In nuce

Samstag, 16. August 2008

Die Hysterie um die LINKE scheint Tag für Tag schlimmere Ausmaße anzunehmen. Freilich kann es sich die BILD-Zeitung nicht verkneifen, auf schamloseste Art und Weise ins diffamierende Geschehen einzugreifen und fragt provokativ, warum sich die "SPD so viel SED antut". Was folgt ist eine Auflistung, weshalb die LINKE immer noch als SED anzusehen sei. Außerdem, und dies führt sie als Beweis auf, sei im Vereinsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg klar nachzulesen, dass die LINKE 1990 SED/PDS hieß - wieder mal eine ganz große Neuigkeit aus dem Hause Springer! Es wäre langweilig, wenn man nun die Frage andersherum zurückgibt: Warum tat sich die SPD bereits zweimal auf Bundesebene soviel NSDAP an? - Aus welcher Tradition die Union kommt, welche Zeitgenossen nach dem Kriege ihre Geschäfte leitete, ist ebenso bekannt, wie die Geschichte der LINKEN.
Sie kommen einen vor wie die Grauen Herren aus Michael Endes Kinderroman "Momo". Wenn man sie beobachtet, wie sie ganz hysterisch Artikel ersinnen, Diffamierungen aufwenden, geschichtliche Tatsachen herumdrehen und neu deuten, Diabolisierungen gestalten, in scharfen Ton sich eines Jargons bedienen, der hierzulande zum guten Ton gehört, wenn man gegen die LINKE Stellung bezieht, dann kommen einem diese Herren in grau in den Sinn, wie sie hysterisch an ihren Zigarren herumlutschen und sich, erstmal in Rage, um Kopf und Kragen reden, immer schneller sprechen, beinahe hysterisch werden, sich überschlagen mit Worten. Mal abgesehen davon, dass Agitatoren wie Müller-Vogg genauso grau daherkommen, wie die Zeitgenossen aus dem Roman. Überhaupt muß Michael Ende seinerzeit die Müller-Voggs dieser Welt im Sinn gehabt haben.
Und in diesem Stile verfallen sie in eine Hysterie, müssen dringend an ihrer Zigarre ziehen - d.h. sie müssen Artikel schreiben, die nicht journalistisch neutral sind, sondern politisch klar motiviert -, damit ihre Existenz gesichert ist. Und das Ziehen an der Zigarre wird immer lebenswichtiger, in immer kürzeren Abständen muß inhaliert werden - was erklärt, warum der "schwarze Hugo" immer öfter zu seinem Lebenselixier greifen muß. Er will halt auch leben und sich nicht einfach in grauen Rauch auflösen...

Freundlich wünscht man auf einem der derzeitigen NPD-Plakaten zur bayerischen Landtagswahl einen guten Heimflug. Karikaturen wie aus dem "Stürmer" starren uns an, dümmlich und verschlagen dreinblickend, vor Klischees nur so strotzend. Drei offensichtliche Ausländer auf einem fliegenden Teppich, beinahe so aussehend, als hätte sie Julius Streicher selbst in Auftrag gegeben.
Da regt man sich hierzulande über alles auf, was von der LINKEN in die Wege geleitet wird, alleine schon das Hummeressen eines Mitgliedes dieser Partei erregt Aufsehen, aber gleichzeitig bewahrt man Zurückhaltung, wenn auf den Straßen Bayerns Stürmer-Karikaturen von den Plakaten winken, wie einst der verschlagen dreinblickende Jude, dem man die Gier förmlich aus seinen Augen ablesen konnte. Freilich gratuliert man der NPD nicht für ihren einzigartigen künstlerischen Geschmack, aber große Aufregung bleibt doch aus, obwohl es sicherlich den Tatbestand der Volksverhetzung streift, wenn nicht gar erfüllt. Nein, stattdessen stilisiert man künstliche Erregung, als einige Opfer des SGB II im Jahre 2004 jeden Montag auf die Straße gingen, um ihren Unmut kundzutun, und diese Veranstaltungen Montagsdemonstrationen nannten - man dürfe das Andenken an die Zivilcourage der DDR-Bürger nicht schänden, indem man diesen guten Namen für kleinliches Querulantentum gegen Sozialabbau benutzt! Da geben sie sich ganz traditionell, die agitierenden Kreise, während Stürmer-Figuren keinerlei Aufregung nach sich ziehen. In so einem Falle spielt die deutsche Tradition, dieses unglücksselige Sammelsurium von Spießbürgerlichkeit und menschlicher Verirrung, keine maßgebende Rolle zur Kritik. Zwar mahnt man immer wieder an, die NPD verbieten zu wollen, doch ist dies als Alibimaßnahme zu werten, um im Rahmen demokratischer Strukturen so zu tun, als habe man Interesse an jenen, die der Demokratie offenkundig entgegenstehen - denen, die nicht so offenkundig antidemokratisch sind, rückt man schon gar nicht erst auf die Pelle. Toleranz für die Wahlpropaganda der NPD.
"Diese Toleranz kann allerdings nicht unterschiedslos und gleich sein hinsichtlich der Inhalte des Ausdrucks in Wort und Tat; sie kann nicht falsche Worte und unrechte Taten schützen, die demonstrierbar den Möglichkeiten der Befreiung widersprechen und entgegenwirken. Solche unterschiedslose Toleranz ist gerechtfertigt in harmlosen Debatten, bei der Unterhaltung, in der akademischen Diskussion; sie ist unerläßlich im Wissenschaftsbetrieb, in der privaten Religion. Aber die Gesellschaft kann nicht dort unterschiedslos verfahren, wo die Befriedung des Daseins, wo Freiheit und Glück selbst auf dem Spiel stehen: hier können bestimmte Dinge nicht gesagt, bestimmte Ideen nicht ausgedrückt, bestimmte politische Maßnahmen nicht vorgeschlagen, ein bestimmtes Verhalten nicht gestattet werden, ohne daß man Toleranz zu einem Instrument der Fortdauer von Knechtschaft macht.“ (Herbert Marcuse, "Repressive Toleranz")

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