Brandgefährlich
Samstag, 11. September 2010
Auferstanden aus dem Reich der Toten, trat er vor jene Parteizentrale, die seit geraumer Zeit seinen Namen trug. Behutsam tastete er sich Richtung Eingang, betrat das Atrium und verharrte einen Augenblick vor einer Skulptur, die einen zerknautschten, verknitterten Greis wiedergab, welcher zur seiner Überraschung seinen Namen auf dem Sockel trug. Zur Begutachtung abgestandener Kunst ward er jedoch nicht erneuert, weswegen er schnell weiterstrebte, weiter nach oben, dorthin wo die parteiliche Macht gärte, wo Entscheidungsträger ihre Hintern in weiche Ledersessel pflanzten, wo er mit solchen sprechen konnte, die nun seinen Posten, sein ehemaliges Amt innehatten. Aber just in jenem Moment, da er die Anmeldung passierte, faßte man ihn am Arm, forderte ihn auf anzuhalten, sprach ihn sofort mit seinem bürgerlichen Namen an, jenem Decknamen, den er sich in Exiljahren aneignete und unter dem er zu Amt, Würden und Auszeichnungen kam.
Halt, verweilen Sie bitteschön, hieß ihn ein junger Mann. Ihr Kommen wurde mir angekündigt, man hat mich an jenem Tage, da ich diese Stelle antrat, vor Ihrer Wiederkunft gewarnt; man warnte mich, noch bevor ich in die Funktion der Telefonanlage eingeweiht wurde, bereits beim Einstellungsgespräch kam man schon auf Sie zu sprechen. Halten Sie ihn auf, wenn es je dazu kommt, dass dieser Herr dieses Haus betritt, belehrte man mich. Halten Sie ihn davon ab, uns hier droben aufzusuchen, damit er uns aus seinem angesäuerten, verdrossenen Gesicht heraus zürnt. Ich fragte, mich etwas dumm stellend: aber das ist doch der, na, wie hieß er noch?... und sie sagten mir: ja, das ist er! Keine Fragen dazu, schnitt man mich ab. Wir ahnen, dass er zurückkommt, wir glauben, dass er keinen ruhigen Schlaf finden wird - wenn es so kommt, junger Mann, dann sind Sie unser Bollwerk. Löschen Sie den Brand, bevor er überhaupt erst anfacht.
Ihre eigentliche Aufgabe, teilte man mir damals mit, ist dann gekommen, wenn er zurückkehrt, wenn er zu den Liften strebt, wenn er uns an den Kragen will, von uns wissen will, warum alles so anders kam, so viel weniger demokratiewagend, so viel weniger teilhabend - Telefonanlagen, sagte man mir, sind ja keine berufliche Erfüllung; auf die Rückkehr eines Messias zu warten, wenn nötig Jahre, Jahrzehnte, sich dann in den Weg zu stellen, ihn abzuschütteln, fernzuhalten: das ist wichtig, erfüllend, sinnstiftend, das ist eine tatsächliche, eine richtige Aufgabe. Bleiben Sie also unten, streben Sie nicht hinauf, riet man mir. Und ich rate es Ihnen ebenso: bleiben Sie unten, gehen Sie nicht hinauf. Ich bitte Sie inständig! Sehen Sie ein, dass Ihre Zeit vorbei ist, dass die Zeiten einer Partei, die wenigstens so tut, als würde sie sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen, grundlegend vorbei sind. Erkennen Sie bitte, dass Sie nicht mehr gebraucht werden!
Das heißt, Sie werden schon gebraucht. Dringlich gebraucht! Als überhöhtes Bild, als Konterfei nicht nur im Atrium, auch in der Parteihistorie, in der Ahnengalerie. Sagen zu können, wir sind die politischen, parteilichen Kinder dieses Mannes, seine politischen Erben, seine Enkel und Urenkel, "von seinem Geist, durch ihn geschweißt" - all das behaupten zu können, das ist märchenhaft für ein parteiliches Image. Auch dann, wenn die aktuelle Partei mit Ihnen, dem Heiland, wenig bis gar nichts mehr gemein hat. Das sagen nicht die hohen Herren - das sage ich. Wenn man Jahre Zeit zum Nachdenken hat, weil man auf seinen Godot wartet, der möglicherweise genauso zuverlässig ist wie Becketts Entwurf, wenn man als Lohnabhängiger in die Rolle eines Estragon gerückt wird, dann denkt man automatisch über das Warum nach - was treibt diese alten Pfennigfuchser dazu, jemanden wie mich hier entgeltlich warten und beobachten zu lassen? Die Angst, sage ich Ihnen - die Angst! Sie ist es, die mir großzügige Monatslöhne überweist!
Sie fürchten sich vor Ihnen. So sehr, dass sie Sie nicht mal vor Augen bekommen wollen. Dort wo Sie waren, dort waren Sie denen gerade richtig. Sie hatten ihren Laden im Griff, konnten Sozialabbau betreiben, gegen die eigene Parteibasis angehen, haben beschissene Wahlergebnisse überlebt - und dann kommen Sie, in dessen Tradition sie sich wähnen, sich darstellen. Dann stehen Sie plötzlich da, jemand der Freiheit postulierte - eine Freiheit, die die Klientel dieser Partei gar nicht mehr kennt, vielleicht gar nicht mehr will. Die Köpfe der Partei wollen diese Freiheit natürlich schon - für sich selbst. Ihre Rückkehr nährt Hoffnungen, verstehen Sie? Die Menschen würden wieder anfangen an Freiheit zu glauben, auch wenn Sie Entscheidungen mitgetragen haben, die Ihrem Motto, Ihrer damaligen Brandrede, nicht gerecht wurden. Dabei hat diese Partei es so weit gebracht, den Menschen diesen freiheitlichen Irrsinn aus den Kopf zu blasen. All das geschah auch in Ihrem Namen; Ihre politischen Enkel beschmutzten Ihren Namen - man erzählte den Menschen, man hüte Ihr Vermächtnis, jedenfalls so gut es gehe. Sie geben eine tolle Statuette ab, einen feinen historischen Namen, mit Ihnen schmückt man sich gerne - der Emigrant, der Sie waren, das uneheliche Kind, als das man Sie damals verunglimpft hat: das ist alles vorbei. Heute sind Sie ein Markenname, eine schwelgerische Erinnerung, die gute alte Zeit von früher. Aber nur leblos nutzen sie denen, nur schweigend, nur... sagen wir es doch offen: nur tot.
Was soll ich ihm denn sagen, wenn er wirklich je zur Türe reinmarschiert, habe ich meine Arbeitgeber gefragt. Er wäre ja ein alter Mann, auch nach so einer Rückkehr, die so weit ich es überblicken kann, bisher nur einem Messias vor ihm gelang, wird er vermutlich in einem greisen Körper daherkommen. Fragen Sie ihn, meinten Sie darauf, wie er es nur wagen konnte, einfach so ins Leben zurückzukehren - fragen Sie ihn, ob er sich nicht schämt. Fragen Sie ihn, ob ihm die Sentenz von Jefferson bekannt ist, wonach jede Generation ihre eigene Gegenwart gestalten, ihre eigene Politik betreiben müsse! Denn das sei es, weshalb Sie sie nicht mehr hier haben wollen - jetzt seien die Nachfolgegenerationen dran. Und wenn diese nicht mehr Demokratie oder mehr Freiheit wagen wollten, dann sei das rechtens. Erinnerungen seien eine Voraussetzung für die Zukunft, haben sie gesagt. Nichts für einen Chefsessel in höheren Stockwerken. Wie ich Ihnen ja erläuterte, man liebt die Erinnerung an Sie, man nimmt sie mit in die Zukunft - doch sie verblaßen, bleichen aus. Später weiß man oft nicht mehr, was wahr, was ersponnen ist. Man hat Sie gerne als Übermenschen im Kopf, nicht als Menschen aus Fleisch und Blut, der Sie ja waren. Ein Mensch mit Schwächen, Frauen liebend, an Depressionen leidend - das leugnet man heute nicht, das gehört heute zu Ihrem posthumen Markenzeichen, womit auch diese Menschlichkeit-Allzumenschlichkeit zum übermenschlichen Attribut wird. Ihre Fleischwerdung ist ja ein weltliches Ding, denn Sie sind da, wieder in der Welt - man liebt aber den himmlischen Klimbim, die vergeistigte Fleischwerdung eines Heiligen. Keine Partei kann vom Fleisch leben, jede lebt vom Image, vom Ruf, von der Tradition und den Köpfen, die die Partei formten.
Steigen Sie nicht in den Lift! Seien Sie vernünftig. Lassen Sie dieser Generation ihre Politik - wobei diese Generation gar keine Politik hat: sie hat nur Politiker, die wiederum Politik für eine Handvoll Ganoven betreibt. Sagen wir es also anders: Lassen Sie dieser Generation das Desinteresse an Politik, die Verdrossenheit, das Leck-mich-am-Arsch-Gefühl, lassen Sie uns unseren unpolitischen Anstrich, der hernach immer in politischen Katastrophen endet. Steigen Sie nicht ein, drehen Sie um - gehen Sie bitte zurück, dorthin, wo Sie dieser Partei, meinem Brotgeber am nützlichsten sind. Ein guter Parteisoldat würde nun folgen, würde sich ins kühle Grab legen und seine Rolle ausfüllen - zum Wohle der Partei! Nicht in den Lift, ich bitte Sie. Sie würden ja ohnehin nichts bewirken, man würde Sie ausschimpfen, Sie verbal an die Wand stellen, wenn man es nicht schon vorher physisch tut, dort im Lift beispielsweise. Ruinieren Sie dieser Partei doch nicht ihr schönstes Kapitel, diese schöne morsche Erinnerung an bessere Tage; nehmen Sie ihr doch nicht diese blendende Hoffnung, dass es irgendwann mal wieder so kommen könnte - tot sind Sie zu gebrauchen, lebend als Oppositioneller des heutigen Parteigeistes, entweihen Sie sich, ziehen Sie sich Argwohn zu, sind Sie zum Abschuss freigegeben. Auf wen sollen sich die heutigen Parteiführer denn berufen, wenn nicht mehr auf Sie, weil Sie dann dem parteilichen Zeitgeist entgegenstehen? Sie nehmen den Leuten ja ihre politische Identität - solchen Leuten, die wegen Ihnen ein Parteibuch ergatterten und nachher erst zu den Schweinen wurden, die sie heute sind. Bleiben Sie also, trinken Sie noch einen Kaffee, er geht aufs Haus - aber nicht in den Lift steigen!
Schweigend schlurfte der Wiedergekehrte gen Aufzugsbereich, drückte den Knopf, wartete, blickte zurück zum jungen Mann an der Telefonanlage, vernahm ein Klingeln und stand einer Fahrkabine gegenüber, die schon von zwei jungen Männern belegt war, in der er aber noch Platz fand. Die Schiebetüre schloss sich, die beiden Männer nestelten an seinem Körper, an seinem Hals, wurden grober und es ward ihm plötzlich wieder so dunkel vor Augen wie damals, als er schon einmal starb...
Halt, verweilen Sie bitteschön, hieß ihn ein junger Mann. Ihr Kommen wurde mir angekündigt, man hat mich an jenem Tage, da ich diese Stelle antrat, vor Ihrer Wiederkunft gewarnt; man warnte mich, noch bevor ich in die Funktion der Telefonanlage eingeweiht wurde, bereits beim Einstellungsgespräch kam man schon auf Sie zu sprechen. Halten Sie ihn auf, wenn es je dazu kommt, dass dieser Herr dieses Haus betritt, belehrte man mich. Halten Sie ihn davon ab, uns hier droben aufzusuchen, damit er uns aus seinem angesäuerten, verdrossenen Gesicht heraus zürnt. Ich fragte, mich etwas dumm stellend: aber das ist doch der, na, wie hieß er noch?... und sie sagten mir: ja, das ist er! Keine Fragen dazu, schnitt man mich ab. Wir ahnen, dass er zurückkommt, wir glauben, dass er keinen ruhigen Schlaf finden wird - wenn es so kommt, junger Mann, dann sind Sie unser Bollwerk. Löschen Sie den Brand, bevor er überhaupt erst anfacht.
Ihre eigentliche Aufgabe, teilte man mir damals mit, ist dann gekommen, wenn er zurückkehrt, wenn er zu den Liften strebt, wenn er uns an den Kragen will, von uns wissen will, warum alles so anders kam, so viel weniger demokratiewagend, so viel weniger teilhabend - Telefonanlagen, sagte man mir, sind ja keine berufliche Erfüllung; auf die Rückkehr eines Messias zu warten, wenn nötig Jahre, Jahrzehnte, sich dann in den Weg zu stellen, ihn abzuschütteln, fernzuhalten: das ist wichtig, erfüllend, sinnstiftend, das ist eine tatsächliche, eine richtige Aufgabe. Bleiben Sie also unten, streben Sie nicht hinauf, riet man mir. Und ich rate es Ihnen ebenso: bleiben Sie unten, gehen Sie nicht hinauf. Ich bitte Sie inständig! Sehen Sie ein, dass Ihre Zeit vorbei ist, dass die Zeiten einer Partei, die wenigstens so tut, als würde sie sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen, grundlegend vorbei sind. Erkennen Sie bitte, dass Sie nicht mehr gebraucht werden!
Das heißt, Sie werden schon gebraucht. Dringlich gebraucht! Als überhöhtes Bild, als Konterfei nicht nur im Atrium, auch in der Parteihistorie, in der Ahnengalerie. Sagen zu können, wir sind die politischen, parteilichen Kinder dieses Mannes, seine politischen Erben, seine Enkel und Urenkel, "von seinem Geist, durch ihn geschweißt" - all das behaupten zu können, das ist märchenhaft für ein parteiliches Image. Auch dann, wenn die aktuelle Partei mit Ihnen, dem Heiland, wenig bis gar nichts mehr gemein hat. Das sagen nicht die hohen Herren - das sage ich. Wenn man Jahre Zeit zum Nachdenken hat, weil man auf seinen Godot wartet, der möglicherweise genauso zuverlässig ist wie Becketts Entwurf, wenn man als Lohnabhängiger in die Rolle eines Estragon gerückt wird, dann denkt man automatisch über das Warum nach - was treibt diese alten Pfennigfuchser dazu, jemanden wie mich hier entgeltlich warten und beobachten zu lassen? Die Angst, sage ich Ihnen - die Angst! Sie ist es, die mir großzügige Monatslöhne überweist!
Sie fürchten sich vor Ihnen. So sehr, dass sie Sie nicht mal vor Augen bekommen wollen. Dort wo Sie waren, dort waren Sie denen gerade richtig. Sie hatten ihren Laden im Griff, konnten Sozialabbau betreiben, gegen die eigene Parteibasis angehen, haben beschissene Wahlergebnisse überlebt - und dann kommen Sie, in dessen Tradition sie sich wähnen, sich darstellen. Dann stehen Sie plötzlich da, jemand der Freiheit postulierte - eine Freiheit, die die Klientel dieser Partei gar nicht mehr kennt, vielleicht gar nicht mehr will. Die Köpfe der Partei wollen diese Freiheit natürlich schon - für sich selbst. Ihre Rückkehr nährt Hoffnungen, verstehen Sie? Die Menschen würden wieder anfangen an Freiheit zu glauben, auch wenn Sie Entscheidungen mitgetragen haben, die Ihrem Motto, Ihrer damaligen Brandrede, nicht gerecht wurden. Dabei hat diese Partei es so weit gebracht, den Menschen diesen freiheitlichen Irrsinn aus den Kopf zu blasen. All das geschah auch in Ihrem Namen; Ihre politischen Enkel beschmutzten Ihren Namen - man erzählte den Menschen, man hüte Ihr Vermächtnis, jedenfalls so gut es gehe. Sie geben eine tolle Statuette ab, einen feinen historischen Namen, mit Ihnen schmückt man sich gerne - der Emigrant, der Sie waren, das uneheliche Kind, als das man Sie damals verunglimpft hat: das ist alles vorbei. Heute sind Sie ein Markenname, eine schwelgerische Erinnerung, die gute alte Zeit von früher. Aber nur leblos nutzen sie denen, nur schweigend, nur... sagen wir es doch offen: nur tot.
Was soll ich ihm denn sagen, wenn er wirklich je zur Türe reinmarschiert, habe ich meine Arbeitgeber gefragt. Er wäre ja ein alter Mann, auch nach so einer Rückkehr, die so weit ich es überblicken kann, bisher nur einem Messias vor ihm gelang, wird er vermutlich in einem greisen Körper daherkommen. Fragen Sie ihn, meinten Sie darauf, wie er es nur wagen konnte, einfach so ins Leben zurückzukehren - fragen Sie ihn, ob er sich nicht schämt. Fragen Sie ihn, ob ihm die Sentenz von Jefferson bekannt ist, wonach jede Generation ihre eigene Gegenwart gestalten, ihre eigene Politik betreiben müsse! Denn das sei es, weshalb Sie sie nicht mehr hier haben wollen - jetzt seien die Nachfolgegenerationen dran. Und wenn diese nicht mehr Demokratie oder mehr Freiheit wagen wollten, dann sei das rechtens. Erinnerungen seien eine Voraussetzung für die Zukunft, haben sie gesagt. Nichts für einen Chefsessel in höheren Stockwerken. Wie ich Ihnen ja erläuterte, man liebt die Erinnerung an Sie, man nimmt sie mit in die Zukunft - doch sie verblaßen, bleichen aus. Später weiß man oft nicht mehr, was wahr, was ersponnen ist. Man hat Sie gerne als Übermenschen im Kopf, nicht als Menschen aus Fleisch und Blut, der Sie ja waren. Ein Mensch mit Schwächen, Frauen liebend, an Depressionen leidend - das leugnet man heute nicht, das gehört heute zu Ihrem posthumen Markenzeichen, womit auch diese Menschlichkeit-Allzumenschlichkeit zum übermenschlichen Attribut wird. Ihre Fleischwerdung ist ja ein weltliches Ding, denn Sie sind da, wieder in der Welt - man liebt aber den himmlischen Klimbim, die vergeistigte Fleischwerdung eines Heiligen. Keine Partei kann vom Fleisch leben, jede lebt vom Image, vom Ruf, von der Tradition und den Köpfen, die die Partei formten.
Steigen Sie nicht in den Lift! Seien Sie vernünftig. Lassen Sie dieser Generation ihre Politik - wobei diese Generation gar keine Politik hat: sie hat nur Politiker, die wiederum Politik für eine Handvoll Ganoven betreibt. Sagen wir es also anders: Lassen Sie dieser Generation das Desinteresse an Politik, die Verdrossenheit, das Leck-mich-am-Arsch-Gefühl, lassen Sie uns unseren unpolitischen Anstrich, der hernach immer in politischen Katastrophen endet. Steigen Sie nicht ein, drehen Sie um - gehen Sie bitte zurück, dorthin, wo Sie dieser Partei, meinem Brotgeber am nützlichsten sind. Ein guter Parteisoldat würde nun folgen, würde sich ins kühle Grab legen und seine Rolle ausfüllen - zum Wohle der Partei! Nicht in den Lift, ich bitte Sie. Sie würden ja ohnehin nichts bewirken, man würde Sie ausschimpfen, Sie verbal an die Wand stellen, wenn man es nicht schon vorher physisch tut, dort im Lift beispielsweise. Ruinieren Sie dieser Partei doch nicht ihr schönstes Kapitel, diese schöne morsche Erinnerung an bessere Tage; nehmen Sie ihr doch nicht diese blendende Hoffnung, dass es irgendwann mal wieder so kommen könnte - tot sind Sie zu gebrauchen, lebend als Oppositioneller des heutigen Parteigeistes, entweihen Sie sich, ziehen Sie sich Argwohn zu, sind Sie zum Abschuss freigegeben. Auf wen sollen sich die heutigen Parteiführer denn berufen, wenn nicht mehr auf Sie, weil Sie dann dem parteilichen Zeitgeist entgegenstehen? Sie nehmen den Leuten ja ihre politische Identität - solchen Leuten, die wegen Ihnen ein Parteibuch ergatterten und nachher erst zu den Schweinen wurden, die sie heute sind. Bleiben Sie also, trinken Sie noch einen Kaffee, er geht aufs Haus - aber nicht in den Lift steigen!
Schweigend schlurfte der Wiedergekehrte gen Aufzugsbereich, drückte den Knopf, wartete, blickte zurück zum jungen Mann an der Telefonanlage, vernahm ein Klingeln und stand einer Fahrkabine gegenüber, die schon von zwei jungen Männern belegt war, in der er aber noch Platz fand. Die Schiebetüre schloss sich, die beiden Männer nestelten an seinem Körper, an seinem Hals, wurden grober und es ward ihm plötzlich wieder so dunkel vor Augen wie damals, als er schon einmal starb...
19 Kommentare:
Ein "Bravo" für die kafkaeske Parabel.
Schöner Text, auch so kann man die heutige SPD, deren verlogenes charakterloses Treiben anschaulich beschreiben!
MfG Bakunin
das ist geil. das hat helmut schmidt davon, sdaß er zurück gekommen ist.
Hallo Roberto,
einfach Klasse. Für jede Parteizentrale brauchbar. Für jeden Wiedergänger ein Schock.
Ein Spiegel. Eine treffsichere Beschreibung, dass heute keine Menschen mit Ambitionen und Gefühl in der Politik tätig sind. Gefühllose Zombies, Schauspieler deren Tränen noch unecht sind.
Selbst einem Bakunin :-) würde die Jurakonföderation heute nur noch sauer aufstossen.
Danke,
Gruß aus Baden
Naja, Daniel hat schon recht, alle vier Jahre russisches Roulette, das hat mit Demokratie wenig gemein. Da bilden auch alte Herren keine Ausnahme.Dennoch finde ich den Beitrag toll geschrieben, hat Spaß gemacht, ihn zu lesen. Es weckt ein wenig die Assoziation an einen bekannten Toten, der sicher gerne den Vatikan besuchen würde.
Chapeau, Roberto! Das ist ganz großes Kino! So ganz nebenbei:
Dostojewski lebt noch, oder?
Gruß Carlo
Hat nicht dieser ganze "WillY" - Kult der heutigen SPD sehr viel gemeinsam mit dem Lenin-Kult der verflossenen sowjetischen KPDSU?
Sind die Motive vielleicht ganz ähnlich?
MfG Bakunin
Willi Brand? Öhm...war das nicht derjenige, der unter dem Spruch "Mehr Demokratie wagen" Berufsverbote einführte?
Damit mein kurzer Post nicht gar komplett unverstanden bleibt...
hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Der_Gro%C3%9Finquisitor
Der Großinquisitor im Dialog mit Jesus....ein echter Dostojewskij
Gruß an Alle
carlo
Lieber Bakunin!
Willi Brand, oder wie er irgenwie benannt wird, war niemals eingetragenes Mitglied der "S P D".
Er war in der SAP, also der sozialistischen Arbeiterpartei...kleiner Tip...guck das halt mal nach...
Salud
carlo
Lieber Daniel Limberger!
Lies mal Dostojewskijs "Die Brüder Karamasow", das tut doch nicht weh, oder?
salud
carlo
Soviel Blödsinn habe ich schon lange nicht mehr gelesen.
Mehr ist zu diesem Artikel nicht zu sagen.
Die geschichtslosen Enkel "wagen" Kapitalismus pur - und fallen damit gerade auf die Schnauze.
Der Enkel Anfang ist ihr Ende.
Von Sieg bleibt sig mal, was haben sie vergeigt.
kaha
Anonym hat gesagt...
"Soviel Blödsinn habe ich schon lange nicht mehr gelesen.
Mehr ist zu diesem Artikel nicht zu sagen.
13. September 2010 21:01"
Einfach nur noch Blödsinn ist vor allem diese SPD schon seit vielen Jahrzehnten. Doch sie ist nicht nur Blödsinn, sie war und ist für die gesamte lohnabhängige Klasse in dieser Zeit auch nur noch als ein Unglück, eine Katastrophe anzusehen.
Politische Rattenfängerei, das ist die ihr von Deutschlands Herrschenden schon lange aufgetragene Aufgabe.
Ob mit oder ohne "Willys"!
MfG Bakunin
Sorry, Bakunin!
So ganz unrecht hast Du nicht! Nur wer hätte dann nach 1945 besser als Gallionsfigur der SPD gegolten?
Vielleicht Gustav Noske? Zu Zeiten als es nicht einmal mehr Klohpapier gab, fand sich eine "Sozendruckerei" die 1946 Noskes Memoiren in Druck nahm.....
so weit so klar
Alles Gute
carlo
carlo hat gesagt...
Sorry, Bakunin!
"So ganz unrecht hast Du nicht! Nur wer hätte dann nach 1945 besser als Gallionsfigur der SPD gegolten?"
Gallionsfiguren der SPD..., hm...
Ich sage es mal so: Diese typischen Gallionsfiguren der SPD, ob sie nun Ebert, Noske, Schumacher, Eppler, Brandt, Schröder, Sarrazin, Clement, "Münte" oder sonstwie heißen..., egal, in welcher Epoche man sie mit Hilfe einer imaginären ner "Zeitmaschine" politisch agieren ließe, sie würden zu allen Zeiten, ganz unabhängig von ihrer persönlichen "Identität" POLITISCH immer wieder die gleichen Entscheidzungen für die Interessen und Ziele der imperialistischen Machthaber Deutschlands treffen.
Brandt, Wehner, Schröder, Clement, Sarrazin, "Münte" hätten DAMALS, im August 1914 ganz selbstverständlich den Deutschen Kaiser Wilhelm II im Reichstag mit "stehenden Ovationen" überschüttet und allen Kriegskrediten zugestimmt wegen der "Vaterlandsverteidigung".. andererseits, die Herren Ebert; Noske, Kautsky häten heute, d.h. konkret 2004 ganz selbstverständlich den Hartz 4 Gesetzen zugestimmt zwecks "Sicherung des Standorts Deutschlands....
Ach ja, und Michael Sommer, Huber und Bsyrske hätten 1914 ganz selbstverständlich dem "Burgfrieden" zugestimmt, wie umgekehrt ein Carl Legien 2004 ganz selbstverstänlich den Hartz 4 Gesetzen.....
A L L E S K L A R ?
MfG Bakunin
Hallo Bakunin!
Laß uns alten Sozen doch die Nostalgie. Brandt war und ist nicht Schmidt.
Sonst alles Claro
sagt
Carlo
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