Indizien eines begrenzten Horizonts

Mittwoch, 30. Oktober 2013

Mit dieser Kanzlerin ist doch noch nicht alles verloren. Sie läßt sich ja überzeugen. Ist eine Skeptikerin, eine, die nicht glaubt, was sie nicht sieht oder am eigenen Leibe spürt. Gut, ihr fehlt die Empathie, aber das gleicht sie durch empirische Auffassungsgabe aus.

Als ihr gewahr wurde, dass auch ihre Bude in nukleare Mitleidenschaft gezogen werden könnte, da war sie plötzlich doch davon überzeugt, dass der Ausstieg aus dem vormals schon beschlossenen Atomausstieg rückgängig zu machen sei. Und als ihr Handy abgehört wurde, befand sie die NSA-Geschichte doch nicht für eine Kleinigkeit. Manche nennen das Wetterfähnchen oder Wendehals. Man könnte aber sagen, diese Frau hat die Fähigkeit, die selbst erfahrenen Sorgen und Leiden zu generalisieren. Wenn es ihr ans eigene Leder geht, gibt sie sich wachsweich, wandelbar und pragmatisch. Sie lernt durch Erfahrung dazu.

Das macht Hoffnung. Vielleicht wird die Frau ja doch noch mal arbeitslos oder sie entdeckt, dass sie griechische Wurzeln hat. Mancher Homosexuelle hofft nun, dass sie noch ihre lesbische Leidenschaft mitsamt Kinderwunsch entdeckt. Oder dass man ihr einen Flughafen vor die Haustüre setzt. Vielleicht gerät ihre Bude ja auch in den Beutebestand eines Investors. Oder sie braucht ein neues Gebiss.

Sollte all das allerdings nicht eintreten, dann sieht es schlecht aus. Diese Frau ist eine Reformkanzlerin der eigenen Empirie. Zu mehr reicht es ihr nicht. Empathie, wie gesagt, fehlt ihr; sie kann sich nicht in Menschen hineinversetzen. Das attestieren ihr zwar regelmäßige diverse Medien - aber die neutrale und sachliche Empirie gebietet es, das Gegenteil dessen anzunehmen. Denn sie rappelt sich nur auf, wenn sie selbst betroffen ist oder zumindest sein könnte. Was sie anpackt, packt sie an, wenn es die eigene Haut betrifft. Unter die Haut anderer Menschen fühlt sie sich nicht hinein. Eine mentale Perspektivenübernahme kennt sie nicht. Nur ihre Perspektive ist ihr Sichtfeld. Wenn sie die durch selbst gemachte Erfahrungen erweitert, dann kommt es ihr auf dem Radar.

Merkel ist exemplarisch für eine Kaste, die immer mehr den Bezug zu den Menschen verloren hat, für die sie eigentlich da sein sollte. Die Gabe der Einfühlung ist bei politischen Karrieristen kaum mehr vorhanden. Man muss schon ein gesondertes Maß an Zynismus besitzen, um aus diesem Makel eine Tugend zu machen. Merkel scheint hierfür zynisch genug zu sein. Sie ist die Chefökonomin dieser organisierten Einfühlungsunfähigkeit. Herrin eines anteilslosen Ethos, der die Überwachung des eigenen Mobiltelefons als Horizonterweiterung in Sachen Datenschutz heranzieht.

Wer aber die Grenzen des eigenen Horizont nur durch Eigenerfahrungen absteckt, wird es zwangsläufig in geistiger Enge aushalten müssen. Man nennt das auch einen begrenzten Horizont. Und genau diesen beweist diese Frau von mal zu mal drastischer.


12 Kommentare:

Hartmut B., 30. Oktober 2013 um 08:47  

wow, das hätte ich nicht besser formulieren können.......

Ich möchte nicht ins philosophische gehen, doch diese Frau ist mir wahrhaftig unsympathisch.

Allein aus ihren Bildern - ich hätte es nicht besser ausdrücken können, spricht die absolute Empatielosigkeit.

Ich danke Dir für diesen Artikel.....
2005
als sie Kanzlerin wurde aüßerte gegenüber Freunden, ich würde dieses Land verlassen.

Aus gesundheitlichen Gründen konnte ich meine Absicht nicht in die Tat umsetzen.

Heute nach gut 8 Jahren später
ist mir dank Deines Artikels
"Indizien eines begrenzten Horizonts" alles, was Du hier geschrieben hast ins Bewußtsein gekommen.

Nochmals vielen dank dafür.....

Anonym 30. Oktober 2013 um 09:27  

ANMERKER MEINT:

Genau so ist es, Roberto! Wenn man dann noch bedenkt, dass der Protestantismus, in dem sie groß geworden ist, ein gerüttelt Maß am begrenztem Horizont mitverursacht hat - siehe Gauck - , kann man eigentlich nur noch beten, dass ihr die ein oder andere Erleuchtung doch noch kommen möge. Dass die Pappnasen von der SPD da irgendwie was ausrichten könnten, ist nämlich pure Illusion.

MEINT ANMERKER

Anonym 30. Oktober 2013 um 11:14  

Dazu ein schönes Zitat Albert Einsteins: "Die meisten Menschen haben einen Horizont mit dem Radius Null; und das nennen sie dann ihren Standpunkt".

Ich persönlich glaube ja immer noch, dass Merkel die Marxsche Verelendungstheorie durchexerziert....

Ramones 30. Oktober 2013 um 11:45  

Die eigentliche Frage ist ja warum sie überhaupt abgehört wurde. Sie ist den USA doch schon seit jeher treu ergeben, siehe ihre Irakkrieg-Hetze zur Zeiten der Bush-Regierung.

Sledgehammer 30. Oktober 2013 um 12:21  

Die Symphatisanten und Claqueure jenseits der Kanzlerin Haut, wissen in gruseliger Naivität oder widerlichem Zynismus, deren Egozentrismus in Führungsstärke/Entschlusskraft umzudeuten.
In einer großteils egoistischen Gesellschaft erstaunt es deshalb wenig, dass Personen mit derart ausgeprägter Geisteshaltung in Regierungsverantwortung stehen.
Zeigt sich darüberhinaus, diese mehr als hinterfragenswürdige Grundausrichtung auch im europischen Kontext vordergründig erfolgreich, ist man im Inland vorerst von jeglichem Legimitationsdruck befreit; darf hinter persönlicher Betroffenheitslyrik demonstrativ schweigen.

Anonym 30. Oktober 2013 um 13:14  

"[...]Wer aber die Grenzen des eigenen Horizont nur durch Eigenerfahrungen absteckt, wird es zwangsläufig in geistiger Enge aushalten müssen. Man nennt das auch einen begrenzten Horizont. Und genau diesen beweist diese Frau von mal zu mal drastischer[...]"

Das gilt aber nicht alleine für "diese Frau" sondern für die komplette hier lebende "Elite" seit der Ende-Kohl-Anfang-Schröder-Bis-Merkel-und-darüber-hinaus-Ära.

Man soll ja keine historischen Vergleiche ziehen, aber ich denke da sofort an 1788, die Zeit von vor der Großen Französischen Revolution - in Frankreich.

Die damalige "Elite" lebte doch auch in ihrer eigenen Parallelwelt - meilenweit entfernt von den Sorgen, und Nöten, der von dieser "Elite" regierten.

Michael Hartmann übrigens, ein Eliteforscher, hat dazu erst kürzlich ein Buch veröffentlicht, d.h. eine Studie, und leider hat obiges von mir geschriebenes weit mehr Sinn als ich selbst dachte.

Der Riß geht auch heute wieder, auch meinungsmäßig, genau durch arm und reich bzw. superreich.

Die Frage ist eigentlich nur:

Wann, und wo, kommt die nächste Große Revolution - in dieser Welt.

Bei Deutschland sehe ich dunkelschwarz, aber es soll ja noch andere Länder geben, die sich hoffentlich spätestens dann wehren wenn deren "Eliten" sich so vom Volk abheben wie unsere in Deutschland - elfenbeinturmmäßig eben.

Gruß
Bernie

JimKnopf13 30. Oktober 2013 um 15:49  

Eine interessante Perspektive. Vielleicht könnte man auch sagen, sie handelt, sobald ihre eigene Macht in Bedrängnis kommt (NSA, Fukushima,...) Es geht um sie selbst jedenfalls, was sie immer und immer wieder verneint - es geht um Europa, es geht um Deutschland, es geht um die Menschen in unserem Land etc. etc.

Sledgehammer 30. Oktober 2013 um 16:31  

@ Anonym 12:21

Die von Ihnen erhoffte Versöhnung zwischen "logos" und "ergon" hat in Deutschland wenig Tradition.
Herrscht über die gesellschafts-politischen Fehlentwicklungen weitgehend Konsens, verliert man sich über die strategische Ausrichtung für deren Rückbau gern im Großen/Kleinen und letztlich Unbestimmten; setzt hoffnungsvoll auf extraterrestische "Magie".

hartmut B.. 30. Oktober 2013 um 18:47  

sledgehammer, bitte tu mir doch den Gefallen und gib Dir eienen andren Namen

Dein jetzige Name tut mir weh......

Ich mach nen Vorschlag: Hammer

oder Hamma ist vielleicht noch besser

IrlandsCall 30. Oktober 2013 um 21:41  

"Wenn es ihr ans eigene Leder geht"
Das ist doch alles nur Show. Die Frau macht genau das, wofür sie bezahlt wird. Und das macht sie gut. Die Ausbeutung und Versklavung von 400 Millionen Europäer. Das sie dabei teils blöd aussieht nimmt sie in Kauf, das gehört zur Show.

Sledgehammer 31. Oktober 2013 um 08:21  

@ Hartmut B.

Mein Gegenvorschlag)wäre,dass Du "Slegdehammer" mit "Wegbereiter" übersetzt.

Gruß aus NRW

Hartmut B.. 31. Oktober 2013 um 17:30  

ok Sledgehammer auf die Übersetzung
bin ich nicht gekommen... aber danke... NRW ist ja groß..... son bischen kenn ich mich da aus....
von Kölle bis nach Münster und von Geldern bis anne Weser

(hab da nur mal 30 J. gewohnt)

Frage mal Flatter ...der kennt sich auch gut aus

oder noch besser den altautonomen

sind beide ausm Ruhrpott

ach so 24 J Essener Süden und 6 Jahre Kamp-Lintfort

naja jetzt kannste Dir ausmalen, wie gut ich NRW kenne auch Minden ist mir nicht unbekannt und Heinsberg und Umgebung sowieso......

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