Als Biedermeier zwischen die Kissen kroch
Samstag, 19. Oktober 2013
Was wäre mir denn lieber? Große Koalition oder eine Neuwahl, die die absolute Mehrheit für die Union ermöglichte und obendrein die AfD und die FDP in den Bundestag spülte? Mein Gott, sind wir arm und alternativlos geworden! Wo soll da noch Demokratieoptimismus herkommen?
Viel mehr Optionen bleiben ja nicht. Entweder es kommt zur Großen Koalition, der die SPD-Mitglieder selbstverständlich mit großer Mehrheit zustimmen werden. Wie sollten sie aus dieser Nummer auch rauskommen? Jeden Tag hören sie viermal und lesen sie achtmal, dass diese GroKo der Lieblingstraum der Deutschen sei. Die hatten immer schon einen Hang zur starken Hand. In einem System mit demokratischen Anstrich will man dann eben keinen Diktator, sondern eine absolute Absolutmehrheit, eine Supermehrheit (504 zu 127 Sitze; 80 Prozent der Sitze gehörten der Koalition), die man sich als Regierungskoalition wünscht. Wenn die Sozialdemokraten diesem Wunsch der Mehrheit nicht folgen, dann sind sie diskreditiert, dann bespuckt man sie, erklärt sie öffentlich für überholt und nutzlos. Das ist die schlimmste Furcht, die so ein Sozi haben kann. Ein solches Szenario läßt ihn in die Hose machen. Er will zwar nicht heiß und innig geliebt werden, aber auch nicht beleidigt und verachtet. Gesellschaftliche Anerkennung ist das sozialdemokratische Wort für Gewissensfrage.
Entweder also diese GroKo. Also eine Renaissance dieser erst vor vier Jahren abgelegten Abbreviatur. Oder aber Neuwahlen. Die vermutlich absolute Mehrheit für die Union - plus zwei jeweils verschieden gelagerte Ableger dieser Regierung in der Opposition. Die FDP stützte diese konservative Regierungsmehrheit in Fragen des Wirtschaftsliberalismus, wäre weiterem Sozialabbau nicht abgeneigt und sähe auch in Merkels Europapolitik nichts, was sich nicht mit der eigenen Anschauung vereinbaren ließe. Die AfD stützte gleichfalls klassistische Anflüge, würde des Innenministers harten Kurs in Asylfragen stärken, aber in Sachen Euro ist da keine Hilfe zu erwarten. Wer hat schon zwei fünfte Kolonnen in petto?
Sind das ärmliche Aussichten! Wir drehen uns im Kreis. Schneller, immer schneller. Uns setzt nicht mal eine fehlende Sperrklausel zu, so wie damals zu Weimar, als man sich dauerhaft ins Patt manövrierte, weil lauter Splitterparteien Plätze wegnahmen und Mehrheiten verunmöglichten - und die so zur Radikalisierung der Gesellschaft beitrug. Wir sind im Patt der Alternativlosigkeit angelangt. Ob nun vier oder sechs Parteien im Bundestag sind: Ganz egal. Kaum noch vor, kaum noch zurück. Wir stecken in der Scheiße. Knöcheltief. Bis zum Kinn. Das Kinn ist auch nur ein Knöchel von vielen.
Komm, machen wir es uns im Wohnzimmer gemütlich. Pst, kein Wort von der Politik. Das regt Vater so auf. Erzähl ihm was Schönes. Schau dir die Zierkissen an. Willst du noch Tee? Kekse? Beinahe kann ich den Biedermeier verstehen. Seinen Rückzug in die gute Stube nachvollziehen. Nicht weil ich wie er diese Uneinigkeit der Parteien verabscheue, sondern weil ich diese unentschlossene Einigkeit zum Kotzen finde, die letztlich nicht mal den Arsch in der Hose hat, sich auch als solche zu zeigen.
Entweder also diese GroKo. Also eine Renaissance dieser erst vor vier Jahren abgelegten Abbreviatur. Oder aber Neuwahlen. Die vermutlich absolute Mehrheit für die Union - plus zwei jeweils verschieden gelagerte Ableger dieser Regierung in der Opposition. Die FDP stützte diese konservative Regierungsmehrheit in Fragen des Wirtschaftsliberalismus, wäre weiterem Sozialabbau nicht abgeneigt und sähe auch in Merkels Europapolitik nichts, was sich nicht mit der eigenen Anschauung vereinbaren ließe. Die AfD stützte gleichfalls klassistische Anflüge, würde des Innenministers harten Kurs in Asylfragen stärken, aber in Sachen Euro ist da keine Hilfe zu erwarten. Wer hat schon zwei fünfte Kolonnen in petto?
Sind das ärmliche Aussichten! Wir drehen uns im Kreis. Schneller, immer schneller. Uns setzt nicht mal eine fehlende Sperrklausel zu, so wie damals zu Weimar, als man sich dauerhaft ins Patt manövrierte, weil lauter Splitterparteien Plätze wegnahmen und Mehrheiten verunmöglichten - und die so zur Radikalisierung der Gesellschaft beitrug. Wir sind im Patt der Alternativlosigkeit angelangt. Ob nun vier oder sechs Parteien im Bundestag sind: Ganz egal. Kaum noch vor, kaum noch zurück. Wir stecken in der Scheiße. Knöcheltief. Bis zum Kinn. Das Kinn ist auch nur ein Knöchel von vielen.
Komm, machen wir es uns im Wohnzimmer gemütlich. Pst, kein Wort von der Politik. Das regt Vater so auf. Erzähl ihm was Schönes. Schau dir die Zierkissen an. Willst du noch Tee? Kekse? Beinahe kann ich den Biedermeier verstehen. Seinen Rückzug in die gute Stube nachvollziehen. Nicht weil ich wie er diese Uneinigkeit der Parteien verabscheue, sondern weil ich diese unentschlossene Einigkeit zum Kotzen finde, die letztlich nicht mal den Arsch in der Hose hat, sich auch als solche zu zeigen.
9 Kommentare:
aus eigener erfahrung weiß ich, wie schwer es ist, in die hose zu machen, wenn man eine verstopfung hat.
aber spd-ler gelingen auch solche münchhausenkunststücke.
Das kann nur verständlich werden mit Blick auf die deutsche Geschichte. Die verschiedenen Länder mit ihren Kulturen sind von deren Geschichte geprägt: Frankreich von seiner siegreichen Revolution, England von der politischen Emanzipation des Bürgertums im 17.Jahrhundert und der folgenden kapitalistischen Entwicklung, Deutschland leider vom Scheitern der bürgerlichen Revolutionen im 19.Jahrhundert. Demokratische Selbstbestimmung scheint vielen Menschen Angst zu machen. Inzwischen fürchte ich, dass die linksliberalen 70er und 80er Jahre der alten Bundesrepublik nur eine Episode waren, die so bald nicht wiederkehren wird. So hieß es schon vor 20 Jahren: "Helmut, nimm uns an der Hand.." und soll heute "Mutti" die "große Koaliton" regieren, mit Zustimmungswerten, von denen Honi nur träumen konnte. Vielleicht sollte man sogar nach weiter zurückgehen bis zur dt. Kleinstaaterei, vielleicht entstand dort schon diese Haltung: Hauptsache mein kleiner Kirchtum scheint stabil und sicher, dann wird schon alles gut...
Ja, so ist das!
Wenn der Wähler über mindestens vier Jahre eingelullt, verdummt und (alles von den Systemmedien) manipulativ indoktriniert wird, was können wir denn anderes erwarten? Das Berliner Marionettentheater wird weiter gespielt, die magere Alternative 'Linksparte' wird totgeschwiegen oder als nicht regierungsfähig eingestuft.
Und die ganze Weigerung, selber zu Denken ist am Erfolg (4.8x%)der AfD UND der FDP, nicht zu Reden von den 41,6% der CDSU, sichtbar gemacht worden.
Es sind nicht nur die Parteien, es sind hauptsächlich die Wähler die sich und uns diese Kotzbrockensuppe einbrocken.
MfG: M.B.
minderheiten regierung
merkel kanzlerin, ernennt die minister, füllt die aufgaben der
exekutive aus, parlament beschliesst neue gesetze = legislative, das wäre parlamentarische demokratie, blos da müsste die sPD dinge beschliessen die in ihrem wahlprogramm stehen.
stefan notter
Diese Wahl hat die FDP, eine Mehrheitsbeschaffungspartei, für vermutlich immer unter eine 5 Prozent Hürde gesetzt. Eine SPD die koaliert wird genauso weitere messbare Zustimmung verlieren. Weltweit werden für die stete Umverteilung von Macht und Geld solche Helfer wie die SPD gebraucht. Aber nur vorübergehend.
"Das ist die schlimmste Furcht, die so ein Sozi haben kann. Ein solches Szenario läßt ihn in die Hose machen."
Ich denke da an einen Kommentar - von G.Schramm oder V.Pispers, das erinnere ich im Augenblick nicht genau - sinngemäß:
"...ein echter Sozi hat noch immer in jede Hose geschissen, die man ihm hingehalten hat..."
Gruß bernd_r
Es ist doch bezeichnend, dass neben all der Koalitionsarithmetik keine ernsthafte Diskussion über eine Minderheitsregierung geführt wird.
Eine solche wäre immerhin, unter den momentanen Gegebenheiten, die wohl demokratischste Variante. Merkel müsste sich um entsprechende Mehrheiten im Bundestag bemühen.
Gleichzeitig wären sPD bzw. Grüne einem ganz anderen Rechtfertigungsdruck ausgesetzt, wenn sie denn einem von CDU/CSU vorgelegten Gesetz zustimmen würden. Die Argumentationskrücke "Koaltionsvereinbarung" würde nicht mehr ziehen. Gleichzeitig bestünde immer noch die (zumindest theoretische) Möglichkeit, in Zusammenarbeit mit der Linken diverse Gesetzesvorhaben durchzudrücken, die so mit CDU/CSU nicht zu realisieren wären.
Tja, so müsste um jedes einzelne Gesetz wirklich gerungen werden und bei einer Zustimmung seitens einer oder mehrerer Oppositionsparteien bräuchten diese gute Argumente, warum sie dies tun. Das wäre auf jeden Fall weitaus demokratischer als die GroKo.
Und genau deshalb findet diese Alternative in der öffentlichen Diskussion auch nicht statt. Für sPD und Grüne würde es aus der Opposition heraus deutlich schwieriger, neoliberale und marktradikale Gesetze von CDU/CSU einfach durchzuwinken. Und falls doch, würde diese scheindemokratische Farce hoffentlich auch dem leichtgläubigsten Deppen ins Auge stechen (naja, hoffen darf man ja noch).
Wie sagte Volker Pispers mal sinngemäß: "Der Deutsche will dass die Parteien an einem Strang ziehen. Der Strang darf dem Deutschen ruhig um den Hals liegen, Hauptsache die ziehen da alle gemeinsam dran."
Zitat: "Seinen Rückzug in die gute Stube nachvollziehen. Nicht weil ich wie er diese Uneinigkeit der Parteien verabscheue, sondern weil ich diese unentschlossene Einigkeit zum Kotzen finde, ...."
Wo soll er auch sonst hin:
Dank Rauchverbot, gibts bald nicht mal mehr den "guten alten Stammtisch" - verbaler Austauch nicht mehr möglich.
@skippi: "Wo soll er auch sonst hin:
Dank Rauchverbot, gibts bald nicht mal mehr den "guten alten Stammtisch" - verbaler Austauch nicht mehr möglich."
Weil ein nettes Zusammensitzen in elustrer Runde nur mit qualmenden Nikotin-Stängel im Mund/in der Hand möglich ist? Wie arm...
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