In nuce

Dienstag, 14. Oktober 2008

Was hat man nicht alles lesen müssen! Womöglich habe man den größten Terroranschlag verhindert, den es in Deutschland, ja sogar in Europa, je gegeben hätte. Gelobt hat man die Schlagkraft der Polizei, die auf dem Flughafen Köln-Bonn zwei Terrorverdächtige aufgegriffen hat - das war am 26. September. Aus den Terrorverdächtigen wurden ganz schnell Terroristen - Teufel, Mörder, Gesellschaftsfeinde, Systemfeinde sowieso. Dschihadisten der übelsten Sorte seien sie. Und man könne seinem jeweiligen Gott danken, diese Individuen aus dem Verkehr gezogen zu haben, denn es hätte wahrlich Blut und Tränen gegeben, wenn man sie nicht sofort verhaftet hätte. Es ist sowieso höchst fragwürdig, warum diese Horden von Terroristen, die angeblich hochtechnisiert sind, so relativ einfach zu durchschauen, zu verhaften sind - Terroristen der IRA oder der ETA ließen sich jedenfalls über Jahrzehnte hinweg nicht so leicht einsperren. Womöglich ist der islamistische Terrorist aufgrund seiner kognitiven Konstitution nicht fähig, seine Untaten unentdeckt im Stillen zu vollbringen.
Doch davon sei nicht die Rede. Wichtig soll uns sein, dass zwei Monster verhaftet wurden, dass dies freilich beinahe alle Medien berichteten und dass, man halte sich fest, die beiden Terroristen, die nun wieder zu Terrorverdächtigen umgedeutet wurden, bereits am 7. Oktober aus der Untersuchungshaft entlassen wurden. Davon berichteten natürlich auch... naja, fast niemand...

Nachdem die Arbeitslosen von der BILD abgehandelt, dem Generalverdacht des Betrugs unterstellt wurden, ist es nur recht und billig, sich auch mal wieder den Generationen zu widmen. Immerhin leben die Rentner ja auch Kosten der Jüngeren. Dazu zitiert man natürlich den US-Forscher Kotlikoff, der aus der Tatsache, dass Senioren und Kinder versorgt werden müssen - immer von denen verständlicherweise, die produktiv sind - ,einen kleines Naturgesetz formt. Dass aber immer schon Senioren, Kranke und Kinder von den Leistungsfähigen mitversorgt wurden, auch schon zu Zeiten, da man noch Höhlen bevölkerte, ist keine exklusive Neuheit des Umlageverfahrens - daraus aber ein Naturgesetz zu entwerfen, wonach die gierigen Alten die Jungen immer nur ausbeuten mußten, weil es ihnen quasi im Blut liegt, verdeutlicht eindringlich, wes Geistes Kind Kotlikoff und seine Jünger aus dem Hause Springer sind.
Danach erteilt BILD dem Lobbyisten Miegel das Wort, der natürlich weiß, warum man diese Ausbeutungsmechanismen nicht recht durchschaut hat: Die Politik habe den Rentner nie erklärt, wie das Rentensystem funktioniert, weshalb sie nicht wußten, dass sie die Jungen ausbeuten. Aber wie gut, dass es die BILD-Zeitung gibt, die das nun erklärt. Und siehe da: "Rentner kassieren mehr, als sie eingezahlt haben!" - Mich dünkt, man weiß dort selbst nicht so genau, wie das System arbeitet. Denn beim Umlageverfahren wird das eingezahlte Geld der Arbeitenden nicht gehortet, damit diese dies irgendwann ausgezahlt bekommen - Umlageverfahren bedeutet, dass die Arbeitenden für die jetzige Rentnergeneration einzahlen. Ein gewichtiger Teil der Solidargemeinschaft - man versorgt, wer sich nicht (mehr) versorgen kann. Wenn dieses System zudem sozialstaatlichen Humanismus erhalten soll, so schreibt man eine Mindest- und Höchstrente fest, damit jeder gesichert sein kann, aber auch die Gelder gerecht verteilt werden, nicht einseitig ausgegeben werden müssen. Demnach gibt es viele Rentner, die sicherlich mehr beziehen, als sie je eingezahlt haben - wobei sich so eine Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben gar nicht als notwendig ergibt -, während andere nicht mal das Rentenalter erreichen und damit keine Rente beziehen, bzw. deren Partner nur eine geminderte Witwenrente erhalten.
Aber den Anspruch, jeden nach seinen Einzahlungen auszuzahlen, erfüllt das Umlageverfahren absichtlich nicht. Was bekäme dann jemand, der zeit seines Lebens nur geringe Summen einzahlen konnte? Ohne Umlageverfahren wäre die Altersarmut manifestiert, mit dem Umlageverfahren kann es auch Altersarmut geben, doch kann man dort gezielter entgegenwirken, indem man umverteilt und damit die Lebensqualität aller sichert. Die BILD als großer Erklärer hat das freilich nicht erwähnt. Um Aufklärung ging es aber auch nicht - wie so oft!

Freudscher Verschreiber? Man muß davon ausgehen, wenn man sich vor Augen hält, was in der BILD-Zeitung in den letzten Wochen zur Arbeitslosenbekämpfung geschrieben wurde. Welches Wort wurde hier ausgeschnitten? Was würde passen? Empfänger? - Ja, das würde passen, meinte BILD aber nicht. Es liegt doch auf der Hand: Betrüger! - Aus dem Hartz-IV-Empfänger ist der Hartz-IV-Betrüger geworden. Man schreitet voran im Umdeuten der Begriffe, aber auch im Neuschaffen selbiger.

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