Nomen non est omen

Donnerstag, 4. Februar 2010

Heute: "Die geforderte Förderung"
"Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fördern und mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern müssen."
- Altbundeskanzler Gerhard Schröder -
Die Sprache des Jobcenters und der Bundesagentur für Arbeit soll den Druck und die Repression auf Arbeitslose verdecken und verschleiern. Laut dem Gaslobbyisten und Altbundeskanzler Gerhard Schröder sowie dem korrupten Erfinder der Alg II-Gesetzgebung, Peter Hartz, liegt das Problem der Arbeitslosigkeit in Deutschland vor allem an zuwenig Druck auf Arbeitslose. Insofern müsse man nur anständig "fordern und fördern" wie es im Alg II-Gesetzestext heisst. Die euphemistische Sprache von Alg-Bescheiden gleicht hierbei einer mafiösen Kommunikation. Aus Familien werden "Bedarfsgemeinschaften" und aus Menschen "Kunden".

Es werden "Einladungen" und "Angebote" verschickt, die man nicht ablehnen kann – hier gibt es kaum einen Unterschied zum "Paten", entweder man kommt der "Bitte" nach oder man hat mit Konsequenzen zu rechnen. Um jedem Arbeitslosen auch sprachlich klar zu machen, dass er vorerst nicht gesellschaftsfähig ist, muss er natürlich durch "Aktivierungsmaßnahmen" und einer "beruflichen Wiedereingliederung" zu einem produktiven und anerkannten Menschen gemacht werden, d.h. erst "aktiviert" werden. Ohne diese "Aktivierung" ist er weder ein Mensch der Respekt und Anerkennung verdient, noch gesellschaftsfähig.

Repression und Zwang begleiten fast den gesamten Umgang mit Arbeitslosen – genau das versucht die Sprache allerorten zu verschleiern. Es werden "Zielvereinbarungen" getroffen, die suggerieren sollen, als hätte man sich geeinigt, quasi auf Augenhöhe einen gemeinsamen Kompromiss geschlossen. Dabei werden Arbeitslose weder gesetzlich, noch persönlich von Sachbearbeitern gleichberechtigt behandelt. Sie haben sich der vorgegebenen Gesetzeslage zu fügen. Mit der Pistole auf der Brust werden Betroffene gezwungen zu unterschreiben: wer nicht sputet, muss mit harten Sanktionen rechnen.

Die technokratische und bürokratische Alg-Sprache ist durch und durch menschenverachtend. Sie macht ihn zu einem Ding, zu einer Kennziffer. Die Alg II-Gesetzgebung und der tägliche Umgang mit Arbeitslosen ist ein einziger riesiger Verstoß gegen Artikel 1 unseres Grundgesetzes. Von Achtung der Menschenwürde kann keine Rede mehr sein.

Dies ist ein Gastbeitrag von Markus Vollack aka Epikur.

10 Kommentare:

padrino 4. Februar 2010 um 08:17  

Michael: Als Johnny anfing, bekannt zu werden, hatte er leider einen Fünf-Jahres-Vertrag bei einem Bandleader. Und als er immer größere Angebote bekam, wollte er aus diesem Vertrag raus. Nun ist Johnny der Patensohn meines Vaters. Also ging mein Vater hin zu diesem Bandleader … und bot ihm 10.000 Dollar, wenn er Johnny gehen ließe. Der Bandleader sagte Nein. Am nächsten Tag besuchte mein Vater den Bandleader wieder mit Luka Brasi zusammen. Innerhalb einer Stunde war Johnnys Vertrag gelöst. Und zwar für einen Scheck von 1.000 Dollar.
Kay: Wie … hat er das erreicht?
Michael: Mein Vater machte ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte.
Kay: Was war das für ein's?
Michael: Luka Brasi hielt ihm einen Revolver hinters Ohr und mein Vater versicherte ihm, entweder käme seine Unterschrift oder sein Gehirn auf den Vertrag. … Die Geschichte ist wahr. … So ist meine Familie, Kay. So bin ich nicht.
Aus "der Pate"

Anonym 4. Februar 2010 um 08:36  

Unbequemer:

Es ist eine Frage des Wissens, wie man sich wehren kann. Leider wurden viele Beratungsstellen zum 1.1.2005 aufgelöst. Den nun Anspruchsberechtigten sollte kein Wissen über ihre Gegenwehrmöglichkeiten aufgezeigt werden.

Gute Fachanwälte für Sozialrecht sind selten, und wenn man das Pech hat, keinen in seiner Gegend zu finden, der sich für die Opfer der Gesellschaft einsetzt, ist es schwer, sich gegen die Willkür der Arge zu wehren.

Internetforen die von angeblichen Pro-Erwerbslose agierenden "Gründern" geführt werden, sperren kritische Schreiber aus. So bin auch ich in mehreren Foren gesperrt. Unter anderem, weil ich gegen einen Wahlboykott argumentiert habe. Denn nicht wählen gehen bedeutet, die Extremisten zu stärken, die ihre Wähler an die Urnen bringen und die stärkste Partei zu fördern, da diese mit wenigen Stimmen mehr Macht erhält.

Wenn dann auch noch in Foren Tipps gegeben werden, wie man die Arge betrügen kann, Kritik an diesen Tipps ebenfalls zur Sperre führt, nutzen diese Foren auch nur um aufzuzeigen, schaut doch dort in dem Forum, wie die Arbeitslosen versuchen zu betrügen.

Es gibt nur einen richtigen Weg der Gegenwehr, der Weg des Rechts.

Da müssten sich die Erwerbslosen einmal nicht als Konkurenten um die seltenen Jobs betrachten, und die abhängig Beschäftigten sollten sich ebenfalls nicht gegen die entlassenen Arbeitnehmer ausspielen lassen, jeder der auf Lohnarbeit zum Überleben angewiesen ist, sollte erkennen können, nur GEMEINSAM ist man stark.

Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will.

DAS wäre mal eine richtige Antwort auf die Politik der Umverteilung von Unten nach Oben. Aber die Gewerkschaftsfunktionäre funktionieren auch meistens nur für die Unternehmer. Rettung der Arbeitsplätze für immer weniger Menschen. Das ist auch ein falscher Weg.

Tja, das ist ein Tagtraum. Und wovon träume ich Nachts?

Ajax 4. Februar 2010 um 08:45  

Man sollte nicht vergessen, das Alles ist eine "moderne Dienstleistung am Arbeitsmarkt".

Sie wird nicht mehr von einem Amt, sondern zumindest in der Anfangsphase (nicht immer) von einer Agentur erbracht und demnächst weiter modernisiert.

Dann nämlich soll die Bezeichnung Hartz ersetzt werden (welche epochalen Aufgaben hat doch eine Arbeitsministerin) und möglicherweise wird man die Bezeichnung ARGE auch etwas aufpeppen. Die Bezeichnungen werden sicher so modern und elegant wie die Ministerin und deren Hosenanzüge. Dann sprudeln die modernen Arbeitsplätze für die ("nach Paragraph .. Vorgeladenen") frisch Aktivierten wie von selbst.

Anonym 4. Februar 2010 um 11:02  

Es kann nicht oft genug auf die Studie der "Berliner Kampagne gegen Hartz IV" hingewiesen werden.

Der krasseste Fall wird ab Seite 45ff geschildert: eine Frau sollte zur (weiteren) Ausübung der Prostitution gezwungen werden. Andernfalls setzt es eine Kürzung des Bezugs um 30%.
Die "Agentur Gegen Arbeitslose" darf halt in Zeiten fehlender Arbeitsplätze wirklich nichts unversucht lassen, um die Leute wieder in Lohn und Brot zu zwingen.

So gesehen gibt es noch genug Arbeitsplätze in Deutschland. Zumindest für Frauen.

http://www.amrande.de/pdfs/broschuere_zu_sanktionen_2008_11_24.pdf

Graf Gallenstein

Anonym 4. Februar 2010 um 11:17  

@ Nomen non est omen

Bravo. Wesentliches auf den Punkt gebracht. Aber - wird es nicht Zeit für eine umfassendere Untersuchung wie die von Viktor Klemperer "Die Sprache des dritten Reichs"?

Anonym 4. Februar 2010 um 11:42  

Die in diesem Artik wunderbar aufgezeigte euphemistische Verunstaltung unserer Sprache zwecks Beschönigung von Unrecht und Gewalt gegen arbeitslos gemachte Menschen war von Anfang an ein "konstitutiver" Bestandteil dieser asozialen Hartz 4-Gesetzgebung.
Aber auch auf die Gefahr einer scheinbar ermüdenden Wiederholerei sollten wir alle in unserem Umfeld immer und immer wieder auch auf diese Aspekte aufmerksam machen.
Erinnnern wir uns nur an den demagogisch-jesuitischen H.Geißler der 70/80er Jahre, der damals seiner Partei dringend empfahl, "Begriffe zu besetzen" um so auf diese Atrt das Denken der Menschen besser manipulieren zu können.
Und diesem Zweck dient haargenau der moderne behördliche Hartz 4 - Jargon!
Könnte direkt aus Orwell`s "Wahrheitsministerium" entsprungen sein....

mfg Bakunin

epikur 4. Februar 2010 um 13:40  

@anonym

Ja, es wäre an der Zeit für ein neues LTI!

Ich müsste eigentlich nur meine ganzen geistigen Neusprech-Ergüsse zusammentragen, sie aktualisieren und verbessern. Da dies trotzdem viel Arbeit bedeutet, bräuchte ich dazu noch ein paar sanfte Tritte. Deinen Hinweis interpretiere ich in diese Richtung. Vielen Dank :-)

Andreas 4. Februar 2010 um 15:25  

"Die technokratische und bürokratische Alg-Sprache ist durch und durch menschenverachtend."

Warm das Kind nicht beim Namen nennen? Die Alg-Sprache sowie die Spracher einiger Politiker ist faschistisch.

Robert Reich 4. Februar 2010 um 17:20  

Wie bei "Dingsda" erklärte ein wirklich übles Lügenm... 2005 in Davos der Welt, was er und seine Mafia für Wohltaten für Deutschland vollbracht haben:

http://www.gewerkschaft-von-unten.de/Rede_Davos.pdf

Beim Fordern und Erniedrigen, gern als Fördern und Fordern verniedlicht, wird ja gern auch mal eine ganze Bedarfsgemeinschaft - motiviert - Sozusagen in Sippenhaft genommen, wenn die Almosen eines einzelnen Familienmitgliedes gekürzt werden. Und wer die Form der Sippenhaft wann und wie anwendete, kann man bei WIKIPEDIA nachlesen. Erniedrigung, Demütigung, Erpressung, Nötigung, Diskriminierung - da sind einige Straftatbestände, für die so manche arge ARGE zur Verantwortung gezogen werden müsste - sollte!

MfG Robert

Bernd Kudanek 4. Februar 2010 um 19:29  

Andreas hat gesagt: "Warum das Kind nicht beim Namen nennen? Die Alg-Sprache sowie die Sprache einiger Politiker ist faschistisch."

Nicht nur die Sprache einiger Politiker, lieber Andreas, NEIN, faschistoid ist das Verdummsprech fast aller PolitikerInnen der sogenannten neuen Mitte! Leider auch von einigen PolitikerInnen der PDL - und bei letzteren vor allem in Sachen Kriege und Kriegseinsätze im Ausland aber auch bei Hartz IV.

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