Darum in die Ferne schweifen...

Montag, 1. August 2011

Deutschlands politische Hoffnung und Zukunft wohnt bald in Connecticut. Denn Undank ist der Deutschen Lohn, ärgerte sich der Freiherr und Ex-Doktor und erstand sich flugs ein standesgemäßes Häuschen an der amerikanischen Ostküste. Von dort wird er kommen zu richten, die Undankbaren und die Frevler. Zuerst aber schreibt er ein Buch - er klappert, so wird vermutet, diesmal sogar selbst auf der Tastatur umher.

Guttenberg und seine journalistischen Stoßtrupps inszenieren den Propheten, der in seinem Land nichts (mehr) gilt. Man darf sicher sein, sein Buch wird Gehör finden, sei es auch noch so windig - man wird in bestimmten Medien, die sich als Guttenberg-Fans erwiesen, vom Philosophen aus der Ferne sprechen. Aus seinem Häuschen heraus wird er früher oder später zur mahnenden Stimme, die die Lage in der fernen Bundesrepublik analysiert und somit zur fernen Sehnsucht derer wird, die dem gegelten Baron an den Lippen hafteten. Der exilierte Guttenberg, den man blendend als Opfer einer neidischen deutschen Öffentlichkeit verbrämen kann, dürfte politisch relevant werden. Das "Prinzip Chomeini", als damals die iranischen Massen, die sich des Schahs entledigen wollten, den klapprigen Betbruder zum fernen, weil im Exil verweilenden, Hoffnungsträger stilisierten, könnte auch ein Modell für den Freiherrn sein.

Guttenbergs PR-Abteilung wird dafür sorgen, dass einschlägige Medien seine Worte drucken. Wie sieht der geflüchtete Baron die Lage? Was sollte die Regierung tun? Was tut Not? Was ist wesentlich? Quo vadis, Bundesrepublik? Guttenberg, der aus dem Land getriebene Prophet, er wird Rat wissen. Zu allem! Immer! Er wird sich mit seiner nonchalanten Allwissenheit aufdrängen und die Medien, die seine Berater für ihn bestechen, werden bald schon fragen: Wann kommt er zurück? Umfrage: 80 Prozent wollen Guttenberg aus dem Exil holen! Die geläuterten Deutschen, die Guttenberg nicht mal den Dr. vor seinem Namen gegönnt haben, kriechen zu Kreuze. Oh Messias, kehre zurück! Und die Fachleute aus Guttenbergs Partei werden bei Christiansen, die bis kürzlich Will hieß und bald schon Jauch heißen wird, unken, dass sich ein Land den Verlust solcher politischer Substanz nicht erlauben darf. Wer wettbewerbsfähig sein will in der Welt, der muß seine politischen Talente verwöhnen und nicht fortjagen!

Wenn nun zu lesen ist, dass Guttenberg rübermacht über den Großen Teich, dann soll das ein schlechtes Gewissen erzeugen. Und wütend machen. Die Deutschen sollen sich über jene ärgern, die den feschen Kerl erst aus dem Amt, dann sogar aus dem Land trieben. Der Umzug in die Vereinigten Staaten ist die Umstilisierung eines Betrügers zum Geschädigten. Jetzt geht er gesenkten Hauptes - ein gespieltes Haupt, denn Selbstkritik ist nicht des Barons Chic -, weil er weiß, dass das der größte Trumpf ist, um bald schon erhobenen Hauptes ins Land zurückgebeten zu werden.



11 Kommentare:

potemkin 1. August 2011 um 08:46  

Wie sagte weiland der große CSU-Vorsitzende: "Ich hoffe nicht, dass es in Deutschland so schlimm kommt, dass man mich ruft". Wenn man die dünne Personaldecke der Parteien betrachtet, wäre ein aufpolierter Freiherr nach einer gewissen Karenzzeit durchaus ämterfähig. Merke: Schließe nie das Schlimmste aus, dann kannst Du nicht enttäuscht werden!

Anonym 1. August 2011 um 09:16  

Leider sehe ich es auch genau so kommen. Es ist zum... erbrechen.

Diana

Anonym 1. August 2011 um 09:46  

"Das Testament des vertriebenen Barons"
aus der Reihe:
Gespenstergeschichten
...seltsam aber wahr, denn so steht es geschrieben...
-Robertos Horrorvision könnte wirklich wahr werden!

Anonym 1. August 2011 um 11:12  

Zur Nachbesserung zurück an den Hersteller...

In der Industrie ein ganz gewöhnlicher Vorgang. Aus dem zitierten Spiegel-Artikel: „Warum aber das ruhige Connecticut? Offenbar findet es Guttenberg reizvoll, weil er von dort tagsüber sowohl nach New York als auch in die Hauptstadt Washington reisen kann, heißt es in seinem Umfeld.“

Zur Produktion Guttenbergs im American Council on Germany, einem Ableger des Council on Foreign Relations, welches auf desseen Homepage sinnigerweise zwei Adressen in New York und Washington angibt, im Guttenberg-Dossier: „Auf der Homepage des ACG liest man nicht umsonst „programming“, denn hier werden „Young Leaders alumni“ regelmäßig von älteren „Leaders“ programmiert. Die Fotos zeigen Merkel, Guttenberg und den Ex-Staatssekretär im Verteidigungsministerium Friedbert Pflüger, erstere noch vor ihrer Amtsergreifung, vermutlich also noch im Modus „Young Leader alumna“ bei einer Programmierung 2002.“

Das Ziel dieses Fabrikationsprozesses durch „Programmierung“ liest sich auf Deutsch in edrückender Klarheit: (zitiert aus dem Guttenberg-Dossier): „Das ACG greift [also] nach der nächsten Generation von Entscheidungs-Machern und Meinungs-Führern, indem er Konferenzen organisiert, um sie mit transatlantischen [ein Schlüsselwort für US-amerikanisch] Schlüsselthemen bekannt zu machen und sie in die Lage zu versetzen, ein Netzwerk von Kontakten über den Atlantik hinüber zu errichten. Die Amerikanisch-Deutschen-Junge-Führer-Konferenzen bringen ungefähr 50 Deutsche und Amerikaner zusammen und finden jährlich statt. Die erste Junge-Führer-Lern-Gruppe über die Zukunft Europas versammelte 37 junge Führer aus Westeuropa, Polen, Russland und den Vereinigten Staaten über 2 Jahre hinweg viermal.“

HMxxx 1. August 2011 um 11:16  

Nach Connecticut? Ein Buch schreiben?

Da werden Mark Twain und Harriet Beecher-Stowe im Grabe rottieren.

Und ist es überhaupt möglich sich aus dem Staub zu machen, solange noch ein Ermittlungverfahren anhängig ist?
In Krimis heißt es doch immer: "Verlassen Sie die Stadt/ das Land nicht"!

Anonym 1. August 2011 um 11:34  

Den Text schön aufheben, dann kann man ihn in einem oder zwei Jahren vorzeigen: Seht, ich hab's schon vor einem (zwei) Jahren gewusst, wie's sein wird. Und Recht behalten.

-kdm

Anonym 1. August 2011 um 14:51  

Am Rande vernahm ich die Kunde, dass KT nun das ferne Amerika aufsucht.
Ein Buch schreiben wollte. Obwohl das vorherige Buch durchfiel. Exil, irgendwie sickerte dieser Begriff gar nicht durch meine grauen Zellen.
Dieser KT mit seinen Beratern ist gut. Wirklich gut. So reiht der verlorene Sohn sich in die Reihe ein, die im Exil schreiben mussten.
An dieser Stelle erlauben Sie mir bitte danke zu sagen für einen hervorragenden Gedankenimpuls.
Gruß Inez

Anton Chigurh 1. August 2011 um 16:10  

So - also als "politisches Talent" gilt man, wenn man fehlerfrei und ohne Stottern zwei Sätze aufsagen kann, aber in seiner Vita schamlos den Münchhausen spielt, jedes, aber auch wirklich JEDES politische Projekt vergeigt und dann obendrein als Plagiator, Betrüger und uneinsichtiger Lügner entlarvt wird ??
Ist man dann ein "Hoffnungsträger" der deutschen Politik ?? Soll so der Charakter eines Menschen beschaffen sein, der in Deutschland ein führendes politisches Amt bekleiden darf ?
So blöd KANN und DARF das Volk eigentlich nicht sein (obwohl: nach 16 Jahren "Birne" ist vielleicht sogar auch das möglich...)
Man MUSS solche Scharlatane immer wieder in den Dreck ziehen, damit niemand vergißt, was dieser Bandit hier abgezogen hat.

Anonym 1. August 2011 um 19:32  

Leute, was regt ihr euch auf?!

Erst vor kurzem las ich ein Buch einer selbsternannten Arbeitslosenberaterin, die Hartz IV-EmpfängerInnen die Leviten las, und meinte mit ein bißchen Frechheit findet jeder seinen Platz im Leben - auch ohne Schulabschluß.

Die gute Frau hat das Gymnasium abgebrochen, war jahrelang Hausfrau und hat sich einen Berufsabschluß erspart.

Nun lügt die selbe Frau sich einen Berufsabschluß in der Photobranche zusammen, und veröffentlicht ein Buch mit dem Inhalt, dass "jeder es schaffen könne" - wohlgemerkt einige Zeit vor der Guttenberg-Affäre.

Ich las das Buch übrigens, weil ich einen Vater hatte, der aus seinem Leben auch ohne Schulabschluß - kriegsbedingt - etwas machen mußte, und dies auf ehrlichem Wege geschafft hat.

Die von mir erwähnte Anonyma eben nicht, und kotzt nun einem vor, dass jeder es, mit einer gehörigen Spur an Frechheit, schaffen könne.

Hier der Buchtipp:

"Gar kein Schulabschluss macht auch Karriere: der große Bluff", Autorin Johanna Gross (Pseudonym)

Steht eigentlich nicht auf einem erfundenen, real existierenden, Berufsabschluß eine Strafe nach Strafgesetzbuch?

Würde mich einmal interessieren, denn dann steht Frau "Gross" mit einem Bein im Gefängnis, wenn die solche unseriösen Tipps gibt.

Wie bereits erwähnt, dass Buch habe ich schon länger, und erst jetzt gelesen, d.h. lange vor der Guttenberg-Affäre gab es Menschen, die anderen Menschen mit frei erfundenen Berufsabschlüßen in normalen Berufen betrogen haben.

Ganz zynisch:

Wieso macht das nicht jeder?

Wieso macht man überhaupt noch eine Berufsausbildung, wenn es auch so geht?

Wir lügen uns unsere Abschlüsse einfach zusammen ;-)

Anonym 2. August 2011 um 08:30  

Von der Ferne wird er jetzt wohl bald verkünden:

-Reissäcke in China wieder mal umgefallen

-Luft wird in der Atmosphäre knapp, jetzt rede ich schnell noch was abstruses

-Ich trage die Unterhosen verkehrt herum

-Frisches Gel im Haar wirkt auf mich belebend

Anonym 2. August 2011 um 10:34  

Es gibt in unserem Land immer mehr Böcke, die zu GärtnerInnen werden. Echte GärtnerInnen werden von den Böcken dann nicht mehr erkannt und z. T. sogar als Konkurrenz gefürchtet (Stichwort: Einstellung von Personal).

Ich selber höre immer wieder, dass z. B. RomanistInnen, GermanistInnen, usw. in Personalabteilungen Eingang finden, durchaus in höheren Positionen. Oder in der Personalentwicklung.

Ich habe so etwas selbst im Kollegium erlebt. Die betreffende Person war durchaus fleißig und intelligent. Leider hatte sie überhaupt kein Händchen für die sog. Beziehungsebenen in Teams und von Psychologie null Ahnung. Knallhart verfolgte dieser Mensch seinen Weg und schlief sich auch noch nach oben.
Seminarkonzepte kupferte er ab und konnte (natürlich) nicht erkennen, dass er ohne ausreichende Fach- und Methodenkenntnisse in den Psychen von Beschäftigten rumfummelte, ohne auch nur zu ahnen, dass er damit etwas Negatives in den Beschäftigten bewirken könnte. Billige Psychotests wurden als hochwissenschaftlich fundiert verkauft.
Seine Ahnungslosigkeit war gefährlich, wurde aber nur von den (nicht einflussreichen) GärtnerInnen erkannt.
Gleichwohl hat sich diese Person hochgearbeitet, ist fleißig, netzwerkt usw..

Die GärtnerInnen haben das Unternehmen inzwischen verlassen, da sie dort nicht mehr atmen konnten. Besonders gute GärtnerInnen, die nicht freiwillig gehen wollten, weil sie dort etwas Wichtiges aufgebaut und ihre fachliche und zwischenmenschliche Berufung gefunden hatten, wurden (auch von diesem Menschen) geschasst. So viel zum sog. Fachkräftemangel.

Die Böcke werden immer mehr.
Und das Volk bemerkt es meist nicht oder will es nicht bemerken (Stichwort: KTzG). Die Menschen wollen nicht kapieren, dass wir schon längst bei 'Jeder gegen Jeden' angekommen sind.

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