In nuce
Sonntag, 27. Januar 2008
Die BILD-Zeitung erneut als Organ der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Dabei beruft sie sich auf deren Berater Thomas Straubhaar (wobei natürlich nicht erwähnt wurde, daß er Lobbyist der INSM ist), der kundtat, daß die 40-Stunden-Woche "eine Rückkehr zur jahrzehntelanger Normalität" sei. In Deutschland wird also nicht ausreichend gearbeitet. Ein Blick bei Eurostat bringt aber Licht in den lobbyistischen Nebel: Vollzeitbeschäftigte arbeiteten in Deutschland - im Jahre 2006 - durchschnittlich 41,8 Stunden, was wiederum dem EU-Durchschnitt entspricht. Bezeichnend für die Niedertracht der INSM-Initiative zur Steigerung unbezahlter Mehrarbeit: In Ländern, die in Deutschland oft als Vorbild zitiert werden - weil sie z.B. weniger Kündigungsschutz kennen oder temporäre Arbeitsverträge ermöglichen -, arbeiten Vollzeitbeschäftigte weniger Stunden in der Woche. Das vielgelobte Dänemark weist einen Wert von 40,4 Stunden auf; die Niederlande 40,9 Stunden; das vermeintliche Wachstumswunder Irland 40,6 Stunden (im Jahr 2005); Finnland 40,3 Stunden und Schweden 41,0 Stunden. Man lobt nur die "Qualitäten", die der INSM und den anderen Arbeitgebergruppierungen genehm sind, niedrigere Wochenarbeitszeiten passen so gar nicht ins Konzept. Und damit die faden Thesen und Verdummungsversuche der INSM auch wirklich fruchten, bietet die BILD - in ihrer unnachahmlichen Großzügigkeit - Thomas Straubhaar nochmal ein Forum: Einen Gastkommentar. Dieser ist voller INSM-Propaganda. Angefangen damit, den Staat vor jeglichen Eingreifen in die Wirtschaft zu ermahnen (Selbstheilungskräfte des freien Marktes, "unsichtbare Hand"), über Deregulierung und Bürokratieabbau (womit vornehmlich "bürokratische" Undinge wie Kündigungsschutz und Umweltschutzgesetze gemeint sind), bis hin zur obligatorischen Forderung, Steuern und Abgaben zu senken. - Vasallentreue ist das Fundament des Lehnsherrn. Die INSM weiß was sie an ihrem treuen Lehnsmann hat.