Disziplin durch Abstinenz

Montag, 27. September 2010

Der zechenden und schmauchenden Unterschicht soll es an den Kragen gehen! Kein Geld mehr für Alkohol und Zigaretten auf Konten von Langzeitarbeitslosen zu überweisen, fordern nun etliche lasterlose Herrschaften aus Politik und Wirtschaft. Hartz IV soll den Grundbedarf abdecken, erklären diese, in den Alkohol und Tabak als Genussmittel nicht dazugehörten. So einfach ist dieses Erklärungsmodell allerdings nicht.

Abstinenz der kleinen Zahlen

Es handelt sich um ein Spiel mit Peanuts: 11,58 Euro sind im derzeitigen Regelsatz für Zigaretten, 7,52 Euro für Alkohol vorgesehen. Bildlicher ausgedrückt: Zwei Packungen Zigaretten und fünf bis sieben 0,5 Liter-Flaschen besseren Bieres sind monatlich eingeplant. Ein Lotterleben sieht anders, sieht wesentlich üppiger aus. Bedenkt man zudem, dass pro erworbener Zigarettenschachtel etwa 75 bis 85 Prozent des Verkaufspreises an den Fiskus erstattet werden, so überrascht der Aktionismus umso mehr. An der relativ geringen Summe, die zudem größtenteils in die Steuerkasse zurückfließt, kann es jedenfalls nicht liegen, dass plötzlich Bier und Tabak zur Diskussion stehen. Dahinter steckt mehr: die falsche Auslegung des Sozialstaatsgedankens und damit einhergehend ein symbolischer Akt, den man dem schmalen Geldbeutel der Hilfebedürftigen abringt.

Der disziplinierende Sozialstaat als Folge falscher Prämissen

Das Sozialwesen, in effigie das Sozialgesetzbuch (SGB), kennt keine unmittelbare disziplinierende Absicht - jedenfalls keine, die nicht direkt an der Inanspruchnahme sozialer Leistungen gebunden ist. Zweck ist, "ein menschenwürdiges Dasein zu sichern; gleiche Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit, insbesondere auch für junge Menschen, zu schaffen; die Familie zu schützen und zu fördern; den Erwerb des Lebensunterhalts durch eine frei gewählte Tätigkeit zu ermöglichen und besondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe, abzuwenden oder auszugleichen" (SGB I § 1 Aufgaben des Sozialgesetzbuchs). Zwar wird an dortiger Stelle auch von "erzieherischer Hilfe" gesprochen. Gemeint ist damit aber nicht ein pädagogischer oder disziplinierender Auftrag seitens der Behörden, ins Privatleben der Hilfebedürftigen schulmeisterlich hineinzureden - gemeint sind Hilfestellungen in Erziehungsfragen.

Der neue Sozialstaat, wie er vielen Reformern in den Köpfen umhergeht, will nicht lediglich Teilhabe sichern - eher soll dieses Aufgabenfeld verkleinert werden! -, er will die Bittsteller erziehen, will sie kontrollieren, sie disziplinieren und ihre Anlagen verändern, sie zu Büßern formen. Hieran wird von einer fehlerhaften Prämisse ausgegangen: Süchte seien die Sache der Unterschicht, Alkoholismus und ausschweifender Zigarettenkonsum seien die Laster des kleinen, des armen Mannes. Konsequent wird dabei die Schichtdurchlässigkeit der Suchtproblematik übersehen - nicht nur Armut oder Arbeitslosigkeit spornen zum Saufen an, gleichermaßen sind beispielsweise Berufsstress oder Ehesorgen Faktoren. Alkoholismus und sonstiges Suchtverhalten sind keine Milieuschäden - die gesamte Gesellschaft ist damit durchwoben.

Der Grundgedanke, Hilfebedürftige nicht nur teilhaben zu lassen, sie auch einer schwarzen Pädagogik, einer Disziplinierung zu überschreiben, existiert schon seit geraumer Zeit - in den letzten Jahren hat diese Sicht Aufwind erfahren. Somit war nicht der Langzeitarbeitslose Opfer wirtschaftlicher oder arbeitsmarktbedingter Entwicklungen, Leidtragender einer Krankheit oder sonstiger Hemmnisse: er war nur schlecht erzogen und damit für den Arbeitsmarkt unbrauchbar und mangelhaft (geworden). Diese Denkart ist die Basis dafür, dass sich das Sozialwesen mit sozialwesensfremden Elementen und Personen aufgeladen hat: mit Coaches und Lebensberatern, Ratgebern und Mentoren. Nicht nur die nach dem SGB ausgerichtete Hilfebedürftigkeit - das gilt verstärkt für das SGB II - ist demnach Gegenstand zwischen Behörde und leistungsberechtigten Bürger: dessen Lebensführung, dessen Lebenstil, dessen Benehmen und teils dessen Gesinnung geraten ins behördliche Blickfeld.

Überwachen und Strafen

Michel Foucault behandelt in seinem 1975 erschienenen Buch Surveiller et punir (Überwachen und Strafen: Die Geburt des Gefängnisses) die Entwicklung des modernen Strafsystems und malt dabei ein Bild vom Wandel der Strafnormen: von der Marter hin zur Strafnüchternheit; von der unmittelbaren körperlichen Bestrafung hin zur Disziplinierung; von der Leibesstrafe auf dem Schafott hin zur disziplinierenden Zeitplanung im Gefängnis. In dieser strafnüchternen Tradition steht der disziplinierende Sozialstaat heutiger Prägung; steht die Armenverwaltung nach SGB II - das Sozialwesen ist zum Strafwesen und damit zum Disziplinierungswesen degradiert. Dem Sozialstaat wurden im Laufe der Jahre Repressionsrezepte an die Hand gegeben, damit er nicht nur Teilhabe sichern, sondern den jeweiligen Menschen "zurück auf die rechte Bahn geleiten" kann.

Die Bestrafung erhält in Foucaults Rückschau einen disziplinierenden Auftrag - der Richter ist dabei nicht mehr nur Richter, er muß nicht einfach plump die Straftat sanktionieren; er hat den Täter als Individuum zu sehen, muß dessen Zukunft anhand sachverständigen Rates ins Auge fassen; nicht nur richten, sondern erzieherische und disziplinierende Aspekte berücksichtigen. Dies läßt sich auf die Reformer des Sozialstaats weiterspinnen und übertragen: für viele stellt das, was volkstümlich Hartz IV genannt wird, einen Form des offenen Vollzugs dar. Das mag übertrieben und dramatisierend klingen, jedoch reiht sich die Umsetzung der hiesigen Arbeitslosenverwaltung, mitsamt ihren allerhand disziplinierenden Maßnahmen, nahtlos in Foucaults Galerie ein. Der körperlichen Marter, so erläutert er, sei die seelische Züchtigung des Körpers gefolgt - körperliche Strafe durch Disziplinierungsmodelle; Hartz IV ist keine Marter, keine unmittelbare Leibesstrafe, will ohne gewaltsamen Körperkontakt drillen, was jedoch selbst dann körperliche Disziplinierung bleibt - denn auch die Sperre von Bezügen wirkt sich körperlich aus.

Die direkte Gewalt ist gewichen, hat der Disziplinierung ohne körperlicher Gewalt Spielraum erteilt. Diese "körperlose" Form der Strafe - und es ist bezeichnend und traurig, dass wir das Sozialwesen unter den Aspekten der Bestrafung bewerten müssen! - ist das Produkt der Macht, die sich heute nicht mehr physisch an jene wendet, die sie bestrafen will. Sie arbeitet heute mit symbolischer Gewaltschau: "Die Machtverhältnisse legen ihre Hand auf ihn [Anm.: den Körper]; sie umkleiden ihn, markieren ihn, dressieren ihn, martern ihn, zwingen ihn zu Arbeiten, verpflichten ihn zu Zeremonien, verlangen von ihm Zeichen." Ein solches Zeichen soll der symbolische - durch Entzug eines Quäntchen Regelsatzes - Verzicht auf Alkohol und Zigaretten sein. Ein Zeichen von nur kleiner Tragweite, von umgerechnet 19,10 Euro, das man den Verfechtern der wiederbelebten Abstinenzbewegung, eher symbolisch denn handfest darzubringen hat.

Symbolische Unterwerfung

Es geht nicht um die kleine Summe selbst, nicht darum, dass einige Flaschen Bier und zwei Schachteln Zigaretten im Monat zu teuer wären. Dahinter ist eine symbolische Geste zu vermuten, die vom Arbeitslosen ausgeführt werden soll. Eine Geste, die der puritanischen Ethik entstiegen ist. Dabei wird sich auf Stereotype gestützt, die seit geraumer Zeit verstärkt zum Einsatz kommen - zwei Widerparte, die künstlich gegeneinander positioniert werden: dem faulen, sittenlosen, tagesstrukturarmen, verwahrlosten Erwerbslosen stellt man eine Gestalt gegenüber, die es so nicht gibt: den fleißigen, sittsamen, durchstrukturierten, gepflegten Erwerbstätigen, der nebenher auch noch der Ernährer seines negativen Gegenentwurfes ist. Schwarz und weiß; gut und böse!

Darauf läßt sich ein disziplinierendes Sendungsbewußtsein türmen. Der negative Bürgerentwurf ist an den positiven Bürgerentwurf anzugleichen - das Sozialwesen ist damit ganz im Sinne Foucaults zu einer schleifenden und drillenden Instanz geworden, die überwacht und straft, um ihre gewünschten Lernziele umzusetzen, Lebensentwürfe im Sinne der gesellschaftlichen Normen bestmöglich anzugleichen. Der Verzicht des Lotterhaften, um damit den Tugendhaften näherzukommen, ist daher eine symbolische Handlung, ein quasi-zeremonieller Akt, der den zu Belehrenden endlich wieder auf die tugendhafte Bahn geleiten soll. Der zu disziplinierende Schüler hat den Beweis vor aller Augen zu erbringen, fortan keine Unterstützung für seine Laster mehr erfahren zu wollen - denn dem Laster selbst, wenn es dieses überhaupt gibt, kann man leider nicht moralisierend Einhalt gebieten.

Müßiggang ist aller Laster Anfang - der pädagogische Sozialstaat will wenigstens das resultierende Laster eingrenzen. Er ist nicht mehr normenneutral, blind für die Vorlieben und Lebensvorstellungen und -einstellungen seiner Hilfebedürftigen - er ist bewertend und parteiisch, er ist nicht weltanschaulich neutral, versucht zu disziplinieren, den aus dem Produktionsverfahren ausgeschiedenen Menschen auf die wirtschaftlich bevorzugten Normen und Ideale einzuschwören. Somit wandelt er auf den Spuren spießiger Sittlichkeitsbewegungen, die vor 120 Jahren dazu aufriefen, das Elend durch einen neuen Sittlichkeitkodex zu beenden.

Das Wiedererwachen des Temperenzler

Eine angeblich mangelnde Tugendhaftigkeit war es, was die Enthaltungs- oder Temperenzbewegung an der Schwelle zum 20. Jahrhundert dazu veranlasste, für eine strikte Ablehnung des Alkohols einzutreten - am Ende stand die Alkoholprohibition in den USA und ein viel wüsteres Gemeinwesen als jemals zuvor; die moralisch einwandfreie Gesellschaft, die Suchtverhalten gesetztlich verboten hatte, wurde zum eigentlichen Sodom und Gomorrha - zu jenen Orten also, die bibelfeste Abstinenzler vormals in einer Gesellschaft, in der Alkoholtrinken erlaubt war, schon erkannt sehen wollten. Der Alkoholkonsum stellte für die durchweg bürgerlich initiierten Abstinenzvereine, die gleichfalls durchweg an puritanischen Einschlag litten, die Ursache für den Jammer der unteren Klassen dar. Der Suff war die Sucht der Underdogs, der Habenichtse - sie soffen nicht, weil sie arm und illusionslos waren; sie waren arm und ohne Aussichten, weil sie chronisch dem Suff zugeneigten. Dass Alkohol auch in höheren Kreisen aus zu großen Bechern genippt wurde, entsprach schlichtweg nicht der Scheuklappenwirklichkeit der Temperenzler.

Beschwerlich, auch schon fast klischeehaft, immer wieder mal auf Max Webers Schrift hinzuweisen, in der er die protestantische, puritanische Ethik zur Mutter des kapitalistischen Geistes ernennt. Dennoch offenbart sie, dass sozialreformatorische, puritanisch angelehnte Pädagogik, vermengt mit protestantisch hergebrachten Kapitalismus, zu einem programmatischen Ferment verschmelzen. Beides zusammen will disziplinieren, will den Menschen sittsamer, nutzvoller, effizienter gestalten. Darauf zielen Maßnahmen ab, die Alkohol und Zigaretten, beides gesellschaftlich akzeptierte Suchtmittel, verbieten wollen - bei der Unterschicht verbieten wollen, bei denen also, die aufgrund Erziehungsmängel in die Bredouille gerieten: nach elitärer Lesart jedenfalls.

Das entlarvt eine weltanschauliche Nähe zum Vorabend der Eugenik, als man sich noch brav und bieder mit Rassenhygiene beschäftigte, bevor man zu blutigeren Mittelchen griff. Der Alkoholismus war dort ebensowenig ein Phänomen aller gesellschaftlichen Schichten: er galt als Laster der Asozialen - und war damit Grund und Erkennungsmerkmal gleichermaßen. Temperenzler waren auch unter denen zu finden, die der Rassenhygiene wissenschaftlichen Charakter verliehen - und letztlich war auch der höchste Mann im Lande Abstinenzler. Ist es da Zufall, dass in Tagen, in denen einer ganz offen sozialeugenischen Hokuspokus betreibt, auch die dazu kompatible Abstinenzdogmatik zum Tragen kommt? Wenn diese auch nur symbolisch ist, quasi gleichnishaft einige Groschen einbehalten will, die keinem richtig wehtun, weil knapp 20 Euro weniger die Armut auch nicht ärmer machen. Es handelt sich um eine Dogmatik, die die Alimentierung gesellschaftlich akzeptierter Süchte verbieten will, um die Habenichtse zu drillen, zu dressieren, zu einem "richtigen Dasein" ohne Suff, ohne Rauch zu treiben, sie mit sittsamen Geist zu beatmen. Eine bigotte, erzieherische, belehrende Dogmatik, die praktischerweise immer verstärkter ins Sozialwesen verfrachtet wird.



42 Kommentare:

endless.good.news 27. September 2010 um 07:55  

Ich finde die Aufschlüsselung im Grunde absurd. Es ist ja gut und schön, dass Alkohol und Tabak enthalten sind im regelsatz. Allerdings sagt das noch gar nichts darüber aus, wie viel von diesem Geld tatsächlich für diesen Bereich ausgegeben wird. Ich nehme mal an, dass es deutlich weniger sein wird (sich gibt es extreme Ausreißer nach oben). Der Punkt ist, dass man nach der Bunderegierung scheinbar zinsfrei eine Waschmaschine üner 10 Jahre mit 2.50Euro abbezahlen kann. Dementsprechend absurd sind die Diskussionen. Die Frage ist doch, ob man von dem Geld halbwegs sorgenfrei leben kann. Wenn nicht muss erhöht werden. Am besten koppelt man die Steigerungsrate an das Vermögenswachstum der obersten 10% und schon gäbe es kein Problem mehr.

Inglorious Basterd 27. September 2010 um 08:11  

Dieser Text von Dir ist mir (leider) zu brav. Hab gestern schon beim "Konsum" von Anne Will vor Wut in die Tischkante gebissen; anschließend kam die Hass-Starre (wo verdammt habe ich den Blutdrucksenker deponiert?).

Soll ich mich jetzt ständig ärgern oder das alles nur einfach als kabarettreif abtun? Unglaublich. Was lassen sich die Leute eigentlich noch alles bieten? Was kommt noch? Die tägliche Kaloriengrenze für Hartz-IV-Empfänger?

In Griechenland oder Frankreich wären 5,-Euro mehr der Grund für einen sechswöchigen Generalstreik. Dort geht man bereits bei einer beabsichtigten Erhöhung des Rentenalters von 60 auf 62 Jahre auf die Strasse.

Mir fehlen die Worte für so viel Zynismus.

Das umfangreichste Disziplinierungs- und Kontrollinstrument ist übrigens die Arbeitsgesellschaft insgesamt.

ad sinistram 27. September 2010 um 08:52  

@ endless.good.news
Natürlich ist diese Aufschlüsselung absurd. Dennoch wird das Einbehalten bestimmter Aufschlüssungspositionen ideologisch verwurstet. Es geht darum, ein Stereotyp zu nähren - eigentlich auch zwei oder drei: Das des saufenden Asozialen, das des anständigen Erwerbstätigen und das der Gesellschaft, die sich der Asozialen durch Disziplinierung widmet, damit ihrem Gesellschaftsauftrag nachkommt.

@ Inglorious Basterd
Zu brav. Glaub mir, ich bin sicherlich wütend. Nicht so sehr vielleicht, wie ich es sein sollte. Ich halte Wut auch für ein Produkt von Überraschtwerdens. Mich hat diese Farce nicht überrascht - ich habe damit gerechnet. Dabei ging es aber dann doch viel plumper als erwartet zu. Ich bin dennoch wütend - aber ich wollte diese Sache heute von einem anderen Blickwinkel aus betrachten. Von der Symbolik letztlich, die jede Macht verwendet, um sich als mächtig zu beweisen... daher der Rückgriff auf Foucault. Morgen mehr dazu...

Anonym 27. September 2010 um 08:52  

Man braucht schliesslich ein fites, millionenstarkes Dienstleistungs-Prekariat, welches der Vollkasko- Oberschicht 24 / 7 (selbstredend zum zum quasi Nulltarif) servil zur Verfügung steht.

Anonym 27. September 2010 um 09:34  

Die betrnkenen Abgeordneten , die ich während meiner Bahnfahrten kennengelernt habe sind Legion.

Manul 27. September 2010 um 09:45  

Ich habe mir soeben die Rechnung der Regelsätze zu gemüte geführt und bin einfach nur entsetzt und wütend über den Zynismus dahinter. Das war mal wieder eine Berechnung, die genauso unrealistisch ist, wie die bisherige Berechnung. Wenn man sich die Beträge schon anschaut, dann möchte man wirklich fragen nach welchem Preisindex man das überhaupt erstellt hat - von den Preisen in Deutschland ist jedenfalls wohl kaum ausgegangen. (22 Euro für eine Fahrkarte z.B.)

Mich entzürnt übrigens auch, dass in dem Regelsatz NIX für Haustiere und Blumen vorgesehen ist, so als ob es ein Luxus wäre, wenn man sich zu Hause eine Katze oder einen Wellensittich hält. Dabei ist das Haustier für viele Menschen, die allein leben und wenig soziale Kontakte pflegen (können) oft das Einzige, was überhaupt noch ihr Leben einigermaßen lebenswert macht...

Halten wir also fest: Ein Arbeitsloser hat völlig abstinent von allem was Spaß macht zu leben (Sex just for fun ist auch verboten, da es überhaupt nicht berücksichtigt wird, dass man auch verhüten muss...). Ansonsten hat er allein vor sich hin zu vegetieren, wenn er nicht in der Lage ist soziale Kontakte innerhalb seines engsten Radiuses zu pflegen. Das psychische Wohl ist dabei Nebensache, den selbsternannten Herrenmenschen kann es ja auch egal sein, wenn die Unterschicht mit Depressionen kämpft und so manch einer da den Freitod sucht. Zynisch gesagt ist das dann wohl nur ein Schmarotzer weniger, der dem Staat auf der Tasche liegt. Selbst für die Beerdigung müssen dann die Angehörigen gerade stehen und die Ämter sind wirklich sehr erfinderisch, wenn es darum geht nach Leuten zu suchen, die die Zeche zahlen, wenn einer mal wirklich verstirbt, damit ja kein Geld aus der Staatskasse dafür ausgegeben werden muss.

Schöne neue Welt, wo sich die einen nur noch schamlos am Volksvermögen bereichern können und in Saus und Braus leben, wärend man den Ärmsten noch nicht mal das Nötigste zum Leben lässt. Das ist jedoch nur möglich, weil es genug Idioten gibt, die sich für die Helden der Arbeit halten, wenn sie bei Penny an der Kasse sitzen, um danach beim Sozialamt ihr Existenzminimum aufstocken. Diese Leute sind es, die das Klima für soetwas schaffen, denn sie applaudieren am lautesten von allen, wenn es den arbeitsscheuen Schmarotzern an den Kragen geht.

Lutz Hausstein 27. September 2010 um 10:03  

Ich fand es schon immer "witzig", dass besonders diejenigen die Sucht"exzesse" der Arbeitslosen anprangerten, die Tag für Tag auf diversen Empfängen und Tagungen sich permanent mit Sektgläsern zuprosteten, kostenlos versteht sich. Niemand in der Öffentlichkeit bemerkte diese Bigotterie oder wollte sie bemerken.

Interessant wird es nun, wie die daran interessierten Kreisen auch weiterhin das Bild des "qualmenden und saufenden Hartz-IV-Empfängers" in der Öffentlichkeit aufrecht erhalten wollen. War es bisher eigentlich schon an Unlogik kaum zu überbieten, wie man dieses Stigma trotz, großzügig gerechnet, 1,5 Zigaretten sowie 0,25 Liter Bier pro Tag aufbauen konnte, so wird dies nun endgültig ein Ding der Unmöglichkeit.

Jedem Politiker, der dies auch weiterhin behaupten möchte, kann jeder Hartz-IV-Empfänger ins Gesicht lachen und seine Hosentaschen umdrehen: "Sieh her, du Schmock! Die Hosentaschen, in welche ich mir angeblich etwas gesteckt haben soll, habt ihr mir doch abgeschnitten!"

Naja, es ließe sich noch soviel gegen diesen neuerlichen Willkürakt vorbringen. Aber ich warte erst einmal auf die Veröffentlichung der "Berechnungs"grundlagen.

Geheimrätin 27. September 2010 um 10:08  

Das hast du sehr gut beschrieben, finde es auch völlig in Ordnung dass du das diesmal auf dieser sachlichen Ebene gemacht hat. Und ja, es dürfte wohl keiner wirklich überrascht sein!
Ich habe mir die Anne Will Show gestern auch angetan und nebenbei in die Tasten getippt, um beim Anblick dieser Frau nicht gänzl. auszurasten:

http://gheimraetinsarchive.wordpress.com/2010/09/26/liebe-frau-ursula-von-der-leyen-ich-liebe-sie/

"Wir wären ja mit dem Klammerbeutel gepudert, würden wir den faulen Nichtstuern Tabak und Alkohol sponsern, vom harterarbeiteten Steuergeld der kleinen Verkäuferin, die auch zusehen muss, wie sie mit ihrem mickrigen Lohn klarkommt - nein, wir sind es, die den Kinderchen ein warmes Mittagessen ermöglichen. Denn wer sonst, sollte für die Kinderchen kochen, deren Eltern sich das nicht leisten, verzeihung, die dazu nicht in der Lage sind."

Ach ja, wenigstens ein paar nette Leserbriefe wurden gelesen, die auf einen netten, bunten Herbst hindeuten könnten.

Aber wir sollten uns doch überlegen, wie wir die 5 Euro nun am besten investieren. Ich hatte ja schon die Idee, eine Stiftung einzurichten. Wir könnten doch dazu aufrufen, die 5 Euro auf eine Spendenkonto einzuzahlen, auch Erwerbstätige, die noch einen letzten Rest Solidarität in sich verspüren, könnten 5 Euro spenden. Wir müssten diese Stiftung dann so public machen, dass auch der letzte Hartzler weiss, wo er seinen Fall schildern kann - wenn ihm beispielsweise kein "Unantastbarer" Regelsatz zum Leben mehr bleibt, weil seine Miete alles verschluckt. Wenn jemandem ein Qualifizierungskurs verweigert wurde und er dafür dann in eine Verblödungsmaßnahme gezwungen wird, derer er sich verweigerte und daraufhin sanktioniert wurde. Es gibt dergleichen Fälle mannigfaltig! Wir könnten dann ein Buch daraus binden, mit dem Titel "Agenda 2010 - oder wie Hartz V die deutsche Verfassung abschafft."

Lasst uns doch mal Ideen sammeln und gemeinsam aktiv werden

Schönene Tach noch!

Anonym 27. September 2010 um 10:12  

Die Medienlüge ist im vollen Gang.

Eine regelsatzkürzung wird als Erhöhung berichtet.

Tatsächlich hat das BVG ganz klar in seinem Urteil gefordert die Regelsätze mit der Inflationsrate zu erhöhen.

345 Euro 2005 entsprechen 382 Euro 2010.

Um das Urteil zu umgehen wurden einfach Positionen gestrichen.

Mehr ist nicht passiert.

Was als schwarze Pädagogik verkauft wird ist keine . Steinbrück ist z.B. Kettenraucher und trinkt auch mal gern ein Gläschen.

Rain Man 27. September 2010 um 10:12  
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Geheimrätin 27. September 2010 um 10:14  

PS: Wir könnten von den gesammelten 5 Euro dann bspw. auch Baseballschläger für alle Hartz V Bezieher erwerben und dann am Tage X einer Sammelstelle austeilen:

http://www.duckhome.de/tb/archives/8462-von-der-Leyen,-Betrug,-Verhoehnung-und-die-Baseballschlaeger.html

Anonym 27. September 2010 um 10:18  

ohnmacht und wut transferiere ich nun schon seit einiger zeit in die leider in vergessenheit geratene kunst des verfluchens.

nun ich gehöre nicht zu den leuten, denen ein "das wünsche ich meinem ärgsten feind nicht" flockig über die lippen perlt um anzuzeigen, dass ich "moralisch" haushoch über der verachtenswerten kreatur stehe, die mir hartz4 angetan hat, oder sie lautstark vertritt und verteidigt. ganz im gegenteil.

das Wünsche ich meinen feinden und zwar achtmal so stark und schlimm, wie es mich und meine leidensgenossen und genossinnen trifft. und... oho ich geh sogar noch einen schritt weiter... ich verfluche seine familie kinder und kindeskinder, seine/ihre freunde und alle die mit ihm/ihr zutun haben.

es sind gute zeiten zum verfluchen, dieser alten kunst der unterdrückten. ich brauche nur die freiumher fliegende hasserfüllte luft nehmen und sie auf die akteure und jeden der mich demütigt draufzuwerfen.

nochwas... verfluchen ist kein straftatsbestand. wir sind doch hier nicht in afrika.

...und ein fluch wirkt, ob der verfluchte davon weiss oder nicht. besser sogar noch er weiss es nicht.

Anonym 27. September 2010 um 10:26  

Einwandfrei, gerade der Hinweis auf die protestantische Ethik gefällt mir.

Übrigens, es geht ja nicht nur um Alkohol und Zigaretten. Arbeitslose können doch wohl kaum Geld für Tanzveranstaltungen haben, und sonstige Vergnügungen der kulturellen Teilhabe.

Gerade dies schimmer für mich zwischen den Zeilen durch.

Kein geringerer als Calvin verbot tanzen als "gott-" und "zügellos", als er in der Schweiz residierte.

Protestantische Erziehungsethik eben für Erwachsene - auch Hartz xxx genannt.

Gruß
Bernie

ninjaturkey 27. September 2010 um 10:49  

Eine Voraussage gefällig?
Die nun "großzügig" weiter gewährte "Überzahlung" von 2-12 Euro bei den Hartz IV-Kindern wird in Kürze als Faustpfand für weitere Härten genutzt werden.

christophe 27. September 2010 um 10:49  

Das protestantische Arbeitsethos, das unbedingte Nützlichkeitsdenken hat sich in diesem Land schon längst bis ins kleinste niederbayrische Dorf festgesetzt. Daher auch die große Lüge unserer Epoche: Es ist Arbeit für alle da.
Arbeit für alle kann es aber nur geben, wenn Arbeitskraft so billig wird, dass sich Maschinen nicht lohnen, was aber bei dem heutigen Grad der Automatisierung kaum denkbar ist. Oder aber, wenn die Arbeitszeit massiv gesenkt wird, was wiederum ein Tabu darstellt, dass nicht mal geflüstert werden darf. Denn natürlich weiß jeder, der nicht an angeborenem Schwachsinn leidet, dass durch den Produktionsfortschritt wesentlich mehr Arbeit wegrationalisiert wird als jemals geschaffen werden kann. (Einzige Ausnahme: Nach dem ‚totalen Krieg’) Es gibt verschiedenste Rechnungen, aber zwischen 40 bis 60% der Weltbevölkerung sind für die Produktion durchaus entbehrlich. Man braucht sie eigentlich nur noch als Konsumenten. Merkwürdigerweise wird diesem Teil der Menschheit das dafür nötige Kleingeld vorenthalten…

persiana451 27. September 2010 um 10:58  

Zum Thema "(kein) Alkohol für die Unterschicht" könnte man noch anmerken, dass einige wohlbegüterte Leute, die bestimmt nicht von Sozialtransfereistungen abhängig sind, sehr gut an dem Alkohol-Verbot verdient haben, zum Beispiel der Vater des späteren US-Präsidenten JFK, Joseph Kennedy. Auch eine gewisse Familie Bronfman hat wohl ein Vermögen mit dem verbotenen Stoff gemacht. Darüber redet heute natürlich niemand mehr, womit die Leute, die heute dem Lebenskreislauf der Wirtschaft das Blut (Geld) entziehen, eigentlich ihr Vermögen gemacht haben. Am Alkohol/Drogenhandel lässt sich gut verdienen. Das wusste beispielsweise schon die britische Familie Russel, die mit Opiumhandel zu ihrem immensen Reichtum gekommen ist und der Oberschicht angehört.

Zur britischen Oberschicht gehörte auch der gute alte Aldous Huxley an, der ein eifriger Konsument von hallizinogenen Drogen (Meskalin), war. Er war Dozent bzw. Professor an mehreren amerikanischen Universitäten, wo er teilweise vorschlug, mit seinen Studenten Drogenexperiment zu machen.

Wenn die Oberschicht solche Dinge nimmt, ist das halt was anderes...Wobei man sagen muss, dass er den Drogenkonsum auch für die Unterschicht befürwortete - als eine Art 'Soma' wie in seinem Buch "Schöne neue Welt" beschrieben, wo die Droge dazu dient, die Menschen dumm und in Knechtschaft zu halten.

Anonym 27. September 2010 um 11:38  

Hätte fast noch was vergessen, der Legende nach wurde die Black Panther Party for Self Defense durch Einführung von Drogen zerstört, weil der revolutionäre Elan der afroamerikanischen Bevölkerung durch eben harte Drogen angeblich unterwandert wurde.

Fazit noch einmal:

Die gute Maggie Merkel sollte sich baldmöglichst vom Plan verabschieden Arbeitslosen alle, ablenkenden, Vergnügungen vom harten Arbeitslosenalltag zu entziehen.

Nicht dass M. Merkel bald selbst arbeitslos wird......dank Montagsdemos.....

Berggeist1963 27. September 2010 um 12:03  

Ich hatte mir fest vorgenommen, nie wieder "Anne Will" und Konsorten anzuschauen. Ich gestehe - gestern habe ich es dann doch wieder getan.
Ich wollte auch nie mehr die Kommentarbereiche der einschlägig bekannten Medien lesen und selbst etwas hineinschreiben. Und doch habe ich es heute wieder getan. Und was hat es gebracht? Einerseits Wut, die ich ja durch das ignorieren dieser Sendungen und Kommentarbereiche vermeiden wollte. Wut z.B. auf Herrn Rogowski, dem ich am liebsten gestern abend mit dem Baseballschläger(den ich aber gar nicht besitze)eins übergezogen hätte, verbunden mit den allerherzlichsten Grüssen von der "saufenden Unterschicht". Wut auf Frau von der Leyen hatte ich jedoch nicht - bin ihr gegenüber wohl inzwischen zu abgestumpft und hatte eh nichts anderes von ihr erwartet.
Wut auch auf manchen Foristen mit seiner(aber auch manchmal ihrer) grossen Klappe, wenn es auf die vermeintlich noch ein wenig unter ihm/ihr stehenden einzuschlagen gilt.

Andererseits verspüre ich Müdigkeit. Ich bin müde, immer und immer wieder diese Manipulation in unseren Medien mitansehen zu müssen. Müde bin ich ob der Dummheit mancher Mitmenschen, die sich für "etwas Besseres" halten, obwohl sie selbst ganz armselige "Würstchen" sind. Müde der Resistenz vieler gegenüber der Arbeit einiger weniger wirklicher "Aufklärer", die unseren Mitmenschen aufzeigen möchten, wie sie manipuliert und geBILDet werden. Müde vom täglichen vergeblichen Versuch, in meinem persönlichen Umfeld selbst "aufzuklären". Es kommt einem vor wie der Kampf des Ritters von der traurigen Gestalt gegen die Windmühlenflügel. Jedoch sehe ich Rotbewertungen, gesenkte Daumen usw. unter meinen zwar nicht allzu oft geschriebenen Kommentaren (die Müdigkeit halt) in den erwähnten Kommentarbereichen stets als eine Art Auszeichnung an. Sie zeigen mir, dass ich die getroffenen Hunde zum bellen gebracht, sie "entlarvt" und evtl. ihren wunden Punkt getroffen habe.

Nun weiss ich nicht, welches Gefühl das bessere ist. Diese Müdigkeit, die gelegentlich fast schon in Gleichgültigkeit bzw. in Resignation abgleitet? Man lebt damit halt irgendwie "ruhiger", fühlt sich aber besch... dabei.

Oder aber die Wut, die jedoch kein Ventil findet, um rausgelassen zu werden? Immer nur die Wut runterzuschlucken macht ja auch krank. Gewalttätigkeiten sind auch nicht mein Ding. Zwischen dem Wunsch aus der Wut heraus, sie dennoch zu tun und sie aus Vernunftgründen dann doch zu unterlassen, besteht nun mal ein Unterschied. Bei der Wut fühle ich mich aber genauso besch... wie bei der Müdigkeit.
Wenn ich dann entgegen meiner eigenen Vorsätze doch wieder die besagten Sendungen und Kommentare ansehe wird aus der Wut mittlerweile häufiger wieder Müdigkeit...
Was ich aber nun absolut nicht möchte ist, alles stets "sachlich-nüchtern" zu betrachten. Käme mir dabei wie ein seelen- und gefühlloses "Ding" vor.
Also dann besser die Wut...oder lieber doch die Müdigkeit?

Anonym 27. September 2010 um 13:27  

Ein zentrales Anliegen zeitgenössischer Sozialhilfe ist die Vernichtung von Lebensfreude, hier im Zusammenhang mit dem Konsum von Genussmitteln - aber bei Versicherungsleistungen wegen Behinderung kann sogar konsumloses glückliches Gebaren zur Verurteilung führen. In einer Nachrichtensendung des Schweizer Fernsehens wurde dieses Jahr ausführlich ein „Beweisvideo“ eines IV-Detektivs gezeigt, mit dem das Opfer aufgrund von „Lachen“ des Betrugs an der Invalidenversicherung überführt wurde:

http://ivinfo.wordpress.com/2010/06/04/10vor10-goes-boulevard/
„Wer krank/behindert ist, hat gefälligst 24 Stunden am Tag krank auszusehen und alleine zu Hause im Bett zu liegen.“ kommentierte obiger Blog.

Üblicherweise führt die Denunziation durch missgünstige Nachbarn dazu, dass einem zwecks Entzug der Leistungen ein Josef Matula an die Fersen geheftet wird. Wer nicht konsequent und öffentlich ein „richtiges“ Moorsoldaten-Dasein zur Schau stellt, hat angesichts Matulas medizinischem Sachverstand schon verloren.

Alkohol- und Zigarettenkonsum ist nun mal unvereinbar mit dem neobürgerlichen Idealbild des Sozialhilfe-Bezügers: dem Moorsoldaten.

Anonym 27. September 2010 um 13:48  

@Berggeist
Vielleicht macht es doch Sinn, sich Programme wie die von Frau Will anzutun. Aus "informativen Zwecken", so seltsam das klingen mag. Mitanzusehen, welche politischen "Botschaften" da verklickert werden - und wie - ist zwar mit Nebenwirkungen verbunden (Ärger), hat gleichzeitig aber auch eine "aufklärerische Note", falls man sich des eigenständigen Denkens noch nicht zu schade sein sollte.

Till 27. September 2010 um 13:53  

Warum hält der Pfarrer, der als einziger in dieser TV-Runde täglich mit Hartz-IV-Empfängern zu tun hat, das Armutsproblem denn nicht für ein finanzielles?
Hab die Sendung nicht gesehen, nur gelesen davon, und auch keine Lust, mir das ganze auf Youtube oder so reinzutun.

Anonym 27. September 2010 um 14:39  

Zum Thema Tabak, Saubermann-Mentalität und protestantische Ethik gibt es hier was Interessantes.

Titanicleser 27. September 2010 um 15:52  

Für wen gelten die neuen erhöhten Hartz IV-Sätze?
Sie gelten für Arbeitslose und alle, die es werden wollen. Doch Vorsicht vor einer übereilten Kündigung: noch gelten die alten Sätze!

Warum wurde der Regelsatz neu berechnet?
Das Bundesverfassungsgericht bezeichnete die bisherigen Berechnungen als "willkürlich". Erlaubt sind aber nur die Berechnungsmethoden "Nach Gutdünken" oder "Pi mal Daumen". Bei muslimischen Hartz IV-Empfängern muß auf spezielle Bedürfnisse Rücksicht genommen werden: Im Fastenmonat Ramadan fällt die Lebensmittelpauschale weg.

Diabolus 27. September 2010 um 16:13  

Ich rauche nicht, ich trinke nicht... Eigentlich könnte es mir egal sein...

Aber...diese Menschenverachtung...dieses "Keine Genussmittel für Sozialschmarotzer" (denn was anderes sagen sie ja nicht)... das ist einfach zuviel!

Die Katze aus dem Sack 27. September 2010 um 17:19  

Abstinenz durch Disziplin?

unschland 27. September 2010 um 17:21  

ich habe beim überfliegen des artikels die idee einer, nun ja, etwas anrüchigen protestidee:
könnte man sich nicht irgendwie landesweit verabreden und nach einer druckbetankung die schalterräume der hre bzw. ihrer ableger stürmen und gepflegt vollkotzen?
in die arges kommt man ja vielleicht nicht wegen wachschutz, aber deren portale oder eingangsbereiche böten ja auch hinreichend platz für eine gehaltvolle entladung...
oder am 3.okt ganz oldenburg dichtkotzen?
zeigen wir unserer calvinistischen elite mal unser hässliches anlitz

Anonym 27. September 2010 um 17:31  

"[...]Warum hält der Pfarrer, der als einziger in dieser TV-Runde täglich mit Hartz-IV-Empfängern zu tun hat, das Armutsproblem denn nicht für ein finanzielles?[...]"

War der Pfarrer einer vom Schlage Gauck?

Übrigens, wer sich auf die Pfaffen verläßt, dem ist auch nicht mehr zu helfen - Caritas und Diakonie verdienen jetzt schon an Ein-Euro-Jobbern, und die Kirchen hatten auch früher kein Problem mit Massenschlächtern wie Stalin oder den Nazis, und deren Unterdrückungspolitik. Ein Konzil lehnte im vorherigen Jahrhundert ja die ganze "moderne Welt" als Teufelswerk ab ebenso wie das "Teufelswerk der Demokratie", und geschichtsverdrehend behauptet Papst Benedikt XVI ja, dass die Kirchen im Dritten Reich, die A. Nazi fleißig unterstützt haben, im Widerstand waren, und überhaupt Aufklärung und Vernunft wurden nicht von Voltaire & Co. durchgebracht, sondern von den "Kirchen", wenn es nach dem Geschichtsfälscher mit Papsttalar angeht. Übrigens, die Kirchen hatten schon von Anfang an kein Problem mit echter Sklaverei, Kriegen und Völkermorden sowie Ausbeutung usw. usf.

Das darf, im sarrazinschen Sinn, ja noch gesagt werden:

Wer sich auf die Kirchen verläßt, der ist verlassen! Die sind auch nicht besser als die marktradikalen Taliban in der Bundesregierung Deutschlands.

"[...]Hab die Sendung nicht gesehen, nur gelesen davon, und auch keine Lust, mir das ganze auf Youtube oder so reinzutun[...]"

Aha, auch gut ;-)

Heiko 27. September 2010 um 18:22  

@Berggeist1963

Danke, du hast mir aus der Seele gesprochen.

Das Ganze zusammengefasst von Georg Schramm: Das Zornkonto ist voll.
http://www.youtube.com/watch?v=xaejc9Pc6jE&feature=related

JaNee 27. September 2010 um 19:06  

Die Idee mit den Baseballschlägern wird mir immer sympathischer.

Erklärung:
Hab gerade auf Phönix eine Reportage zum Thema „Arm und Reich in Deutschland“ gesehen.

Anonym 27. September 2010 um 20:48  

Titanic erklärt auch, wie sich die Bundesregierung einen Ausgleich vorstellt. "Jede Erhöhung muß die Erniedrigung der Hartz IV-Empfänger gewährleisten. Fünf Euro pro Monat sind gerade wenig genug, um problemlos als erniedrigend durchzugehen..."

Erhöhung gegen Erniedrigung. Das ist doch ein fairer Ausgleich.

Bei Weisgarnix gibt es interessante Details zur Berechnung.
http://www.weissgarnix.de/2010/09/27/frau-von-der-leyens-flussigkeitsbedarfrechnung/
Hier gibt es auch einen Link zum Referentenentwurf des Gesetzes.

Ich bin noch nicht dazu gekommen, die 74 Seiten des Referentenentwurfs zu lesen.

http://feynsinn.org/?p=4990
behauptet:
...Interessanterweise werden Erwachsenen für Schreibwaren nach wie vor mehr Mittel zugebilligt als Kindern...
...Nach wie vor finden sich keine Posten wie Babynahrung oder Windeln in der Erhebung, dafür aber immerhin tote Gleise wie
“Kutschen u.ä. von Tieren gezogene Fahrzeuge, z.B. Pferdekutschen” oder “Dienstleistungen der Prostitution“...

Grüße
Klotzkopf

Robert Reich 27. September 2010 um 20:54  

Alkohol und Nikotin? Eine extrem dümmliche, für BLÖD-Leser aber sicherlich schlüssige Argumentation einer durchsichitgen 'Neuberechnung' von Hartz4.
Sagen wir mal so, Frau von der Lügen hat ein neues Kind geboren, leider war es eine Totgeburt oder wie soll das zynische, stigmatisierende, beleidigende Machwerk der 'Neuberechnung' sonst wohl noch genannt werden. Vielleicht, so kann man diesbezüglich fragen, bekommen in Deutschland doch die falschen Leute solche 'Kinder'?

carlo 27. September 2010 um 22:01  

Es interessierte mich auch schon mal, wer denn diese sogenannten Erhebungen zu Bedarf des "ärmsten Fünftels" der Gesellschaft macht?
Mit Sicherheit sind keine Beamten damit betraut. Privatfirmen, Studenten oder "seriöse Institute", ich weiß es nicht. Hat irgend jemand denn schon mal einen solchen Fragebogen gesehen, oder kennt gar einen befragten Haushalt? Daher vermute ich, es wurden lediglich alte Datensätze umfrisiert um vorübergehend dem BVG-Urteil zu genügen. Danach...alles egal, weil ja nicht mehr an der Regierung.

Anonym 28. September 2010 um 00:15  

Lasst euch doch nicht so aussaugen. Das ganze Feindbildgedöhnse bringt niemandem etwas und wenn hier noch bis zum jüngsten Tag gepostet wird, die Weltgeschicke und dazu zählt die Verarmung der Unterschichten Weltweit geht einfach ihren Gang. Das "Kabarettstück" hat mich als Betroffenen eher zum schmunzeln gebracht als zum Weinen.

Das Geld langt so oder so nicht, 20 Euro mehr oder weniger sind ein paar Tage etwas satterer Brotbelag.
Drauf gepfiffen. Viel wichtiger ist, das die Fronten hart bleiben, wenn es um die Beendigung von Bezügen nach z.B. fünf Jahren geht. Das würde den Armutsschub erstmal richtig vorwärts treiben.

Ich werde mir wohl bald überlegen Obdachlos zu leben. Dann ist man wenigstens sein eigener Herr :o) und die Niedriglöhne reichen zum Leben unter der Brücke tatsächlich aus! Da genügt schon ein 400 Euro Job. Jede Woche 100 Euro, ist mehr als Hartz4 Cash! Da die Stromkosten wegfallen, Telefongrundgebühr ausfällt und man sein Konto gleich mit kündigen kann, spart man sich in die Freiheit asketischer Zufriedenheit! Und wer den Überlebenskampf auf der Straße schafft, der Schafft etwas. Da kann einen niemand mehr anpöbeln, ganz ehrlich nicht.

Also liebe Hartzler, sucht euch neue Lebenskonzepte, genießt das Leben und lasst euch nicht immer ärgern wegen irgendwelcher Korinthenkackereien in der Politik.

Es wird schon bald höchstwarscheinlich richtig viel schlimmer werden. Wenn ihr dann schon kaputt seid vom Rebellen spielen, was habt ihr davon?

Also Kopf hoch und durch, nehmts mit Humor :oD

Electric Eye 28. September 2010 um 01:01  

Ich habe je gedacht, mir haut es den Vogel raus, als ich heute folgendes gelesen habe:

"Grundlage für die neuen Regelsätze war die jüngste Einkommens- und Verbrauchsstatistik. Bei der Überprüfung, welche Ausgaben Geringverdiener tatsächlich haben, wurden laut Ministerium einige Posten neu eingefügt. Dazu zählen Softwaredownloads und die Praxisgebühr. Als "nicht regelsatzrelevant" wurden neben Alkohol und Tabak erneut auch Autos, Haushaltshilfen, Flugreisen sowie illegale Drogen und Glücksspiele eingestuft."

Das ist wohl das offizielle Statement aus dem Sozialministerium, das heute durch die Medien ging.
Fällt da jemandem was auf?

Anonym 28. September 2010 um 01:57  

Jeder hier, der meint, es müsse sich etwas ändern, könnte mit einer extremen öffentlichen Handlung eine Lawine des Aufstehens ins Rollen bringen. Aber es traut sich keiner. Also ist es offenbar doch nicht so wild alles.

Dominik Hennig 28. September 2010 um 04:18  

Auch als (Left-)Libertarian nenne ich diese kleinliche Erbsenzählerei - allzumal im Lichte von Banken- und Konzern-Bailouts - schäbig. Und auch Robertos fundierter Analyse am disziplinierenden, strafenden vormundschaftlichen Sozialstaat stimme ich zu. ABER, meine Lieben, gestattet mir die Frage: was ist daran bitteschön "neu"? Der Gedanke der Gängelung, Entwürdigung und Schikanisierung der wirtschaftlich Schwächsten wohnt seit JEHER dem Sozialstaatsprinzip inne!

Sehr schön herausgearbeitet ist das in den Schriften von Kevin A. Carson, "rad geek" Charles Johnson und Stefan Blankertz.

Das wollt Ihr sicher nicht hören - wahr ist es trotzdem! ;-)

Warum war Bismarck so angetan von den Lasalleanischen Ideen? Weil sie der Obrigkeit nütz(t)en. Oder, wie André Glucksmann einmal sagte: Der Marxismus ist gut für die Chefs.

Rain Man 28. September 2010 um 09:53  
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Anonym 28. September 2010 um 10:34  

ich weiß nicht, was soll es bedeuten, aber in meinem kopf stellt sich immer diese gleichung ein :
im warschauer ghetto wurden die juden damals auf 1ooo kalorien pro tag gesetzt,heute gibt`s eine genau
festgelegte summe für essen und leben.
gleiche methode, nur modernere sprachregelung und angewandtes mittel.
wie sagte könig kurt : wer nicht arbeitet, darf auch nicht essen.
und von einer anderen seite in einer zdf talkshow:
das kapital hatte im 3. reich seine
besten verwertungsbedingungen.
ein schelm, der böses dabei denkt..

Anna 28. September 2010 um 10:50  

Leider ist hier noch niemand auf die für Kinder "geplanten" maximal 250 Euro jährlich!!! für warmes Mittagessen, Klassenfahrten, Vereinskosten, Kinobesuche, Zoo- oder Museumsbesuche, Schulbedarf etc. eingegangen.

An welcher Schule kostet eine einwöchige Klassenfahrt wohl heute noch 250 Euro oder weniger? Wie viele Schulen gibt es in Deutschland wohl, an denen die Kinder ein warmes Mittagessen erhalten können? Und das oben Genannte für 250 Euro im Jahr? Da fehlen einem jeden doch die Worte.

Der Umgang mit Armen, Kranken, Arbeitslosen, Behinderten etc. gehört in die allerunterste Schublade - wenn es die überhaupt noch gibt.

Die hohen Herren und Damen da oben saufen, rauchen, koksen, nehmen Aufputschmittel oder Tranquilizer ganz nach Belieben - einigen tropft der Sprit für jeden sichtbar förmlich aus den Augen - und dies natürlich alles auf Kosten der Steuerzahler!

Wo sitzt denn die wirkliche Intelligenz? Im gemeinen Volk!Die da oben haben statt grauer Zellen einen manipulierten Roboter als Hirn eingebaut bekommen, Doktortitel sind heute preiswert auf dem Schwarzmarkt erhältlich, mangelhafte Bildung und mangelhafte Kenntnisse in allen Bereichen sind dort an der Tagesordnung - Dummheit und Bauernschläue regieren Deutschland, aber ganz sicher nicht die Intelligenz!!!

Aber die selbst ernannten Eliten arbeiten ja reichlich daran, dass die wirkliche Intelligenz Stück für Stück vernichtet wird.

Glaubt man immer das Gegenteil von dem, was die Herren und Damen aus Politik und Wirtschaft versprechen und verkünden, dann erfährt man die Wahrheit ganz genau. So einfach ist die Sache!

Anonym 28. September 2010 um 11:11  

In Stellenanzeigen lese ich immer öfter (speziell im Öffentlichen Dienst), dass der/ die BewerberIn sein/ ihr Privatauto gegen sog. Wegstreckenentschädigung während der Arbeit einsetzen muss.

Inzwischen sogar bei befristeten Verträgen! Da ist die Armut vorprogrammiert, denn wenn es keine (un)befristeten Anschlussverträge mehr gibt, ist bald auch das Auto weg bzw. ein neues nicht finanzierbar.

Wenn sich ein Hartz-IV-ler aber sein/ ihr Auto unter schwierigsten Bedingungen erhält, um eben auch eine solche Stelle zu finden, dann schalten sich die lieben NachbarInnen ein: Wie kann so eine Person sich nur ein Auto leisten.

Also weg damit? Und dann den lieben (meist älteren) NachbarInnen beim Tütentragen helfen (müssen)?

Anonym 28. September 2010 um 22:00  

@berggeist
Wut oder Müdigkeit?
Gut nachvollziehbar!

Widerstand.
Zorn.
Allmächtiger Zorn!

Unsere Würde für fünf Euro?
So nicht, ihr Würdelosen!

@anna
Ja, Kinder und Jugendliche sind die eigentlichen Verlierer.
Ein Falschmünzer-Päckchen bekommen sie von der Stopp-Schild-Ministerin angedreht.

@Roberto
Unten gilt von oben verordnete Ethik.
Oben herrscht Monetik.

Ein Teil der Elite soll sich angeblich zur körperlichen Entspannung bevorzugt in Exkrementen suhlen.
Verständlich, irgendwie!
kaha

Anonym 28. November 2010 um 22:33  

Danke sehr an den Autor.

Gruss Elisa

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