Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?
Donnerstag, 1. August 2013
"Rückhaltlose Aufklärung" und "zweifelsfreie Klärung" sind Floskeln in unserem Alltag. Bei jedem Vorwurf oder Aufschrei reagiert die politische Funktionselite dergestalt "klärend". Diese Ritualisierung zeigt: Die Politiker entwickeln sich zu einer Art postdemokratischen Priestern.
Die Kaste der Priester entstand im Altertum: Aus der Wechselwirkung zwischen Legitimation von Macht und Kontaktaufnahme zu den Göttern. Sie sollte die Macht und die Herrschaft ihres Herren ins Transzendente emporheben und legitimieren. Heute treten Politiker auf wie Priester. Sie verlegen die marktkonforme Demokratie und deren Abläufe ins Übersinnliche. Dabei sind die theoretischen Werte der Demokratie, Schlagworte wie Transparenz und Teilhabe, Mitsprache und Garantie von unveräußerlichen Rechten, die transzendente Basis. Auf ihrer Grundlage vertuscht man ihren Abgesang mit Parolen wie "rückhaltlose Aufklärung" oder "zweifelsfreie Klärung".
2 Kommentare:
Ein ausgezeichneter Artikel, der mir mal wieder etwas Lebenskraft gab.
Die Transzendenz ist für mich immer noch ein philosophisches Phänomen und so soll es auch bleiben - des Staunens.
Hier haben wir einen Kantschen Bereich, der mit Sicherheit kein Ungläubiger war, der damit auch göttliche Sphären ansprechen wollte.....
die Priesterschaft der Postdemokratie, was für ein trefflicher Ausdruck. Durchaus haltbar und vergleichbar mit der klassischen Aufklärung in Relationen und Stoßrichtung. Postdemokratie als präaufklärerische Phase.
Die erste aufzuklärende Illusion liegt ohne Umschweife in den Glaubenssätzen der Ökonomie. In der völligen Bewußtlosigkeit ob der Qualität der Aussagen reiht man sich gekaufterweise in die Naturwissenschaften ein. Der höchste Unfug ist dies.
Aber nicht nur dies. Die fast größere Illusion tut aich auf in den Glaubenssystemen des hierarchischen Klassimus. Mit hohem Speed rasen wir in feudale Verhältnisse zurück, in denen sich eine Klasse in dem aus ihren Eigenschwingungen erzeugten Wissen bälgt und gegenseitig beweihräuchert. Heute sind zusehends alle Knotenpunkte klassistisch besetzt. Da es offiziell keinen Klassismus mehr gibt, kann hier unbemerkt überall ein adäquater Nachschliff getan werden und der Klassismus verfestigt werden. Demgegenüber wesen außerhalb der Knotenpunkte die neuen Massen einer neuen Pöbelklasse, vollgestopft mit den Urgierungen der sich zur Gestaltung berufen fühlenden Kreativklasse, die diesen als Verdaunungstrakt ihrer eigenen Prudukte dient. Die Matrix läßt grüßen.
Zudem wird diese wieder geschaffene Pöbelklasse auf einem Wissensniveau gehalten, welches dessen Steuerung und jedenfalls Machtlosigkeit zementiert. Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu gebrauchen erhält her eine vollkommen neue Farbe: falle nicht darauf herein, dass eine Handlung, welche ausgeführt ist von einem Elit, in irgendeiner Form eine höhere Bedeutung hätte als deine eigene. Habe Mut selbst in Eigenbehagen zu handeln, auch wenn du dir nicht den Anstrich eines Eliten geben kannst. Das angeklebte Wissen des Eliten, seine Haltungen und Gepflogenheiten des Kreises sind bloße Illusionen.
Dass die Wissenschaft hier etwas bewirken könnte, muß zeitgenössisch allerdings angezweifelt werden. Zu viel ist eingespielt. Die ganze Wissenschaft ist eine normale Wissenschaft geworden. Der Ernst der neuen Normalität, der erreichten Standards und ihrer zugeglaubten Neutralität ist ubiquitär. Die Fragestellungen sind konform geworden.
Der große Erfolg des Neoliberalismus, seiner Weltanschauung lebt in jedem Besetzer eines Knotenpunktes. Dies kann man auch als Maxime lesen: glaube nicht an Meinungen aus Knotenpunkten. Man möge nur schauen was der Philosoph Öffe zum besten gibt zum politischen Tagesgeschehen. Es erfüllt mich mit Stolz zu sehen, wie ich noch selbstständig denken kann, während ein mit allen akademischen Titeln besesselter Philosoph vollständig der Ideologie verfallen ist und mit großem Ernst in der Höhle Wahrheiten zu sehen glaubt.
@Hartmut: zum Thema Transzendenz gibt es eigentlich nur einen Ernst zu nehmenden Denker in der neueren Zeit, dessen Bücher aber schwer zu bekommen sind. Struve.
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