Ein Patient, der nicht zappeln soll, wenn man ihm das Herz entnehmen will

Samstag, 31. Mai 2014

Vor einer Woche schrieb ich an dieser Stelle über »Meinung und Meinen«, darüber, dass die Meinungsfreiheit ein Konzept ist, dass unter Einschränkung wirkt und nicht gewährt, dass alles was man frei Schnauze so sagen kann, auch unter Artikel 5 des Grundgesetzes fällt. Kurz und gut, ich habe erläutert, dass die Meinungsfreiheit dem Entwurf der »wehrhaften Demokratie« zu unterstellen ist und nicht falsch gelesen werden sollte.

Sofort danach haben mich erboste Anschreiben erreicht. Damit zeige dieser Linke, dieser widerliche Mensch - also meine Person - sein wahres Gesicht. Er sei demokratie- und verfassungsfeindlich. Gefährlich. Und wahrscheinlich sogar Stalinist. Diese Zeilen hier wollen jetzt keine Richtigstellung sein. Wer sich rechtfertigt, spielt das Spiel mit. Aber was steckt hinter solchen, die die »wehrhafte Demokratie« zu einem Akt der Entdemokratisierung stilisieren? Darum sollen die nun folgenden kurzen Zeilen handeln. Sie sind insofern die Fortsetzung des Textes der letzten Woche. Man könnte beide Texte somit auch mit dem Untertitel »Die Maschen der neuen Rechten« versehen.

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Neokynismus als Aufklärung oder Martin aus der Tonne

Freitag, 30. Mai 2014

Über die wirkliche Alternative für Deutschland anstelle der »Alternative für Deutschland«.

Es ist schon charakteristisch für unsere Zeit, dass ein Satiriker in einigen Interviews mehr Wahrheiten und Inhalte verbreitet, als ein ganzes Heer an Berufspolitikern in einem ganzen Jahr. Nein, ihr nun pikierten Spießbürger Deutschlands, Sonneborn ist eben kein Clown - was er macht ist hochpolitisch! Auch wenn er offenbar kein Interesse an Tages- oder Sachpolitik hat.

Was ist schon das Recherchieren und Formulieren eines Artikels, der sich seriös mit der Bürokratie und ernstlich der politischen Hochnäsigkeit befasst, gegen den offenen Zynismus, den der Satiriker an den Tag zu legen vermag? Viele Wege führen zur Aufklärung. Die klassische versuchte sich weitestgehend seriös, griff aber auch gelegentlich auf die Polemik zurück. Sonneborn polemisiert so ernsthaft, dass man mit dem Label »Clown« nicht mehr ankommen kann. Dass er das »im Amt« tut, verleiht seiner Kritik am eingeschleiften Parlamentarismus, die so tut, als sei sie gar keine Kritik, besondere Würze.

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Der stabile Dax, der das instabile Europa gut verträgt

Donnerstag, 29. Mai 2014

Der Rechtsruck bei der Europawahl ist für die Börse offenbar kein Grund zur Sorge. Die Märkte reagierten nicht negativ darauf und der Dax stieg sogar auf ein neues Allzeithoch. Seltsam, denn auf Wahlen hat die Börse schon oft ganz anders reagiert.

Zuletzt war das nach der Bundestagswahl so. Damals ging der Dax mit einem Minus aus dem Handel. »Die offene Ausgestaltung der künftigen Bundesregierung verunsichere die Wähler«, schrieb die »Frankfurter Allgemeine« einen Tag nach der Wahl. Oder gesagt: Die strukturelle linke Mehrheit, die in jenen Tagen das Land beschäftigte, bereitete den Märkten tiefe Sorge. Die mögliche rot-rot-grüne Mehrheit verursachte eine kleine Panik. Auch Immobilienwerte verloren damals. Und Händler bestätigten, dass gegen die befürchtete Mietpreisbremse eine Bekräftigung der schwarz-gelben Regierung nötig gewesen wäre. Die potenziell linke Mehrheit hat aber alles zunichte gemacht und mittels Mietpreisbremse Profiteinbußen angedeutet. Überraschend war das damals übrigens nicht. Schon Tage vor der Wahl gab es Berichte, die ein solches Szenario in Aussicht stellten. »Börsianer warnen vor Rot-Rot-Grün«, konnte man in mehreren Tageszeitungen lesen.
Der Text ist auch im »Heppenheimer Hiob« beim »Neuen Deutschlan erschienen.

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Zerlumpte, Hüttenbewohner und Fußballfans

Mittwoch, 28. Mai 2014

So eigentlich comes football home. Jedenfalls könnte man das glauben, denn die Einschwörer auf die Weltmeisterschaft in Brasilien bereiten ihr Publikum mit dieser Erkenntnis darauf vor. Uns stehe nämlich die größte Fußballparty aller Zeiten bevor. Zwar sei England das Mutterland des Fußballs - worüber man logischerweise trefflich streiten könnte -, aber Brasilien sei das Land der Fußballbegeisterung, der Verinnerlichung dieses Sports schlechthin. Denn dort zähle nichts außer futebol, futebol und nochmals futebol.

Ich kann diesen Unsinn nicht mehr hören. Seit Monaten gehen in Brasilien immer wieder Menschen auf die Straße. Sie beanstanden, dass für Prestigeobjekte wie die Weltmeisterschaft Gelder verteilt werden, die im Bildungs- und Gesundheitswesen und in der Infrastruktur zurückgehalten werden. Diese Menschen fordern kurz und gut mehr Respekt im Umgang mit ihnen. Und das ist beileibe kein Einbruch in das »eitel Sonnenschein« Brasiliens, keine Randnotiz aus einem Land, in dem die Menschen immer in Feierlaune sind. Verdammt, der Protest der Deklassierten und Hemdlosen ist mindestens genauso brasilianisch, wie der enthusiastische Eifer beim Fußball.

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Das Wahlergebnis hinter dem Wahlergebnis

Dienstag, 27. Mai 2014

Bei der Europawahl 2014, wählten...

... 51,9 Prozent aller Wahlberechtigten in Deutschland gar nicht.
... 16,7 Prozent aller Wahlberechtigten in Deutschland die Union.
... 12,9 Prozent aller Wahlberechtigten in Deutschland die SPD.
... 5,1 Prozent aller Wahlberechtigten in Deutschland die Grünen.
... 3,5 Prozent aller Wahlberechtigten in Deutschland die Linke.
... 3,3 Prozent aller Wahlberechtigten in Deutschland die AfD.
... 1,6 Prozent aller Wahlberechtigten in Deutschland die FDP.
... 3,8 Prozent aller Wahlberechtigten in Deutschland eine der Parteien, die einen Sitz im Europäischen Parlament erlangt haben.

Die beiden stärksten Parteien vereinen somit nicht mal ein Drittel aller möglichen Stimmen. Die Union hat aber an absoluten Zahlen dennoch zugelegt. Auch die Linken haben mehr Absolutstimmen als vor fünf Jahren.

»Keine Sozialunion« darf nicht das Ende vom Lied sein

Montag, 26. Mai 2014

Es stimmt, »die EU ist keine Sozialunion« - sie hat sich unter der Kuratel derer, die to big to fail sind, zu einer »Asozialunion« entwickelt. Sie stranguliert die Sozialwesen und salbadert vom Allheilmittel »Wettbewerb«, wo er nichts zu suchen hat. Dabei wäre dieses hochgespielte Horrorszenario vom »vollen Boot« eine Chance, Europa endlich auch zu einer Union sozialer Standards zu formen.

Man hat so viel von der Euro- und Europaretterin namens Merkel gelesen. Sie gehe mutig und forsch voran, setze neue Marken und forme den Kontinent neu. Warum geschieht das nicht auch jetzt? Wieso fordern das ihre Bewunderer jetzt nicht ebenfalls? Das Narrativ vom Überfall Sozialkassen plündernder Horden wäre doch die Gelegenheit, Europa auf ein neues Level zu hieven. Ein Kontinent, der Union sein will und der so viel Ungleichheit aufweist, dem sollten doch alle, wirklich restlos alle Bürger, to big to fail sein.

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Ich wähle die Sozis!

Samstag, 24. Mai 2014

Um »xxxmeinxxx xxxreich xx Europa« zu verhindern.

Eigentlich wollte ich ja schreiben, dass ich morgen nicht kann. Keine Zeit habe. Keine Lust. Nicht von meiner Couch runter will. Vorwände vorbringen, weshalb ich dieses sich gegen die Europäer organisierende Europa (Stichwort: »keine Sozialunion«) ignorieren und nicht wählen werde. Eigentlich. Aber dann habe ich überlegt und mir gedacht, dass es nichts bringt, mit verschränkten Armen und Schmollmund dazusitzen. Wahrscheinlich bringt es auch nichts, gerade das nicht zu tun. Man verstehe mich nicht falsch. Ich will niemanden zur Wahl motivieren. Es ist legitim, wenn man nicht gehen will. Die Ereignisse der letzten Jahre haben begünstigt, dass man resigniert und verdrossen wird.

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Meinung und Meinen

Freitag, 23. Mai 2014

Eine kurz erläuterte Meinung über die Meinungsfreiheit und was sie nicht ist.

Die neue Rechte versteckt sich hinter einer Meinungsfreiheit, die für sie gar nicht gilt. Sie missbraucht sie, indem sie behauptet, dass alles Sagbare zugleich auch Meinung ist.

Er sagte, ich hätte wohl ein Problem mit seiner Meinung.
   Hatte ich nicht. Also sagte ich: »Nö, mit einer Meinung nicht.«
   Es ging irgendwie um Türken und darum, dass er keinen Döner isst, weil sie voller Dreck steckten. Ja, Türken seien gewissermaßen unhygienische Menschen.
   »Sondern was?«, fragte er. »Du hast ein Problem mit meiner Meinung.«
   Er hat wohl gesehen, wie ich verstimmte, wie ich die Augenbrauen verzog.
   »Ich weiß doch, wie du bist. Und solche Sprüche gefallen dir gar nicht. Ihr Linken immer mit eurem Problem mit der Meinungsfreiheit anderer«, ließ er sich aus.
   »Ich habe kein Problem mit Meinungen. Aber alles was man meinen kann, muss noch keine Meinung sein.«
   Das irritierte ihn, aber die Zeit war reif, jetzt hieß es schuften, nicht mehr quatschen. Dieses Gespräch ist bis heute abgewürgt und nicht wieder aufgenommen worden. Ich habe auch kein Interesse daran.

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Ein dickes Knie für die Wettbewerbsfähigkeit

Donnerstag, 22. Mai 2014

Der Niedriglohnsektor ist nur die besonders dunkle Seite des deutschen »Arbeitsmarktwunders«. Es gibt auch Arbeitnehmer, die nicht unterhalb des Existenzminimums verdienen und trotzdem arm dran sind.

Unterhalb des Knies baut sich eine Art zweite Kniescheibe auf. Der Arzt sagte ihm, dass das Knochensubstanz sei, die sich dort absetze. Und er erklärte außerdem, dass man das operieren müsse. Aber mein Vetter sagte »Nein«, momentan gehe es nicht. Er arbeite nämlich seit mehr als einem Jahr über den Umweg eines Leiharbeitgebers in einem großen Automobilwerk und erhofft sich endlich eine Festanstellung. Bislang verlängerte man nur immer seinen Vertrag vierteljährlich. Und bei Krankheit, sagte er mir am Wochenende, geben Leihfirma und Entleiher ihren Arbeitern zwei Wochen. Dauert es länger, erfolgt die Kündigung. Ein Kollege von ihm hatte einen Bandscheibenvorfall und sollte operiert werden. Man hat ihm gleich gesagt, dann müsse er mit der Kündigung rechnen.

Europa, sie weben dein Leichentuch ...

Mittwoch, 21. Mai 2014

Die Austeritätspolitik aus Brüssel ist ein Leichenfledderer. Selten kann man das derart im wahrsten Sinne des Wortes behaupten wie jetzt im Fall der Madrider Universität, die einige Leichen im Keller hat.

Das muss man sich mal vorstellen: Unter einer europäischen Uni sieht es aus wie im Bastelkeller eines perversen Massenmörders. Hätte einer ein B-Movie mit einer solchen Storyline verfilmt, es wäre zum Haareraufen gewesen. Unglaubhafter Splatter-Mist, hätte man es genannt. Nirgends in der zivilisierten Welt stinken 250 Leichen bei Zimmertemperatur vor sich hin, ohne dass es jemand merkt, hätte man erklärt. Ein Film eben. Wieder mal ein Drehbuchautor, der so übertreibt, dass es keinen Schauer erzeugen kann.

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Zu Ohren gekommen

Dienstag, 20. Mai 2014

Vom »russischen Staatsfernsehen« hört man jetzt oft. In ihm soll allerlei Propaganda abgespult werden. Wahrscheinlich stimmt der Vorwurf. Ärgerlich ist aber, dass das Wort »Staatsfernsehen« als Prädikat fungiert, welches sofort kenntlich machen soll: Dieses Fernsehen ist nicht frei - es ist vom Staat verordnet. Auch die öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radioanstalten bemühen das »russische Staatsfernsehen«, wenn sie von dessen Propaganda berichten. Eigentlich gewagt für Anstalten, die selbst »von Staats wegen« senden.

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Das Idyll vom engen Zusammenrücken

Montag, 19. Mai 2014

Hach, ist das kuschelig. Seit letzter Woche wissen wir dank der »Bertelsmann Stiftung«, dass Deutschland in den letzten Jahren enger zusammengerückt ist. Freiwillig? Oder hat man es nur zusammengefaltet und zusammengeschoben?

Eng zusammengerückte Arbeiter-
familie um 1900.
Die Studie untersuchte unter anderem die sozialen Beziehungen zu anderen Menschen und die Verbundenheit mit dem Gemeinwesen. Und siehe da: »Die Deutschen halten heute besser zusammen als noch zu Beginn der 90er Jahre.« Der Gemeinsinn sei während der vergangenen Jahrzehnte gewachsen. Schon erstaunlich für ein Gemeinwesen, dass an allen Ecken und Enden spart und auf kommunaler Ebene vollkommen unterfinanziert ist. Woher kommt denn dieser Zusammenhalt plötzlich, wenn man nicht mal mehr alle seine Freibäder und Museen zusammenhalten kann? Stärkt der Sozialabbau etwa den Gemeinsinn? Ist die »Konsolidierung der Haushalte« der kohärente Stoff der Gesellschaft?

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Die »Toleranz«, die aus der Sideshow stammt

Freitag, 16. Mai 2014

Europa sei wohl doch toleranter als angenommen, meinte der Kommentator Peter Urban nach dem Sieg des österreichischen Beitrages beim Eurovision Song Contest. Und einige Feuilletonisten leierten sich tagsdrauf einen »Sieg der Toleranz« aus den Rippen. Ein Blick auf die Facebook-Seiten des Contests oder des Siegers zeigt aber: Sieg ja - aber Toleranz?

Dort waren »Schwuchtel« und Sermone über »dieses Etwas« noch herzlich. Mancher schrieb, dass Conchita Wurst kein Mensch sei, sondern ein Tier. Die Rhetorik, Menschen zu animalisieren kennt man. Sie ist die Vorstufe zur tolerierten Gewalt. Juden waren Ungeziefer, die Tutsi Schaben. Aber das führt jetzt zu weit. Ein solcher Maulheld, der sich die moderne Bequemlichkeit leisten kann, nicht mal sein Maul, sondern lediglich seine Tastatur zu betätigen, macht ja noch keinen Mordanschlag aus. Er outet sich ausschließlich als intolerantes Arschloch. Zu mehr reicht es nicht. Der Friedensengel Elsässer forderte zum Beispiel »seine Lena« zurück und distanzierte sich von dieser »eierlegenden Wollmilchsau«. »Würg« findet er das alles. Während Europa umerzogen wird, buht es Russland aus, diesen Hort traditioneller Lebensführung, bedauert er außerdem. Am Montag ist er vielleicht wieder dabei und macht die Welt wieder ein Stückchen friedlicher.

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Über das Deutschland, das nur wenigen gehört

Donnerstag, 15. Mai 2014

Wem gehört Deutschland? Dem größten Teil der Bevölkerung sicher nicht. Und trotzdem hat man Angst vor linker Politik. Ist das die Furcht davor, das Bisschen was man besitzt, auch noch aufgeben zu müssen? 
 
Einer meiner Kollegen pflichtet mir regelmäßig bei: »Du und deine Genossen, ihr liegt mit vielem richtig«. Aber wählen will er »Die Linke« nicht. Weil erstens, »euer Kommunismus hat schon mal nicht geklappt« und zweitens, »ich möchte nicht enteignet werden«. Er hat Angst um sein Häuschen. Gemeinhin spare ich mir die Mühe, ihm zu erklären, dass ich weder Kommunist bin. Noch würden die Maßnahmen, die man damals bei den Kulaken zur Anwendung brachte, heute von einem Parteigänger von »Die Linke« gefordert. Dass die politische Linke ein gestörtes Verhältnis zum Eigentumsbegriff hat, ist eine weitverbreitete Ansicht. Das weiß man mindestens seit Proudhons Schrift »Qu’est ce que la propriété?«. Mit einigen frommen Worten kriegt man das nicht aus den Köpfen. Aber vielleicht mit einem Buch?

Do hi muasst dei Kreizal macha!

Mittwoch, 14. Mai 2014

Ich wähle bei der Europawahl »Die Linke«. Der »Wahl-O-Mat« hat mir das empfohlen. Praktisch dieses Ding. Ich wüsste sonst nicht, was ich ohne dieses Feature wählen würde. 72 Prozent Übereinstimmung überzeugten mich dann doch. Gut, dass es ihn gibt.

Neulich haben sich zwei Kolleginnen über die Europawahl unterhalten. Nichts von Qualität. Aber aufschlussreich. Im Grunde hatten beide keine Ahnung. Aber dafür einen Link zum »Wahl-O-Mat«. Denn eine von beiden hat da wohl schon mal geprüft, wen sie wählen soll. Danach würde sie sich jetzt richten, meinte sie. Ich dachte unwillkürlich an meine Großmutter, die aus Erzählungen ihrer Mutter zu wissen glaubte, dass bei der letzten »freien« Reichstagswahl irgendwelche Leute in der Wahlkabine standen, auf den Wahlbogen tippten und sagten: »Do hi muasst dei Kreizal einemacha.« Vermutlich ist das eine Legende und man brauchte in jenem Jahr gar keine Aufpasser. Schon gar nicht in der bayerischen Provinz. Aber dieses Familiennarrativ kam mir als Assoziation in den Sinn. Ich stellte mir den »Wahl-O-Mat« anthropomorph vor, wie er vor dieser Tante steht, ihr auf die Stirn tippt und sagt: »Do schau, do musst dei Kreizal hisetzn.«

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Kurz kommentiert

Dienstag, 13. Mai 2014

»Wieso darf man nicht selbst entscheiden, ob man mit 60 in Rente geht - oder bis 70 weiter schaffen möchte?
[...]
So ein Rentensystem (...) regte den Leistungsempfänger an, mehr Eigenverantwortung zu übernehmen ...«
- Holger Steltzner, Frankfurter Allgemeine vom 12. Mai 2014 -
Zum Gesagten sei angemerkt: Da gibt sich das fanatische Organ der »Rente mit 67 oder gleich 70« mal liberal. Wahlfreiheit für Arbeitnehmer. Das klingt doch gut. Bürgernah irgendwie. Es liest sich so, als habe da jemand Respekt vor dem Willen derer, die »ins Alter gekommen« sind. Ging also doch ein Ruck durch die konservative Seele? Steckt ihr die »Nahles-Rente« in den Knochen?

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Reiche, hört auf unter Brücken zu pennen!

Montag, 12. Mai 2014

So weit sind wir dann doch noch nicht. Noch nicht. Wir haben wenigstens noch Arbeitszeiten in Arbeitsverträgen des Niedriglohnsektors stehen. In Großbritannien diskutiert man mal wieder über so genannte »Null-Stunden-Arbeitsverträge«. Dabei handelt es sich um moderne Tagelöhner-Kontrakte, die keine Mindeststundenzahl und damit kein festes Einkommen garantieren. Schon vor einem Jahr versprach der britische Wirtschaftsminister diesbezüglich Nachbesserungen. Dabei handelte es sich aber um Placebos, wie sie für die neoliberale Wirtschaftspolitik typisch sind.

Er hatte nämlich angekündigt, dass die »Exklusivitäts-Klauseln« untersagt würden. Das heißt, dass Arbeitgeber von »Null-Stunden-Angestellten« nicht mehr verlangen dürften, dass diese in Zeiten ohne Arbeitseinsatz keinen anderen Job annehmen, um immer flexibel verfügbar zu sein. An der Existenz solcher Arbeitsgelegenheiten wird allerdings gar nicht gerüttelt. Das ist das »liberale« Element des Neoliberalismus. Der sagt, dass das, was am Markt vorkommt, schon irgendwie vernünftig sein wird. Sonst gäbe es das ja nicht auf dem Markt. Wenn also Arbeitgeber und Arbeitnehmer solche Verträge »aushandeln«, dann wird es einen triftigen Grund dafür geben. Verbieten kann man das nicht. Man kann zwar in Sonntagsreden durchschimmern lassen, dass man das ungehörig findet, aber ansonsten muss man »liberal« sein und es zulassen.

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Der Alltag und der Kriegsausbruch

Samstag, 10. Mai 2014

Kurz nach dem Aufstehen fragte mich mein Kind, ob es denn jetzt einen Dritten Weltkrieg gäbe.
   »Wer sagt denn sowas?«, fragte ich es.
   »Sagen alle. Überall. Bei Facebook und in der Schule und im Fernsehen.«
   »Ich glaube nicht. Mach dir keine Sorgen«, beruhigte ich sie fast ein wenig so wie jene Mutter, die in Camerons »Titanic« ihren Kindern ein Märchen vorlas, als der Kahn schon so gut wie abgesoffen war.
   »Es ist kompliziert. Aber einen Weltkrieg wird es nicht geben.«
   »Ich finde das schlimm, wenn Leute Streit haben und dann alle reingezogen werden«, sagte es naiv.
   Ach Kind, wie recht du hast, dachte ich mir. Gerade an so Dingen wie Krieg sieht man, wie weitsichtig Kinder und Narren wirklich sind.
   »Jetzt mach dich fertig, du musst zur Schule und ich zur Arbeit.«

Ich zog mich an, schnürte mir die Schuhe, stieg ins Auto und düste zum Job. Schwitzte. Ärgerte mich wie üblich über allerlei. Kam mal wieder zur Einsicht, dass es schwer verdientes Geld ist. Saß meine Stunden ab, fuhr heim und landete nach einem Schiss vor dem Rechner, flößte der Tastatur einen Text zum Wahl-O-Mat ein, wilderte danach in meiner geheimen Schublade mit von mir bis dato nicht veröffentlichen Manuskripten und feilte ein wenig an einem solchen. Vielleicht wird ja doch nochmal was daraus. Mal wieder ein Buch wäre nicht übel. Letztendlich landete ich im Grafikprogramm, um mir ein Bild für den Wahl-O-Mat-Text zu gestalten. Der übliche Trott halt. Tretmühle. Strukturen.

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Die konspirative Leichtigkeit des Seins

Freitag, 9. Mai 2014

Warum Verschwörungstheorien gefährlich sind.

Linke haben mich mächtig unter Druck gesetzt, nachdem ich mich vor Wochen noch positiv zu den Montagsdemos geäußert hatte. Also habe ich meine Meinung natürlich geändert. Das haben mir jedenfalls einige Spinner per Mail unterstellt. Was sie nicht wussten: Es war die Federal Reserve, die mich angerufen und mich wieder auf Kurs gebracht hat.

Nein, Quatsch! Mal im Ernst. Und man muss ganz ernstlich sprechen, denn diese Leute glauben einem wirklich alles. An dieser Unterstellung sieht man, welche Dumpfbacken sich da im Umfeld der Friedensdemos tummeln. Alles ist für sie Verschwörung. Dass Menschen zweifeln, überdenken und sich nicht ganz schlüssig sind und später auch ihre Ansicht ändern, kommt ihnen gar nicht in den Sinn. Wer plötzlich revidiert, der muss von fremden Mächten instruiert worden sein. Das Beste kommt ja noch: Ich habe mich zunächst nicht mal positiv zum Personal der Demos geäußert. Man kann im Text nachlesen, dass ich schon damals diese Typen äußerst kritisch betrachtete. Ganz sicher war ich mir nur nicht, ob ich da richtig liege. Später wusste ich es dann besser.

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Zwischen Chomsky und Monroe

Donnerstag, 8. Mai 2014

Die NSA kommt mit ihrer Überwachung durch, verbittet sich Kritik und Untersuchungsausschüsse. Als Linker kann man seiner Wut darüber aber kaum Luft verschaffen. Denn tut man dies zu heftig, wirft man ihm »Anti-Amerikanismus« vor.

Derzeit geistert via YouTube ein Audioclip »über die Drecks-Nordkoreaner« durch das Internet. Der Kabarettist Hagen Rether erklärt darin die Welt: Die Nordkoreaner hätten doch erst neulich die ganze Welt überwacht – und dann berichtigt er sich: »Ach nee, das waren ja die Amerikaner.« Die Nordkoreaner wären für Hiroshima, Vietnam und Drohnentote verantwortlich, fährt er fort. »Nee, das waren auch die Amerikaner«, fällt ihm plötzlich auf. Jetzt aber, Foltergefängnisse und Monsanto, das waren die Nordkoreaner – lange Pause: »Nee, das waren auch die Amerikaner.« Wir sollten die »Achse des Bösen« mal überdenken, will Rether damit sagen. Es ist längst nicht alles so eindeutig, wie man das gemeinhin kategorisiert.

Zertrümmerte Schädel und Sitzblockaden

Mittwoch, 7. Mai 2014

Wenn ich mich der Polizei in den Weg setze, dann bin ich also genauso gefährlich wie einer, der einem Türken den Schädel zertrümmert. Gehe ich zu einer Versammlung, die in einer bestimmten Form nicht genehmigt ist, bin ich so schlimm wie einer, der einem Schwarzen in den Magen boxt. Zerdeppere ich ein Schaufenster, dann bin ich mit einem, der einem Schwulen die Knochen bricht auf einer Ebene. Sitzblockaden gegen Nazi-Aufmärsche sind so kriminell wie von Neonazigruppen abgestellte Wachen vor Asylbewerberheimen. Das alles sind nur Feststellungen, wie man sie der Statistik »politisch motivierter Straftaten« entnehmen kann.

Doch der Anstieg linker Straftaten ist ein Märchen. Was haben die Kriminalämter eigentlich aus dem Fiasko mit der NSU gelernt? Eine Sensibilisierung blieb jedenfalls aus. Wer Sitzblockaden in dieselbe Statistik packt, in der vor Jahren noch die Morde der NSU verzeichnet waren, der erweist sich nur als notorisch lernunwillig. Er setzt gleich, was nicht gleichzusetzen ist.

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... wenn man trotzdem lacht

Dienstag, 6. Mai 2014

»Karl Marx wurde von der CIA bezahlt.«
»Was?«
»Karl Marx wurde von der CIA bezahlt.«
»Da gab es noch gar keine CIA.«
»Doch.«
»Nein, die wurde erst 1947 gegründet.«
»Die geben das aber selbst zu.«
»Die geben zu, dass sie Karl Marx bezahlt haben?«
»Ja.«
»Wo?«
»Nirgendwo.«
»Ich denke, die geben das zu.«
»Durch Verschweigen. Die sagen dazu einfach nichts. Das kann nur bedeuten: Da ist was Wahres dran.«
»Aber Karl Marx war schon tot, als die CIA gegründet wurde.«
»Die CIA gibt es schon viel länger.«
»Nein, seit 1947.«
»Im Geheimen gab es die schon seit 1815.«
»Seit 1815? Im Geheimen. Warum?«
»Damit das niemand merkt.«
»Wo hast Du das her.«
»Das ist doch logisch. Oder hast Du je davon gehört, dass die CIA vor 1947 öffentlich erwähnt wurde? Nein! Dann muss das ja geheim gewesen sein.«
»Und warum haben sie Marx bezahlt?«
»Damit er uns verwirrt.«
»Warum?«
»Damit er uns verwirrt. Mit seinen Büchern. Damit wir nicht erkennen, wie das wirklich läuft. Deshalb. Ist völlig logo.«
»Wie läuft es denn wirklich.«
»Total einfach.«
»Einfach?«
»Ja. Geld. Zinsen. Zinseszinsen. Hat schon Rothschild gesagt: Wenn die Leute wüssten, wie das mit den Geld funktioniert, wäre morgen Revolution.«
»Das war Henry Ford.«
»Ford wurde von Rothschild bezahlt.«
»Du bist verrückt. Du bist total verrückt.«
»Wenn Du das behauptet ist völlig klar, dass Du von der CIA bezahlt wirst.«

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