Die konspirative Leichtigkeit des Seins

Freitag, 9. Mai 2014

Warum Verschwörungstheorien gefährlich sind.

Linke haben mich mächtig unter Druck gesetzt, nachdem ich mich vor Wochen noch positiv zu den Montagsdemos geäußert hatte. Also habe ich meine Meinung natürlich geändert. Das haben mir jedenfalls einige Spinner per Mail unterstellt. Was sie nicht wussten: Es war die Federal Reserve, die mich angerufen und mich wieder auf Kurs gebracht hat.

Nein, Quatsch! Mal im Ernst. Und man muss ganz ernstlich sprechen, denn diese Leute glauben einem wirklich alles. An dieser Unterstellung sieht man, welche Dumpfbacken sich da im Umfeld der Friedensdemos tummeln. Alles ist für sie Verschwörung. Dass Menschen zweifeln, überdenken und sich nicht ganz schlüssig sind und später auch ihre Ansicht ändern, kommt ihnen gar nicht in den Sinn. Wer plötzlich revidiert, der muss von fremden Mächten instruiert worden sein. Das Beste kommt ja noch: Ich habe mich zunächst nicht mal positiv zum Personal der Demos geäußert. Man kann im Text nachlesen, dass ich schon damals diese Typen äußerst kritisch betrachtete. Ganz sicher war ich mir nur nicht, ob ich da richtig liege. Später wusste ich es dann besser.

Aber auch das wirft ein gedämmtes Licht auf diese Verschwörungstheoretiker. Wenn sie einen Text nicht richtig verstehen, deuten sie ihn sich einfach so, wie er ihnen am besten gefällt. Besonders helle sind die nicht. Aber halt, man darf diese Leute nicht für ungebildet halten. Womöglich sind sie sogar gut informiert, ziehen aber aus Bequemlichkeit nur die falschen Schlüsse.

Die Welt ist kompliziert. Verworren. Ich nehme an, dass ich jemand bin, der relativ gut informiert ist. Trotzdem fehlt mir manchmal der Durchblick. Zu viele Fronten. Zu viele Querverbindungen. Zu viele Zufälle. Die Verschwörungstheorie erlaubt es, eine Ordnung in dieses Chaos zu bringen. Sie macht erklärbar, was unerklärbar ist. Daher will ich nicht behaupten, dass nur Dummköpfe verschwörerischen Theorien zum Opfer fallen können. Je mehr Informationen, desto mehr Durcheinander - und desto attraktiver eine Erklärung, die mit wenigen Worten und Mitteln alles aufdeckt und lüftet.

Die Konspiration, die die Weltenläufte regelt, ist ein moderner Mystizismus. Und es ist wie bei jedem Mystizismus so, wie schon Nietzsche meinte: »Die mystischen Erklärungen gelten für tief; die Wahrheit ist, dass sie noch nicht einmal oberflächlich sind. Außerdem ist ein solches Weltbild auf Säulen von Verschwörungen nicht einfach nur zum Lachen. Es ist gefährlich, lenkt das Hauptaugenmerk auf falsche Fährten und setzt wirkliche Erkenntnisse gleichberechtigt in eine Reihe mit ungeheuerlichem Quatsch und erschwert somit Aufklärung.

Wer Menschen mit Verschwörungsansätzen ködert, macht sie blind für die Wirklichkeit. Wer ihnen sagt, dass eine Bank plane, die Weltherrschaft an sich zu reißen, verdeckt die Mechanismen des Finanzkapitalismus. Das dem Kapitalismus immanente Wesen des notwendigen endlosen Wachstums wird so plötzlich zur Verschlagenheit einer kleinen Gruppe konspirativer Banker. Damit kommt man der These, das Versagen des Marktes gründe immer auf »bedauernswerte Einzelfälle«, schon ziemlich nahe.

Dasselbe gilt bei dem durchaus richtigen Vorwurf, die Medien würden nicht völlig neutral oder manchmal gar nicht berichten. Das tun sie aber nicht, weil eine unsichtbare Hand die Fäden zieht, nicht weil sich ein Komitee bestehend aus Sendern, Zeitungen, Politikern und Wirtschaftsleuten trifft und Nachrichten abgleicht. Das geschieht aus ökonomischen Kalkül, um Anzeigenkunden nicht zu vergrätzen und manchmal auch nur, weil in den Redaktionen eine bestimmte politische Weltsicht vorherrscht oder weil man Trauzeuge eines Altkanzlers ist. Das mag alles unjournalistisch sein - eine Verschwörung ist es aber nicht. Man erkennt, wie gefährlich Verschwörungsansätze sind, deren Ursprungsthese tatsächlich wahr ist. Halbwahrheiten verkaufen sich immer blendend.

Plötzlich sagen selbst vernunftbegabte Leute: »Die haben doch recht, die Medien sind wirklich mies. Vielleicht ist ja was dran an dieser Theorie.« Das Symptom verleiht der steilen These realitäre Züge. Oder sie sehen zum Beispiel dass es in und um Israel massive Probleme gibt und wittern in den Erklärungen zur zionistischen Verschwörung eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen. Der Verschwörungstheoretiker ist in Zeiten politischer Orientierungslosigkeit ein Problemlöser, der die schnelle Eliminierung von Zweifeln und Durcheinander verspricht. Er ist attraktiv, weil er umgehend Antworten liefert, wo andere noch kompliziert und über Umwege erklären. Er betreibt ein »Simplify your life« ganz besonderer Art. Geheimbünde und geheime Absprachen erleichtern es da ungemein, den Zustand der vollständige Verwirrung zu ordnen.

Man muss es auch mal so sehen ... Moment, es hat eben geklingelt. Komisch, immer wenn ich was über den Unjournalismus schreibe, klingelt es exakt drei Minuten später an der Türe. Ich nehme an, das ist der Ortsverband von »Die Linke«, der von der Federal Reserve« geschmiert wird, um den sozialen Frieden zu garantieren und kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Ob Wagenknecht schon mal Urlaub an der Ostküste gemacht hat?


12 Kommentare:

Anonym 9. Mai 2014 um 08:42  

"Ich nehme an, dass ich jemand bin, der relativ gut informiert ist."

Mmm, ja... Wie sprach weiland schon der große Fußballinformatiker Lothar M.? "Ich glaube, dass ich nicht dumm bin."
Auch damals gab es allerdings bereits eine Reihe namhafter Experten, die diese Einzelmeinung nicht so ohne weiteres widerspruchlos teilen mochten. Und auch im vorliegenden Fall kann man durchaus geteilter Meinung sein.

Anonym 9. Mai 2014 um 09:02  

Der Verschwörungstheoretiker ist für mich jemand der Nachdenkt und Fragen stellen kann und ist somit den anderen überlegen weil dieser sein Ich nicht verleugnet.

Der Begriff "Verschwörungstheoretiker" wird ja von denen verwendet die eben nicht auf die unbequemen Fragen antworten wollen und die Gegenseite eben durch diesen Begriff diffamieren wollen.

Verschwörungstheoretiker halte ich für diese Gesellschaft für äußerst wichtig weil sie Fragen stellen können. Ich selber bin Verschwörungstheoretiker im Sinn von diesem geschriebenen hier, und bin stolz darauf!

Gerd Hellmood 9. Mai 2014 um 10:56  

Das "Es sich zu einfach machen" ist in der Tat eine Gefahr der man sich bei der persönlichen Meinungsbildung aussetzt. Die Übernahme von Standpunkten einer Gruppe, der man sich zugehörig fühlt, schützt da allerdings genauso wenig, wie die Ablehnung der Argumente einer anderen Gruppenzugehörigkeit - noch dazu wenn dieselbe, allein schon durch das Aufgreifen und Überdenken derselben per sè als gegeben unterstellt wird. So fällt die Erklärung zu der orchestriert erscheinenden Berichterstattung hiesiger Medien doch eben etwas zu einfach(!) aus. Zum einen scheint der geschätzte Autor (zum Zeitpunkt der Abfassung des Artikels) sich nicht über den Umstand bewusst gewesen zu sein, dass der überwiegende Teil der hiesigen Printmedien sich in wenigen Händen, seien es Bertelsmann, Springer, Gruner und Jahr, Burda oder WAZ, befindet. Zum anderen verlässt ihn scheinbar sein Gedächtnis, sonst würde er sich an die berühmten "Kamingespräche" erinnern, zu denen de Kanzlerin anlässlich der Lehmann-Pleite die Spitzenvertreter eben dieser Medien geladen hatte und bei dieser Gelegenheit sanft den Maulkorb anlegte. Es mag sein, dass es gegenwärtig nicht so ist. Was wäre dann die Erklärung? Pawlowscher Reflex vielleicht.

Ach ja, derzeit läuft die Angelegenheit "ukrainischer Umsturz" nicht mehr ganz so rund. Vielleicht hat ja ein Joe Kaeser (und Andere) bei der "Kamin-Runde" angeklopft und angedacht bei Verlust investierter Milliarden in Russland, dieselben durch Rückfahren von Werbung zu kompensieren. Was wissen wir schon?

Anonym 9. Mai 2014 um 11:25  

Hm... für mich klingt der Text wie eine Verschwörungstheorie über Verschwörungstheorien. Da kommen für manche Dinge (Bankenkrise bzw. die menschlichen Auslöser derselben) ebenfalls sehr simple Lösungen alá "Finanzkapitalismus ist halt so...". Ist der so?

Ist es wirklich so simpel? Ist da ein "System" und die Leute, die dieses "System" bewegen, folgen einfach nur den Regeln des "Systems"? Haben die keine eigenen Ziele?

Oder was ist mit dem NSA-Skandal? Anno dunnemals wurde das als "Verschwörungstheorie" und "Wirres Zeug von Alu-Hut-Trägern" bezeichnet, als es hieß, daß die NSA eine Backdoor in z.B. Windows platziert hat.

Will sagen: Verschwörungstheorien sind nicht immer gut bzw. "die Lösung". Aber ohne sie unterbleibt die Suche nach der Wahrheit. Und manchmal SIND sie sogar die Wahrheit.

Sledgehammer 9. Mai 2014 um 11:44  

Was ist an einer vereinfachenden Weltsicht per se riskant oder diffamatorisch, die unkonventionelle Denkansätze miteinander verkrnüpft?
Wir alle somplifizieren und vulgarisieren ständig, weil umfassende Informationen oder Fachwissen fehlen, oder diese aus mannigfachen Gründen nicht zugänglich sind.
Weitaus fataler erscheint mir die Neigung, permanent und auf unterschiedliche (grob wie subtile) Art und Weise aufeinander einzudreschen; sich der Lächerlichkeit, der gefährlichen Dummheit oder Phantasmagorien zu bezichtigen, sobald divergente Meinungen/Theorien aufeinandertreffen bzw. -prallen.
Es ist entbehrlich und geisttötend sich wechselseitig mit Totschlagbegriffen/-argumenten zu traktieren oder die eigene (immer auch fragile) "Omphaloskopie" als die einzig relevante und legitime Wahrheit (Faktizität) auszugeben, die bisweilen (wenn auch unbeabsichtigt) in Idiolatrie mündet/abdriftet.

Anonym 9. Mai 2014 um 14:56  

der bisher beste Text zu den montagsdemos. ich drucke ihn aus und werde ihn bei der nächsten demo verteilen!!

Ych 9. Mai 2014 um 15:19  

Sehr guter Artikel. Ich beschäftige mich selbst mit dem Thema Verschwörungstheorien und Mahnwachen seit einiger Zeit und finde es oftmals sehr frustrierend, mit deren Anhängern zu diskutieren. Für jeden sachlichen Beitrag zu dem Thema bin ich daher sehr dankbar.

maguscarolus 9. Mai 2014 um 18:19  

Ist es nicht so:

Wenn diese ganze Geheimscheiße allüberall nicht wäre und die Menschen über die Entscheidungen, die früher oder später ihr Leben grundlegend betreffen können, informiert würden, müsste viel weniger VT als Erklärung dienen?

Allerdings muss ich selber sagen, dass ich nicht immer an Zufälle glauben mag, wenn wieder mal ein milliardenschwerer Sack weitere Milliarden dazu bekommt, weil ein Gesetz geändert wurde, durch welches ein paar Millionen Menschen ihr Geld abgenommen kriegen, oder wenn irgendein Diktator mal wieder eine Wahl gewinnt, weil zufällig sein oppositioneller Widerpart verunglückt, etc. etc.

Über irgendwelche durchgeknallten UFO-Theoretiker rede ich in diesem Zusammenhang nicht. Sie sind das Produkt totaler Regierungsverdrossenheit à la USA.

Anonym 10. Mai 2014 um 16:25  

Schräge Vögel sind zumeist Verschwörungstheoretiker? Stimmt, aber sie sind meistens dort, wo diese Keule geschwungen wird. Gelle!

Ralf Münchmeyer 10. Mai 2014 um 22:09  

Warum Verschwörungstheorien gefährlich sind!
Wenn ein Verschwörungstheoretiker einem anderen Verschwörungstheoretiker unterstellt Verschwörungstheoretiker zu sein, dann handelt es sich um einen sehr schlichten Denker.
Wenn wir unsere neuen Erkenntnisse nicht Mittels aufstellen von Theorien erlangen würde, wäre unsere einzige Möglichkeit um Wissen zu erwerben wiederspruchloses Auswendiglernen.
Verschwörungstheorie, also die geheime Verabredung einer Handlung zu unterstellen, ist vollkommen seriös. Diese dann zu diskutieren ist ohne die Heranziehung von Beweisen nicht sehr sinnvoll. Sie danach aber in den Status der relativen Wahrheit zu erheben macht erst Sinn, wenn Sie sich beweisen lässt.
Wie sehr wir in unserer aufgeklärten Welt, tagtäglich und massenhaft dagegen verstoßen, beweisen uns die Bibel der Koran und viele einschlägige Werke der politischen Ökonomie. usw.
Wer durch die simple Deutung von physischen oder pythischen Ereignissen ohne beweisbare Fakten Theorien aufstellt, will zum Guru oder zum Ketzer werden und ist auf der Suche nach Gläubigen. Trotzdem hat er eine wichtige Funktion in dem großen Spiel möglichst viel Orientierungslosigkeit und Desinformation zu verbreiten. Wenn er es geschickt anstellt kann er davon gut leben. (Alufolie herstellen und oder verkaufen)
Wer aber die Zusammenhänge von Fakten entgegen der veröffentlichten Meinung herstellt und dieses auch noch verbreitet, bewirkt zwangsläufig intensives Unbehagen bei den Betroffenen. Die vermeintliche Beschimpfung Verschwörungstheorie, ist nichts anderes als das Anerkenntnis eines nicht aufgeklärten Vorgangs. Sie kongruiert meist mit offiziellen Verschwörungstheorien, zu deren Beweis auch Fakten unterschlagen werden oder Naturgesetze aufhören ihre Wirkung zu entfalten. Personengruppen werden vom Freund zum Feind, zum Freund ohne die Uniform zu wechseln. Wer die Deutungshoheit besitz kann aus seinen Verschwörungstheorien die ultimative unantastbare Wahrheit und dann beliebig viele Angriffskriege ableiten.
All die Menschen, die in unserem Pyramidensystem ihren Lebensunterhalt bestreiten dürfen, müssen bereit sein sich zur Akzeptanz der offiziellen Wahrheit erpressen zu lassen.
Sollten Ihr privat an der Wahrheit zweifeln, dann müssen Worte wie Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaat, Wertegemeinschaft, Souveränität und Völkerrecht an die richtige Stelle in den Lückentext in Eurem Kopf eingesetzt werden.
Dann stimmt das Weltbild wieder und man ist wieder bei den Guten.
Bitte stellt Fragen, verknüpft die objektiven Fakten und ermittelt Zusammenhänge seit Verschwörungstheoretiker und Verschwörungsaufklärer.
Abschließend noch eines, jedes Jahrhundert hatte sein Imperium, das bis zur Überdehnung gewachsen ist und dann unter ging. Die letzte Verteidigungslinie vor dem Bedeutungsverlust kann militärisch sein und kostet immer das Blut der Untertanen und Vasallen.

Seit skeptisch

pillo 11. Mai 2014 um 09:45  

Natürlich hast Du bezüglich der VT Recht, wenn es um UFOs, Chemtrails, diverse Geheimbünde, usw. geht.

Das Problem ist, dass es in den letzten Jahrzehnten viele Beispiele gab, wo sich eine scheinbar krude These im Nachhinein als die Wahrheit entpuppten (Stichworte: Gladio, us-amerikanische Geheimkommandos, etc.). Ebenso gibt es mittlerweile reichlich Beispiele, wo Regierungen von "demokratischen" Staaten ihre Bevölkerung bzw. die Weltöffentlichkeit gezielt hinters Licht führten, z.B. Tonkien-Bucht, die "Gründe" für den Kosovo-Krieg oder die beiden Irakkriege, usw. usf.

Das da ein immer größerer Teil der Menschen in den westlichen Ländern immer mißtrauischer wird und den eigenen Regierungen zunehmend keinen Meter weit mehr traut, ist so gesehen nur logisch. Dieses Mißtrauen ist mir dreimal lieber als das treudoofe Abnicken von Allem, was von oben gesagt und angeordnet wird.

Wir erleben es ja gerade wieder in der Ukraine. Natürlich sind die Vorgänge dort nicht das Resultat einer Verschwörung einiger weniger mächtiger Männer. Hier sind wirtschaftliche und geostrategische Interessen, und ja wahrscheinlich auch ganz persönliche Machtbestrebungen am Wirken. Dennoch gibt es auch in diesem Fall schon wieder Vorkommnisse (wie z.B. die Schüsse auf dem Maidan), die einen nachdenklich machen, ob hier nicht bewußt von Außen eine Eskalation angestrebt wurde?!

Anonym 11. Mai 2014 um 15:45  

um zu lernen, wer über Dich herrscht,
finde einfach heraus,
wen Du nicht kritisieren darfst

Voltaire

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