WDSDWWL oder Die Linke müsste ostdeutscher werden

Donnerstag, 21. November 2013

Sigmar Gabriel ließ vor der Bundestagswahl verlauten, dass er die Ost-Linken für koalitionsfähiger als die West-Linken hält. Das gab einen Aufschrei. Er wolle Die Linke spalten, las man von erzürnten Linken. Völlig falsch lag er mit dieser Einordnung jedoch nicht.

Im Roman "Neue Vahr Süd" leistet die Hauptfigur Frank Lehmann unter der Woche seinen Wehrdienst ab und pennt am Wochenende in einer jener links angehauchten Wohngemeinschaften, wie es sie in den Achtzigern noch gab. Bei einem abendlichen Gespräch lobt ein offensichtlich linker Kerl die Friedfertigkeit des Sozialismus und die pazifistischen Absichten der NVA. Als Lehmann recht naiv fragt, wie man dann die erhöhte Bereitschaft zum Wochenenddienst erklären könne, die die Soldaten aus Ostdeutschland angeblich an den Tag legten, springt der linke Kerl entrüstet auf und erklärt, dass unter diesen Umständen der Dialog für ihn beendet sei. Das sei ihm zu faschistisch. Schönen Abend noch.

8 Kommentare:

Anonym 21. November 2013 um 15:20  

Naja, ich bin so ein Ostlinker und war sogar bei der NVA. Auch über so manches Wochenende, wenn in Westkasernen die Bürgersteige hochgeklappt wurden. Weil sie dort wußten, dass wir nicht "kommen". Wir wußten nie, ob "die "nicht" kommen. Mal so als NATO. Die hatte und hat noch nie alle Bürgersteige hochgeklappt Egal. Dem "Lehmann" wär' ich jedoch nicht davongelaufen.
Das machten und machen nür Buchstabengläubige jeder couleur. M/E/L hab ich bis zum Abwinken "studieren" und "konspektieren" dürfen. (Meist hab ich mir nur aufgeschrieben, wo das steht, was ich in Vorlesungen hörte, und ansonsten gezeichnet) Das hat bei mir dazu geführt, dass ich deren Worte nie zitierte, weil ich sie für mich unbewußt in Alltagssprache übersetzte. Und gelegentlich verstanden wurde.
Meine respektablen intelektuellen "West"-Freunde zitieren häufig. Wie mit 'nem Holzhammer. Das geht immer schief. Siehe DKP, die ich sehr schätze, aber nicht wählen kann, weil sie wegen ihrer gesteltzten Formulierungen + Mainstreamverblödung gar nicht ausreichend verstanden wird. Naja. Haste gut geschrieben, lieber Roberto. Ich fühle mit Dir.

Troptard 21. November 2013 um 17:34  

So ganz verstehe ich den Artikel nicht!
Worauf will er eigentlich hinaus ?

Wenn ein Spezialdemokrat, so drückt es flatter aus, der ostdeutschen Linken aus der Partei "Die Linke" , ehemals PDS, mehr Koalitionsfähigkeit bescheinigt als den westdeutschen, was ist damit gesagt?

Soll das heissen, die westdeutschen Linken aus der Partei "Die Linke" tragen die Schuld dafür, dass eine Koalition mit den Spezialdemokraten nicht zustande kommen kann oder soll das heissen, die ostdeutschen Linken der Partei "Die Linke" sind schon dort angekommen wo die Spezialdemokraten
sich schon längst eingerichtet haben?

Das wäre in der Tat kein Kompliment.

Mit der SPD kann man zwar Staat machen, aber keine positiven Veränderungen für die Menschen.

Der Partei "Die Linke" würde es wohl in der SPD so ergehen wie den Grünen, wenn sie das nicht sogar in Kauf nehmen würde.

Ich habe keine Erfahrungen mit linker Revolutionsromantik von Linken. Was mir aber nicht verborgen bleibt ist ein gravierender Rechtsruck der etablierten Parteien und das die Partei "Die Linke" diesen Rechtsruck mitvollzogen hat.

Was mich am meisten an diesen Linken stört ist ihr unendlicher Glaube an eine Reformierbarkeit des Systems und das es ihnen nicht peinlich ist sich noch auf einen Kapitalismus des fordistischen Zeitalters berufen, welches längst der Vergangenheit angehört.

Und wenn die Rethorik nicht so vorhersehbar wäre. Immer werden die Zeiten ungünstig sein, die Machtverehältnisse ebenso, dass man das, was man in der Programmatik so schön formuliert hat, sich nicht verwirklichen lässt.

Insofern ist das auch Religion: Verschieben auf den jüngsten Tag, der irgendwann kommen wird, die Menschen mit ihrer begrenzten Lebenszeit aber nie erleben werden.

stefanbecker 21. November 2013 um 19:13  

Danke lieber Roberto für Ihre, wie ich finde, treffende Betrachtungsweise der Ost-und Westdeuschen Linken aus Die Linke.
Selber bin ich Westlinkerparteigenosse und stimme Ihnen in ihrer Ansicht voll und ganz zu. Es ist einfach traurig mit welcher Arroganz viele Westlinke ihre sehr verideologisierte Sichtweise vor allen Pragmatismus
stellen. Das macht es für den politschen Gegner super leicht, Die Linke zu spalten. Es liegt natürlich insbesondere an der Sozialisierung der beiden Strömungen , die dies möglich macht, aber es ist schon ausgesprochen seltsam, dass so etwas immer und zwar weltweit bei allen Linken funktioniert, unabhängig von der Sozialisierung.
Linke sind einfach viel zu eitel, aber sie sehen es nicht .
Sie sind des Öfteren blind vor Übereifer und das ist ihr Dilemma.

stefanbecker 21. November 2013 um 19:28  

@Troptard
"Insofern ist das auch Religion: Verschieben auf den jüngsten Tag, der irgendwann kommen wird, die Menschen mit ihrer begrenzten Lebenszeit aber nie erleben werden."

Leider ist es so, dass eine Mehrheit
der Menschen das nicht erkennen wird, aus welchen Gründen auch immer. Das war so zu allen Zeiten. Es bleibt nur der Pragmatismus, um voran zu kommen.
Und es gibt keine bessere Möglichkeit ihn in einer Demokratie, sei sie auch noch so unvollkommen,zu beweisen

P.M. 22. November 2013 um 14:58  

Schönes Strohmann-Argument.
Leute, die nicht wollen, dass die Linkspartei sich an dem Regierungsbildungszirkus beteiligt, tun das nicht dehalb, weil sie um ihre "reine Lehre" fürchten, sondern, weil sie sich keine Illusionen mehr darüber machen, dass sich in diesem Land irgendetwas von oben herab groß verbessern ließe.

Dass diese Art Linker eher im Westen vorkommt, liegt einfach daran, dass die Wessi einfach viel mehr Zeit hatten, mit diesen Staat Erfahrungen zu machen. Und daran, dass der Ostpart der Linkspartei zu einen gewissen Teil aus ehemaligen DDR-Apparatschis besteht, die schon durch ihren Berufsstand prinzipienlose Opportunisten sind.

stefanbecker 22. November 2013 um 18:10  

dazu fällt mir noch was, es ist die Ironie der Geschichte.
Früher sagte man den linken Linken,
sie sollen sich doch in die DDR verziehen.

pillo 23. November 2013 um 10:02  

Da sprichst Du ein echtes Problem innerhalb der Linken an. Es gibt gerade unter Linken viele Sektierer, die nach der absoluten, reinen Wahrheit streben. Wer da aus ihrer Sicht nicht zu 100% mitzieht, ist de facto schon ein Verräter, ein Opportunist und Systemkonformer. Die Tatsache, dass wir uns alle ein Stück weit mit dem vorherrschenden System arrangieren müssen (wir leben ja schließlich mittendrin), wird einfach negiert.

Ich kann die Menschen aber nur erreichen und mitnehmen, wenn ich ihnen konkrete Projekte und Ziele offeriere. Nur mit Zukunftsgerede über paradisische Zustände, die möglich wären, wenn sich endlich alle so verhielten wie ich mir das vorstelle, werde ich auf Dauer niemanden hinterm Ofen hervor locken.

Da haben uns die Rechten und Konservativen etwas voraus. Selbst wenn sie sich untereinander nicht leiden können und z. T. auch ganz unterschiedliche Auffassungen haben - wenn es um die Macht geht, verbünden sie sich und demonstrieren (zumindest nach außen) Geschlossenheit.

Viele Linke richten sich dagegen lieber in ihrer geistigen Kuschelecke ein. Man wird zwar weitgehend ignoriert und hat keinerlei gesellschaftlichen Einfluss, dafür lebt man aber mit dem wohligen Gefühl die reine Lehre zu vertreten und im Besitz der einzig wahren Wahrheit zu sein.

Anonym 23. November 2013 um 16:20  

Es geht weiter:
Die hessischen Grünen wollen Koalitionsverhandlungen mit der CDU aufnehmen. Dafür habe sich eine klare Mehrheit des Parteirats ausgesprochen, sagte heute Grünen-Landeschef Tarek Al-Wazir in Frankfurt nach einem kleinen Parteitag. Die Entscheidung fiel nach seinen Angaben mit 51 Ja-Stimmen gegen 6 Nein-Stimmen.
Noch Fragen?

  © Free Blogger Templates Columnus by Ourblogtemplates.com 2008

Back to TOP