Der Sommer, mit dem der Mai begann
Montag, 5. Mai 2014
Am Tag der Arbeit bekam der DGB-Vorsitzende Sommer kurz nach dem Mittagessen fünf Minuten Redezeit im Ersten zugesichert. Ich hatte den Eindruck, als wollte er per Ansprache den Eindruck vermitteln, dass die Regierung die Verbündete im Kampf gegen die Ausbeutung sei. Den Mindestlohn lobte er. Denn er sichere die Würde der menschlichen Arbeit. Diese Formulierung stieß mir übel auf. Sie ist ein rhetorisches Armutszeugnis und grenzt aus.
Von der »Würde des Menschen« spricht man sonntags gerne. Der Tag der Arbeit war aber ein Donnerstag. Vermutlich konnte man da die Menschenwürde auch etwas laboraler umdeuten. Wenn menschliche Arbeit Respekt und Würde verdient hat, was hat dann das Menschliche, dem man keine Arbeit hintan stellen kann - ganz einfach weil der Mensch keine Arbeit hat, findet, bekommt - für einen Anspruch darauf? Wird Würde über die Arbeit an den Menschen vermittelt?
Am Tag der Arbeit gedenkt man eigentlich nicht der Arbeit als Würdenträger. Es ging an diesem Kampftag immer um geringere Arbeitszeiten, bessere Bezahlung, Urlaubsansprüche, Kündigungsfristen - kurz und gut, um existenzielle Einrichtungen, die des Menschen Würde herstellen und gewährleisten sollten. Dass man vom »Tag der Arbeit« spricht ist gewissermaßen irreführend. Eigentlich ist der »Tag der Arbeit« der »Tag der Menschen, die sich am Arbeitsmarkt verdingen müssen«. Und weil sie das müssen, hat ihre Arbeit so gestaltet zu sein, dass ihnen das Leben lebenswert bleibt. Anders gesagt: Dass sie in Würde leben können. Und da der Arbeitsmarkt nicht nur »das Arbeiten« beinhaltet, sondern auch die Arbeitslosigkeit und »das Arbeitsunfähigwerden«, ist es auch der Tag für Menschen, die nicht arbeiten und trotzdem Würde besitzen. Der Arbeiterbewegung ging es ja immer auch um die Absicherung von Menschen die nicht oder nicht mehr arbeiten können. Also um die Versorgung bei Arbeitslosigkeit, Krankheit und im Alter.
Es ist schon schade und vielleicht auch bezeichnend für unsere arbeitsteilige, arbeitswütige und arbeitsfixierte Gesellschaft, dass einer der obersten Gewerkschafter den Tag der Arbeit als einen Tag begeht, bei dem es um die Würde und des Respekt vor menschlicher Arbeit geht. Dass der »Kampftag der Arbeiterbewegung« ein Tag ist, an dem es um weitaus mehr, um die existenziellen Fragen von Menschen in allen Lebenslagen und nicht nur am Arbeitsplatz geht, verschwindet bei dieser Rhetorik Sommers fast völlig. Gewerkschaften sind doch nicht nur die Vertretungen arbeitender Menschen, sondern in gewisser Weise auch Sozialverbände. Insofern ist Kippings für viele schrullige Forderung nach Namensänderung schon verständlich.
Menschliche Arbeit ist nötig. Aber nichts, was Würde verleiht. Die haben Menschen jedoch von vorneherein. Ob mit oder ohne Arbeit. Ob arbeitsfähig oder nicht. Die Würde ist unveräußerlich und bedingungslos. Und genau diese Botschaft will dieser Kampftag eigentlich jedes Jahr neu betonen. Wenn das selbst Gewerkschafter nicht mehr richtig verstehen, dann sieht es auch weiterhin trist aus. Und ich rede jetzt nicht davon, dass Sommer sich weitestgehend zufrieden mit der Regierung zeigte. Auch das ist kein Benehmen für einen Kampftag. Aber das sind wir ja schon gewohnt.
Von der »Würde des Menschen« spricht man sonntags gerne. Der Tag der Arbeit war aber ein Donnerstag. Vermutlich konnte man da die Menschenwürde auch etwas laboraler umdeuten. Wenn menschliche Arbeit Respekt und Würde verdient hat, was hat dann das Menschliche, dem man keine Arbeit hintan stellen kann - ganz einfach weil der Mensch keine Arbeit hat, findet, bekommt - für einen Anspruch darauf? Wird Würde über die Arbeit an den Menschen vermittelt?
Am Tag der Arbeit gedenkt man eigentlich nicht der Arbeit als Würdenträger. Es ging an diesem Kampftag immer um geringere Arbeitszeiten, bessere Bezahlung, Urlaubsansprüche, Kündigungsfristen - kurz und gut, um existenzielle Einrichtungen, die des Menschen Würde herstellen und gewährleisten sollten. Dass man vom »Tag der Arbeit« spricht ist gewissermaßen irreführend. Eigentlich ist der »Tag der Arbeit« der »Tag der Menschen, die sich am Arbeitsmarkt verdingen müssen«. Und weil sie das müssen, hat ihre Arbeit so gestaltet zu sein, dass ihnen das Leben lebenswert bleibt. Anders gesagt: Dass sie in Würde leben können. Und da der Arbeitsmarkt nicht nur »das Arbeiten« beinhaltet, sondern auch die Arbeitslosigkeit und »das Arbeitsunfähigwerden«, ist es auch der Tag für Menschen, die nicht arbeiten und trotzdem Würde besitzen. Der Arbeiterbewegung ging es ja immer auch um die Absicherung von Menschen die nicht oder nicht mehr arbeiten können. Also um die Versorgung bei Arbeitslosigkeit, Krankheit und im Alter.
Es ist schon schade und vielleicht auch bezeichnend für unsere arbeitsteilige, arbeitswütige und arbeitsfixierte Gesellschaft, dass einer der obersten Gewerkschafter den Tag der Arbeit als einen Tag begeht, bei dem es um die Würde und des Respekt vor menschlicher Arbeit geht. Dass der »Kampftag der Arbeiterbewegung« ein Tag ist, an dem es um weitaus mehr, um die existenziellen Fragen von Menschen in allen Lebenslagen und nicht nur am Arbeitsplatz geht, verschwindet bei dieser Rhetorik Sommers fast völlig. Gewerkschaften sind doch nicht nur die Vertretungen arbeitender Menschen, sondern in gewisser Weise auch Sozialverbände. Insofern ist Kippings für viele schrullige Forderung nach Namensänderung schon verständlich.
Menschliche Arbeit ist nötig. Aber nichts, was Würde verleiht. Die haben Menschen jedoch von vorneherein. Ob mit oder ohne Arbeit. Ob arbeitsfähig oder nicht. Die Würde ist unveräußerlich und bedingungslos. Und genau diese Botschaft will dieser Kampftag eigentlich jedes Jahr neu betonen. Wenn das selbst Gewerkschafter nicht mehr richtig verstehen, dann sieht es auch weiterhin trist aus. Und ich rede jetzt nicht davon, dass Sommer sich weitestgehend zufrieden mit der Regierung zeigte. Auch das ist kein Benehmen für einen Kampftag. Aber das sind wir ja schon gewohnt.
9 Kommentare:
http://argudiss.de/node/142
http://argudiss.de/node/214
Zur aktuellen Lage der Gewerkschaften und das diese zu nichts mehr taugen.
Das eigentlich Würdelose ist meiner Meinung, dass die Menschen sich gar nicht anders als in einem Angestelltenverhältnis denken können.
Dabei hat sich in den letzten 20 Jahren Möglichkeiten der freiheitlicheren und selbstbestimmteren Arbeit aufgetan, von denen man zuvor nur träumen konnte.
Ein "angestelltes" Arbeitsleben kann ich mir nicht mehr vorstellen.
Redezeit für Funktionsträger = Zerredezeit
Na was soll's! Sommers Mai-Geschwafel passt doch bestens zu Münteferings Kernsatz "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!"
Sozialdemokraten und Gewerkschafter! Da passt kein Blatt Papier dazwischen!
Es schien mir, dass der heurige Tag der Arbeit eine besondere Stufe der Degradation darstellte. Offenkundig drängt die Zeit sämtliche roten Institutionen unweigerlich in ein Licht der Unglaubwürdigkeit, der Ferne und gar der Illustrität. Es scheinen langsam aber sicher zu viele Fäden zu reißen. Die Authentizität ist weg. Die Reden am ersten Mai hatten heuer in ganz Europa einen madigen Gechmack. Nichts stimmte mehr überein. Verhalten, Worte und Sensnationen blieben leere Hüllen. Weithin erkennt man, dass hier ein sinnloses Spektakel stattfindet, dass keinen der Protagonisten ernsthaft interessiert. Wie du ganz richtig bemerkst, ist die Nominierung der Arbeit mit Anerkennungswertigkeit Ausdruck einer geistesgschichtlichen Abekoppelung und darüber hinaus Ausdruck völliger Konformität. Vermutlich könnte im Intensivgespräch kaum ein Gewerkschafter mehr fundierte Auskunft geben, wozu und warum er hier tätig sei. In einem Durchbruchsgespräch käme vermutlich heraus, dass es seiner Karriere förderlich war oder er immer schon regierend tätig sein wollte. Die Gewerkschaft war die Hülle einer abgestorbenen Bewegung und lag gerade opportun vor den Füßen.
Dieser erste Mai also war einer der ersten, an dem der Bruch in eine lockere Helle geriet. Fortan wissen alle besser, dass es damit zu Ende ist und dass in Zukunft ein Äquivalent gefunden werden muß oder es bleibt mit der Arbeit wie es ist. Diese Kraft wird es kaum mehr geben, zumindest nicht mehr in den nächsten Jahrzehnten. Und das ist viel Lebenszeit. Das ist das tragische daran.
Na na na, Kritik an den Gewerkschaften? "Querfront"! Jehova!
Es gibt EINEN Tag der Arbeit im Jahr und 364 Tege des kapitals.
Und and diesem Tag wird der Würde der Arbeit(für andere), ncht des arbeitenden Menschen, gedacht.
All die anderen Tage wird das Hohe-Lied des 'Marktes' gesungen. Und die Gewerkschaften (spätestens nach Steinkühler) singen mit.
MfG: M.B.
Dem Sommer (SPD) war doch immer schon die Partei näher als die Gewerkschaften.
Übrigens, heute hab ich mal wieder ne Tour mit dem Pkw gemacht und bekam das Kotzen bei den Plakaten zur Europawahl.
Die SPD stellt sich so dar als wäre die die einzig soziale Partei Deutschlands, und nicht in einem Boot - als CDUlight - mit der neoliberalen CDU.
Wen wollen die eigentlich noch für dumm verkaufen? Hat das Wahlvieh nicht längst kapiert, dass die Sozen ein reiner Wahlverein ist, der vor der Wahl garantiert von etwas spricht, dass man nach der Wahl als "Geschwätz von gestern" (Zitat: CDU-Adenauer) abtut?
Frägt sich
Bernie
Bernie, die ganze Stadt ist hier voll mit Plakaten der AfD:
"Washington spioniert, Brüssel diktiert, Berlin pariert", "Schluss mit der Euromantik", "Einwanderung braucht klare Regeln", ...
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