ist einer voller Gewalt. Die Ebene des Erscheinens überhaupt ist ohnehin kein Alltagsthema, das Verhältnis zu sich ist oft verzerrt und zwischen Leistungsansprüchen und Versagensängsten aufgespreizt und für größtenteils für den Selbstausverkauf instrumentalisiert. Da kann man sich schon mal dabei ertappen, wie man mit einer Dornengeißel sich in das eigene Seelenfleisch schlägt, um mal richtig die Zähne zusammen zu beißen, damit man was schafft. Der sanfte und liebende Umgang mit den eigenen und den fremden Begehren ist zu einer jenseitigen Vorstellung geworden. Es schwindet uns jede Ahnung von einer solchen Vorstellung. Der Rest ist oft ja nur mehr ein Brei aus instrumentellen Verobjektivierungen, seien es andere Menschen, Tiere oder Pflanzen und andere Dinge, alles kommt in das opake Licht einer angespannten Welt zu stehen und wird dort eingespannt und bis zum Ende ausgepresst.
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