Lauk und Gauck und die Unternehmer

Donnerstag, 31. Oktober 2013

Dass es zu wenig Unternehmer in der Politik gibt, vernimmt man derzeit wieder öfter. Zuletzt beklagten sich darüber der christdemokratische Wirtschaftsrat und der Bundespräsident. Da schimmert auch die tiefe Sehnsucht nach einer Wirtschaftsregierung durch.

An den Jubel jener Tage im November vor zwei Jahren erinnere ich mich noch gut. Die neue italienische Regierung unter Mario Monti galt als "Kabinett der Fachleute" - und als solche erwartete man von ihr eine kompetente (Wirtschafts-)Politik. Die Technokraten würden es schon richten. Diese Konstellation war nicht als hilfloser Versuch von der Troika erpresst worden, sondern galt im Maastrichter Europa von jeher als Wunschlösung. Die Kompetenz von Wirtschaftsregierungen würde den Kontinent global wettbewerbsfähiger machen.

Indizien eines begrenzten Horizonts

Mittwoch, 30. Oktober 2013

Mit dieser Kanzlerin ist doch noch nicht alles verloren. Sie läßt sich ja überzeugen. Ist eine Skeptikerin, eine, die nicht glaubt, was sie nicht sieht oder am eigenen Leibe spürt. Gut, ihr fehlt die Empathie, aber das gleicht sie durch empirische Auffassungsgabe aus.

Als ihr gewahr wurde, dass auch ihre Bude in nukleare Mitleidenschaft gezogen werden könnte, da war sie plötzlich doch davon überzeugt, dass der Ausstieg aus dem vormals schon beschlossenen Atomausstieg rückgängig zu machen sei. Und als ihr Handy abgehört wurde, befand sie die NSA-Geschichte doch nicht für eine Kleinigkeit. Manche nennen das Wetterfähnchen oder Wendehals. Man könnte aber sagen, diese Frau hat die Fähigkeit, die selbst erfahrenen Sorgen und Leiden zu generalisieren. Wenn es ihr ans eigene Leder geht, gibt sie sich wachsweich, wandelbar und pragmatisch. Sie lernt durch Erfahrung dazu.

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Aus fremder Feder

Dienstag, 29. Oktober 2013

"Demgegenüber steht die Anerkennung und Ausübung eines höheren Rechts und die Pflicht des Widerstandes als Triebkraft der geschichtlichen Entwicklung der Freiheit, "civil disobedience" als potentiell befreiende Gewalt. Ohne dieses Widerstandsrecht, ohne dieses Ausspielen eines höheren Rechts gegen das bestehende Recht ständen wir heute auf der Stufe der primitivsten Barbarei."

Fünfzehn Jahre voller mehr oder minder Großer Koalition

Montag, 28. Oktober 2013

oder Diese blühende GroKo schleift das Bollwerk demokratischen Denkens drastisch herab.

Wie es aussieht, sieht es schlecht aus. Noch ist die Große Koalition nicht Wirklichkeit. Aber ihr Vorgehen macht Sorgen. In ihrer maßlosen Omnipotenz beschließt sie ihr persönliches Programm zur Postenbeschaffung und hievt eigene Parteikollegen in extra hierfür geschaffene Stellen - inklusive angepasster Bezahlung, versteht sich. Die Aufteilung der Redezeit im Bundestag macht die Arroganz überdeutlich. Von einer Stunde sollen 50 Minuten auf die potenzielle Regierung entfallen und je fünf Minuten auf die beiden Oppositionsparteien. Weitere unaufhaltsame Beschlüsse werden folgen.

Was hier im Entstehen ist, sollte man getrost auch beim Namen nennen: Es ist eine sonderbare Ausformung von parlamentarischer Despotie, die mit dem Wesen der Demokratie nur noch sehr wenig zu tun hat.

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Nur der Streuselkuchen ist Privatsache

Samstag, 26. Oktober 2013

oder Nicht alles was über Merkels Handy geht hat absoluten Anspruch auf Privatheit.

Der NSA-Skandal erreicht also eine neue Dimension. Und ein Reporter des SWR verstieg sich letztens gar zu der Äußerung, dass für das "politische Berlin nun der Spaß seine Grenzen habe". Soso, die fast flächendeckende Observierung der Bürger war also nur ein Spaß und jetzt, da das Telefon dieser Frau angezapft wurde, wird es erstmals ernst. Ich nehme das äußerst persönlich. Mit solchen taktvollen Umschreibungen der Szenerie sagt man mir nämlich auch: Meine Privatsphäre ist nichts wert. Und deine, lieber Leser, auch nicht.

Doch die Causa Merkel handelt gar nicht von Verletzung der Privatsphäre. Jedenfalls nicht nur. Diese Frau ist ja ein Geschäft. Fast alles was sie sagt, schreibt und telefoniert ist ja nicht privat. Anders: Sie mag als Privatperson im Büro von Jürgen Fitschen anrufen können. Aber ist das dann auch wirklich privat?

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Die Leiden des jungen Blogger

Freitag, 25. Oktober 2013

Seit zehn Minuten ist mein Text online. Vor etwa sechs Minuten habe ich ihn bei Facebook als Status gemeldet. Noch keine Reaktion. Woran liegt das nur? Habe ich den Puls der Zeit, den immer viel zu hohen Puls der Facebookianer nicht getroffen? Ruhig Blut. Abwarten. Solange melde ich den Schrieb mal bei anderen Portalen. Viele Leser bringt das zwar nicht. Aber dann bin ich auch da vertreten. Dabei sein ist zwar nicht alles - aber nicht dabei zu sein ist auch nichts.

Noch immer kein Lebenszeichen bei Facebook. Kein Gefällt mir. Das kann ja heiter werden. Der Text zieht nicht. Kommt nicht an. Habe ich doch gewusst! Scheiße! Kann ich es noch? Habe ich es verlernt? Und gleich nochmal Scheiße - ich habe vergessen den Text bei Twitter zu melden. Mache ich auch noch gleich. Viele Follower habe ich dort ja nicht. Trotzdem. Man muss hoffen.

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Das war Sozialdemokratisch

Donnerstag, 24. Oktober 2013

Dieser Wir-machen-es-uns-nicht-leicht-Tratsch, den mancher Sozi während der Sondierung mit der Union medial aufführte, war schon fast sicherer Beleg für die Bereitschaft zu Koalitionsverhandlungen. Denn dieses Gedruckse ist die sozialdemokratische Art zu sagen: Wir sind bereit.

Spätestens als Andrea Nahles fast schwermütig vor die Presse trat und von schwierigen Gesprächen berichtete, die nicht zielführend in die Koalitionsverhandlung führen würden, war mir eigentlich klar, dass es genau zu solchen Verhandlungen kommen würde. Die Sozialdemokraten haben eine ganz besondere Strategie entwickelt, sich in der Öffentlichkeit als verantwortungsbewusste Gruppe zu gerieren. Die Masche ist dabei immer gleich.

Als Adam grub und Eva spann

Mittwoch, 23. Oktober 2013

Warum es immer weniger Werktätige im Bundestag gibt.

Politik war zu den meisten Zeiten der einflussreiche Zeitvertreib reicher Leute. Die Bonner Demokratie zwischen Weltkrieg und Wegfall des östlichen Kalten Kriegers hat in uns die Ansicht gestärkt, dass jeder in die Politik kann, wenn er nur engagiert und interessiert ist. Das war jedoch nur eine Momentaufnahme. Was sich gestern konstituierte war nicht nur der neue Bundestag, sondern zusätzlich auch die Rückentwicklung dieses tendenziellen Egalitarismus. Politik scheint wieder zu werden, was sie zuvor immer schon war.

Römische Senatoren waren keine Hungerleider. Die Notabeln diverser Ratsversammlungen oder Generalstände verdienten ihren Lebensunterhalt nicht mit Schmiedearbeiten. Der Doge und die Nobilhòmini waren keine Hartz IV-Leistungsberechtigten. Selbst die ersten Sozialdemokraten, die im Reichstag des Kaiserreiches saßen, waren keine ehemaligen Handwerksgesellen, sondern Anwälte oder Verleger, die sich ihre Auslagen (es gab noch keine Abgeordnetendiäten) selbst bezahlen konnten. Erst mit der Weimarer Republik schlich sich ein verhaltener Egalitarismus ein, konnte man auch aus sozial niederen Schichten in die Politik vorstoßen.

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... wenn man trotzdem lacht

Dienstag, 22. Oktober 2013

"Die Geschichte der Weltwirtschaft hat bewiesen, dass auf nichts so sehr Verlass ist, wie auf den Sieg der vom Sozialismus gereinigten, befreiten Marktwirtschaft ... über die Vernunft."

Die Entdeckung der Welt

Die katholische Kirche scheint unter Papst Franz zurück zum Erdboden finden zu wollen. Sie soll realistischer werden und ihre Ideale trotzdem nicht verraten. Von diesem Dualismus könnte die im Neoliberalismus gefangene Politik lernen.

Auf den Weg zurück zur Erde.
Der Papst gab vor einigen Wochen einer Jesuiten-Zeitschrift das erste große Interview seines Pontifikats. Was da durchschimmerte war ein "linker Katholizismus", der von der lateinamerikanischen Befreiungstheologie gelernt hat. Die Medien haben den Inhalt dieses Interviews doch nur weitestgehend oberflächlich erfasst. Franz geht es nicht lediglich um Schwule und um in der Kirche benachteiligte Frauen, sondern um eine General-Verweltlichung der Kirche. Er fordert eine Annäherung an die moderne Welt wie sie ist. Eine Einbeziehung ihrer Erscheinungen. Dazu gehört unter anderem auch, sich der Problematik des Kapitalismus zuzuwenden. Dass der zunehmend Menschen in einen globalen Discount-Markt verfrachtet, muss von der Theologie zur Kenntnis genommen und kirchlich aufgegriffen werden.

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Schönes Ambiente hier und nettes Personal

Montag, 21. Oktober 2013

Die Verschleppung strengerer Abgasnormen ist zwar relativ betrachtet nur eine Kleinigkeit, aber ...

Die Geschichte aller neoliberalen Gesellschaft ist die Geschichte von Lobbyverbänden. Rüstungswirtschaft und Verteidigungsminister, Automobilkonzern und Verkehrministerium, Energiemulti und Umweltminister, Leiharbeitverbände und Wirtschaftsministerium, kurz, Lobby und die Regierung Merkel stehen im stetem Zusammenspiel zueinander, führen einen ununterbrochenen, bald versteckten, bald offenen Kuschelkurs, einen Kuschelkurs, der jedesmal mit einer saftigen Parteispende endet oder mit der Aufhebung objektiv richtiger Zielsetzungen.

Das liest sich nur zufälligerweise wie das erste Kapitel eines berühmten Marx-Textes. Man muss die Geschichte von Regierungen, die im postdemokratischen Status des Primats der Wirtschaft und ihrer Interessensverbände angelangt sind, zeitgemäß erfassen. Marx konnte das in seinem Manifest noch nicht tun. Von Lobbyisten hatte er noch keine Ahnung. Die Berliner Republik war ihm unbekannt. Dass es Einflussnahme gab - ja sicher, das wusste er. Dass sich die "herrschenden materiellen Verhältnisse" und die "herrschenden Gedanken" bedingen, wurde ihm schon damals deutlich. Und dass sich die Klasse der Kapitalisten anschickte, die politische Macht zu unterwerfen, war seinerzeit schon mehr als nur eine unklare Perspektive. Aber in diesem großen Stil konnte man das kaum erwarten. Von dieser PR-Maschinerie konnte er ja nicht mal ansatzweise alpträumen. Wie lächerlich wirken doch im Rückblick die Herren Zensoren, die ihm und seinen Zeitgenossen Zeilen schwärzten.

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Als Biedermeier zwischen die Kissen kroch

Samstag, 19. Oktober 2013

Was wäre mir denn lieber? Große Koalition oder eine Neuwahl, die die absolute Mehrheit für die Union ermöglichte und obendrein die AfD und die FDP in den Bundestag spülte? Mein Gott, sind wir arm und alternativlos geworden! Wo soll da noch Demokratieoptimismus herkommen?

Viel mehr Optionen bleiben ja nicht. Entweder es kommt zur Großen Koalition, der die SPD-Mitglieder selbstverständlich mit großer Mehrheit zustimmen werden. Wie sollten sie aus dieser Nummer auch rauskommen? Jeden Tag hören sie viermal und lesen sie achtmal, dass diese GroKo der Lieblingstraum der Deutschen sei. Die hatten immer schon einen Hang zur starken Hand. In einem System mit demokratischen Anstrich will man dann eben keinen Diktator, sondern eine absolute Absolutmehrheit, eine Supermehrheit (504 zu 127 Sitze; 80 Prozent der Sitze gehörten der Koalition), die man sich als Regierungskoalition wünscht. Wenn die Sozialdemokraten diesem Wunsch der Mehrheit nicht folgen, dann sind sie diskreditiert, dann bespuckt man sie, erklärt sie öffentlich für überholt und nutzlos. Das ist die schlimmste Furcht, die so ein Sozi haben kann. Ein solches Szenario läßt ihn in die Hose machen. Er will zwar nicht heiß und innig geliebt werden, aber auch nicht beleidigt und verachtet. Gesellschaftliche Anerkennung ist das sozialdemokratische Wort für Gewissensfrage.

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Gina und Marlowe

Freitag, 18. Oktober 2013

Leben mit nur noch zwei metaphysischen Fragen.

Links der Kater Marlowe. Der Rest
vom Fell nennt sich Gina.
Die Freude auf das neue Familienmitglied war groß. Einerseits. Ich rechnete durch. Andererseits. Was kostet uns dieser Kater, den wir Marlowe nennen wollten? Welche Unkosten macht uns Gina bislang? Und als ich so im Geiste vor mich hin kalkulierte, fragte ich mich noch etwas ganz anderes: Warum eine zweite Katze? Für was eigentlich? Was habe ich davon? Bringt es mir was? Ich ertappte mich dabei und zog diese Fragen zu einer einzigen Frage zusammen. Heraus kam etwas Zynisches: Welchen Profit habe ich eigentlich, wenn ich mir Katzen halte? Und plötzlich sah ich vor mir eine Bilanz, ich füllte die Sollseite aus, listete die Unkosten und Nachteile auf und haderte mit mir, weil die Habenseite so wenig Punkte aufwies. Überdies kaum welche, die direkten Vorteil versprachen.

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Eine Rundfahrt durch die Interessen der Oberschicht

Donnerstag, 17. Oktober 2013

Armut hat keine Lobby. Themen, die die unteren Gesellschaftsschichten betrifft, erhalten kaum öffentliche Wahrnehmung. Das was wir Öffentlichkeit nennen, ist letztlich nicht mehr als die medienwirksame Aufbereitung von Themengebieten, die fast ausschließlich die Oberschicht betreffen.

Ich freute mich auf ein Wochenende in Hamburg. Da ich die Stadt nicht kannte, ließ ich mich auf eine Rundfahrt ein. Die war spannend und imposant. Unsere Reiseführerin wusste so allerlei. Ins Schwelgen geriet sie allerdings erst, als wir in die Hafencity abbogen. Als wir den Marco-Polo-Tower erreichten, erzählte sie uns von bis zu 30.000 Euro Quadratmeterpreisen und dem geplanten Yachthafen vor der Haustüre. Später durchfuhren wir noch reiche Villengegenden und sie klang auch dort ein wenig stolz, ganz besonders als sie meinte, ihre Stadt sei laut einer Studie die Stadt der meisten Millionäre.

Auf den ersten Blick

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Heute: Die an Deutschlands Zukunft bastelnde, die sondierende Kanzlerin

Die strahlende Option an den Wahlurnen ist dieser Tage als emsige und nachdenkliche Frau zu sehen. Die Stilistik solcher Bilder sagt aus, dass es nicht um wenig geht. Immerhin um Deutschland. Um die Zukunft dieses Landes viel mehr sogar. Es scheint eine bedrückende Verantwortung zu sein, die die Fotojournalisten hier einfangen. Sondierung muss ein schwerwiegendes Unterfangen sein. Sie grübelt stets, sie telefoniert und schreitet kraftvoll, ja schier pathetisch voran. Rumsitzen und quatschen, dumm rumstehen ist da nicht.

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Hinter Gittern

Dienstag, 15. Oktober 2013

Assad ist überführt. Nein, es gibt keine neuen Fakten, die man nicht auch den Rebellen zuschieben könnte. Der Spiegel hat einfach Fakten geschaffen. Man muss das Interview mit dem syrischen Präsidenten gar nicht gelesen haben, um zu verstehen, dass Assad der Täter sein soll.

Selbst im ZDF-Morgenmagazin, nicht gerade für kritische Berichterstattung bekannt, gab es anfangs, als der Tatbestand des Einsatzes chemischer Waffen bekannt wurde, grobe Bedenken an Assads Schuld. So erklärte eine Korrespondentin, dass die wenigen bekannten Fakten auch gegen die Rebellen sprechen könnten. Eine hochgenommene Rebellentruppe habe - und das schon Wochen vor dem Chemiewaffen-Einsatz - Material mit sich geführt, das für den Abschuss von Giftgas notwendig sei. Man bezog sich ferner auf russische Medien, die durchaus die Möglichkeit sahen, dass es die Rebellen waren. Zwar müsse man bei russischen Medien von Parteilichkeit ausgehen, sagte die Korrespondentin weiter, man dürfe aber nicht den Fehler machen, sie deswegen gleich vorweg als falsch wegzuschieben.

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Im Mittelmeer ertrunkene Hilferufe

Montag, 14. Oktober 2013

Über die naive Vorstellung, Flüchtlinge hätten eine Lobby.

Wir sind kein Einwanderungsland, sagte der Delegierte Großbritanniens. Und die Delegierten anderer Länder wiesen darauf hin, dass die Aufnahme von Flüchtlingen zu rassistischen Reflexen bei der Bevölkerung führen könnte. Durchlotsen wolle man die Flüchtlinge zwar gerne. Aufnehmen aber nicht. So druckste die Weltgemeinschaft 1938 in Evián herum. Geschichte wiederholt sich nicht - die Stimmen klingen aber manchmal verdammt ähnlich.

Damals ging es um die Juden, die man aus dem Großdeutschen Reich gedrängt haben wollte. Noch war die Massenvernichtung nicht absehbar. Die soziale Vernichtung aber, Berufsverbote und Bevormundung in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens, waren schon Realität. Ob damals wohl auch jemand, so wie jetzt der amtierende deutsche Innenminister, vor Armutseinwanderern warnte? Ob einer sagte, es könne und dürfe nicht sein, dass Juden nur das Land wechseln, weil sie wieder einen Arbeitsplatz haben wollten? Borniertheit war damals auch am Werk. Sie war nur nicht ganz so vorlaut.

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So blöd wie eh und je

Freitag, 11. Oktober 2013

Lange hat man uns gesagt, dass wir immer blöder würden. Der gesunde Menschenverstand, den jeder von uns zu haben glaubt, stufte diese Einsicht als Wahrheit ein. Schließlich belegte das unser aller Alltagserfahrung. Im Umgang mit Jugendlichen schien sich zu bestätigen: Ja, es stimmt! Und die Hilferufe von Ausbildungsunternehmen, die in die Bildzeitung diktierten "Hilfe, unsere Schulabgänger werden immer blöder!" verfestigten diese Erkenntnis. Tja, seit einigen Tagen wissen wir: Nicht nur Schulabgänger haben Schwierigkeiten beim Lesen, auch ältere Menschen plagen sich beim Erfassen eines Textes. Und auch in der Mathematik ist es nicht anders.

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Bescheidene Zeiten des Stillstands

Donnerstag, 10. Oktober 2013

Alles sondiert, keiner regiert. Viele sorgen sich deshalb. Doch man muss es mal pragmatisch betrachten: Vielleicht bringt uns dieser Stillstand tatsächlich nicht voran – aber er wirft uns auch nicht zurück.

Ich hatte neulich ein Gespräch mit einem Merkel-Wähler. Die Sondierungsgespräche findet er natürlich richtig oder vielmehr: ganz normal. Dass die sich aber hinziehen und man damit die Entscheidungsfähigkeit verschleppe, stört ihn gewaltig. Er sprach von Lähmung und Gefahren für die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit. Letzteres entnahm er wohl aus dem Fundus irgendeiner politischen Talkshow.

Damals war nicht alles falsch und heute ist nicht alles richtig

Mittwoch, 9. Oktober 2013

Ein Aufruf für mehr Ausgewogenheit auch bei widerlichen Themen.

Konservative Medien schossen sich in den letzten Wochen auf die Grünen und teilweise auch auf die „Liberalen“ ein, weil die in den Achtzigern teilweise Sympathie für Pädophile pflegten und deren Strafverfolgung einstellen wollten. Dieser Kuschelkurs war zwar falsch. Die heutige in der Mitte angekommene inquisitorische Gnadenlosigkeit ist es allerdings auch.

Es waren progressive Jahre. Man wollte umbauen und fortentwickeln. Trieb die Versoziologisierung voran; selbst in Nischen, in denen etwas weniger davon angebrachter gewesen wäre. Nicht alles was die Elterngeneration an Vorstellungen und Idealen pflegte, war zwangsläufig generalzuüberholen. Es waren Jahre mit all ihren Verirrungen und Übertreibungen. Mit verkitschter Analyse. Und manches war hierbei naiv philantropisch. Jedes Tabu stand auf dem Prüfstand. Die Gesellschaft sollte entkrustet werden. In diesem Klima formierte sich die Gleichstellung der Geschlechter (inklusive radikaler Irrtümer), emanzipierten sich Schwule und Lesben (inklusive hedonistischer Sackgassen), suchte die westliche Linke nach gangbaren Wegen im kapitalistischen System (inklusive Auflösungserscheinungen) und kämpften alternative Lebens- und Liebesformen um Anerkennung (inklusive libertärer Romantizismen). Es war letztlich eine Phase des trial and error - manchmal auch ganz ohne Versuch.

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Aus fremder Feder

Dienstag, 8. Oktober 2013

"[Der Patriotismus] trat zum erstenmal (...) 1813 in Deutschland auf, in jenem Land, das man den wahren Lehrer der Menschheit in Sachen "demokratischer Patriotismus" nennen kann, wenn mn darunter den Willen eines Volkes versteht, sich im Namen seiner tiefsten Charaktermerkmale den anderen entgegenzustellen (das Frankreich der Revolution oder auch des Empire hätte niemals daran gedacht, sich im Namen seiner Sprache und seiner Literatur über andere Nationen zu erheben). Früheren Zeiten war diese Art von Patriotismus völlig unbekannt: Unzählige Male haben Nationen die Kulturen anderer Nationen, auch solcher, mit denen sie gerade Krieg führten, übernommen und hoch verehrt."

Eine Bande von Steuerbetrügern

Montag, 7. Oktober 2013

Jetzt da sich die einschlägigen Ökonomen und Experten auf den Steuererhöhungsplan der "linken Opposition" stürzen, offenbaren sie mal wieder das beschränkte Weltbild des Neoliberalismus. Nach neoliberaler Exegese ist nämlich gesellschaftliche Zufriedenheit nur durch geringe Steuerbelastung realisierbar. Als wären Menschen nur anhand der Steuer- und Abgabenspalte ihrer Lohnabrechnung in der Lage, ihre Zufriedenheit einzustufen oder in Relation zu setzen. Die Steuererhebung ist für diese "neoliberalen Soziologen" weniger das Modell zur Finanzierung des gesellschaftlichen Zusammenlebens, als ein Indikator für Glück.

Erstmal eine kurze Anmerkung, um korrekt zu bleiben: Die Wirtschaftsexperten, die man nun befragt, bauschen natürlich dieses Vorhaben schrecklich auf. Sie tun so, als gäbe es die Absicht, jede Einkommensklasse höher zu besteuern. Dabei geht es bei den Vorschlägen aber gezielt um Besserverdienende und Vermögende. Das heute aber nur nebenher.

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Wiehert da ein Pferd oder ist es mein Großcousin?

Donnerstag, 3. Oktober 2013

oder In eigener Sache.

Derzeit geht mal wieder gar nichts. Ich stell mir vor, es wäre immer so. Ausgelaugt. Lustlos. Dunkel. Nicht mal das übliche Angewidertsein. In solchen Momenten hat man nicht mal einen Sinn dafür, wie richtig jetzt ein ordentlicher Suff wäre. Der Gedanke kommt einem gar nicht.

Zuletzt wollte ich noch was zum Shutdown schreiben. Ging nicht. Es kam nichts. Ich stellte mir vor, wie ich die üblichen Worte verwende. Tea Party, Reaganomics, marktradikal oder Antiamerikanismus. Öde. Fast so abgeschmackt wie Gaucks Predigt zur Einheit. Ist ja aber auch mal genug. In den letzten Wochen habe ich ja fast täglich was geschrieben. Bundestagswahl und so. Außerdem möchte ich nicht jede Verrücktheit und jede Realsatire aus Entwicklungsländern anreißen müssen. Ich komme mir ja vor wie ein geiler Dackel, für den jede Wade ein potenzielles Verzückungserlebnis darstellt. Man muss auch mal die Schnauze halten können.

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Fünf Tage im September

Nach einem Wahlkampf, dessen Höhepunkte ein Stinkefinger und eine Deutschland-Kette waren, habe ich mir nicht vorstellen können, dass die Bundestagswahl noch mit überraschenden Wendungen aufwarten kann. Und nachdem die Konservativen knapp an der absoluten Mehrheit vorbeigeschrammt sind, sah ich mich in dieser Einschätzung ohnehin bestätigt. Ich nahm an, dass die üblichen Mechanismen sofort greifen würden: Einer biedert sich bei der Kanzlerin in Lauerstellung an, nickt ab und ist Koalitionspartner. Dass sich alle zieren und etwa eine Woche lang eine Art "virtuelles Machtvakuum" entstehen würde, daran dachte ich nicht.

Eine kurze Woche lang sah die Kanzlerin trotz Wahlsieg isoliert aus. Diverse sozialdemokratische Landesbasen äußerten Misstrauen und mahnten zur Enthaltsamkeit. Plötzlich ging es um politische Inhalte und Ziele, darum, dass Macht nicht alles sei. Und fast hatte man den Eindruck, als habe die Öffentlichkeit am Ende doch noch erkannt, dass es sich bei Merkel stets um eine Medienkanzlerin handelte, um ein hochgeschriebenes Produkt ohne Essenz.

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