Friedensexport

Montag, 5. April 2010

Ereifert euch doch nicht! Waffen gehören verkauft. Was täte man denn sonst damit? Sie etwa in Arsenalen verrosten lassen, sie der Korrosion in den Schoß legen? Weapons makes the world go around - Waffen schaffen Arbeitsplätze und erzeugen Einsatzorte. Sie sind Entwicklungshelfer, weil sie den bis an die Zähne bewaffneten Industrienationen dabei helfen, sich zu entwickeln; dabei mithelfen, dass diese florieren und gedeihen - weil es Waffen gibt, prosperieren die reichen Länder. Bewaffnet einmarschieren, Maschinenpistolen auf schmale Hungerbrüstchen setzen und erpressen? Achwas! Das ist doch vulgär, so überhaupt nicht mehr zeitgerecht. Zwar rückt man auch heute bewaffnet vor, aber nicht erpressend, nicht beseelt von Rabaukentum.

Nein, so funktioniert das heute, in zivilisierter Epoche nicht mehr. Waffen zeichnen sich durch subtilen Einsatz aus. Und der lautet: der wahre Wert ist der Warenwert. Die Waffe in der Hand, sie ist zweifelsohne respektheischend - aber die Waffe in der Hand derer, an die man sie verkauft hat, das ist das effektive Potenzial langgezogener Läufe und geriffelter Abzüge. Herr, segne diese Waffe!, hieß es einstmals vor dem Gebrauch, vor dem Frontgang - Herr, segne diese Waffen!, heißt es heute im Plural; Herr, segne diese Waffen, die wir in Holzwolle hüllen, in Holzkisten stecken, auf ferne Wege - nicht Holzwege! - schicken. Segne diese Waffen, die man bald auf uns richten wird, wenn wir unser Land am anderen Ende der Welt verteidigen dürfen, wenn die auf uns gezielten Waffen uns einen Grund zur friedbringenden Intervention ermöglichen. Segne diese Waffen, die wir den Käufern aus den Fingern ballern müssen, um in humanitären Einsätzen, die Welt ein bisschen friedlicher zu machen.

Was wären wir ohne Waffen? Gäbe es Friedensmissionen, wenn wir unsere Waffen nicht lieferten? Was, wenn wir Waffen den Radikalen dieser Welt - den anderen Radikalen neben uns! - nicht zustellen würden? Nicht auszudenken! Dann würden wir nach Afghanistan einmarschieren, in den Irak stürmen und würden keine Gegenwehr erleben - jedem wäre dann sichtbar, dass es sich um bloße Okkupation, um geostrategische, niederste Instinkte handelte. Keiner würde an Friedensmissionen glauben, weil nach dem Angriffskrieg bereits Stille, sowas wie Frieden herrschte. Verdammt, wir müssen Waffen exportieren, damit der Frieden dort erzwungen, erbombt, erschossen werden kann. Friedensmissionen brauchen Waffen, damit sie sich nicht zur ungeschlachten, für jeden erkennbaren Besatzung wandeln. Erst wenn ein Widersacher bombt und knallt, kann der Frieden zum Motiv werden, kann man Friedensmissionen ins Leben rufen, die der Geschäftemacherei im besetzten Gebiet ein wenig Frieden sichern.

Segne die von uns hergestellten und vertriebenen Waffen, die uns unmittelbaren Profit bescheren. Segne die von uns verkauften und verschickten Waffen, die uns mittelbare, indirekte Erträge einbringen - indirekt, weil sie uns dazu nötigen, uns für den Frieden zu rüsten. Um Frieden zu erzwingen haben wir demjenigen die Waffe aus den Griffeln zu feuern, mit dem wir vormals noch um Preis und Stückzahlen feilschten. Waffenexporte sichern Frieden! Also entrüstet euch nicht! Wir vertreiben Waffen, damit wir einen Grund haben, die durch uns Bewaffneten zu vertreiben - der Vertrieb sichert Vertreibung! Vertreibung im Namen des Friedens, zur Obhut der wahren Absichten.

Ohne Waffenverkäufe keine hehren Leitgedanken; ohne Waffenverkäufe regierte die plumpe Gier - und was besonders schlimm wäre: sie regierte für jeden ersichtlich! Wenn Widersacher unbewaffnet wären, die ganze Welt sähe, was für gierige Schweine, was für nimmersatte Parasiten wir doch eigentlich sind. Weil wir bewaffnen, entwaffnen wir die Kritiker unserer Unersättlichkeit. Weil wir bewaffnen, bedecken wir unsere Schmarotzerei an den Entwicklungsländern, vertuschen wir, wie wir uns an der Welt schadlos halten. Wir als Gesellschaft - und die unmittelbaren Profiteure sowieso. Wir brauchen Widersacher mit Waffen, damit der Friede eine Chance und damit das Geschäft hinter der Fassade der Friedensschaffung seine Ruhe hat.

Wer heute den Waffenhandel verurteilt, untergräbt zugleich die Friedensmission. Wer ihn verurteilt, will womöglich eine Welt sehen, in der wir wie Geschwüre über fremde Gesellschaften herfallen, ohne eine erhabene Triebfeder in petto zu haben. Eine unsoziale Welt, weil keine soziale, gutmenschlerische Agenda wütet, nur die blanke Habsucht. Daher wäre es unsozial, keine Waffen zu liefern. Sozial ist, wer Waffen schafft! In einer besseren Welt herrscht daher nicht Waffenverbot, sondern Waffenüberangebot. Der Frieden, die Narkotisierung mit sozialen Anliegen, die den wirklichen Absichten vorgeschoben werden - sie benötigen polierte Waffen. Wo auf die Besatzer geschossen wird, kann der Frieden in langem, zähem Kampf erstritten werden. Wenn nicht geschossen wird, auf wen soll dann zur Ablenkung von den wirklichen Triebfedern zurückgeschossen werden? Auf Zivilisten etwa? Wir verkaufen Waffen, damit Zivilisten leben können und nicht zur Ablenkung, zum friedbringenden Alibi degradiert werden müssen. Wir exportieren Waffen, damit die Würde der Zivilisten, ihre Menschenrechte gesichert sind!

Wer etwas für den Frieden tun will, muß die Waffenindustrie unterstützen! Wer will, dass wir unsere Gier vor der Welt bloßlegen, muß sich nur eine waffenfreie Welt wünschen. Eine traurige Welt wäre das; eine Welt, in der wir denen und uns nichts mehr vormachen könnten - eine Welt, an der wir zugrunde gingen an der Offenlegung unseres Antriebs. Eine Welt der Verweigerung gar, weil viele nicht mehr mitarbeiteten, nicht mehr mitmachten, wenn sie erkennten, woher unsere Rührigkeit stammt. Eine Welt des sozialen Unfriedens, weil plötzlich Gewissensbisse entstünden und Menschen eine Veränderung der Unabänderlichkeit dieser Welt forderten - für soziale Ruhe, für betäubte Gewissen, für den Frieden: Waffen liefern!

7 Kommentare:

Systemfrager 5. April 2010 um 08:36  

Wieder einmal ein Meisterstück von Roberto - wieder einmal etwas Einmaliges. Und leider trarig.

Damals:
Waffen bringen Freiheit.
Arbeit macht frei

Heute:
Sozial ist, wer Waffen schafft!
Sozial ist, was Arbeit schafft!

Im Klartext:
Krieg
Sklaverei

Inglorious Basterd 5. April 2010 um 08:38  

Einen ersten Höhepunkt an Waffenexporten setzten ausgerechnet
der zu einer grünen Partei kondensierte Teil der "Friedensbewegung" im Jahr 2001.

Dazu ein Text aus "alten Tagen" rot-grüner "Verantwortung":

Claudia Roth, Bündnis 90 / Die Grünen:
"Für mich ist die Lieferung von Rüstungsgütern in Regionen, in denen es möglicherweise zu einer Verschärfung von schon bestehenden Spannungen kommen könnte, auszuschließen. Und da ist der Nahe Osten natürlich eine Region."

Mit diesem Anspruch vereinbart Rot-Grün im Jahr 2000 konkrete politische Grundsätze. Darin heißt es: Genehmigungen für Kriegswaffenexporte werden nicht erteilt für Länder:
". . . in denen ein Ausbruch bewaffneter Auseinandersetzungen droht oder bestehende Spannungen und Konflikte durch den Export ausgelöst, aufrechterhalten oder verschärft würden".

Doch die Realität sah anders aus. Die Regierung Schröder verstieß gegen ihre eigenen Grundsätze. Das belegt der Rüstungsexportbericht für das Jahr 2001.

Das Jahr 2001 beginnt mit Gewaltszenen in Nahost. Israelis und Palästinenser bekriegen sich. Eine Spirale der Gewalt.

Und trotzdem: Rot-Grün genehmigt weiter Kriegswaffenexporte in das Krisengebiet. Deutsche Waffen fließen in nahezu alle Staaten des Nahen Ostens.

Eine Bilanz in D-Mark.

Israel ---------------------------------- 71 Millionen

Ägypten ------------------------------ 30 Millionen

Saudi-Arabien --------------------- 75 Millionen

Jemen -------------------------------- 6 Millionen

Oman --------------------------------- 30 Millionen

Emirate ------------------------------ 84 Millionen

Katar --------------------------------- 5 Millionen

Bahrain ------------------------------ 1 Million

Kuwait ------------------------------- 4 Millionen


Insgesamt: 306 Millionen D-Mark

Die aktuelle Bilanz aus schwarz-roter Regierungszeit sieht da natürlich wesentlich schärfer aus. Auf das neoliberale Sozenpack kann sich die deutsche Rüstungsindustrie halt immer verlassen. Guten Text zu Ostern Roberto.

Anonym 5. April 2010 um 12:54  

Mit Waffenexporten wurden zu allen Zeiten und werden auch heute höchste Profite für die Rüstungsbarone und oft damit verbunden auch jede Menge Schmiergelder in Millionenhöhe für in- u.ausländische Politiker-Ganoven "erwirtschaftet".
"Gewerkschafter" und viele Betriebräte sehen dagegen Waffenexporte gern auch POSIIV und dem Gesichtspunkt der Erhaltung oder Schaffung von Arbeitsplätzen.
Kurzum: Konzerne der Waffenindustrie plus davon profitierenden Politikern UND die gewerkschaftlichen und betriebsrätlichen Vertreter von Teilen der deutschen oder sonstiger ARBEITERARISTOKRATIEN(auch anderer Waffen exportierender Nationen) sind in puncto Waffenexporten im Grunde ein Herz und eine Seele.
Allseits beliebtestes Argument dieser Kreise zwecks Verteidigung und Rechtfertigung dieses Treibens: Wenn nicht "WIR"(!) es "tun", dann die "anderen"! - Womit auch schon ein breitester KONSENS in der breiten Masse der Bevölkerung, insbesondere auch in und mit großen Teilen der Lohnarbeiterschaft hergestellt wurde.
Aber Waffenexporte haben auch noch eine andere, oftmals besonders von "kleinen Leuten", weltfremden Moralisten, Träumern aller Art übersehende Funktion: Sie dienen auch sehr häufig als "Türöffner" für eine stärkere politische, wirtschaftliche, geostrategische Einflußnahme in den Staaten und Regionen, in die die Waffenexporte unaufhörlich rollen.
Nebenbei: Dies trift auch auf die Beteiligung an so genannten "Friedenmissionen" zu.
Ob euch allen diese schmutzigen Waffenexporte, Waffenschiebereien, all die damit verbundene Korruption, alle die mit diesen Waffen vergossenen Blutströme auch anwidern mögen, ihr euch ehrlich empört sein mögt, ich fürchte, ohne einen Sturz der heutigen verbrecherischen Machteliten vor allem in den führenden imperialistischen(Waffenexportierenden) Nationen dieser Welt wird es aus diesem kapitalistisch-imperialistischen Schlachthaus wohl kein entrinnen geben.
Mit ohnemächtigen moralischen Appellen an die "verantwortlichen Politiker"(sic!!) kommt man einer besseren, friedlichen Welt keinen Flohsprung näher.
Oder glaubt jemand wirklich, moralische Appelle ALLEIN(!)könnten jemals einen hungrigen Wolf davon abhalten, ein süßes kleines unschuldiges Lamm zu zerreissen?

mfg Bakunin

ninjaturkey 5. April 2010 um 13:36  

Mann, wenn WIR keine Waffen liefern machts eben ein anderer. Ein anderer, der vielleicht nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht, volldemokratisiert und Mitglied einer auf christlichen Grundsätzen aufbauenden Wertegemeinschaft. Wenn wir nicht selbst unsere Mitmenschen ausbeuten, und ihnen so vielleicht das Schlimmste ersparen, dann tuts unkontrolliert ein anderer. Wenn wir nicht bestimmen was gesagt werden/gedacht darf und was nicht, dann wird in Kürze alles zensiert werden müssen. Versteht das doch endlich:

Zensur dient der individuellen Freiheit.
Ausbeutung dem Wohlstand.
Waffenhandel dem Frieden.

Irgendwer muss es schließlich machen.

carlo 5. April 2010 um 13:53  

Krieg schafft Arbeitsplätze an der Front.
Sozial ist was Arbeit schafft.
..........die Weiterungen trau ich mich nicht zu Ende zu denken.......

So langsam dämmert mir auch warum sich in den Grundschulen vermehrt die Jugendoffiziere der Bundeswehr tummeln.

Anonym 5. April 2010 um 14:24  

Gut gesagt, ninjaturkey!
Wenn auch sicherlich beissend-ironisch gemeint, D A S ist in der Tat auf knappeste Zeilen zusammengefasst der ganze ungeheuere Menschen verachtende, jeden Leichenberg in Kauf nehmende ZYNISMUS unserer "ELITEN" und aller von ihrer politisch-ökonomischen Herrschaft = Diktatur des Kapitals Mit-Profitierenden, Mit-Schmarotzenden aus vielen Schichten und Berufen dieser Gesellschaft.
Der Boden, besser der Sumpf aller verbrecherischen Untaten, Aktionen, Manöver gewisser "Akteure" unserer feinen "westlichen Demokratien" sind in Wahrheit die verkommenen, zunehmend verfaulenden "westlichen Gesellschaften" selbst.
Weshalb könnte ein neuer, besserer Sozialismus trotz "Mauerfalls" keine wirklich überzegende Alternative zu dieser verfaulenden barbarischen Ordnung, für eine bessere, menschlichere Welt sein?
Warum drücken sich so viele "Jammerer" in den Blogs um die Frage eines neuen DEMOKRATISCHEN SOZIALISMUS herum?
Brauchen wir nicht auch Alternativen, einen Notausgang?

Fragende Grüße á tous von

Bakunin

Anonym 5. April 2010 um 16:07  

Entwaffnend, der Artikel!

Dagegen die an Kinder gerichtete Propaganda der Regierung:

„Vor allem außerhalb Europas gibt es sehr viele Länder in schwierigen Situationen. In einigen von ihnen herrscht Krieg. Menschen werden verletzt und müssen sterben. Deutschland und viele andere Länder wollen das nicht zulassen. Sie wollen helfen, die Konflikte zu lösen. Deshalb schicken sie Soldatinnen und Soldaten in diese Länder.“
Quelle:

http://www.regierenkapieren.de/Webs/KW/Content/DE/FAQ/WasMachenDeutscheSoldatenInAnderenLaendernDerWelt/was-machen-deutsche-soldaten-in-anderen-laendern-der-welt

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