Sit venia verbo

Donnerstag, 14. Februar 2013

"Wenige Wochen vor seinem Tod habe ich ihn gefragt, womit er sich – gesetzt den Fall, er sei halbes Jahrhundert jünger – unter den gegebenen Zeitumständen beschäftigen würde. Er reagierte auf diese Frage in einer Weise, die ich bei ihm noch nicht kennengelernt hatte, nämlich mit Unverständnis und spöttischer Ungeduld. Er sagte, zum erstenmal in der Geschichte der Gattung hätte die technische Entwicklung ein Niveau erreicht, das ein Leben ohne physische Not und entfremdete Arbeit, ein Leben in Würde und Freiheit für alle Mitglieder der menschlichen Gesellschaft objektiv möglich macht. Zugleich sei die Politik in der Ersten und der Zweiten Welt darauf konzentriert, durch immer umfassendere autoritäre Kontrollen die Menschen davon abzuhalten, diese weltgeschichtliche Chance zu erkennen und praktisch zu ergreifen. Er wisse gar nicht, worüber man sonst arbeiten sollte, wenn nicht über diesen ungeheuerlichen Widerspruch."
- Helmut Dubiel über Herbert Marcuse -

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