De auditu
Montag, 12. Juli 2010
Vom zerstrittenen Politikern hört oder liest man häufig hierzulande. Hoffentlich, so heißt es da meist, würden sich die allzu überworfenen Politiker, mal ein Beispiel am Pragmatismus, an der Einigkeit oder der Feierlaune ihres Volkes nehmen. Das Ende der Zerstrittenheit wird gefordert, während man auf angebliche Vorbilder deutet, die vorgaukeln, dass es auch ohne Streiterei ginge. Es geht auch ohne Streit: das ist allenfalls die eine Lesart. Die andere ist die, dass sich der Bürger nicht zu sorgen braucht, denn noch wird politisch gestritten in diesem Land, noch läuft die Demokratie wie ein Uhrwerk.
Letzteres ist fadenscheinig, denn zerstrittene Politiker scheint es kaum zu geben - selbst Interessensgruppen suchen keinen Streit mit der Politik. Da kungelt jeder mit jedem. Der Sozialdemokrat, der ohnehin wie ein Schrat aus der Union auftritt, schmust mit FDP-Mitgliedern, träumt von einer koalitionären Vereinigung der angeblichen Antagonisten - und der Gewerkschafter löffelt dankbar jene Suppe, die ihn die Arbeitgeber und die Politik nicht nur eingebrockt, sondern sogar bezahlt haben. Zerstritten mögen einzelne Zeitgenossen untereinander sein, Einzelfälle eben, die überdies nicht unbedingt inhaltlich zerstritten sein müssen, sondern aus privaten Gründen - aber die Politik als Gesamterscheinung, sie ist ein Hort der Harmonie und Brüderlichkeit. Die zerstrittenen Politiker, die in den Medien gerne begriffliche Erwähnung finden, sollen verdecken, dass die Würze in der demokratischen Suppe, der Streit nämlich, noch herauszuschmecken ist. Alles intakt, alles bestens: die Demokratie arbeitet vorbildlich!
Aber noch etwas funkelt dezent aus der Begriffsverwendung: jene Zerstrittenheit wird gerne verächtlich verwendet. Man schaut auf die anscheinend verfeindeten Politiker herab. Streiten die schon wieder!, heißt es dann. Die wollen keine Lösung finden, die streiten doch nur! Diese Würze in der demokratischen Suppe, sie nervt, wird gar nicht gerne gesehen, geschmeckt. Die Rechtsradikalen der Weimarer Republik waren weitaus direkter, sie sprachen ganz ungeniert von der Quasselbude - quasseln und streiten als Hindernis und Blockade für emsige Macher; Demokratie als störender Widerstreit verschiedener Sichtweisen, der Zeit und Geld raubt und am Ende nur fade Kompromisse zu präsentieren hat. Wie effektiv wäre da eine starke Hand! Spricht man verächtlich von der Zerstrittenheit der Politik, die zudem realistisch betrachtet nicht mal gegeben ist, dann will man zu Aktionismus treiben - macht was! Bewegt euch endlich! Reformen, Reformen, Reformen - aber schnell!
Die zerstrittenen Politiker können auf zweierlei Weise begrifflich wirken, das heißt, begriffen werden: erstens, sie sollen weismachen, dass in dieser Demokratie nicht der Lobbyismus sein Diktat ausübt, sondern die Volksvertreter um die res publica ringen - und, zweitens, sie ringen so sehr um ihre Positionen, dass sie blockieren und wichtige Reformen vereiteln. Aus diesen Thesen erblüht die gemeinschaftliche Synthese, die irgendwo unterschwellig in der Begrifflichkeit herausblitzt: streiten für Positionen - ja! Aber nur so viel, dass es nicht aufhält. Anders formuliert: Demokratie ist zwar erlaubt und erwünscht - allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Es soll nur so demokratisch zugehen, wie es der realpolitische Pragmatismus, der nichts anderes ist wie das wirtschaftliche Schattenreich, erlaubt. Eine streitlose Demokratie, so tischen sie der Öffentlichkeit auf, wäre eine bessere, effektivere, gerechtere Demokratie - unbestritten streitlos ist sie jedoch heute schon: aber davon wissen die Medien nichts zu berichten.
Letzteres ist fadenscheinig, denn zerstrittene Politiker scheint es kaum zu geben - selbst Interessensgruppen suchen keinen Streit mit der Politik. Da kungelt jeder mit jedem. Der Sozialdemokrat, der ohnehin wie ein Schrat aus der Union auftritt, schmust mit FDP-Mitgliedern, träumt von einer koalitionären Vereinigung der angeblichen Antagonisten - und der Gewerkschafter löffelt dankbar jene Suppe, die ihn die Arbeitgeber und die Politik nicht nur eingebrockt, sondern sogar bezahlt haben. Zerstritten mögen einzelne Zeitgenossen untereinander sein, Einzelfälle eben, die überdies nicht unbedingt inhaltlich zerstritten sein müssen, sondern aus privaten Gründen - aber die Politik als Gesamterscheinung, sie ist ein Hort der Harmonie und Brüderlichkeit. Die zerstrittenen Politiker, die in den Medien gerne begriffliche Erwähnung finden, sollen verdecken, dass die Würze in der demokratischen Suppe, der Streit nämlich, noch herauszuschmecken ist. Alles intakt, alles bestens: die Demokratie arbeitet vorbildlich!
Aber noch etwas funkelt dezent aus der Begriffsverwendung: jene Zerstrittenheit wird gerne verächtlich verwendet. Man schaut auf die anscheinend verfeindeten Politiker herab. Streiten die schon wieder!, heißt es dann. Die wollen keine Lösung finden, die streiten doch nur! Diese Würze in der demokratischen Suppe, sie nervt, wird gar nicht gerne gesehen, geschmeckt. Die Rechtsradikalen der Weimarer Republik waren weitaus direkter, sie sprachen ganz ungeniert von der Quasselbude - quasseln und streiten als Hindernis und Blockade für emsige Macher; Demokratie als störender Widerstreit verschiedener Sichtweisen, der Zeit und Geld raubt und am Ende nur fade Kompromisse zu präsentieren hat. Wie effektiv wäre da eine starke Hand! Spricht man verächtlich von der Zerstrittenheit der Politik, die zudem realistisch betrachtet nicht mal gegeben ist, dann will man zu Aktionismus treiben - macht was! Bewegt euch endlich! Reformen, Reformen, Reformen - aber schnell!
Die zerstrittenen Politiker können auf zweierlei Weise begrifflich wirken, das heißt, begriffen werden: erstens, sie sollen weismachen, dass in dieser Demokratie nicht der Lobbyismus sein Diktat ausübt, sondern die Volksvertreter um die res publica ringen - und, zweitens, sie ringen so sehr um ihre Positionen, dass sie blockieren und wichtige Reformen vereiteln. Aus diesen Thesen erblüht die gemeinschaftliche Synthese, die irgendwo unterschwellig in der Begrifflichkeit herausblitzt: streiten für Positionen - ja! Aber nur so viel, dass es nicht aufhält. Anders formuliert: Demokratie ist zwar erlaubt und erwünscht - allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Es soll nur so demokratisch zugehen, wie es der realpolitische Pragmatismus, der nichts anderes ist wie das wirtschaftliche Schattenreich, erlaubt. Eine streitlose Demokratie, so tischen sie der Öffentlichkeit auf, wäre eine bessere, effektivere, gerechtere Demokratie - unbestritten streitlos ist sie jedoch heute schon: aber davon wissen die Medien nichts zu berichten.
26 Kommentare:
Schlimm sind auch die inszenierten Kontroversen in sogenannten Talk-Shows, die ja vielen Spießern als Politikersatz dienen. Man sehe sich nur mal die Klassiker Will, Maischberger und Plassberg mit seinem pseudodemokratischen Gästebuch an.
Manchmal entgleitet dem einen oder anderen Talk-Gast doch öffentlich unbeabsichtigt das vertraute Du an den politischen Gegner und der Wähler denkt: Hallo? Werde ich hier verarscht?
Eine Spitzenrolle nimmt hierbei Gregor Gisy ein, der sich mit allen möglichen Leuten von den Bundesgrünen und der SPD duzt, weil es seiner Eitelkeit schmeichelt. Dazu das "erleuchtende" Statement: "Herr X, Y von der SPD/CDU/CSU den ich als Mensch sehr schätze, ist aber als Minister/Parteivorsitzender/Fraktionsführer ein Versager".
Es wird dann so getan, als sei der Privatmann X/Y von der CSU/SPD ein anderer, als der Funktionsträger. Das entspricht der Logik der Aussage: "Hitler hatte ja auch seine guten Seiten!"
In den Bundestagsdebatten wird dann vor laufenden Kameras der Konflikt, der Streit mit dem politischen Gegner in einem für mich unerträglichen und durchschaubaren Schmierentheater simuliert.
Da denke ich doch manchmal an den jungen Joseph Fischer, der an den Bundestagsvizepräsidenten Stücklen gerichtet sagte: "Mit Verlaub Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch!"
"Es soll nur so demokratisch zugehen, wie es der realpolitische Pragmatismus, der nichts anderes ist wie das wirtschaftliche Schattenreich, erlaubt. Eine streitlose Demokratie, so tischen sie der Öffentlichkeit auf, wäre eine bessere, effektivere, gerechtere Demokratie - unbestritten streitlos ist sie jedoch heute schon: aber davon wissen die Medien nichts zu berichten."
Dazu passt, dass inzwischen schon an mancherlei Stellen offen über 'diktatorische Elemente' nachgedacht wird, die 'Entscheidungsprozesse' beschleunigen könnten - um so insbesondere wirtschaftlichen Nutzen bringen. Natürlich kommt man am Ende solcher Erwägungen zu dem Schluss, dass das mit Demokratie leider nicht so recht vereinbar sei und man - auch hier ein deutliches 'leider' vernehmbar - nun mal damit leben müsse. Noch.
In dieselbe Kerbe gehört Barrosos scheinheilige Warnung, dass man im 'Club Med' ja auch mal wieder putschen lassen könne, wenn die störrischen Arbeitsesel die 'Krise' nicht ausbaden wollten.
Aber es bahnt sich eine Lösung an: Bayern, so Otti Fischer, habe mit dem Entscheid zum Rauchverbot bewiesen, dass es Diktatur auch ohne CSU könne. So könnt's gehen - in Europa, diesem Hort der Freiheit.
gestritten wird in dieser demokratie schon, und zwar mit harten bandagen und blutigem messer.
allerdings nur, wenn mehrere unserer polithanseln nach dem gleichen job oder derselben pfründe gieren.
andere differenzen bestehen nicht, da harmoniert man - außer bei vorführungen für das volk wie wahlkampfauftritte oder tv diskussionen -vorzüglich bis vollkommen.
und für geringfügige inhaltliche differenzen kennt unsere einheitsfraktion ja noch teile der linken. weil die allerdings den reibungslosen politikablauf stören könnten!!! wird schon mal ganz ungeniert über mehr diktatur wagen nachgedacht. und richtig aufbereitet und verkauft - dafür haben wir ja pr agenturen und unsere medien - kann ganz leicht dafür gesorgt werden, daß die dumme masse schreiend nach mehr diktatur verlangt, um "unsere arbeitsplätze" vor den chinesen zu retten.
Aufschlussreich fand ich das Verhalten von PolitkerInnen während der Wahl zum Bundespräsidenten:
Wer da mit wem so alles besonders gut und vertraut konnte!
Wer da alles nicht klatschte, als der aktuelle BP in seiner Sonntagsrede vom hohen Hause die Regulierung der Finanzmärkte forderte. Da wurde vollends offensichtlich: Die haben überhaupt nicht die Absicht, etwas in dieser Sache zu tun und genieren sich nicht mal mehr, das zu zeigen.
@Peinhart, Landbewohner
bei uns würde die Sache mit der Diktatur auf die Ausschaltung des Parlamentarismus nach Art. 53a GG hinauslaufen.
Lieber Roberto,
Dein Artikel ist sehr schön, leidet aber an einer Schieflage: Du schreibst von einem "Diktat des Lobbyismus" - das halte ich für falsch. Dieser Staat hat seine ureigenen Zwecke, die er sich von NIEMANDEM vorschreiben lässt: sie heißen 1. WACHSTUM, 2. WACHSTUM und 3. WACHSTUM, vielleicht noch 4. WACHSTUM und manche meinen auch noch 5. WACHSTUM...
Lobbyismus ist dem Staat dabei gar nicht unangenehm, weil sich so "die Wirtschaft" beim Staat für noch mehr WACHSTUM einsetzen kann. Was soll eigentlich nicht im Staatsinteresse sein, wenn VW Lobbyismus betreibt, um an Subventionen zu kommen? Das fördert doch den Staatszweck WACHSTUM!
@Krawallschachtel: Dass die Politiker persönlich ganz nette Typen sein können und im Amt dann wie A********** handeln, ist nicht unbedingt eine Erfindung des Herrn Gysi. Das kann durchaus stimmen, wenn man sich mal klar macht, dass die Politiker auch nur Charaktermasken der Macht sind - persönlich zuvorkommend können sie durchaus sein, im politischen Handeln aber bestimmen sie über den Alltag von Millionen, ohne jemals diese Leute zu fragen, was sie sich denn wünschen würden. Politiker haben keinen großen Spielraum - oberstes und letztes Staatsziel ist nun einmal - wie ich oben sagte - WACHSTUM!
Um einmal ganz anders über Demokratie nachzudenken, empfiehlt sich der HERVORRAGENDE Vortrag (mit Diskussion) anlässlich der letzten BT-Wahl:
- „Die Krisenwahl 2009 demonstriert die Leistung der Demokratie: Bürger wählen die Opfer, die Staat und Kapital von ihnen verlangen“ (Do., 24.9.2009, Nürnberg, Dr. Peter Decker) > http://doku.argudiss.de/?Kategorie=all#294
Liebe Grüßle
Daniel
demokratie als schein, als scheinveranstaltung,
Hallo Daniel, neben vielem Wissenwerten und manchen durchaus guten marxistischen Analysen und Standpunkten tischt uns die einstige MG und der heutige GegenStandpunkt nun schon seit gut 30 Jahren das idealistische Märchen eines angeblich über den Klassen, über den gesellschaftlichen Interessengegensätzen stehenden "bonapartistischen" Staates auf!
In Wahrheit steht dieser BÜRGERLICHE KLASSENSTAAT nur SCHEINBAR darüber, ist aber letztlich - u.a.auch durch den intitutionalisierten Lobbyismus(Erfindung des englischen Parlamentes vor mehr als 300 Jahren) - der "geschäftsführende Ausschuß der Bourgeoisie".(K.Marx)
Dieser Staat steht keinesfalls "über den Klassen", ist bei allen seinen Entscheidungen letztlich immer PARTEI, Partei für alle Besitzenden, Wohlhabenden, Reichen, Super-Reichen.
Sie alle trachten natürlich danach, mit Hilfe DIESES Staates ihre ganz spezifischen Interessen durchzusetzen, ob bei Gesetzen aller Art oder Steuern ganz allgemein.
Man muss schon sehr blind oder ideologisch dick bebrillt sein um nicht zu erkennen, welche Interessen bei allen staatlichen Entscheidungen bedient werden.
Der politische Streit in dieser "parlamentarischen Demokratie" hat sehr wohl auch materielle Hintergründe, da Politiker und viele der hohen Spitzenbeamten(siehe Asmussen & Co.!) immer auch Lobbyisten für diese oder jene relevanten ökonomischen Gruppen in dieser Gesellschaft sind.
Daher verfolgt dieser Staat auch keinerlei "ureigenste Ziele" um "seiner selbst willen" sondern i.d.R. die Ziele der ökonomisch mächtigsten Kreise in diesem Land, deren Gier nach immer höheren Profiten, deshalb immer billigeren, zunehmend entrechteten Lohnsklaven...
Die Interessen der Finanzwirtschaft und der mit dieser engstens verwobenen großen DAX-Konzerne sind daher bis zur jetzigen Stunde die obersten Maximen allen staatlichen Handelns, aller politischen Entscheidungen.
Daraus folgt, dass dieser Staat im Gegensatz zur Bourgeoisie, höherem Beamtentum und Teilen des "Kleinbürgertums" für die große Masse der Lohnabhängigen, Arbeitslosen und sonstigen kleinen Leute im Grunde ein FEIND, eine feindliche repressive Macht ist, GARANT ihrer Ausbeutung,ihrer Unterdrückung, ihrer weitgehenden gesellschaftlichen Ohnmacht und - Verdummung!
Also, lieber Daniel: Die dicke ideologische Brille abgesetzt, sehen, erkennen, SELBST DENKEN!!!
Dazu ermunternde beste kameradschaftliche Grüße von
Bakunin
"we agree to disagree" - die alte, britische parlamentsmaxime. nicht allein würzt der streit das demokratieren, er ist seine essenz. der konsens ist nicht das erste ziel des repräsentanten, er ist der notwendige zwischenzustand eines fortwährenden interessenkampfes.
die feine sommerharmonie lässt sich ganz hübsch auf bundesrepublikanischen terrassen zum grappa genießen, aber sie passt nicht zu einer konsequenten demokratischen praxis.
der konsens ist einem in sich verschworenen parlament nur dienlich, wird doch der eindruck befördert, man kümmmere sich in einigkeit um das volk und seine interessen.
im gegenteil aber ist diese atmosphäre hermetisch, ohne ein laues lüftchen im demokratischen betrieb, einschläferung, die sich erst legt, wenns wieder um posten geht.
scheindebatten sollen hie und da dem demokratisch gesinnten beobachter suggerieren, der betrieb sei mit kämpfen erfüllt wie eh und je. dabei hat - beispielsweise bei dieser unsäglichen bundespräsidentenwahldikussion - das vorgehen in den landeshauptstädten + berlin relativ wenig mit einer gesunden, echten konfrontation von interessengruppen und ihren repräsentanten zu tun.
und das ist eigentlich das traurige an unserer "demokratie".
Anonym klaus baum hat gesagt...
"demokratie als schein, als scheinveranstaltung,"
12. Juli 2010 12:39
Nicht unbedingt! Ist nur vollkommen richtig vom Standpunkt, aus der Interessenlage der Besitzlosen, Lohnabhängigen, Klein- und Mittelverdiener, vieler Rentner und Arbeitsloser.
Um DEREN Interressen findet in der Tat innerhalb der Politik kein wirklicher Streit statt, höchstens darum, wie man diese "Klientel" noch besser verarschen, aussaugen, über den Tisch ziehen könnte!
Dagegen hat der politische Streit, den du hier so leichtfertig als Schein abtun möchtest, für alle wirklichen Nutznießer und Abstauber, Ausbeuter dieses System sehr wohl eine Bedeutung, insofern es da nämlich häufig um die Durchsetzung ureigenster partikularer Interessen geht.
Ob Steuerpolitik, Subventionen, Staatsschulden(!), da prallen innerhalb der besitzenden Klassen und Schichten die unterschiedlichsten Interessen aufeinander.
Beim "lieben Geld" hört schnell auch alle "Freundschaft" INNERHALB der besitzenden Klasse, im Kreise aller Reichen auf, wird gefeilscht und gekämpft, werden Politiker oder parlamentarische "Hinterbänkler" zu ordinärsten Lobbyisten.
Übrigens: Dieser Lobbyismus funktioniert auch ohne parlamentarische Demokratie, wie die Erfahrung des Dritten Reiches und anderer authoritärer Staaten ganz eindeutig zeigt.
Nur fand oder findet er dort nicht so offen statt, mehr hinter verschlossenen Türen, aber dennoch nicht weniger verbissen als bei "uns".
MfG Bakunin
@ Bakunin
Ja. Jede politische Ordnung (Staat?) ist so gut bis so schlecht, wie deren Erfüllungsgehilfen, die ihren persönlichen Eigennutz vor das Wohl der Allgemeinheit stellen, oder?. Ihr schändliches und räuberisches Tun und Handeln, verstecken sie dabei in einem bestehenden System politischer Aktivitäten, das einige genau zu diesem Zweck immer stärker zum Geldverteilungsautomaten ausbauen. Von unten nach oben wird selbstverständlich verteilt (alles Gute komt von oben?), gemäß folgender Ideologie: Nur die (finanz-)Starken können den (finanz-)Schwachen helfen. Aktive Politiker die an diesem Werke mitschaffen, die sich daraus ableitende Konsequenz, oder?
Ist das Spiel verkehrt, oder die Spieler? Wer sind die Sieger, wer die Verlierer in diesem Spiel? Wie wird mit ihnen jeweils umgegangen? Haben alle das Spiel und die dazugehörigen Regeln verstanden?
Die Schlinge zieht sich somit enger und enger um den sozialstaatlichen Lebensraum. Der letzte Rest an Würde und Wertschätzung im gemeinschaftlichen Miteinander werden zu Grabe getragen. Was bleibt ist ein ständiger Kampf im Gegen- und Übereinander. Wer sich da so alles als Sargträger zur Verfügung stellt?!
Da versammeln sich fast 20000 Leute von links bis Gutbetucht im Schloßpark in Stuttgart um gegen den sauteuren Schildbürgerstreich "Stuttgart21" zu demonstrieren, und die Medien reagieren mit "brüllendem Schweigen". Die "Maultaschen-Connection" hat ihre Fühler offensichtlich bis weit in die Redaktionsstuben.
"Öttinger-Burda-Merkel-Frey-Ackermann-Springer-Schäuble-DB-Bertelsmann" wer hat da nun was in wessen Auftrag verlautbart oder zu verlautbaren vergessen?
Klaus H
@Bakunin:
Lieber Bakunin!
NATÜRLICH ist dieser Staat der "geschäftsführende Ausschuss der Bourgeoisie". Habe ich das etwa bestritten? Aber DENNOCH handelt der Staat im Interesses des "Gemeinwohls", wie er es eben versteht. Und was versteht "unser" Staat unter "Gemeinwohl"? WACHSTUM! Das ist seien Machtquelle, also ergreift dieser Staat in seinem eigenen wohlverstandenen Staats- und "Gemeinwohl"-Interesse eben PARTEI für das KAPITAL. Ich sehe da eigentlich keinen Widerspruch zwischen uns - oder willst Du mir jetzt etwa sagen, dieser Staat wäre im Falle des Fehlens jeglicher Korruption vielleicht ein Diener des Proletariats? Mach Dir doch mal Deinen Widerspruch klar: Du siehst den Staat als quasi vom Kapital "gekidnapped" an, und da werden Dir die Macher der Nachdenkseiten, Naomi Klein, Heiner Flassbeck und all die anderen bürgerlich "linken" sicher zustimmen (und dabei auf den pösen pÖÖsen Neoliberalismus schimpfen) - aber letztlich ist doch diese Sicht NAIV!
Ich leugne gar nicht das UNGHEURE Ausmaß an Vetternwirtschaft, Korruption und Kartellbildungen. Ich weiß, dass Wirtschaftslobbyisten direkt in den Ministerien Gesetze verfassen dürfen.
ABER: Ich will keine korruptionsbefreite bürgerliche Demokratie: denn auch diese würde, sogar unter Leitung von Arbeiterführern, nichts anderes im Sinn haben, als die Wirtschaft am Laufen zu halten, um die Macht des Staates zu mehren... von der wir ja alle (nur im negativen Sinne) abhängen SOLLEN und MÜSSEN...
Entschuldige, aber ich sehe den Fehler eher bei Deiner Darstellung (die ich bis vor gar nicht langer Zeit auch geteilt hatte) und nicht bei meiner...
Aber man wird sich auch mal wieder einigen können, oder?
Liebe Grüßle
Daniel
Also stehen wir eben doch in Widerspruch
@Bakunin - Nachtrag:
In Kurzform wollte ich DAS sagen: Die Wirtschaft ist letztlich ein Mittel des Staates für seine Macht. Und das ideale Mittel zur Machtsteigerung ist eine kapitalistische Wirtschaft, die den abschöpfbaren Reichtum immens und maximal vergrößert: sprich alles aus den Leuten herausholt. Und darin liegt auch der Grund, weshalb dieser Staat den Interessen der Kapitalisten jeglichen Vorrang einräumt: eben weil er die Reichtumsmehrung der Kapitalisten als SEINE EIGENE Machtquelle nutzen will und kann...
Desweiteren verweise ich zur Frage, was der Staat ist, auf diese beiden Vorträge, die das erschöpfend erläutern:
„Der bürgerliche Staat“ > 2. Mai 1979, Bremen, Dr. Karl Held > http://doku.argudiss.de/?Kategorie=all
„Der bürgerliche Staat“ [Herrschaft, auf dem Willen der Beherrschten beruhend - Freiheit und Eigentum - Gleichheit - Beherrschung des Gegensatzes der Konkurrenz] (4.10.2008,Berlin,Dr.Peter Decker) > http://doku.argudiss.de/?Kategorie=all#257
Liebe Grüßle
Daniel
@Bakunin - Nachtrag 2:
Den Staat als Büttel des Kapitals hinzustellen ist ein Fehler – denn wer hat denn diese Wirtschaft eingerichtet: der STAAT! Und auch den Finanzkapitalismus, den haben die führenden imperialistischen Staaten USA, GB, BRD, F usw. aus der Taufe gehoben – eben weil sie darin „Wachstumschancen“ erkannt haben. Staaten sind keine freundlichen Gesellen, die nur von Banken und vom Kapital als Geiseln genommen worden wären – NEIN! Der Staat hat nur ein Interesse: seine Macht zu steigern. Sonst NIX! Punkt.
So, und wie macht er das? Indem er seine Untertanen dazu bringt, für möglichst wenig Geld viel Leistung zu erbringen. Also richtet der Staat eine kapitalistische Wirtschaft ein. Das stärkt die Springquellen der Macht des Staates. Und da die sog. „Realwirtschaft“ immer weniger Profit abwarf, kamen die Mächtigen dieser Welt vor Jahrzehnten darauf, per Finanzkapital neues Wachstum zu initiieren. Dabei spielt es keine Rolle, dass das Finanzkapital Nullkommanix „real“ zur Wirtschaft beiträgt. Es kam nur darauf an, den nationalen Kredit zu stärken. Und solange das gut ging, waren die Staaten die größten Freunde der Bankster - und zwar im EIGENEN STAATSINTERESSE. Vergiss einfach alle Ideale über den Staat. Der will Macht, koste es was es wolle – und seine Untertanen sind nur Mittel für diesen Zweck. So wie der *EINZIGE* Zweck in der kapitalistischen Wirtschaft auch nur das berühmte G = W = G’, also die Vermehrung von Geld, also Profit ist.
Im Zuge der Finanzkrise ist dieses Vertrauensverhältnis zwischen Staat und Finanzkapital zerbrochen – jetzt ist wirklich die Hölle los, aber eben ERST jetzt, weil die erfolgreichen Imperialisten zuvor ungeheuer an Macht dazugewonnen haben, indem ihr nationaler Kredit per Finanzkapitalismus ungeheuer aufgeblasen wurde.
Jetzt schimpfen sie drauf und es ist tatsächlich ungewisse, wie es nun weitergeht. Wahrscheinlich mit Weltwirtschaftskrise, Verelendung, evtl. Faschismus, man wird sehen…
Jedenfalls solltest Du nicht positiv vom Staat sprechen, als ob dieser „Opfer“ der Wirtschaft wäre. Das unterstellt diesem Staat nämlich menschenfreundliche Zwecke, die dieser NIE gehabt hat.
>>> Fortsetzung...
@Bakunin - Fortsetzung:
Im Zuge der Finanzkrise ist dieses Vertrauensverhältnis zwischen Staat und Finanzkapital zerbrochen – jetzt ist wirklich die Hölle los, aber eben ERST jetzt, weil die erfolgreichen Imperialisten zuvor ungeheuer an Macht dazugewonnen haben, indem ihr nationaler Kredit per Finanzkapitalismus ungeheuer aufgeblasen wurde.
Jetzt schimpfen sie drauf und es ist tatsächlich ungewisse, wie es nun weitergeht. Wahrscheinlich mit Weltwirtschaftskrise, Verelendung, evtl. Faschismus, man wird sehen…
Jedenfalls solltest Du nicht positiv vom Staat sprechen, als ob dieser „Opfer“ der Wirtschaft wäre. Das unterstellt diesem Staat nämlich menschenfreundliche Zwecke, die dieser NIE gehabt hat.
>>> Fortsetzung...
@Bakunin - Fortsetzung:
Meine Rede vom STAAT meint natürlich immer ausdrücklich den BÜRGERLICHEN Staat des Kapitalismus. Klar. Aber wenn wir Marxisten über die Zeit NACH der Revolution sprechen, dann sollte schon klar sein: der Staat ist dann nur noch ein Provisorium, das zur Einrichtung der gesellschaftlichen Planung zur Bedürfnisbefriedigung aller dienen soll – dabei muss das Privateigentum an Produktionsmitteln abgeschafft werden, aber auch Geld und Lohnarbeit müssen letztlich verschwinden – und ganz am Ende verabschiedet sich dann auch der Staat.
Der Unterschied zu heute ist dann also, dass der Staat nach der Revolution nicht mehr SELBSTZWECK ist, sondern nur noch MITTEL des Proletariats zur Schaffung der klassenlosen Gesellschaft. Danach sollte er abtreten (was nicht gleichbedeutend mit fehlender Ordnung ist). Der Staat wird dann nämlich nicht mehr gebraucht, um antagonistische Interessen zusammenzuhalten, weil die Interessen dann nicht mehr im Gegensatz stehen werden…
>>> Fortsetzung...
@Bakunin - Fortsetzung:
Wieso kommen die meisten Menschen beim Gedanken an ein fehlendes Gewaltmonopol stets nur auf den Gedanken homo homini lupus – der Mensch ist dem Menschen ein Wolf? Fällt dabei nicht auf, dass dieses Urteil über die Folgen ausbleibender Staatsgewalt von DIESER Gesellschaft und von DIESER Wirtschaft ausgeht und daher natürlich 1 Million Gründe nennen kann, warum bei fehlender Staatsgewalt sich die Leute sofort gegenseitig den Schädel einschlagen würden. Sofort ist man wieder dabei, zu sagen: puh, zum Glück gibt es diese Staatsgewalt, sonst wäre hier der Wilde Westen – es stimmt, in DIESER Gesellschaft braucht es die staatliche Gewalt, um die Verhältnisse abzusichern – anders wäre z. B. das Privateigentum (d. h. Dinge, die jemandem gehören, der sie aber nicht braucht – wer es braucht, hat einen Dienst am Eigentümer zu leisten) nicht aufrecht zu erhalten – ohne Staatsgewalt (und ohne Untertanenmoral) wäre das nämlich in 5 Minuten aufgehoben.
So – die Gewalt braucht es in diesem Laden, weil es eine Konkurrenzgesellschaft ist, eine Geldwirtschaft, in der der Vorteil des Einen durch den Nachteil des Anderen bedingt wird – ohne Armut kein Reichtum usw. Geschäfte laufen stets so, dass die Seiten versuchen, sich gegenseitig übers Ohr zu hauen. Die Arbeiter arbeiten nicht für sich, sondern um den Reichtum der Eigentümer zu vermehren usw. usf.
>>>Fortsetzung...
@Bakunin - Fortsetzung:
Ja, und diese Konkurrenzgesellschaft, auch Kapitalismus genannt, kennt nur widerstreitende Interessen, die dauernd durch überlegene Gewalt im Zaum gehalten werden müssen, um den Ausbruch eines Bürgerkriegs zu verhindern. Übrigens gibt es hier privilegierte Interessen (die der Eigentümer), die gegen den Rest ziemlich absolut gelten, während die Interessen von Rentnern, Arbeiter, Arbeitslosen, Kranken usw. nur BEDINGT gelten – nämlich nur relativ, d. h. abhängig vom Gelingen der Geschäfte, die nichts anderes sind, als aus Geld mehr Geld zu machen (entweder über den Umweg der Produktion von Waren oder ohne Umweg direkt über das Aufblähen von Finanzblasen). Das "kapitalistische Wunder": Aus Geld werde mehr Geld – man nennt das hier Wirtschaftswachstum. Und davon hängt ALLES ANDERE ab. Und diese Abhängigkeit ist VOM STAAT SO EINGERICHTET, und zwar mithilfe seiner überlegenen GEWALT.
Warum soll ich also für eine Herrschaft sein, die diesen Laden so einrichtet, dass ein jeder Dein potentieller Feind ist, Dein KONKURRENT nämlich – und wo die Interessen von 95 % der Menschen abhängig gemacht werden vom Gelingen der Interessen von 5 %?
Wo es so läuft, dass einerseits gerade durch das GELINGEN der Geschäfte immer mehr Menschen arbeitslos werden bzw. zumindest die Lohnquote laufend sinkt (wegen steigender Produktivität)?
Wo es andererseits ERST RECHT so ist, dass wenn die Geschäfte nicht laufen, das Wachstum ausbleibt, es ERST RECHT an den Arbeitern, Arbeitslosen, Rentnern und Kranken ausgelassen wird?
>>> Fortsetzung...
@Bakunin - Fortsetzung:
Herrschaft ist Selbstzweck – eine Gewalt, die sich absolut setzt, als Gewaltmonopol behauptet, um sich selbst zu erhalten. Den Leuten leuchtet es leider immer ein, sie bräuchten sie als SCHUTZ. Seltsam, alle reden davon, vor den Bösen beschützt werden zu müssen – selbst sei man ja nicht böse. Aber sonst würden ja lauter Verrückte herumlaufen, die einem eins auf den Deckel geben würden, wilder Westen eben.
Mit der gleichen Begründung wird das Militär gehalten – zur „Verteidigung“ vor allen anderen bösen Gewaltmonopolen. Der Staat selber wäre ja NIE aggressiv, würde sich immer nur "verteidigen", das hat sogar der Hitler behauptet (mal egal, wie glaubwürdig das war). Aber so stehen alle Heere auf der Welt da – nie um anzugreifen, sondern immer nur zur „Verteidigung“. Das ist glatt gelogen – denn da das alle Staaten behaupten, könnten sie ja ihre Armeen abschaffen. Dem ist aber nicht so, weil es eben aggressive Gewaltmonopole sind – nebenbei: wie kann denn auch ein GewaltMONOPOL andere GewaltMONOPOLE dauerhaft neben sich dulden? Das muss eben ständig krachen!
>>>Fortsetzung...
@Bakunin - Fortsetzung:
Also: weder Herrschaft noch Konkurrenz sind etwas Gutes für die, die Marx mal das Proletariat nannte. Trotzdem lassen sich die Leute heute diese Dinger einleuchten als gut und nützlich – dabei sind sie ihr Schaden.
Wo ist die ALTERNATIVE? Nun, die geht erst, wenn die Einzelinteressen der Menschen nicht mehr im Gegensatz zueinander stehen, wenn die gesellschaftlichen Zwecke die Zwecke aller sind. Wie geht das? Mit gesellschaftlicher Planung der Produktion nach den Bedürfnissen ALLER, ohne Geld und ohne Privateigentum. Eingerichtet wird dies natürlich schon erst einmal von einer durchs Proletariat revolutionär erkämpften Staatsmacht, die aber später allmählich absterben wird. Wenn die Einrichtung dieser planmäßigen Produktion abgeschlossen ist, braucht es keine Staatsgewalt mehr, um die Interessen der Einzelnen im Zaum zu halten.
Mehr zum Thema Konkurrenz beim GegenStandpunkt:
- „Die Konkurrenz – ‘Sachzwang’ und Erfolgsrezept?“ (14.03.2005, Dr. Karl Held) > DIREKT HIER: http://doku.argudiss.de/?Kategorie=all#109
Liebe Grüßle und Hoffnung auf diskursive Versöhnung
Daniel
Lieber Daniel, vielleicht liegt der Fehler von dir und den GegenStandpunkt-Leuten darin, dass ihr den Staat als ein ganz und gar autonomes mächtiges Rechtsubjekt anseht, ähnlich wie ein gewöhnlicher einzelner Bürger?
Oder gar für einen "mehrköpfigen" Ludwig XIV, welcher bekanntlich auch nach ganz viel Macht für das vorgebliche "Gemeinwohl" seiner "geliebten" damaligen Unterthanen strebte?
Könnte es also sein, dass ihr den alten absolutistischen Staat aus alten Zeiten in seinem damaligen Selbstverständnis als heute noch immer existent anseht?
Dann aber, lieber Daniel, habt ihr wirlich mehr als 200 Jahre geschichtlicher Entwicklung glatt verpennt!(bezüglich Italien oder England noch mehr Jahrhunderte!!!)
Dann ist euch glatt "entgangen", wie sich nach und nach, angefangen in Italien und England schon viel früher, sich das ökonomisch immer mächtigere Bürgertum langsam aber sicher den "Staat" eroberte, sich ihnen zunächst noch mit dem Adel teilte, langsam aber ihn ganz und gar beherrschte, ihn nach ihren Vorstellungen ummodelte, bis hin zum "code napoleon" in Frankreich oder viel später das BGB in Deutschland....
Die feudalen Staatsgebilde wurden so in bürgerliche Staatsgebilde umgewandelt - in einem langen historischen Prozess.
Also: Der Staat ist entgegen seinem Anschein keinesfalls ein bürgerliches Rechtsubjekt sondern eine politisch-administrative Organisation von Menschen, öffentlichen Personen, welche in einem vorgegebenen gesetzlichen Rahmen wirken.
Der gesamte Staatsapparat besteht aus Menschen aus Fleisch und Blut, Leuten, die aus der Mitte der Gesellschaft kommen, mit dieser auf vielfältigster Weise in Verbindung stehen, ihre Karrieren dieser bürgerlichen Gesellschaft, wichtigen gesellschaftlichen Akteuren, politischen oder ökonomischen Seilschaften aller Art verdanken.
Der gesamte moderne bürgerliche Staatsapparat ist Fleisch vom Fleische dieser Gesellschaft, bildet diese in gewisser Weise ab, dient dieser eben und gerade auch deshalb.
Deshalb reden vernünftige Marxisten auch von einer bürgerlichen Demokratie, welche eben die Interessen der ökonomisch führenden Schichten dieses Landes zum gesamtgesellschaftlichen Anliegen erhebt - und erzwingt!
Ein "Gemeinwohl" im Interesse ALLER kommt darin ebenso wenig vor wie ein moderner "Absolutismus" oder "Bonapartismus".
Ob die Wirtschafts- und Finanzkrise oder die gigantische Öko-Katastrophe im Golf von Mexico, wie erbärmlich, wie jämmerlich zappeln da diese "mächtigen" Staatmänner, nein: Staatsschauspieler?
Wie wird diesen Hampelmännern praktisch jedes öffentliche Wort VORDIKTIERT? Ängstliches Ablesen von "Statements" von Promptern...
Da verschuldet sich eurer "mächtiger Staat" trotz bereits angesammelter riesiger Schuldenberge nochmals gewaltig, bringt sich damit in noch größere Abhängigkeit von seinen Gläubigern, "nur" um Banken, Hedge-Fonds, Versicherungen aller Art, zahllose reiche oder wenigstens wohlhabende Privatanleger vor finanziellen Verlusten zu bewahren. Wohlgemerkt: Alles für Personen oder Unternehmen seiner bürgerlichen Gesellschaft.
Warum nur ist dieser so "selbstherrliche" Staat nicht eben so "großzügig" bei kleinen säumigen Piefkes selbst bei kleinsten Zahlungsrückständen?
Vielleicht einfach deshalb, weil diese kleinen Piefkes keinerlei realen Einfluß auf die großen und angeblich so "mächtigen" Staatsakteure haben, diese eben nicht in IHREM(!) Interesse auf diese Positionen hieven konnten und deshalb deren Entscheidungen permanent beeinfussen können?
Dieser Staat ist Knecht und Büttel der ökonomisch mächtigsten Kreise dieser Gesellschaft, Politik, Medien und Rechtssprechung MITTEL ihrer "verstaatlichten" Herrschaft über die große übrige Masse der Bevölkerung.
Diskussionsfreudige Grüße von
Bakunin
@Bakunin:
Also in der Staatspraxis sehen wir die Sache ABSOLUT IDENTISCH - das "Gemeinwohl" ist hier eben bloß das WOHL der Eigentümer. Klar! Das wollte ich doch auch nie bestreiten. Letztlich ist es dann auch müßig, darüber zu streiten, ob Henne oder Ei zuerst da waren, also ob der Staat den Kapitalismus eingerichtet hat oder der Kapitalismus sich seinen Staat gemodelt hat - letztlich läuft es auf das Gleiche hinaus.
Lass uns also die Diskussion so beenden, dass wir die Ursache einen Tick anders erklären, praktisch aber die heutige Politik handelt wie ein Büttel des Kapitals. Ob aus eigenem Antrieb oder Korrumpiertheit ist da doch letztlich egal - der bürgerliche Staat ist so oder so ein FEIND des Proletariats, da sind wir beide vollkommen gleicher Meinung, Bakunin.
Und abhängig vom Kapital ist er ja nach meiner Lesart wie nach Deiner Lesart - nur der *prosperierende* Gang der Geschäfte, der Reichtumszuwächse und der Ausbeutung gibt diesem bürgerlichen Staat Ruhe. Die Proletarier sind nur Unkost für diese Wirtschaft und diese Gesellschaft, möglichst heruaszukürzen. Ich habe auch nie von einem bürgerlichen Staat als dem Gemeinwohl ALLER verpflichteten Gemeinwesen geschrieben, sondern immer nur vom Staat als Hüter des "Gemeinwohls" der Kapitalisten, der Wachstumsmehrung. Und korrupt bis über beide Ohren ist dieser bürgerliche Staat sowieso... nur wäre ohne Korruption eben trotzdem noch nichts gewonnen für das Proletariat: es bliebe der FEIND des bürgerlichen Staats...
Liebe Grüßle
Daniel
@Bakunin:
Dass der Staat die Finanzkrise "gemeistert" hat, hat er aber nicht einfach bloß im Interesse der einzelnen Geldsäche (hochtrabend "Akteure" auf den Märkten genannt) gemacht: Das war schon auch im eignen Staatsinteresse, um den Gang der Geschäft zu retten. Ansonsten wären Geldsystem und Kapitalismus im Oktober 2008 *PUTT* gegangen. DAS wollte der Staat damals verhindern - und nicht einfach nur die Eigentümer schützen... Vielleicht solltest Du Dir dazu einmal folgende Beiträge "reinziehen":
- „Was die Weltwirtschaftskrise über den Kapitalismus lehrt: Ein Gegenstandpunkt zur öffentlichen Sorge um die baldige Gesundung 'unserer' Wirtschaft“ (28. April 2009, Hamburg, Dr. Peter Decker) > http://doku.argudiss.de/?Kategorie=all#286
- „Geld oder Leben: Schlaglichter auf das markwirtschaftliche Verhältnis von Ökonomie und Versorgung“ (2009-11) > http://www.farberot.de/mp3/GegenStandpunkt_Geld_oder_Leben.mp3
- „Lehren aus der Krise 3 - Die staatliche Gewalt rettet das Geschäft“(2010-06-07)> http://www.farberot.de/mp3/GegenStandpunkt_Lehren_Krise_3.mp3
- „Finanzkrise Runde 2: Wenn Staaten ihren Kredit verlieren“ (Donnerstag, 24. Juni 2010, Nürnberg, Dr. Peter Decker)
> http://doku.argudiss.de/?Kategorie=all#340
Liebe Grüßle mit weitere Hoffnung auf letztliche Einigung in den Begrifflichkeiten und der Ursachenforschung ;-)
Daniel
"Liebe Grüßle mit weitere Hoffnung auf letztliche Einigung in den Begrifflichkeiten und der Ursachenforschung ;-)
Daniel"
Natürlich ließe sich noch lange weiter über den bürgerlichen Staat, Formen bürgerlicher Herrschaftsausübung, moderener Herrschaftsmethoden diskutieren.
Da wir uns aber in der "großen Sache" eh einig sind, lohnt es nicht, zumal unsere Staatsdikussion in diesem Blog auch niemanden weiter zu interessieren scheint.
Übrigens habe ich in einem neuen GegenStandpunkt eine sehr gute und voll zutreffende Analyse zu dieser Sauerei im Golf von Mexiko gelesen.
Diesen Text möchte auch ich allen Lesern und Kommentatoren hier wärmstens an Herz legen!
Und wer weiss, hätten die ehemaligen "realen Sozialisten" in der DDR und anderswo in den 80ern mal hin und wieder in die alte MSZ geschaut und daraus ein paar vernünftige Gedanken gezogen, vielleicht wären sie noch heute an der Macht und würden einen besseren, attraktiveren Sozialismus entwickeln?
Na ja, nur noch rückwärts gerichtete Träumerei...., blicken wir besser in die Zukunft...
Beste "anarchistische" Grüße von
Bakunin
@Bakunin:
Ja, die Analyse zur BP-Ölkatastrophe habe ich auch schon *gehört* (ich habe den "GegenStandpunkt" zum *Lesen* erst seit der aktuellen Ausgabe 2-10 abonniert), hier zum Hören für alle:
- "BP und das Öl im Golf von Mexico" (23. 6. 2010, Freies Radio Stuttgart) >
http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=34747
Liebe Grüßle und Genugtuung über die gewonnene Einheit in der Bewertung der PRAXIS des bürgerlichen Staates :)
Daniel
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