Mit HauRUCK zur Reformfähigkeit
Sonntag, 13. April 2008
Nachdem Altbundespräsident Roman Herzog kürzlich davor warnte, dass dieses Land zur "Rentner-Demokratie" verkomme - womit er sich latent für eine Wahlrechtsänderung zugunsten junger Menschen ausspricht, damit diese nicht weiter "ausgeplündert" werden - mehreren sich die kritischen, teils aber auch erstaunten Stimmen. Wie kann jemand, der einst das höchste Land in dieser Republik innehatte, solche undemokratischen, ja geradezu reaktionäre Selektierungsgedanken hegen? Naiv geben sich nun jene, die sich dezent zur Kritik an Herzogs Äußerung hinreißen lassen. Gerade so, als ob Herzog eine Wandlung vom Paulus zum Saulus durchgemacht hätte...
Sein klares Ja zum freien Markt, der sich mittels Selbstheilungskräften und der "unsichtbaren Hand" prächtig entwickeln soll, sein Missionarseifer, der die Menschen zu den "dazu benötigten" Reformen treiben soll und sein teils chauvinistisch zur Schau gestellter Antidemokratismus, waren bereits in seiner Amtszeit nicht zu übersehen. Ausdruck findet dieses überhebliche Weltbild gerade auch in seiner berühmten "Ruck"-Rede, die er 1997 im Berliner Hotel Adlon hielt, und in der er bemüht war, den Menschen eine Reformbereitschaft einzutrichtern, mit der sie wie Schafe zur Schlachtbank geführt werden sollten. Nach seiner Amtszeit, zog sich Herzog nicht zurück, sondern engagierte sich - und tut es immer noch - im "Konvent für Deutschland", einem konservativen, radikal-liberalen Zusammenschluß diverser Unternehmer und ihrer Politiker. Ziel dieser Vereinigung ist es, die Menschen zur Reformbereitschaft zu bringen, zwar nicht in einzelnen Bereichen Reformen anzumahnen, aber eine sogenannte "Reform der Reformfähigkeit" durchzusetzen. Anders ausgedrückt: Der Geist entfesselt-liberalen Reformismus, soll jeden Teilbereich des öffentlichen Lebens erfassen und Deutschland zu einem bedingungslosen und dynamischen Wettbewerbsstaat umformen.
In diesem Kontext ist Herzogs öffentliches "Wirken" zu begreifen. Wer nichts von seiner Tätigkeit als "Knecht der Arbeitgeberseite" weiß (tatsächlich findet sich bei Wikipedia unter "Roman Herzog" kein Eintrag zum "Konvent für Deutschland"), der fragt sich durchaus, warum der Altbundespräsident plötzlich so deutliche Worte politischen Radikalismus findet. Dabei fiel er nicht zum ersten Mal auf, sondern gilt bereits seit Jahren als eine der konservativsten Kräfte in Deutschland, als einer mit unkritischem Hang zum entfesselten Markt. Sein ehemaliges Amt verleiht ihm dabei Reputation, moralische Grundlage, auf die man vertrauen könne. Der späte Amtsmißbrauch des Roman Herzog!
Es ist kaum ein Monat her, dass Herzog feststellte, dass "das Volk macht, was es will". Die Festigung der LINKEN, d.h. deren scheinbar erzielte Position, als fünfte Partei im deutschen Parteienwesen, schien im schwer im Magen zu liegen. Da Parlamente, die sich aus fünf Fraktionen zusammensetzen, keine zielgerichtete Politik umsetzen können, da es zu Blockierungen kommen müsse, so meint er, sei das Wahlrecht zu reformieren. Man könnte auch festhalten, dass ein Wahlsystem dann zu verändern sei, wenn das Volk zu sehr demokratischen Gebrauch davon macht, oder wenn - wir erinnern uns - die "Reform der Reformfähigkeit" in Gefahr ist. Eine LINKE könnte arg unternehmerfreundliche Gesetze im Keime ersticken, sie könnte andere Parteien an ihr Erbe erinnern, d.h. die Sozialdemokratie etwas weiter nach links drängen - also wieder zur Mitte hin - und damit das Monopol konservativer Politik zumindest zeitweise beseitigen. Solange bis sich die LINKE in die traute Einigkeit der vier anderen Parteien hineingetastet hat; bis die LINKE ihren Joschka Fischer hat, der sie regierungsfähig, d.h. für Unternehmen und Wettbewerb attraktiv macht.
Es scheint überhaupt die Mission des Roman Herzog zu sein, das aus seiner Sicht unmündige und nicht verstehen wollende Volk zu belehren und anzutreiben. Warum sollte er also nicht die "Rentner-Demokratie" anmahnen, wenn es einen Monat zuvor kaum Kritik für seine Plänen erntete? Wenn man es kaum kritikwürdig findet, ein Wahlrecht deswegen zu verändern, weil die Wähler einem nicht mehr geheuer sind? Warum soll man nicht weiter in die gleiche Kerbe schlagen? Bereits vor einem Jahr schon äußerte sich Herzog ebenso belehrend, wie er es heute noch tut - ebenso ohne Kritik einstecken zu müssen. Damals lobte er die Politik, in der SPD und Union unisono gegen das Volk agierten, während er den Menschen dieses Landes ein schlechtes Zeugnis ausstellte. Da hieß es: „Die Mehrheit der Deutschen hat noch nicht verstanden, was und wie viel sich ändern muss.“ Oder: „Die Deutschen sind generell zu lethargisch, was den Umbau anbelangt." Nochmal ein Jahr zuvor, im Jahre 2006 also, teilte er mit, wann der vielzitierte Ruck zu kommen gedenkt: "Naja, wenn's dem deutschen Volk mal richtig schlecht geht, dann könnte er [Anm.: der Ruck] kommen."
Erinnert sei auch an Herzogs Vorsitz in der nach ihm benannten Kommission, die sich mit der Reform der deutschen Sozialversicherungen zu befassen hatte. Es versteht sich von selbst, dass sich diese Kommission aus Wirtschaftsvertretern und deren Lobbyisten zusammensetzte. Da fanden sich Kirchhof und Merz gleich neben Mitarbeitern der Beraterfirma McKinsey, die die wirtschaftlichen Auswirkungen der Vorschläge berechnen sollten. Dass McKinsey nebenbei Unternehmen dahingehend berät, Effizienz mit Personalabbau gleichzusetzen, wird in so einem Zusammenhang nicht gerne erwähnt. Dabei wäre die Anwesenheit so einer Firma innerhalb einer Kommission, die über öffentliche Belange zu beraten hat, durchaus ein zu diskutierender Punkt. Alleine daran konnte man ermessen, was von dieser ominösen Runde von "Fachmännern" zu erwarten sei. Resultat war seinerzeit die sogenannte "Kopfprämie", die das Gesundheitssystem revolutionieren sollte. Eine einheitliche Prämie pro Person - 264 Euro -, gleichgültig ob die Person ein niedriges Einkommen oder ein Millionengehalt hat, sollte das Gesundheitswesen bezahlbar machen. Man darf anmerken, dass es dann für viele unbezahlbar gewesen wäre. Auch wenn diese Pläne keinen Einzug in die Realpolitik fanden, wenn sie nur real die Geldbeutel der Kommissionsteilnehmer und vorallem der McKinsey-Leute füllten, so ist dies doch ein Vorgeschmack auf die "Reform zur Reformfähigkeit", so wie sie der "Konvent für Deutschland" versteht.
Der dezente Aufschrei, mit dem man jetzt Herzogs Hetztirade gegen ältere Menschen bestraft, steht in keiner Relation zu dem reaktionären Weltwild, das dieser Herr tatsächlich pflegt. Man kann sehr wohl mit den Kritikerstimmen konform gehen, die hier von Volksverhetzung sprechen. Nur ist dieser Tatbestand sicher keine Neuigkeit, sondern ein chronischer Zustand, wenn man die Bemühungen des "Konvent für Deutschland" - und damit namentlich Herzogs Bemühungen - gerade in Fragen der demographischen Entwicklung betrachtet. Dort wird seit Jahr und Tag gegen die angebliche Vergreisung agitiert und für einen kopflosen Reformismus geworben, den später die Bürger auszubaden haben. Dass nebenbei fälschlicherweise ganze Bevölkerungsgruppen als Sündenböcke eingestuft, quasi zu Ballastexistenzen verklärt werden, die ja deswegen schuldig sind, weil sie einfach zu lange leben und deswegen mitzuernähren seien, wird natürlich tunlichst abgewiegelt. Man sorge sich ja nur um die Leistungsfähigkeit des Landes. Sorgen muß man sich aber auch machen, wenn man die Leistungsfähigkeit der "intellektuellen Köpfe" dieses Landes betrachtet, die wie Herzog nicht für Aufklärung eintreten, sondern für niedere Interessen eines freien Marktes, dem jegliche Aufklärung ein Graus sein muß.
Sein klares Ja zum freien Markt, der sich mittels Selbstheilungskräften und der "unsichtbaren Hand" prächtig entwickeln soll, sein Missionarseifer, der die Menschen zu den "dazu benötigten" Reformen treiben soll und sein teils chauvinistisch zur Schau gestellter Antidemokratismus, waren bereits in seiner Amtszeit nicht zu übersehen. Ausdruck findet dieses überhebliche Weltbild gerade auch in seiner berühmten "Ruck"-Rede, die er 1997 im Berliner Hotel Adlon hielt, und in der er bemüht war, den Menschen eine Reformbereitschaft einzutrichtern, mit der sie wie Schafe zur Schlachtbank geführt werden sollten. Nach seiner Amtszeit, zog sich Herzog nicht zurück, sondern engagierte sich - und tut es immer noch - im "Konvent für Deutschland", einem konservativen, radikal-liberalen Zusammenschluß diverser Unternehmer und ihrer Politiker. Ziel dieser Vereinigung ist es, die Menschen zur Reformbereitschaft zu bringen, zwar nicht in einzelnen Bereichen Reformen anzumahnen, aber eine sogenannte "Reform der Reformfähigkeit" durchzusetzen. Anders ausgedrückt: Der Geist entfesselt-liberalen Reformismus, soll jeden Teilbereich des öffentlichen Lebens erfassen und Deutschland zu einem bedingungslosen und dynamischen Wettbewerbsstaat umformen.
In diesem Kontext ist Herzogs öffentliches "Wirken" zu begreifen. Wer nichts von seiner Tätigkeit als "Knecht der Arbeitgeberseite" weiß (tatsächlich findet sich bei Wikipedia unter "Roman Herzog" kein Eintrag zum "Konvent für Deutschland"), der fragt sich durchaus, warum der Altbundespräsident plötzlich so deutliche Worte politischen Radikalismus findet. Dabei fiel er nicht zum ersten Mal auf, sondern gilt bereits seit Jahren als eine der konservativsten Kräfte in Deutschland, als einer mit unkritischem Hang zum entfesselten Markt. Sein ehemaliges Amt verleiht ihm dabei Reputation, moralische Grundlage, auf die man vertrauen könne. Der späte Amtsmißbrauch des Roman Herzog!
Es ist kaum ein Monat her, dass Herzog feststellte, dass "das Volk macht, was es will". Die Festigung der LINKEN, d.h. deren scheinbar erzielte Position, als fünfte Partei im deutschen Parteienwesen, schien im schwer im Magen zu liegen. Da Parlamente, die sich aus fünf Fraktionen zusammensetzen, keine zielgerichtete Politik umsetzen können, da es zu Blockierungen kommen müsse, so meint er, sei das Wahlrecht zu reformieren. Man könnte auch festhalten, dass ein Wahlsystem dann zu verändern sei, wenn das Volk zu sehr demokratischen Gebrauch davon macht, oder wenn - wir erinnern uns - die "Reform der Reformfähigkeit" in Gefahr ist. Eine LINKE könnte arg unternehmerfreundliche Gesetze im Keime ersticken, sie könnte andere Parteien an ihr Erbe erinnern, d.h. die Sozialdemokratie etwas weiter nach links drängen - also wieder zur Mitte hin - und damit das Monopol konservativer Politik zumindest zeitweise beseitigen. Solange bis sich die LINKE in die traute Einigkeit der vier anderen Parteien hineingetastet hat; bis die LINKE ihren Joschka Fischer hat, der sie regierungsfähig, d.h. für Unternehmen und Wettbewerb attraktiv macht.
Es scheint überhaupt die Mission des Roman Herzog zu sein, das aus seiner Sicht unmündige und nicht verstehen wollende Volk zu belehren und anzutreiben. Warum sollte er also nicht die "Rentner-Demokratie" anmahnen, wenn es einen Monat zuvor kaum Kritik für seine Plänen erntete? Wenn man es kaum kritikwürdig findet, ein Wahlrecht deswegen zu verändern, weil die Wähler einem nicht mehr geheuer sind? Warum soll man nicht weiter in die gleiche Kerbe schlagen? Bereits vor einem Jahr schon äußerte sich Herzog ebenso belehrend, wie er es heute noch tut - ebenso ohne Kritik einstecken zu müssen. Damals lobte er die Politik, in der SPD und Union unisono gegen das Volk agierten, während er den Menschen dieses Landes ein schlechtes Zeugnis ausstellte. Da hieß es: „Die Mehrheit der Deutschen hat noch nicht verstanden, was und wie viel sich ändern muss.“ Oder: „Die Deutschen sind generell zu lethargisch, was den Umbau anbelangt." Nochmal ein Jahr zuvor, im Jahre 2006 also, teilte er mit, wann der vielzitierte Ruck zu kommen gedenkt: "Naja, wenn's dem deutschen Volk mal richtig schlecht geht, dann könnte er [Anm.: der Ruck] kommen."
Erinnert sei auch an Herzogs Vorsitz in der nach ihm benannten Kommission, die sich mit der Reform der deutschen Sozialversicherungen zu befassen hatte. Es versteht sich von selbst, dass sich diese Kommission aus Wirtschaftsvertretern und deren Lobbyisten zusammensetzte. Da fanden sich Kirchhof und Merz gleich neben Mitarbeitern der Beraterfirma McKinsey, die die wirtschaftlichen Auswirkungen der Vorschläge berechnen sollten. Dass McKinsey nebenbei Unternehmen dahingehend berät, Effizienz mit Personalabbau gleichzusetzen, wird in so einem Zusammenhang nicht gerne erwähnt. Dabei wäre die Anwesenheit so einer Firma innerhalb einer Kommission, die über öffentliche Belange zu beraten hat, durchaus ein zu diskutierender Punkt. Alleine daran konnte man ermessen, was von dieser ominösen Runde von "Fachmännern" zu erwarten sei. Resultat war seinerzeit die sogenannte "Kopfprämie", die das Gesundheitssystem revolutionieren sollte. Eine einheitliche Prämie pro Person - 264 Euro -, gleichgültig ob die Person ein niedriges Einkommen oder ein Millionengehalt hat, sollte das Gesundheitswesen bezahlbar machen. Man darf anmerken, dass es dann für viele unbezahlbar gewesen wäre. Auch wenn diese Pläne keinen Einzug in die Realpolitik fanden, wenn sie nur real die Geldbeutel der Kommissionsteilnehmer und vorallem der McKinsey-Leute füllten, so ist dies doch ein Vorgeschmack auf die "Reform zur Reformfähigkeit", so wie sie der "Konvent für Deutschland" versteht.
Der dezente Aufschrei, mit dem man jetzt Herzogs Hetztirade gegen ältere Menschen bestraft, steht in keiner Relation zu dem reaktionären Weltwild, das dieser Herr tatsächlich pflegt. Man kann sehr wohl mit den Kritikerstimmen konform gehen, die hier von Volksverhetzung sprechen. Nur ist dieser Tatbestand sicher keine Neuigkeit, sondern ein chronischer Zustand, wenn man die Bemühungen des "Konvent für Deutschland" - und damit namentlich Herzogs Bemühungen - gerade in Fragen der demographischen Entwicklung betrachtet. Dort wird seit Jahr und Tag gegen die angebliche Vergreisung agitiert und für einen kopflosen Reformismus geworben, den später die Bürger auszubaden haben. Dass nebenbei fälschlicherweise ganze Bevölkerungsgruppen als Sündenböcke eingestuft, quasi zu Ballastexistenzen verklärt werden, die ja deswegen schuldig sind, weil sie einfach zu lange leben und deswegen mitzuernähren seien, wird natürlich tunlichst abgewiegelt. Man sorge sich ja nur um die Leistungsfähigkeit des Landes. Sorgen muß man sich aber auch machen, wenn man die Leistungsfähigkeit der "intellektuellen Köpfe" dieses Landes betrachtet, die wie Herzog nicht für Aufklärung eintreten, sondern für niedere Interessen eines freien Marktes, dem jegliche Aufklärung ein Graus sein muß.
3 Kommentare:
Such einmal nach dem Roman Herzog Institut e.V. Das wird direkt von den bayrischen Arbeitgeberverbänden getragen und der INSM-Kopf Randolf Rodenstock sitzt dort im Vorstand. Zusammen mit Manfred Pohl und Hans-Olaf Henkel vom neoliberalen, marktradikalen Konvent für Deutschland trommelte Herzog schon für eine Änderung des Wahlrechts, das die Linkspartei ausgrenzen und "ungefährlich" für die etablierten Parteien halten sollte. Als Verfassungsrichter weiß Roman Herzog, was er tut. Er arbeitet also voll vorsätzlich und wissentlich an der Abschaffung der Demokratie durch eine gewünschte Abschaffung des freien und gleichen Wahlrechts. In einer wirklichen Demokratie mit funktionierendem Rechtsstaat wäre Herzog wegen geplanten Landesverrats bereits verknacktund könnte bis zu seinem Lebensende eine Zelle neben dem RAF-Terroristen Christian Klar beziehen. Vielleicht ist Roman Herzog, der dauernd von seinem Ruck spricht, auch einfach nur ver-rückt?
Gruß
Alex
"BILD: Aber selbst der nachweislich Jobs vernichtende Mindestlohn bekommt bis tief ins bürgerliche Lager Umfragemehrheiten von bis zu 70 Prozent.
Herzog: Es gibt auch ein Grundrecht auf Dummheit."
Quelle BILD
Ja, er ist wirklich ein Musterdemokrat. Wer sich seinen Thesen widersetzt, wie hier die angeblichen 70 Prozent, der ist eben blöd. Das einfache Weltbild des Roman H.
Inzwischen ist das Konvent im Wikipediartikel als "neoliberale Denkfabrik" erwähnt.
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