Eine Männerquote für die Rente

Mittwoch, 17. August 2011

Rekord für deutsche Rentner! Im Durchschnitt erhalten Rentnerinnen in Deutschland knapp 21 Jahre lang Rente - Männer etwas mehr als 16 Jahre. So lange wie nie zuvor. Auch wenn bei Männern die Kurve, wie bei den Frauen gleichfalls, nach oben tendiert, so muß man fragen: Muß man in einer Gesellschaft, die nicht müde wird zu betonen, die Gleichstellung sei oberste Priorität, nicht unzufrieden sein, wenn man weiterhin fünf Jahre hinterherhinkt? Ist es nicht Zeit, um mit Camus zu sprechen, in eine metaphysische Revolte zu treten? Was heißt: in eine aussichtslose Revolte, was Camus nur sprachlicher galanter umschrieb?

Da kann man wenig tun, das ist wahr. Aber man darf sich doch mal polemisch einem Thema nähern, auf das man als Mann oder Vater oder als Mann und Vater immer wieder trifft. Ungleichheit! Letztens, da wurden Rentenanwartschaften geprüft und die väterliche Erziehungszeit, die ich in Anspruch nahm, plump abgebügelt. Als Vater nicht, als Mutter schon, sagte sie. Schöne Gleichberechtigung, ich darauf. Ist so, weil normalerweise sind es immer die Mütter, meinte sie. Keine Rücksicht auf Einzelfälle, dankte ich. Dann ging es doch, dann kam das Formular, das als Namen einen Buchstaben und eine dreistellige Zahl trägt, doch noch zum Einsatz. Denn es ist ja so: man hat auch als Vater Rechte und Ansprüche, manchmal jedenfalls - und manchmal nur gut versteckt und hinter der Betonköpfigkeit des gender mainstream lauernd. Aber man läuft zuerst eigentlich immer gegen Wände, das Ressentiment sitzt tief im Fleisch dieser Gesellschaft, die Gleichstellung betreibt, aber in bestimmten Nischen des alltäglichen Lebens das Primat der Frau wie ein Heiligtum aufrechterhält.

Vor einigen Tagen startete eine große deutsche Zeitung eine ihrer üblichen Serien. Alleinerziehend oder so ähnlich, hieß die. Da ereiferte sich eine Mama, dass "der Vater nicht für mein Kind bezahlt" - zahlen darf er, soll er, muß er: aber es ist ihr Kind. Gut, so können Mütter manchmal denken. Machen wir der Frau keinen Vorwurf. Aber dass man das so kritiklos hinnimmt, dass es normal ist, wenn eine Frau so dominant ihre Besitzansprüche auf ein Kind anmeldet, wo man einem Vater mit einer solchen Ausdrucksweise schon lange Einhalt geboten hätte, im Namen der politischen Korrektheit und im Namen des Kindeswohls, das ist ausreichend skandalös. Und es zeigt, welcher Geist der Gleichstellung durch die Lande spukt. Gleichstellung hatte viel mit Verbesserung der Lebenssituation der Frau zu tun, das war immer richtig, auch notwendig in früheren Jahren - aber sie bedeutete auch, und das ist der Fehler daran, dass man dort, wo man von alters her bevorteilt war, unbedingt den Vorteil wahren wollte. Und ausbauen, wenn es sich machen ließe. Gleichstellungsbeauftragte, die Frauen wie Männer gleichgestellt beraten, sind daher undenkbar - Familienminister, ohne -in als endenden Partikel, kann es daher nicht mehr geben. Denn das Familienrecht hat vor patriachalischen Einkerbungen, und geschlechtliche Blindheit wäre nach herrschender Lehre patriachalisch, beschützt zu werden.

Natürlich funktioniert es auch anders. Männer sind alleinerziehend. Viele sogar. Aber sie sind keine Mütter, haben nicht unter Schmerzen ein Kind zur Welt befördert, können nicht stillen und dem Kind keine mütterliche Fürsorge angedeihen lassen. Das merken alleinerziehende Väter zuweilen auch bei den Behörden, die der Mutter immer eine Favoritenrolle zuteilen. Da ist man unter emanzipierten Frauen stolz darauf, sich der Natur entwunden zu haben, nicht mehr stillen zu müssen, wie weiland unsere Großmütter es noch tun mussten, nimmt aber dieses verlorene biologistische Argument dennoch dankbar entgegen. Die Mutter liegt im Vorteil, auch weil sie unleugbar Mutter ist. Sie war es ja, der das Kind entschlüpft ist. Der Vater wird nur genannt, er nimmt nicht teil. Darauf beruhte stets die Rollenverteilung des Familienrechts, schon ich archaischen Gesellschaften: die Mutter ist bekannt, der Vater nur genannt. Das sind familienrechtliche Rudimente in einer Gesellschaft, die sich des natürlichen Weges entledigt hat. Was Mütter nach der Geburt können, können heute auch Väter tun - und tun sie auch. Und sie können als Väter auch biologisch bewiesen werden, wenn es denn sein muß. Das gab es früher auch nicht. Damit wäre die emotionale oder biologistische Komponente, die als Vorurteil jedem Vater ins Gesicht schlägt, eigentlich ausgehebelt. Sie ist ein Anachronismus, lebt aber gesund und munter in der öffentlichen Meinung vor sich hin.

Kindeswohl ist für die Öffentlichkeit weitestgehend Mütterlichkeit. Die Frau ist das Wohl des Kindes. Hier bedarf es keiner metaphysischen Revolte, dazu ist, bleiben wir in der Ausdrucksart Camus', eine historische Revolte notwendig. Eine, die Aussichten hat; eine, die lohnenswert sein kann. Empörung, gegen jeden moralisierenden Widerstand der fest verankerten öffentlichen Ressentiments. Und wenn wir schon dabei sind, dann seien wir gleich noch so polemisch und dreist zu fordern, die Lebensarbeitszeit für Männer zu senken, damit auch sie 21 Jahre Rentenbezug erhalten können. Manche Gleichstellungsbeauftragte würde das andersherum vielleicht sogar fordern - ähnlich Dämliches fordern sie ja bereits. So jedenfalls würde aus der metaphysischen eine historische Empörung. So könnte auch die Gleichstellung gefestigt werden.



8 Kommentare:

PeWi 17. August 2011 um 10:50  

Ganz einfach lebt ein bisschen länger, denn das Renteneintrittsalter ist gleich.

Hartmut 17. August 2011 um 11:32  

Danke Roberto für diesen Artikel.

Das Heraufsetzen des Rentenalters ist eine willkürliche Vorgehensweise,
mit dem Ziel, dem Rentenempfänger die Rente bei Nichteinhalten der gesetzlichen Vorschrift die Rente zu kürzen. D.h., der Rentenversicherungsträger (noch der Staat) achtet auch hier nicht auf das Existenzminimum eines Rentenempfängers/in.
Auf Deutsch: Die gr0ßen Politiker kommen auch diesem Auftrag, hier der Daseinsvorsorge, nicht nach.

Eine Frage zum Nachdenken:
Wieso m ü s s e n Polizisten (Staatsbedienstete) mit 60 Jahren denn in den Ruhestand ?

Anonym 17. August 2011 um 13:21  

Senden Sie das mal an alice.schwarzer@emma.de und nehmen sie das Gift und die Galle entgegen, die Ihnen dann zuteil werden.

Michel 17. August 2011 um 13:30  

Man könnte Männern auch einfach eine höhere Rente zahlen ;-).

Dass es unfair ist, wenn Männer aufgrund ihrer niedrigeren Lebenserwartung weniger Rente bekommen, sehe ich ein.

Aber 16 zu 21 Jahre scheint mir sehr hoch. Werden denn mehr Frauen frühverrentet? Soweit ich mich erinnere, beträgt der Unterschied bei der Lebenserwartung etwa 2-3 Jahre.
Oder wird der Durchschnitt von denjenigen Männern "heruntergezogen", die in lebensgefährlichen Berufen arbeiten und in solchen Berufen arbeiten (Militär, Polizei, Feuerwehr etc) ja mehr Männer als Frauen?

Da müsste man mal genauer nach den Ursachen forschen.

Übrigens: Raucher sterben im Durchschnitt auch früher, kriegen also auch weniger Rente, in Bezug auf Rentenjahre. Heißt das aber nicht auch, dass wir den früher sterbenden Rauchern dieselben Zugeständnisse machen müssen, wie den früher sterbenden Männern?

Renten sind in einer Hinsicht immer unfair: sie werden nur ausbezahlt, solange der Empfänger am Leben ist, (sieht man mal von der sozial und solidarisch begründeten Witwenrente ab).

Dies ist auch darin begründet, dass niemand weiß, wie lange er leben wird. Einige meiner Verwandten sind lange vor ihrer Rente gestorben, einige erreichen ein überdurchschnittliches Lebensalter.

Das ganze System würde übrigens durch einige sehr einfache Anpassungen sowohl fairer, als auch sicherer und solidarischer:

1. Nur Mini-Renten, zwischen etwa 40% über Sozialhilfe-Niveau bis maximal €3.000. Wer mehr will, soll selber sparen. Das hat übrigens auch den Vorteil, dass man im Falle vorzeitigen Ablebens seinen Nachkommen die Früchte seiner Arbeit hinterlassen kann.

1b. Sparanlagen, die eindeutig für die spätere Rente bestimmt sind und auch vertraglich geregelt dann erst ausgezahlt werden, müssen im Fall von Arbeitslosigkeit nicht verbraucht werden.

2. Jede Form von Einkommen wird miteinbezogen bei Sozial- und Rentenversicherung. Auch Kapitaleinkünfte usw.

3. Jeder, der in Deutschland Einkommen hat, zahlt in die Rentenversicherung ein.

4. Witwenrente sollte erhalten bleiben, allerdings dann etwa 80-90%.

Die Schweiz hat ein ähnliches 3-Säulen-Modell: 1. verpflichtende staatliche RV, 2. betriebliche und 3. zusätzliche private.
2 und 3 sind irgendwie optional.
_____

Was die Bevorzugung von Frauen bei Kinderbetreuung angeht, hat das auch viel mit der Heuchelei und dem Chauvinismus von Männern zu tun.

So stellte "die Wissenschaft" fest, dass Frauen für die Kindererziehung und Unterrichtung ungeeignet seien - in Zeiten, in denen es zuviele Lehrer gab. Dann wiederum stellte dieselbe Wissenschaft fest, dass Frauen für die Kindererziehung und Unterrichtung geradezu prädestiniert geeignet sind, in Zeiten, in denen es zu wenige Lehrer gab.

Es gibt immernoch jede Menge Konzernchefs und -chefinnen, die nicht einsehen wollen, dass Kindererziehung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und man Eltern deswegen nicht diskriminieren sollte, sondern die Lasten fairer verteilen sollte. Seien es Elterngeld oder kostenlose, gute Kindertagesbetreuungen.

Zudem sprechen viele Statistiken von geschiedenen Vätern, die keinen Unterhalt zahlen, obwohl sie es könnten oder die ihre Kinder nicht mehr sehen, also ihr Umgangsrecht nicht wahrnehmen, eine ganz andere Sprache. Nicht alle Männer sind so, aber viele.
Es gab eine Mutter, die hat versucht, den Vater ihres Kindes gerichtlich zu zwingen, sein Umgangsrecht wahrzunehmen.

Die neueste gesetzliche Regelung, alleinerziehenden Eltern grundsätzlich zuzumuten, eine Vollzeitarbeit anzunehmen, sobald das Kind 3 Jahre alt ist, spricht auc nicht gerade für eine kinderfreundliche Gesellschaft, sondern ermöglicht dem unterhaltspflichtigen Elternteil, sehr früh aus den finanziellen Verpflichtungen zum Unterhalt für den erziehenden Elternteil auszusteigen.

Michel II 17. August 2011 um 13:30  

@ Hartmut:

Polizisten gehen auch deshalb mit 60 in den Ruhestand, weil sie dann körperlich nicht mehr fit genug sind. Im Alter lässt man halt nach. Und soviele braucht man dann auch wiederum nicht im Innendienst.
Dass Renteneintrittsalter auf 67 heraufzusetzen, war eine Eselei ohne Gleichen. Damit schafft man mehr Druck auf dem Arbeitsmarkt und verringert die Renten und hält die RentenV-Beiträge unten.
Vom Standpunkt der Fitness her zu betrachten ist das nicht zu rechtfertigen.

Zeig mir mal einen Dachdecker, einen Maurer oder einen Fliesenleger, eine Krankenschwester oder eine Friseuse, der/die bis 67 arbeiten kann.

Realistisch wäre, wenn man z.B. die Stundenzahl im Alter verringert, das geht zumindest in körperlich nicht ganz so anstrengenden Berufen.

Madevi 17. August 2011 um 14:19  

Mal was Ernstes... Auf www.faz.net/f30/aktuell/WriteLike.aspx kann man Texte auf stilistische Ähnlichkeiten mit dem Stil berühmter Autoren hin analysieren lassen.
Wenn man dort einzelne Absätze des Beitrags "Eine Männerquote für die Rente" untersuchen läßt, ergibt sich noch ein unterschiedliches Bild mit Ähnlichkeiten zu Theodor Fontane, zu Revenlow und Goethe. Vorwiegend und für den Gesamttext ergibt sich aber ein klarer Verweis auf Franziska zu Reventlow.
http://de.wikipedia.org/wiki/Fanny_zu_Reventlow
Nicht schön, sowas feststellen zu müssen.

Hartmut II 17. August 2011 um 22:15  

@ Michel II

Danke für die Antwort: Ich habe meine Frage mißverständlich formuliert. - Ich bin doch ein Gegner der Erhöhung des Renteneintrittalters.

Mein Vorschlag alle Arbeitnehmer/innen haben die Möglichkeit ab 60 in die Altersrente zu gehen.
Wer länger arbeiten möchte sollte sich erst einer arbeitsmedizinischen Untersuchung
auf arbeits- bzw. diensttauglichkeit untersuchen lassen.
Die Höchstgrenze wäre dann, je nach beruflichen Anforderungen, max. bis Vollendung 67.

So denke ich über die Altersgrenze.

Anonym 25. August 2011 um 14:47  

Wenn man das, was ledige Väter ohne Sorgerecht (und deren Kinder!) in diesem Staat erdulden müssen Müttern zumuten würde, wären wir in Saudi Arabien.
Nach inzwischen gut 10 Jahren mit genau diesem Status kann ich mit gutem Gewissen all jenen die ungewollt Vater werden und idealistische Vorstellungen von Teilhabe haben nur dringend raten, bei Bekanntwerden der Schwangerschaft sofort jeglichen Kontakt abzubrechen und aus Selbstschutz jedes Verantwortungsgefühl für das Kind zu unterdrücken und emotionale Bindung an das Kind nicht zuzulassen!!!

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