Die verarschte Schicksalsgemeinschaft
Freitag, 3. September 2010
Die Arbeitenden sind die Dummen! oder Ausländer wollen sich nicht an uns anpassen! sind Devisen, wie man sie dutzendmal täglich hört. Sporadisch durchschneiden noch andere Parolen die Stille, Parolen wie Die Alten kosten den Jungen Geld! oder ganz sonderbare Schlachtrufe wie Unsere Kinder werden bedroht! Ständig liegt ein Odeur von Bedrohung in der Luft, eine emotionale Ausdünstung, die klarmachen soll, dass hier irgendwer, jemand der vorzugsweise mit Wir tituliert wird, um seinen Lohn gebracht werden soll.
Alles Skandieren richtet sich gegen ein meist nicht näher genanntes Kollektiv, gegen eine Gemeinschaft, die markig mit Wir bezeichnet wird. Ein Zusammengehörigkeitsgefühl erwacht: Wir gegen die Arbeitslosen! Wir gegen die Fremden! Wir gegen die Alten! Dieses Wir ist allerdings etwas, was sich schlecht mit soziologischen Begriffen einfangen läßt. Es ist nicht das, was man der Einfachheit halber bürgerliche Mitte nennt - Wir bedeutet auch alles, was über dieser Mitte liegt, jene gesellschaftliche Schicht, die sich als Anführerschicht, als wahre Leistungsträgerschicht versteht. Und innerhalb dieses Wir schlummert auch kleinbürgerlicher Taumel, subsumiert sich alles was sich unterhalb dieser Mitte nicht entblödet, sich selbst zur Mitte zu addieren.
Was sich herauskristallisiert ist eine Schicksalsgemeinschaft, die jedoch nicht immer haarklein definiert ist. Ein Gefühl von Kollektivzugehörigkeit wird entworfen und Leser, Zuhörer, Zuseher werden wie selbstverständlich ins Boot gezogen. Man reiht sie ein in eine Schicksalsgemeinschaft, eine Zweckgemeinschaft, die sich fortwährend entrüstet, die sich andauernd betrogen und verarscht fühlt. Ein chronischer Sinn nach Betrug und Hintergehung nistet sich als narrative Ausgestaltung in die "Öffentlichkeitsarbeit" der Schicksalsgemeinschaft ein. Die Faulpelze sind teuer, die Ausländer frech, die Alten nutzlos und hin und wieder bedroht ein Sexualstraftäter alle Kinder Deutschlands - die Hysterie, die Neurose immer griffbereit. Zusammen fühlt man sich stark, traut man sich gegen dieses schier unabwendbare Schicksal aufzustehen.
Diese nach oben vollständig nach unten leicht geöffnete gesellschaftliche Mitte, sie wird als Hort dauernder Ausbeutung umschrieben. Sie fühlt sich immer benachteiligt, ausgezehrt, unterbuttert, diskriminiert. Allerlei gesellschaftliche Randgruppen wollen sie um den verdienten Lohn bringen. Bevor das divide et impera angeschmissen wird, bedarf es eines Wir-Gefühls, bedarf es eines Ganzen, das teilbar und damit beherrschbar wird. Und diejenigen, die gegen Gruppen aufwiegeln, die schmieden ein solches Wir - und was für eines! Als Gemeinschaft, die das Schicksal zusammengeführt hat, stilisieren sie sie; als Gruppe von Individuen, die vereint sind in ihren vermeintlichen Zielen, Wünschen, Werten, die wie Klone im Geiste wirken.
Und wie verschweißt man eine so heterogene Gruppe? Man impft ihr ein, pausenlos betrogen, verschmäht, übergangen zu sein - man füttert sie mit Entrüstung und Empörung, macht sie hysterisch in ihrer Gier nach Parolen, nach Wir sind die Verarschten!-Slogans, ermuntert sie täglich neu, sich über etwaige Verarscher zu echauffieren. Nur hysterisch empörte Bürger sind lenkbare Bürger. Nur wer den Kopf voller Wut und Erbitterung hat, leidet unter getrübtem Blick. Bloß nicht zur Ruhe kommen, bloß keine Besonnenheit einziehen lassen - schnellschnell die nächste Sau, den nächsten Verarscher durch die Republik gejagt!
Das Schicksal dieser Gemeinschaft läßt sich in der Zeitung nachlesen, im Radio hören, im Fernsehen sehen. Wir sterben aus! Wir überfremden! Wir arbeiten für die Faulen! Wir verhungern, weil wir Alte alimentieren! Wir müssen uns vor entlassenen Straftätern schützen! Wir sind fortwährend bedroht, werden verarscht, ziehen immer den Kürzeren. Wer zu diesem Wir gehört steht außer Frage - jeder darf sich zugehörig wähnen, es ist nicht festgelegt, wer zum großen, verbrüdernden Wir gehören darf. Per definitionem ist es ein nebulöses Schicksal, das verbindet - und die einschlägige Hysterie, der Hass auf Fremde, die Abscheu vor sozialen Unterschichten trägt dazu bei.
Es ist die liebgewonnene Entrüstung, die verschwistert, die eine Schicksalsgemeinschaft erwachen läßt; die Entrüstung, die den sich auskotzenden Angestellten und die empörte Putzfrau bei der morgendlichen Busfahrt zusammenkommen läßt; es ist die Entrüstung, die den optimistischen Arbeitslosen und den geizigen Zeitarbeitsdisponenten, seinen potenziellen Ausbeuter im Wartestand quasi, auf einen gemeinsamen Nenner, einen Nenner des Wetterns, Schimpfens, Erregens, bringt. Das was die Empörer aus Funk und Fernsehen und Print liefern, verbindet, läßt aus dem lose zusammengewürfelten Volk, aus seperaten Gesellschaftsklassen erst eine verschworene Schicksalsgemeinschaft entstehen. Ohne Empörung kein Wir-Gefühl!
Historiker behaupten bisweilen, dass sich der deutsche aber auch der italienische Nationalismus deswegen auf Sprache und Blut, auf rassistischen Nährboden baute, weil er jeweils zu spät ins Leben trat. Es gab vormals keinen deutschen, keinen italienischen Einheitsstaat - eine englische oder französische Einheit bestand aber seit dem Mittelalter. England und Frankreich haben auf der Grundlage ihrer Nationalismen Weltimperien begründet und ebenso Blutbäder bereitet. Aber der rassistische Aspekt, er fehlte weitestgehend - mit Ausnahmen und Sonderfällen freilich. Ihr Nationalstolz baute von jeher auf Tradition, auf den Stolz - aus Mangel an einem treffenderen Begriff sei an dieser Stelle der Stolz bemüht -, Bürger eines funktionierenden Staatswesens zu sein; in einem Gemeinwesen zu leben, das Justiz kennt, Rechtssicherheit, Rechte und Pflichten für jedermann. Auch diese Art von nationalen Selbstbewusstsein hat Menschenleben gekostet; schließlich war man seiner ausgewiesenen, privilegierten Position in der Welt bewusst und entwickelte darauf basierend einen Sendungsauftrag. Gleichwohl, dieser gemeinsame, einheitsstaatliche Stolz konnte Deutschland oder Italien nie ereilen - es gab ihn historisch begründet einfach nicht. Daher die Rückgriffe auf gemeinsames Blut, gemeinsame Sprache, auf Germanentum da, auf Römertum dort - die Schicksalsgemeinschaft war nicht historisch gewachsen, sie wurde von Bismarck da, von Cavour dort gezimmert.
Heute reicht die Empörung als Gründer der Schicksalsgemeinschaft. Nichts verbindet diese Nation so sehr, wie die Abneigung gegen Randgruppen, wie das gemeinsame Gefühl der Verarschung, wie der Umstand, sich gegenseitig zuraunen zu können, wieder mal betrogen worden zu sein. Hysterie vereint die Gesellschaft - nicht der Stolz auf Institutionen, Sozialstaatlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und so weiter. Die werden eher geächtet: das gemeinsame Verarschtsein birgt die Gemeinschaft. Man steht zusammen, weil man scheinbar verarscht wird - das funktioniert sogar klassenübergreifend. Die Empörung ist aber nicht nur heute modern als Klebstoff - sie war es in der letzten deutschen Demokratie auch schon. Sich kollektiv betrogen gefühlt zu haben: das war der Grundstock, auf den ganz besonders empörte Herren in braunen Phantasieuniformen bauten. Auch jene sprachen von Schicksalsgemeinschaft, die aber nicht sie entworfen oder terminologisch ersonnen hatten - sie rauschte in ihrer ganzen Empörung schon seit mehr als einem Jahrzehnt durch den Blätterwald, als man von der großen Verarsche der gesellschaftlichen Mitte berichteten...
Alles Skandieren richtet sich gegen ein meist nicht näher genanntes Kollektiv, gegen eine Gemeinschaft, die markig mit Wir bezeichnet wird. Ein Zusammengehörigkeitsgefühl erwacht: Wir gegen die Arbeitslosen! Wir gegen die Fremden! Wir gegen die Alten! Dieses Wir ist allerdings etwas, was sich schlecht mit soziologischen Begriffen einfangen läßt. Es ist nicht das, was man der Einfachheit halber bürgerliche Mitte nennt - Wir bedeutet auch alles, was über dieser Mitte liegt, jene gesellschaftliche Schicht, die sich als Anführerschicht, als wahre Leistungsträgerschicht versteht. Und innerhalb dieses Wir schlummert auch kleinbürgerlicher Taumel, subsumiert sich alles was sich unterhalb dieser Mitte nicht entblödet, sich selbst zur Mitte zu addieren.
Was sich herauskristallisiert ist eine Schicksalsgemeinschaft, die jedoch nicht immer haarklein definiert ist. Ein Gefühl von Kollektivzugehörigkeit wird entworfen und Leser, Zuhörer, Zuseher werden wie selbstverständlich ins Boot gezogen. Man reiht sie ein in eine Schicksalsgemeinschaft, eine Zweckgemeinschaft, die sich fortwährend entrüstet, die sich andauernd betrogen und verarscht fühlt. Ein chronischer Sinn nach Betrug und Hintergehung nistet sich als narrative Ausgestaltung in die "Öffentlichkeitsarbeit" der Schicksalsgemeinschaft ein. Die Faulpelze sind teuer, die Ausländer frech, die Alten nutzlos und hin und wieder bedroht ein Sexualstraftäter alle Kinder Deutschlands - die Hysterie, die Neurose immer griffbereit. Zusammen fühlt man sich stark, traut man sich gegen dieses schier unabwendbare Schicksal aufzustehen.
Diese nach oben vollständig nach unten leicht geöffnete gesellschaftliche Mitte, sie wird als Hort dauernder Ausbeutung umschrieben. Sie fühlt sich immer benachteiligt, ausgezehrt, unterbuttert, diskriminiert. Allerlei gesellschaftliche Randgruppen wollen sie um den verdienten Lohn bringen. Bevor das divide et impera angeschmissen wird, bedarf es eines Wir-Gefühls, bedarf es eines Ganzen, das teilbar und damit beherrschbar wird. Und diejenigen, die gegen Gruppen aufwiegeln, die schmieden ein solches Wir - und was für eines! Als Gemeinschaft, die das Schicksal zusammengeführt hat, stilisieren sie sie; als Gruppe von Individuen, die vereint sind in ihren vermeintlichen Zielen, Wünschen, Werten, die wie Klone im Geiste wirken.
Und wie verschweißt man eine so heterogene Gruppe? Man impft ihr ein, pausenlos betrogen, verschmäht, übergangen zu sein - man füttert sie mit Entrüstung und Empörung, macht sie hysterisch in ihrer Gier nach Parolen, nach Wir sind die Verarschten!-Slogans, ermuntert sie täglich neu, sich über etwaige Verarscher zu echauffieren. Nur hysterisch empörte Bürger sind lenkbare Bürger. Nur wer den Kopf voller Wut und Erbitterung hat, leidet unter getrübtem Blick. Bloß nicht zur Ruhe kommen, bloß keine Besonnenheit einziehen lassen - schnellschnell die nächste Sau, den nächsten Verarscher durch die Republik gejagt!
Das Schicksal dieser Gemeinschaft läßt sich in der Zeitung nachlesen, im Radio hören, im Fernsehen sehen. Wir sterben aus! Wir überfremden! Wir arbeiten für die Faulen! Wir verhungern, weil wir Alte alimentieren! Wir müssen uns vor entlassenen Straftätern schützen! Wir sind fortwährend bedroht, werden verarscht, ziehen immer den Kürzeren. Wer zu diesem Wir gehört steht außer Frage - jeder darf sich zugehörig wähnen, es ist nicht festgelegt, wer zum großen, verbrüdernden Wir gehören darf. Per definitionem ist es ein nebulöses Schicksal, das verbindet - und die einschlägige Hysterie, der Hass auf Fremde, die Abscheu vor sozialen Unterschichten trägt dazu bei.
Es ist die liebgewonnene Entrüstung, die verschwistert, die eine Schicksalsgemeinschaft erwachen läßt; die Entrüstung, die den sich auskotzenden Angestellten und die empörte Putzfrau bei der morgendlichen Busfahrt zusammenkommen läßt; es ist die Entrüstung, die den optimistischen Arbeitslosen und den geizigen Zeitarbeitsdisponenten, seinen potenziellen Ausbeuter im Wartestand quasi, auf einen gemeinsamen Nenner, einen Nenner des Wetterns, Schimpfens, Erregens, bringt. Das was die Empörer aus Funk und Fernsehen und Print liefern, verbindet, läßt aus dem lose zusammengewürfelten Volk, aus seperaten Gesellschaftsklassen erst eine verschworene Schicksalsgemeinschaft entstehen. Ohne Empörung kein Wir-Gefühl!
Historiker behaupten bisweilen, dass sich der deutsche aber auch der italienische Nationalismus deswegen auf Sprache und Blut, auf rassistischen Nährboden baute, weil er jeweils zu spät ins Leben trat. Es gab vormals keinen deutschen, keinen italienischen Einheitsstaat - eine englische oder französische Einheit bestand aber seit dem Mittelalter. England und Frankreich haben auf der Grundlage ihrer Nationalismen Weltimperien begründet und ebenso Blutbäder bereitet. Aber der rassistische Aspekt, er fehlte weitestgehend - mit Ausnahmen und Sonderfällen freilich. Ihr Nationalstolz baute von jeher auf Tradition, auf den Stolz - aus Mangel an einem treffenderen Begriff sei an dieser Stelle der Stolz bemüht -, Bürger eines funktionierenden Staatswesens zu sein; in einem Gemeinwesen zu leben, das Justiz kennt, Rechtssicherheit, Rechte und Pflichten für jedermann. Auch diese Art von nationalen Selbstbewusstsein hat Menschenleben gekostet; schließlich war man seiner ausgewiesenen, privilegierten Position in der Welt bewusst und entwickelte darauf basierend einen Sendungsauftrag. Gleichwohl, dieser gemeinsame, einheitsstaatliche Stolz konnte Deutschland oder Italien nie ereilen - es gab ihn historisch begründet einfach nicht. Daher die Rückgriffe auf gemeinsames Blut, gemeinsame Sprache, auf Germanentum da, auf Römertum dort - die Schicksalsgemeinschaft war nicht historisch gewachsen, sie wurde von Bismarck da, von Cavour dort gezimmert.
Heute reicht die Empörung als Gründer der Schicksalsgemeinschaft. Nichts verbindet diese Nation so sehr, wie die Abneigung gegen Randgruppen, wie das gemeinsame Gefühl der Verarschung, wie der Umstand, sich gegenseitig zuraunen zu können, wieder mal betrogen worden zu sein. Hysterie vereint die Gesellschaft - nicht der Stolz auf Institutionen, Sozialstaatlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und so weiter. Die werden eher geächtet: das gemeinsame Verarschtsein birgt die Gemeinschaft. Man steht zusammen, weil man scheinbar verarscht wird - das funktioniert sogar klassenübergreifend. Die Empörung ist aber nicht nur heute modern als Klebstoff - sie war es in der letzten deutschen Demokratie auch schon. Sich kollektiv betrogen gefühlt zu haben: das war der Grundstock, auf den ganz besonders empörte Herren in braunen Phantasieuniformen bauten. Auch jene sprachen von Schicksalsgemeinschaft, die aber nicht sie entworfen oder terminologisch ersonnen hatten - sie rauschte in ihrer ganzen Empörung schon seit mehr als einem Jahrzehnt durch den Blätterwald, als man von der großen Verarsche der gesellschaftlichen Mitte berichteten...
17 Kommentare:
Sehr gut analysiert.
Das benutzte Wort "Stolz" ist durchaus eine nicht zu verachtende Grundlage betreffend einer Formierung des "Wir"-Gefühls. Ein Bespiel könnte sein, stolz darauf zu sein den "Nationalsozialismus" als solches überwunden zu haben. Probleme hierbei tauchen aber unweigerlich auf, wenn "Wir" eben feststellen, dass auch nach Auflösung des Nationalsozialismus weiterhin faschistisch rechtsgerichtete Kräfte ihr Unwesen unbehelligt treiben dürfen. Von Überwindung kann hier, nach persönlichem Empfinden, dann also nicht mehr gesprochen werden. Dem zur Folge zerbricht der Stolz an diesem Punkt und mit ihm das "Wir"-Gefühl.
Um auf etwas hinzuarbeiten (ob gut oder schlecht sei zunächst einmal dahingestellt) auf das man stolz sein kann, bedarf es einer gewissen Kontinuität. Unabdingbar ist am Ziel fest- und konsequent die Richtung beizubehalten.
Zuvorderst jedoch sollte man wissen was man will. Es ist der Sache allerdings nicht zweckdienlich je nach eigenem Bedarf oder zeitlichem Empfinden zu entscheiden.
"Wir" und "Die da!"
Teambuilding-Maßnahmen stärken das „Wir-Gefühl“, und nichts anderes sind diese Phrasen, die gedroschen werden, bis sie auch beim Letzten automatisiert sind.
Dieter Nuhr hat in seinem Programm „Nuhr die Wahrheit“ sehr schön auf den Punkt gebracht:
"Ein Team ohne einen Idioten macht keinen Sinn.“ Der Idiot ist in diesem Fall derjenige, der an dieses Wir-Gefühl glaubt, weil er doch schließlich dazugehören will, geliebt werden will und dem all die Lasten aufgebürdet werden, die die anderen im Team nicht tragen wollen.
Da bleibe ich lieber unzugehörig, begegne anderen in der Form, die ich mir wünsche, dass man mir begegne:
„Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg’ auch keinem anderen zu.“
Was soll ich laut schreien und mit dem Finger auf „Die da!“ zeigen, kann denn nicht sein, dass schon morgen ich „Die da!“ bin?!
"Die da!" http://www.nrw-buehnen.de/spielplan/detailansicht.php?id_event_date=3871249&event_account=33475
wir (alle in diesem land) müssen uns gegen die ausbeuterclique wehren, find ich aber gut.
Genau da tritt bereits das erste Problem auf, Landbewohner. Du befiehlst mit dem "wir (alle in diesem Land)" auch jene die Du zu bekämpfen suchst. Sie aber haben eine ganz andere Wahrnehmung. Jene haben den schwarzen Peter bereits an anderer Stelle verortet. Somit kann man wieder einmal nicht von einem "Wir" sprechen. Wenn ich "Wir" sage, meine ich meistens immer nur den Teil von dem ich zu glauben weiss, dass er so denkt und fühlt wie ich. Schliesse also von vornherein Andersdenkende nicht mit ein; grenze sie aus. Zwar gehe ich davon aus, dass jene Ausgeschlossene solches mit mir tun, was mir aber nicht zwangsläufig die Berechtigung gibt gleiches mit ihnen zu tun. Das ist in ungefähr das worauf sich Liberos Hinweis bezieht, wenn er einen moralischen Aspekt aus der Bibel zitiert.
Lieber Roberto,
dem boulevardesken WIR für die In-Group des gemeinen BILD-Lesers steht bei Springers WELT für das gehobene Bürgertum der Begriff „die Deutschen“ gegenüber – wer, wie ich, eine AOL-Mailadresse sein eigen nennt, wird ungefragt mit WELT-Anschauungen zugemüllt und erfährt, falls er darauf reinfällt und runterscrollt, haarklein, wie „die Deutschen“ leben, lieben, denken, beten, arbeiten, schlafen, essen, trinken, vögeln, fernsehen, Auto fahren, den Computer benutzen und das Finanzamt betrügen.
Offenbar hofft man auf das Bedürfnis des einzelnen, sich blind am Vorbild der Mehrheit „der Deutschen“ zu orientieren, um auch dazuzugehören. „Wir“ sind halt soziale Wesen und fühlen uns unwohl, wenn „wir“ als Einzelkämpfer der Phalanx „der Deutschen“ Spießbürger gegenüberstehen.
Liebe Grüße
Saby
1. Chapeau!
2. Nicht Neurose, sondern Psychose.
Ihre Ursache:
nicht (aus)gehaltene Angst und
deren Gefolge und blindes
Ausagieren statt Reflexion
(auch ggf. vor einer
anschließenden, dann aber
bewussten Handlung).
3. Die "verarschte
Schicksalsgemeinschaft" beruht
auch! auf (un)bewusster
Selbstverarschung(siehe 2.) -
zum Verarschen gehört auch das
Sich-Verarschenlassen.
4. @ Ines 10:13 Uhr:
Stimmt ... nach meiner
Wahrnehmung des von Ihnen
Gesagten.
Landbewohner und Ines, in einer Gesellschaft welche sich teilt in einen Teil der fast alles besitzt und daher auch mehr als reichlich, unverschämt nur abkassiert, einsteckt, sich mit diesem Geld auch jede Menge Hofschranzen und Helfershelfer aller Art leisten kann und einen anderen Teil, der im Grunde nur zum Arbeiten da ist, zur weiteren Vermehrung des Reichtums des ersten Teils, aalso der effektiven Ausbeutung zu dienen hat, ansonsten, wenn gerade "überflüssig" nur der Verachtung, der Lächerlichmachung oder gar der öffentlichen Diffamierung dient kann es niemals ein wirkliches WIR geben.
Jedes solches laut ausposautes WIR ist daher nur als eine Lüge anzusehen, eine Lüge, die nur dazu dienen soll, die realen Klassengegensätze zu vertuschen, zu leugnen.
Dazu kommen auch noch jede Menge Schichtenunterschiede, welche ebenfalls gesellschaftlich nicht ohne Belang sind.
Verfasst man daher Aufrufe derart, "das Volk", "Wir" müssten uns wehren, "aufstehen", so ist das einfach nur eine sehr leere, abstrakte Forderung.
Wehren, Aufstehen, sich organisieren müssen und sollten sich alle jene, die unter den heutigen Zuständen zu leiden haben, in jeder Hinsicht die "Arschkarte" gezogen haben.
Aber das sind eben nicht ALLE, so viele, dass man völlig undifferenziert von einem "Volk" sprechen könnte das sich doch endlich erheben möge.
Man muss die Ausbeuter und alle deren Helfershelfer sowie Nutznießer schon konkreter benennen, also zwischen Freund und Feind unterscheiden, dann, danach kann man darüber sinnieren wie und wann dieser Feind samt seinen Bütteln (ökonomisch-politisch) entmachtet, geschlagen und eine bessere Ordnung im Interesse der großen Mehrheit der Menschen errichtet werden könnte.
Wem natürlich "Feindbilder" nicht passen, der möge weiterhin gern an "das Volk" völlig folgenlos appellieren - vor allem weiter CDU/CSU/SPD/FDP/GRÜNE wählen.
Ich habe oft in anderen Foren gefragt, wer "WIR" ist/sind. Und ob man mit "DIE Ausländer", alle Ausländer meint, .... ich habe auch direkt nach "DEN Problemen" gefragt, die "WIR" mit "DEN" haben. Ich wollte es detaliert präzisieren, quantitativ, wie auch qualitativ wissen.
Leider bekam ich keine Antwort.
Zoran
Inspiriert durch den Buchtitel "Unzugehörig" erscheint mir als Fortsetzungsgeschichte zu Robertos Beitrag "Die verarschte Schicksalsgemeinschaft" folgendes Bild vor meinem geistigen Auge:
Ein Redner steht auf dem Podium und ruft einer grossen Menschenmasse zu:
"Ihr seid alle Individuen!"
Die Masse erwidert:
"Wir sind alle Individuen..."
"Ja, wir sind alle Individuen!"
"Genau, wir sind alle Individuen"
"Wir sind alle Individuen"
"Ja, wir sind alle Individuen!"
...
Dazwischen steht eine Person, symbolisiert durch drei Fragezeichen...
"???"
Wir sind alle Individuen?(*)
Lieber Roberto,
als einer aus der Gruppe der "Unzugehörigen" geht es Dir -beim Blick auf die Gegenwart- vermutlich ähnlich wie den drei Fragezeichen???
Banana Joe
P.S. (*) Dieses Bild war in ähnlicher Form in Monty Python’s Life of Brian. Hat zufällig jemand einen passenden Link, würde das gerne mal wieder sehen?
Danke Roberto J. de Lapuente.
Michel Friedman hat ein interessantes Interview geführt, dass man hier:
"[...]Affäre Sarrazin
„Kein Märtyrer der Meinungsfreiheit“
Wegen seiner Thesen zu Migranten und Juden geht auch die Bundesbank zu Thilo Sarrazin auf Distanz. Michel Friedman im FR-Interview über Gene und Streitkultur[...]"
Quelle und kompletter Text:
http://www.fr-online.de/politik/spezials/-kein-maertyrer-der-meinungsfreiheit-/-/1472610/4609854/-/index.html
...im vollen Wortlaut nachlesen kann. Es deckt sich, auch wenn ich persönlich immer mich dem Ex-Vize-Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland einer Meinung bin, mit vielem was ich über die selbsternannten "Eliten", und deren Unterstützer, im Merkel-Westerwelle-Deutschland denke.
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
na gut - wir alle, die wir nicht zur herrschenden clique und ihren schranzen gehören, bzw. uns nicht dazugehörig fühlen.
Das "WIR" befindet sich zwischen denen, die noch weiter hoch hinaus wollen und denen, die nicht mehr tiefer fallen wollen, oder?
"Wir" sind das Volk, wurde erfolgreich skandiert und das System gewechselt.
"Wir" heute sind Nichtwähler, vielleicht Wechselwähler, aber keine Systemwechsler.
Wir alle müssen wieder lernen, "das" Volk zu werden. Ansätze dazu sind bei den Protesten zu "Stuttgart 21" erkennbar.
Wird oben das Wir propagiert,dient es denen und in der Regel nicht uns.
"Wir" sind nicht "die".
Die sind nicht das Volk.
Wir alle zusammen sind es: das Volk.
Zeigen wir es denen!
Stehen wir auf.
kaha
Der Mensch ist ein Rudeltier und sein Wunsch nach "wir" entspringt der Angst vor Isolation.
Das wissen die Herrscher schon seit mehr als 2000 Jahren. Ein uneiniges Volk lässt sich prima regieren. Ost-West Hass verblasst und nun sind HartzIV Empfänger und die Ausländer dran.
Roberto hat Recht wenn er schreibt: Wut trübt den Blick. Was uns fehlt hat der von mir sehr vermisste Georg Schramm gesagt: es ist der Zorn!
Ich wunder mich, dass noch keiner verlauten lies die Gutmenschen dieses Landes seien Kommunisten 2.0. Bilde ich es mir ein oder ist es jedes Mal so, dass wenn die Lage sich für viele Bürger verschlechtert automatisch nach nem Sündenbock gesucht wird und nicht wirklich ein Interesse darin besteht die wahren Ursachen zu erforschen, die natürlich leider nicht schwarz/weiß gestaltet sind und eben mal in der Zeit eines Wimpernschlags gelöst werden können.
Ich weiss grosse Veränderungen tun weh und wir haben sie, auch wenn es eigenartig klingt, viel zu schnell forciert. Jedes Land in Europa hat andere Kulturen, ja sogar in den Ländern selbst, welche noch in Teilgebiete unterteilt sind gibt es so viel individuelle Unterschiede, dass eine Harmoniesierung aller Länder in der EU ein sehr komplexer Vorgang ist. Wir müssen auch akzeptieren, dass sich durch dei Globalisierung so oder so ein Genmix entsteht.
Man sieht, was nun passiert. Die Menschen haben Angst vor Überfremdung, weil es nun mal nicht so leicht und schnell eine Harmonisierung der Kulturen, Wertevorstellungen, Gesetze, Religionen, etc... geben kann. Ich sage absichtlich Harmonisierung, weil ich nicht glaube und eigentlich auch nicht möchte, dass wir alle zu nem Einheitsbrei werden. Genau unsere Vielfalt macht es uns möglich Antworten auf zukünftige Probleme zu finden und da ist die sog. Intelligenz nur ein Puzzlestück von vielen.
Es muss aber möglichg sein, dass wir Grundsätze finden, die auf wirklich sinnvollen und gerechten Werten beruhen und diese auch konsequent leben. Klingt sehr utopisch, aber wer es nicht wagt kann sich auch nicht weiterentwickeln und das wäre wirklich dumm.
Die BILD richtet heute das Wort an die Schicksalsgemeinschaft und holt sie an den Stammtisch:
http://www.bild.de/BILD/politik/2010/09/04/thilo-sarrazin/neun-unbequeme-meinungen-und-fakten.html
@Roberto J. de Lapuente
Die Bild wundert mich schon seit Jahren nicht mehr - die ist, und bleibt, kackbraun. Ob das die Bild-Leser auch sind halte ich für fraglich, aber dass man Bild beim Lesen queer halten muss, damit das Blut rausfließt wußte schon Günter Wallraff alias Bild-Reporter....na, du weißt schon....
Wallraff übrigens mußte damals, so glaube ich mich zu erinnern, wegen übelster Bild-Hetze gegen seine Person, und Strafanzeigen der ertappten Bild-Zeitung vorübergehend ins nahe Ausland emigrieren....alles Geschichte...ich weiß, aber lt. Günter Wallraff hat sich Bild nie geändert - es ist immer noch "Der Stürmer" für die dt. "Eliten".
Gruß
Bernie
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