Kein unantastbares Vorbild
Samstag, 27. Februar 2010
oder: die Vermessenheit der Margot Käßmann.
Derjenige, der sich mit Moral, mit Ethik, mit Sittlichkeit befasst: er weiß von dieser eigenen Schwäche, den persönlichen Ansprüchen nicht ausreichend gerecht zu werden. Er ist darüber in Kenntnis gesetzt, selbst verfehlen zu können, eben deshalb, weil er Mensch ist, weil ihm deswegen nichts Menschliches fremd sein kann - um es mit der berühmten Sentenz des jüngeren Seneca zu sagen. Kein noch so ausgefeilter ethischer Kanon, kein moralisches Lehrbuch, kein sittlicher Ratgeber können den Fehltritt vereiteln - selbst derjenige, der täglich das moralische Flickzeug anwendet, Ethik philosophiert, von Kanzeln predigt, selbst wer also ausgewiesene Kapazität in Fragen der Moralität ist, ist vor Missetat und Fehler nicht gefeit. Der Schritt zum Fehltritt, er ist für jedermann ein ausgesprochen kleiner.
Tritt ein solcher Mensch, nennen wir ihn Moralisten, von seiner Bühne ab, nachdem ihm ein Fauxpas unterlaufen ist, so unterstreicht das nicht seine moralische Integrität, seine Autorität auf dem Gebiet der Moral - es hebt einen Anspruch hervor, der nicht übertrieben als Anmaßung, als Vermessenheit, als Arroganz gedeutet werden könnte. Denn der Moralist, er sollte sein Ideal nicht von sakrosankter Kanzel herabflehen, sich nicht unberührbar, unantastbar wähnen. Die eigene Unzulänglichkeit, der eigene Mangel sollten ihn stets aufs Podest begleiten. Er sollte nicht herabschauen auf seine Gemeinde, nicht den Zeigefinger erheben und Ihr Sünder! schreien - er ist dazu verpflichtet, für alle Menschen zu sprechen, sich eingeschlossen: Wir Sünder! Der Moralist ist kein unantastbares Vorbild, kein lustwandelnder Wertemaßstab. Er ist vielmehr deswegen Moralist, weil er von der Notwendigkeit moralischer Imperative, weil er von der schnellen, leichtsinnigen, unbedachten Übertretung weiß. Weil er erkannt hat, dass die Sünde, die Rücksichtslosigkeit, die Ignoranz, die Beleidigung etc., jede für sich so unvermeidbar ist, wie Speis und Trank, wie Darmentleerung.
Jener aber der herabschaut, der sich für unantastbar hält, für moralisch erhaben, der ist Klugscheißer, Besserwisser, Wichtigtuer - alles mögliche, nur kein Moralist. Tritt der Freund moralischer Lehren von Ämtern zurück, weil er gesündigt hat, so kehrt er hervor, dass er sich eigentlich für erlaucht genug hielt, niemals in so eine Bredouille zu geraten. Im Grunde warf er a priori, vor der Sünde, den ersten Stein, weil er glaubte, ohne Sünde sein zu können. Ein Stein, von dem er annimmt, er käme gleich einem Bumerang zurückgeflogen, wenn er voreilig und zu Unrecht geworfen wurde. Das Metier scheint verfehlt, wenn der moralistische Sünder flüchtet, sich nicht vor die Menge stellt und festhält, dass er als Mensch verfehlt hat - verfehlt hat, wie jeder Mensch irgendwann irrt, sündigt, fehlgeht. Gerade jetzt, da der Fehler ins Leben trat, hat er über Ethik zu sprechen, hat sich selbst anzuklagen, um glaubhaft zu bleiben, als Mensch unter Menschen zu gelten, nicht als abgehobener Prediger ohne Fundament, weil ihm die Sünde stets als Gebrechen der anderen galt. Jetzt, nach der Verfehlung, ist der Moralist erst wirkliche Koryphäe der Moralität geworden, eine empirische Autorität, jemand, der weiß, wovor er warnt.
Ein Rücktritt wirkt arrogant, wirkt wie eine Flucht, eines gestürzten Moralgottes. Es ist ein Bekenntnis, den eigenen Fehler als unbehebbares Manko einzustufen - als etwas, was nie wieder wettzumachen ist; als etwas, was nie hätte passieren dürfen. Dabei weiß der Moralist, dass jeder einmal in die Falle tappt. Selbst ertappt worden zu sein, darf nicht als Antrieb zum Rückzug herhalten, sondern hat die Bestätigung seiner Morallehre, seines predigenden Geschäfts zu sein. Tritt man in solchen Augenblicken ab, ist das freilich menschlich begreiflich, da die enttäuschte Erwartungshaltung der Betrachter Druck erzeugt. Doch letztlich ist es ein übereilter, ja logisch durchdacht, ein anmaßender Schritt. Der Rücktritt bestätigt eben nicht, dass man als moralische Größe versagt hat, nicht mehr glaubhaft wäre, integere Größe an den Tag legt - er legt nur dar, dass man sich selbst außerhalb des Sündhaften glaubte. Derweil wäre Aufgabe des Moralisten, jeden, auch sich selbst, darauf aufmerksam zu machen, dass jeder Fehler bereut und fast jeder Fehler auf die eine oder anderen Weise revidiert werden kann. Das gilt auch für den Moralisten selbst - für den Moralisten, der in der sündigen Masse weilt, nicht darüber schwebt.
Zu seinen Schwächen zu stehen, sie zum Alltag menschlicher Existenz zu erklären, sie nicht zu verdammen, auszugrenzen, zu verleugnen - das ist Moral, das ist menschliche Ethik; das ist berechtigte und notwendige Moral; das ist die schlummernde Zukunft der anmaßenden Spezies Mensch, wenn sie überleben möchte - wenn sie ihn lebenswerten Zuständen überleben möchte. Zu oft schließt diese Gesellschaft Schwächen und Schwache aus - es braucht ein Bekenntnis zur Schwäche, zur Unzulänglichkeit, zum Gebrechen, auch zur Vergänglichkeit. Was die Menschheit mehr denn je benötigt, ist ein Credo auf Nicht-funktionieren, Nicht-perfekt-sein, Nicht-wissen. Ein zurechtstutzendes Credo, das das unrealistische und überhobene Menschenbild, wie es uns heute begegnet, mit all seinen gottgleichen und götzenhaften Facetten, mit seiner Arroganz, das Universum lenken, darin schalten und walten zu können, wie es beliebt - ein Credo, das solche Auswüchse abwürgt, das Begrenztheit, Fehlerhaftigkeit blanklegt. Ein mutiges Credo, das nicht die Perfektion liebkost und mit Stärken und Starken Händchen hält, sondern im Mangel und im Makel, das wahre Wesen des Menschen erahnt, in der Nacktheit unserer Spezies, in der Anfälligkeit, sich auch mal irren, Fehler machen zu können. Ein unerschütterliches Credo zur Verständnis, zum Einfühlungsvermögen, zur Bereitschaft, die Fehlerhaftigkeit des Nächsten nicht zu schelten und zu bestrafen, sondern sie zu akzeptieren und sie als menschliche Eigenart zu erkennen.
Die kürzlich zurückgetretene Bischöfin, sie hat damit deutlich gemacht, dass auch sie die Schwäche, die Unzulänglichkeit als verdammungswürdigen Frevel am herrschenden Menschenbild betrachtet. Wäre sie zu sich und ihrem Fehler gestanden, hätte sie erklärt, dass sie als Mensch, als Frau, als Moralistin ebenso fehlerhaft ist, wie jeder einzelne Mensch auf Erden - sie wäre unantastbares Vorbild gewesen. Sie hat ihre Vorbildrolle aufgegeben, da sie offensichtlich meinte, unberührbares - weil von Fehlern erlöstes - Vorbild sein zu müssen, das nur in hoher Position verharren sollte, wenn es makellos bleibt. Es wirkt fast arrogant anzunehmen, als Vorbild müsse man unfehlbar, dem menschlichen Makel abhold sein. Fehler zu bejahen, sie zur Kenntnis zu nehmen, sie zu bereuen, sie wiedergutmachen: das ist des Vorbilds Unantastbarkeit. Alles andere ist unerschwinglich, ist der Anspruch Heiliger sein zu wollen; einem idealisierten Bild von Heiligen zu entsprechen, einem Idealbild, einem Wunschbild, dem wirklich Heiliggesprochene sicherlich nie entsprachen - denn auch sie waren nur Menschen und hätten seinerzeit, sofern möglich, alkoholisiert einen Wagen gesteuert...
Derjenige, der sich mit Moral, mit Ethik, mit Sittlichkeit befasst: er weiß von dieser eigenen Schwäche, den persönlichen Ansprüchen nicht ausreichend gerecht zu werden. Er ist darüber in Kenntnis gesetzt, selbst verfehlen zu können, eben deshalb, weil er Mensch ist, weil ihm deswegen nichts Menschliches fremd sein kann - um es mit der berühmten Sentenz des jüngeren Seneca zu sagen. Kein noch so ausgefeilter ethischer Kanon, kein moralisches Lehrbuch, kein sittlicher Ratgeber können den Fehltritt vereiteln - selbst derjenige, der täglich das moralische Flickzeug anwendet, Ethik philosophiert, von Kanzeln predigt, selbst wer also ausgewiesene Kapazität in Fragen der Moralität ist, ist vor Missetat und Fehler nicht gefeit. Der Schritt zum Fehltritt, er ist für jedermann ein ausgesprochen kleiner.
Tritt ein solcher Mensch, nennen wir ihn Moralisten, von seiner Bühne ab, nachdem ihm ein Fauxpas unterlaufen ist, so unterstreicht das nicht seine moralische Integrität, seine Autorität auf dem Gebiet der Moral - es hebt einen Anspruch hervor, der nicht übertrieben als Anmaßung, als Vermessenheit, als Arroganz gedeutet werden könnte. Denn der Moralist, er sollte sein Ideal nicht von sakrosankter Kanzel herabflehen, sich nicht unberührbar, unantastbar wähnen. Die eigene Unzulänglichkeit, der eigene Mangel sollten ihn stets aufs Podest begleiten. Er sollte nicht herabschauen auf seine Gemeinde, nicht den Zeigefinger erheben und Ihr Sünder! schreien - er ist dazu verpflichtet, für alle Menschen zu sprechen, sich eingeschlossen: Wir Sünder! Der Moralist ist kein unantastbares Vorbild, kein lustwandelnder Wertemaßstab. Er ist vielmehr deswegen Moralist, weil er von der Notwendigkeit moralischer Imperative, weil er von der schnellen, leichtsinnigen, unbedachten Übertretung weiß. Weil er erkannt hat, dass die Sünde, die Rücksichtslosigkeit, die Ignoranz, die Beleidigung etc., jede für sich so unvermeidbar ist, wie Speis und Trank, wie Darmentleerung.
Jener aber der herabschaut, der sich für unantastbar hält, für moralisch erhaben, der ist Klugscheißer, Besserwisser, Wichtigtuer - alles mögliche, nur kein Moralist. Tritt der Freund moralischer Lehren von Ämtern zurück, weil er gesündigt hat, so kehrt er hervor, dass er sich eigentlich für erlaucht genug hielt, niemals in so eine Bredouille zu geraten. Im Grunde warf er a priori, vor der Sünde, den ersten Stein, weil er glaubte, ohne Sünde sein zu können. Ein Stein, von dem er annimmt, er käme gleich einem Bumerang zurückgeflogen, wenn er voreilig und zu Unrecht geworfen wurde. Das Metier scheint verfehlt, wenn der moralistische Sünder flüchtet, sich nicht vor die Menge stellt und festhält, dass er als Mensch verfehlt hat - verfehlt hat, wie jeder Mensch irgendwann irrt, sündigt, fehlgeht. Gerade jetzt, da der Fehler ins Leben trat, hat er über Ethik zu sprechen, hat sich selbst anzuklagen, um glaubhaft zu bleiben, als Mensch unter Menschen zu gelten, nicht als abgehobener Prediger ohne Fundament, weil ihm die Sünde stets als Gebrechen der anderen galt. Jetzt, nach der Verfehlung, ist der Moralist erst wirkliche Koryphäe der Moralität geworden, eine empirische Autorität, jemand, der weiß, wovor er warnt.
Ein Rücktritt wirkt arrogant, wirkt wie eine Flucht, eines gestürzten Moralgottes. Es ist ein Bekenntnis, den eigenen Fehler als unbehebbares Manko einzustufen - als etwas, was nie wieder wettzumachen ist; als etwas, was nie hätte passieren dürfen. Dabei weiß der Moralist, dass jeder einmal in die Falle tappt. Selbst ertappt worden zu sein, darf nicht als Antrieb zum Rückzug herhalten, sondern hat die Bestätigung seiner Morallehre, seines predigenden Geschäfts zu sein. Tritt man in solchen Augenblicken ab, ist das freilich menschlich begreiflich, da die enttäuschte Erwartungshaltung der Betrachter Druck erzeugt. Doch letztlich ist es ein übereilter, ja logisch durchdacht, ein anmaßender Schritt. Der Rücktritt bestätigt eben nicht, dass man als moralische Größe versagt hat, nicht mehr glaubhaft wäre, integere Größe an den Tag legt - er legt nur dar, dass man sich selbst außerhalb des Sündhaften glaubte. Derweil wäre Aufgabe des Moralisten, jeden, auch sich selbst, darauf aufmerksam zu machen, dass jeder Fehler bereut und fast jeder Fehler auf die eine oder anderen Weise revidiert werden kann. Das gilt auch für den Moralisten selbst - für den Moralisten, der in der sündigen Masse weilt, nicht darüber schwebt.
Zu seinen Schwächen zu stehen, sie zum Alltag menschlicher Existenz zu erklären, sie nicht zu verdammen, auszugrenzen, zu verleugnen - das ist Moral, das ist menschliche Ethik; das ist berechtigte und notwendige Moral; das ist die schlummernde Zukunft der anmaßenden Spezies Mensch, wenn sie überleben möchte - wenn sie ihn lebenswerten Zuständen überleben möchte. Zu oft schließt diese Gesellschaft Schwächen und Schwache aus - es braucht ein Bekenntnis zur Schwäche, zur Unzulänglichkeit, zum Gebrechen, auch zur Vergänglichkeit. Was die Menschheit mehr denn je benötigt, ist ein Credo auf Nicht-funktionieren, Nicht-perfekt-sein, Nicht-wissen. Ein zurechtstutzendes Credo, das das unrealistische und überhobene Menschenbild, wie es uns heute begegnet, mit all seinen gottgleichen und götzenhaften Facetten, mit seiner Arroganz, das Universum lenken, darin schalten und walten zu können, wie es beliebt - ein Credo, das solche Auswüchse abwürgt, das Begrenztheit, Fehlerhaftigkeit blanklegt. Ein mutiges Credo, das nicht die Perfektion liebkost und mit Stärken und Starken Händchen hält, sondern im Mangel und im Makel, das wahre Wesen des Menschen erahnt, in der Nacktheit unserer Spezies, in der Anfälligkeit, sich auch mal irren, Fehler machen zu können. Ein unerschütterliches Credo zur Verständnis, zum Einfühlungsvermögen, zur Bereitschaft, die Fehlerhaftigkeit des Nächsten nicht zu schelten und zu bestrafen, sondern sie zu akzeptieren und sie als menschliche Eigenart zu erkennen.
Die kürzlich zurückgetretene Bischöfin, sie hat damit deutlich gemacht, dass auch sie die Schwäche, die Unzulänglichkeit als verdammungswürdigen Frevel am herrschenden Menschenbild betrachtet. Wäre sie zu sich und ihrem Fehler gestanden, hätte sie erklärt, dass sie als Mensch, als Frau, als Moralistin ebenso fehlerhaft ist, wie jeder einzelne Mensch auf Erden - sie wäre unantastbares Vorbild gewesen. Sie hat ihre Vorbildrolle aufgegeben, da sie offensichtlich meinte, unberührbares - weil von Fehlern erlöstes - Vorbild sein zu müssen, das nur in hoher Position verharren sollte, wenn es makellos bleibt. Es wirkt fast arrogant anzunehmen, als Vorbild müsse man unfehlbar, dem menschlichen Makel abhold sein. Fehler zu bejahen, sie zur Kenntnis zu nehmen, sie zu bereuen, sie wiedergutmachen: das ist des Vorbilds Unantastbarkeit. Alles andere ist unerschwinglich, ist der Anspruch Heiliger sein zu wollen; einem idealisierten Bild von Heiligen zu entsprechen, einem Idealbild, einem Wunschbild, dem wirklich Heiliggesprochene sicherlich nie entsprachen - denn auch sie waren nur Menschen und hätten seinerzeit, sofern möglich, alkoholisiert einen Wagen gesteuert...
39 Kommentare:
Oh ja, das ist richtig Roberto. Frau Käßmann war mutig genug, ehrlich zu sein, der Mut aber, sich zu dieser Ehrlichkeit auch voll und ganz zu bekennen, dazu zu stehen und zu bleiben, wäre vielleicht wirklich ein noch wichtigerer Schritt gewesen.
Es gibt keine "Fehler". Es gibt nur Erfahrungen...
Das ist das Problem mit den Moralisten, dass sie Erfahrungen (meistens die anderer Menschen) in Fehler oder keine Fehler einordnen. Moral bedeutet letztendlich nur Verurteilung. Kein Wunder, dass die Bischöfin über ihre Moral gestolpert ist.
"Die herrschenden Gedanken sind weiter nichts als der ideelle Ausdruck der herrschenden materiellen Verhältnisse; also der Verhältnisse, die eben die eine Klasse zur herrschenden machen, also die Gedanken ihrer Herrschaft."
Ich würde sagen, dass "die herrschenden materiellen Verhältnisse aus den Gedanken und Vorstellungen aller Menschen entspringen."
Dass es eine herrschende Klasse gibt, wird ebenfalls von diesen vielen Menschen zugelassen, weil sie ihre eigene Souveränität nicht
erkennen und nicht leben, sondern sich ihre Gedanken diktieren lassen...
@ Anna:
Da wird aber Hegel gerade wieder von den Füßen auf den Kopf gestellt.
Roberto, Deine Zeilen reissen mich hin und her. Einerseits erzeugen sie eine gewisse Zustimmung, aber gleich darauf regt sich in mir Widerspruch.
Gehen wir mal bei dem aktuellen Beispiel der Frau Käßmann davon aus, dass die öffentlich geäußerten Verdachtsmomente der Wahrheit entsprechen. Wobei ich da so meine Zweifel habe. Wenn diese wohl auch nie bestätigt werden dürften, da dies nun mal in der Natur des von mir vermuteten Personenkreises liegt.
Wenn wir allen Menschen ihre Menschlichkeit bestätigen, und damit ihre Fehlbarkeit, um damit ihre Fehler zu entschuldigen, werden damit nicht alle Verfehlungen entschuldbar? Legitimiert dies nicht auch z.B. letztendlich das Annehmen von Bestechungsgeldern durch Personen in herausgehobenen Stellungen, wie z.B. durch Politiker oder Wirtschaftsmanager? Da diese ja auch bloß "schwache" Menschen sind, die solchen Versuchungen erliegen können?
Da regt sich etwas in mir, das "Nein" sagt. Denn diese Personen haben aufgrund ihrer herausgehobenen Stellung Vorbildcharakter. Nicht nur für die Jugend, sondern auch für Millionen anderer Menschen in "normalen" Verhältnissen.
Häufig ist es gar so, dass der von ihnen so erlangte persönliche Vorteil zum Nachteil bei anderen Menschen führt. Soll dies einfach so folgenlos bleiben, weil mensch nun mal fehlbar ist?
Ich denke, da stimmst Du mit mir sicherlich überein: Es muss immer eine Einzelfall-Betrachtung durchgeführt werden, um zu einer differenzierten Analyse des konkreten Falls zu kommen. Und hier kommt nunmal die Krux an der Geschichte. Damit wird es immer zu einer subjektiv gefärbten Sichtweise des jeweiligen Falles führen.
Doch genauso wenig, wie es eine Generalabsolution für Verfehlungen geben darf, darf man keiner generellen Verdammung das Wort führen. Mögliche Kriterien für eine Bewertung sollten imho Vorsatz (auch nicht immer leicht "von außen" zu beurteilen), eventuelle Verbindung zwischen Sachgebiet der Verfehlung und dem Fachgebiet der jeweiligen Stellung (z.B. ein Finanzminister, der "aus Versehen" mal "ein wenig" Geld vergessen hat, sollte diesen Tatbestand erfüllen) und entstandene Nachteile für andere Personen sein. M.E. auch noch glaubhafte und aktive Reue, obwohl dies sehr schwierig einschätzbar sein dürfte, da ein solch erwünschtes öffentliches Sprechen noch lange kein zukünftiges freiwilliges aktives Handeln impliziert.
Diese ganze Betrachtung brächte uns im aktuellen Fall der Frau Käßmann zwar noch nicht weiter. Aber ich wollte sie dennoch einmal getätigt haben.
Also da bin ich anderer Meinung. Wenn man bedenkt wie die Kriegstreiber dieses Staates über Frau Käßmann hergefallen sind, ist zu vermuten, daß da im Hintergrund eine Drohgebärde, wenn nicht gar eine Erpressung stattfand.
Ansonsten finde ich es sehr bedauerlich, daß ausgerechnet sie zurückgetreten ist.
unbequemer:
„Erfahrungen sind Maßarbeit.
Sie passen nur dem, der sie macht.“
Carlo Levi
Frau Käßmann hat nun eine Erfahrung "gemacht", und ihre Entscheidung getroffen, mit dieser Erfahrung im Hintergrund.
Möllemann hat, wie Barschel (vermutlich) auch, seine Entscheidung getroffen, so wie der Anwalt Gravenreuth.
Warum? Warum treffen Menschen Entscheidungen die andere nicht verstehen können. Weil es eben Maßarbeit ist und nur der Mensch der diese Erfahrung gemacht hat, daraus seine Handlungen abstellt.
Auch ich habe meine Erfahrungen gemacht. Ich war mal (zwischen 18 und 25) auf einem Weg, den ich verlassen habe und seitdem nie wieder gegangen bin.
Seitdem - Wer den Weg der Wahrheit geht, stolpert nicht. Gandhi - da darf man sich auch nicht selbst belügen. Dissonanzreduktion ist ein Mittel sich selbst zu betrügen. Und wenn der innere Druck zu groß wird, dann explodiert man. Somit, nicht den Druck in sich hineinfressen, sondern die Energie nutzen um sich mit den Ursachen dieses Druckes auseinander zu setzen.
Das geht nur mit dem Verstand, nicht mit emotionalen Handlungen.
Welche Gründe bei Frau Käßmann dazu geführt haben, dass Sie ihre Ämter aufgegeben hat, darüber kann man nur spekulieren.
Aber man sollte diesen Schritt respektieren und nicht kritisieren.
Meinen Respekt hat Sie, viele andere, wie Ackermann zum Beispiel, haben den nicht. Für die bleibt meine Verachtung das einzige Empfinden. Kein Neid, kein Hass, keine Wut, nur VERACHTUNG, vom Verstand her.
Hallo Roberto, wenn ich deinen Beitrag richtig verstanden habe, kannst du in diesem Rücktritt keine wirklich gute Vorbildfunktion sehen sondern eher einen Anspruch, auch weiterhin an einem völlig überzogenen, letztlich uneinlösbaren moralischen Anspruch festhalten zu wollen? (oder?)
So könnte man es durchaus sehen.
Nun lese ich soeben, dass gerade die für allen NATO-Kriege so begeisterten OLIV-"GRÜNEN" Frau Käsmann umwerben, sie möge doch in deren Verein mitmachen.
Mal sehen, wie hoch in dieser Frage die hohen moralischen Ansprüche von Frau Käsmann sein werden, zumal s i e ja Dinge vorsichtig kritisiert hat welche die OLIV- "GRÜNEN" seit deren Einsatz und Begeisterung für den verbrecherischen "KOSOVO-KRIEG" bis hin zu den heutigen von den NATO-SÖLDNERN in Afghanistan zu verantwortenden Leichenhaufen immer begrüßt und unterstützt haben.
Warten wir mal ab!
Betreff "Anna": ich würde es interessant finden, wenn du deinen Satz zu Hegel hier noch etwas näher erläutern könntest, denn bei Hegel, Marx etc... läuten bei mir immer viele Glocken... ;-)
mfg
Bakunin
dass der mensch fehlbar ist und nicht so tun sollte, als könnte er frei von "schuld" sein, hast du sehr gut herausgearbeitet.
wir aber haben eine bösartige gesellschaft oder sagen wir, eine gesellschaft, die von bösartigen dominiert wird. wer hierzulande die bösartigen kritisiert, wird zerfleischt, sobald er selber einen fehler begeht.
eine dame, die ich seit langem kenne und die in bibliothek der uni arbeitet, meinte, trunkenheit am steuer und kritik am afghanistan-einsatz ginge nicht zusammen. eben solcher auffassung hat sich frau käßmann durch ihren rücktritt entzogen. vermutlich hätte sie die kraft haben müssen, sich der hetze und dem schmäh gegen sie auszusetzen, und zwar mit der argumentation, die du hier entfaltet hast.
Lieber Roberto,
dake, dass Du meine Gedanken in Worte gefasst hast und für mich aussprechbar gemacht hast.
Liebe Grüße
Margitta
Ich bin gerade zufällig über eine andere Verfehlung einer Person in herausgehobener Stellung gestolpert.
http://www.sueddeutsche.de/politik/184/504397/text/5/
Interessant wäre es in diesem Zusammenhang zu sehen, wie stark die ach so unabhängige Presse auch dies kräftig aufgreift und Konsequenzen fordert. Denn Vorsatz liegt ja in diesem Fall zweifelsfrei vor. Obwohl ihn der Betreffende immer noch leugnet.
Wie aber dieses komische, ja lächerliche, Leugnen mit dem von ihm erwünschten akademischen Grad in Einklang zu bringen ist, bleibt mir ein völliges Rätsel. Sollte er wirklich glauben, dass die Zahlung eines Geldbetrages für die Erlangung eines akademischen Grades ein völlig normaler Vorgang sei, so beweist er dadurch nur, dass er eben gerade nicht die geistige Verfasstheit für diesen Grad besitzt.
Doch wir werden in diesem Fall erleben, dass es außer einem kräftigen "Du, du" mit erhobenen Zeigefinger keine weiteren Konsequenzen geben wird. Weil die politische Klasse die Regeln selbst festlegt, nach denen sie, auch bei Verfehlungen, behandelt werden darf.
Hallo unbequemer, Frau Käsmann und den "guten Josef" (Urban Priol) vergleichen zu wollen geht völlig an der Tatsache vorbei, dass diese beiden Herrschaften in dieser Gesellschaft an unterschiedlichen Positionen völlig unterschiedliche Aufgaben als "öffentliche Personen" zu erfüllen haben.
Zu den Aufgaben einer Landesbischöfin oder sonstiger für die "öffentliche Meinung" zuständiger Personen gehört es vor allem, die Masse der kleinen machtlosen Leute "bei der Stange zu halten", dh.geistig-moralisch den Interessen der herrschenden Eliten zu unterwerfen, so dass sie diesen Eliten in j e d e r Hinsicht ohne viel "Fragereien" dienen können, ja dienen müssen.
Dagegen bestehen die Aufgaben unseres "guten Josefs" aus einem ganz anderen Kaliber.
Er hat zuvörderst für die PRAKTISCHE Durchsetzung der vornehmlich ökonomischen (Macht)Interessen der herrschenden Eliten, insbesondere aller Reichen und Wohlhabenden, aller Anleger, welche bekanntlich "nur" ihr Geld "arbeiten lassen", zu sorgen.
Gute und möglichst höchste Renditen bringen nun mal den Anteilseigenern von Josefs "Institut" CASH, Gewinn, Profit, GELDVERMEHRUNG... - ganz und gar ohne alle "moralische Imperative" - ganz einfach KAPITALISMUS!
Und wenn dem "guten Josef" DIES erfolgreich gelingt, so bekommt auch er ganz und gar vertraglich und demokratisch ein dicken Bissen vom weiter angewachsenen großen "Kuchen" ab, erhöht sich auch SEIN erfolgsabhängiges Honorar entsprechend.
Aus was für Gründen sollte er in DIESER Gesellschaft nun zurücktreten? Nur weil er die Reichen noch reicher macht, zu diesem Zweck auch mal Personal abbauen "muss"?
Jeder der solch eine abwegige "Forderung" stellt könnte ja auch gleich öffentlich den "Rücktritt" des Kapitalismus "fordern"?
Mit "Moral & Anstand" hat dies nun alles wirklich nichts zu tun, schon viel eher mit dem ganz "trockenen" BGB, der gesellschaftlichen Ordnung in der wir augenblicklich leben(müssen).
Lass also dem "guten Josef" sein Geld und Frau Käsmann ihre "moralischen Ansprüche", BEIDES passt zu dieser Gesellschaft wie der Deckel auf den Topf.
Noch ein schönes und vielleicht ein wenig nachdenkliches Wochenende wünscht Bakunin
Unabhängig von Religion:
1. Kirchenfürsten sind Wirtschaftsbosse.
2. Ein (Kirchen)Unternehmen will sich immer von anderen abgrenzen.
3. Auch Kirchen-Unternehmen leben vom Herdendenken.
Wer nicht in einer wie auch immer gearteten Herde ist, gar schwach ist, wird ignoriert, stigmatisiert, ggf. zum Sündenbock gemacht, nur weil er/ sie anders ist. Basis des Christentums ist schließlich der Ur-Sündenbock JC. Das will gepflegt werden.
4. (Kirchen-)Unternehmen leben vom Vorbilddenken und -verkaufen, das ist im Falle von kirchens deren Kerngeschäft. Über dieses definiert sich die Herde und ihre Moral.
5. Unsere wesentlich durch kirchliche Werte geprägte Gesellschaft lebt für's Sich-mit-anderen-Vergleichen. Deshalb auch die Angst, der Fehltritt des einen könnte, nein müsste sogar zwangsläufig Vorbild für andere werden, wenn Barmherzigkeit nicht nur in Ausnahmefällen walten würde.
Und sie lebt vom Schwarz-Weiß-Denken. Entweder-Oder. Kein Sowohl als auch. Ambivalenz empfinden zu dürfen, sie (aus)zuhalten, um daraus mit der Zeit etwas Konstruktives, Neuartiges wachsen zu lassen - wer kann das heute noch?, Wer darf es noch? Nein, man muss dafür oder dagegen sein. Und dazu noch stets gleich sein.
6. Menschen, die sich überaus hohen Moralvorstellungen unterstellen, gar stets dem Perfektionismus frönen und sich nicht selber auch mal verzeihen können, werden körperlich oft krank, manche sogar sehr krank.
Eigene Verletzbarkeit kann nicht angenommen werden, weil mann zu verwundbar würde für die Herde und das Herden-Gehabe.
Wer lebt von den Kranken? Viele (Kirchen-)Unternehmen.
PS: Nach meiner bisherigen Erfahrung ist so ziemlich jedes Unternehmen oder Behörde eine Kirche.
Lieber Roberto,
das sehe ich allerdings ganz anders. Der Rücktritt von Frau Käßmann geschah aus Furcht vor den Medien, die sie bei jeder noch so nebensächlichen Bemerkung zerreissen würden, bliebe sie in ihrem Amt, und nicht aus Enttäuschung über ihre Fehlbarkeit oder wegen des Scheiterns an moralischen Ansprüchen oder wie immer du das nennen magst. Ich habe meine Sicht der Dinge auf meinem Blog http://rxrenee.wordpress.com dargestellt.
Grüße aus der Nachbarschaft reneè
Natürlich ist jeder gesellshaftskritische Zeitgenosse verzweifelt und empört, dass ausgerechnet eine jener raren Persönlichkeiten, die sich dem großen Malstrom entgegenstellten, das Amt aufgibt. So verstehe ich auch Robertos Beitrag. Aber: Trotz allem Schmerz war es wohltuend, dass mal jemand nicht am lukrativen und enflußreichen Sessel klebt wie all diese großen und kleinen Leistungsträger in Politik und Wirtschaft, die in einer Welt jenseits von Schuld und Sühne leben. Vorbilder sind selten geworden. Mich hat Frau Käßmann nicht enttäuscht. Die Kirchengemeinde, in der sie ihre Pfarrstelle antreten wird, kann stolz auf sie sein!
Es ist schade, dass die anderen Menschen aus dem 'Rücktritt' von Frau Kässmann, nicht eine Lehre ziehen. Kackfrech nehmen sie noch immer ihre Position im Berufsleben ein, und sind so gar nicht Vorbild für den Rechtschaffenden, eher schon für den ängstlichen Charakter, der sich variantenreich und listig zeigt.
Nun, da diese Vorbilder nun mal an der Spitze stehen, ist es nicht langsam Zeit, nach diesen Vorbildern zu Tun und zu Handeln, statt sich ihrer, im Disput, zu entledigen?
Hallo Klaus Baum, nach Lesen deines Artikels, welcher mit dem Gedanken endet dass sich Frau Käsmann auch im Sinne von Robertos Beitrag hätte offensiv wehren können, kam mir ganz spontan(!) der Gedanke, dass sich Frau Käsmann mit ihrem Rücktritt möglicherweise(?) eher bei den herrschenden Eliten für ihre jüngsten "Fehltritte" als bei ihren Fans entschuldigen wollte.
Denn irgendwie möchte sie ja wohl weiter im politischen Geschäft bleiben..., vermute ich mal ganz salop.
Ob sie am Ende doch bei den "OLIV- "GRÜNEN" landet?
mfg
Bakunin
"Das ist das Problem mit den Moralisten, dass sie Erfahrungen (meistens die anderer Menschen) in Fehler oder keine Fehler einordnen. Moral bedeutet letztendlich nur Verurteilung. Kein Wunder, dass die Bischöfin über ihre Moral gestolpert ist."
Wenn ich sowas schon lese. Natürlich hat es mit Moral und Ethik etwas auf sich! Der Anspruch an sich selbst ist etwas, das die eigenen Fehler in den Zentrum stellt. Fehler sind Abweichungen davon, diese Fehler sind natürlich auch Erfahrungen, Erfahrungen der eigenen Fehlbarkeit.
Wer sich hinstellt und keine Moral, keine Ethik, keine Grundsätze befolgt, der ist nach seinem Gusto auch vor jedwedem Fehler gefeit.
Dann bringen wir fröhlich mal Menschen um, vergewaltigen plündern, rauben! Alles nur Erfahrungen für mich und den Anderen, also das Opfer, das Opfererfahrungen der Ohnmacht erleben darf, weil Spinner auf diesem Planeten Moral für sich als nicht existent entschieden haben.
"Bakunin" du nimmst mir wirklich die letzte Hoffnung. Ich hätte mir jetzt so gerne eine Heldin aufgebaut... aber ich geb die Hoffnung nicht auf....
mal sehen , die Zeit wirds ja zeigen
@bakunin,
ich hoffe ja, dass wir weiterhin kritisches von ihr hörn werden.
Scheint so, als ob Fr Käßmann an den Tabus der Mächtigen zu stark gekratzt hat. Über die Umstände ihres Rücktritts gibt es zu wenig vertrauenswürdige Informationen, als daß ich meinen Zeigefinger gegen Fr Käßmann erheben würde.
Was in meiner Erinnerung verbleibt, ist ihr lobenswerter Versuch, den Bonzen und Apparatschiks den Spiegel vorzuhalten, damit jene ihre unerträglichen verlogenen Fratzen ertragen müssen.
Gruß
Bernd
"Wer sich hinstellt und keine Moral, keine Ethik, keine Grundsätze befolgt, der ist nach seinem Gusto auch vor jedwedem Fehler gefeit". Anonym
Es ist ja nicht gerade neu, dass Moral oder Ethik der Mode unterworfen ist. Es ist einfach eine Ansammlung von Glaubenssätzen, die gerade gelten. Und diese Glaubenssätze verurteilen alles, was dem widerspricht. Damit operieren die Kirchen schon lange, ebenso wie die Politik oder die Wissenschaft.
Nein, man braucht keine Moral. Was man braucht ist Klarheit und Intelligenz. Verstehen. Und in erster Linie, muss man sich selber verstehen um zu wissen, was man wirklich glaubt. Dann könnte man nämlich agieren anstatt zu reagieren. Es ist leicht, Schuldzuweisungen zu machen: Die Mächtigen, die Politik, die Religionen....
Aber - jeder Mensch ist vollkommen selbstverantwortlich für das, was ihm passiert, für seine Erfahrungen. Und wenn sich Politiker u.ä. benehmen, wie sie es tun, so haben das sehr viele Menschen zugelassen. Anstatt selber zu denken, selber wahrzunehmen, lassen sie sich das Gehirn waschen und glauben das, was ihnen via Medien erzählt wird. Diese Bequemlichkeit macht es möglich, dass wenige die Macht an sich ziehen.
Und das führt uns direkt zu Hegel. Ich habe den Satz etwas umgestellt, damit es klarer wird, dass Alles - wirklich Alles - dem Bewusstsein entspricht. Ich glaube, dass ich Hegel damit nicht widerspreche. Das Bewusstsein ist das Primäre, das Konkrete und die Materie das Virtuelle. Die individuelle und in der Folge die kollektive Welt gestaltet sich aufgrund dessen, was man glaubt. Wenn man z.B. an die eigene Ohnmacht glaubt, wird sich diese manifestieren und so wie es aussieht, glauben viele, dass sie ohnmächtig sind. Mit diesen Prämissen kann nicht einmal eine schwache Demokratie funktionieren.
Wenn man also die Verhältnisse ändern will, muss man zuerst sich selber ändern, d.h. die eigenen Glaubenssätze erkennen und, wenn sie nicht gefallen, ändern. Das ist die einzig effektive Art und Weise, die eigene Welt zu gestalten. Von Innen nach Außen sozusagen. Und diese innere (R)Evolution wird die Zustände hervorbringen, die man sich wünscht. Glaubt man allerdings weiter an "Fehler" und ist man weiter an Verurteilungen gebunden, wird dies nicht möglich sein, denn nicht nur "die Schönheit liegt im Auge des Betrachters", auch die "Fehler" und damit Verurteilungen sind die Eigenen.
retlaw, ich möchte natürlich keinem Leser dieser Seiten die Hoffnungen rauben.
Ob ihr Rücktritt nun richtig oder falsch war, ist so aus der Ferne nicht mit letzter Sicherheit zu sagen, viel entscheidender dürfte doch sein, wie sie sich zukünftig öffentlich engagieren wird.
Immerhin ist sie nun ohne dieses Amt viel freier, öffentlich für ihre Überzeugungen einzutreten.
Wie viel Gebrauch wird sie von dieser zurückgewonnenen Freiheit machen?
mfg
Bakunin
Sie wäre damit in gewisser Weise mit sich selbst in Widerspruch geraten, wenn sie nun uns allen noch dazu die Rolle des Moralisten, wie von dir Oben ausgeführt, erklärt hätte. Sie hätte erklären müssen, dass sie einen 'völlig überzogenen, letztlich uneinlösbaren moralischen Anspruch', wie sich Anony um 27/02/10 12:23 ausdrückte, nun nicht mehr an sich - aber damit auch nicht mehr an andere - stellen wolle. Sie hätte eingestehen müssen, dass verfehlt gewesen sei, sich einerseits in der politischen Sphäre bewegt zu haben, wo allein Argumente zählen, dort als Mahnerin aufzutreten und anderereseits, von der Kanzel herab, das zu verkünden, was mit Argumenten begründet werden sollte. Sie hätte also den Menschen in der Kirche erklären müssen, dass niemand unfehlbar sei, sie auch nicht, und dass es jemanden als Moralisten disqualifiziren würde, wenn er ebenso auftreten würde.
In der Öffentlichkeit jedoch müsste sie erklären, dass es gar nichts zur Sache täte, wenn sie einen Fehltritt begangen hätte, denn es ginge ja schließlich um die Menschenrechte etc., wie sie es - so jedenfalls mein Eindruck - zuvor getan hat.
@anna:
Dein Beitrag gibt sich als objektiv aus, ist aber durchwegs von einem ganz spezifischen Zeitgeist infiziert, nämlich dem neoliberalen Zeitgeist der "Eigenverantwortung". Alle Ursache und Verantwortung läge jeweils im Individuum selbst... Ich bin zwar grundsätzlich auch für Eigenverantwortung aber deine Weltanschauung erscheint mir entscheidend zu reduktionistisch und eindimensional.
Moral ist keinesfalls einfach nur einer gerade herrschenden Mode unterworfen und damit etwas völlig beliebiges. Es spricht viel dafür, dass es soetwas wie eine universell gültige Moral des Menschen gibt.
Es gibt sicherlich auch eine Art "biologische Wurzel" von Moral beim Menschen, deshalb stellt sich auch nicht die Frage, "ob man Moral braucht oder nicht". Sie ist dem Menschen einfach schon in dessen Natur mitgegeben.
"Aber - jeder Mensch ist vollkommen selbstverantwortlich für das, was ihm passiert, für seine Erfahrungen. Und wenn sich Politiker u.ä. benehmen, wie sie es tun, so haben das sehr viele Menschen zugelassen."
Das stimmt eben nur sehr bedingt. Vieles, eher sogar das Meiste, was einem Mensch im Leben widerfährt, sind ganz klar "fremdverursachte" Gegebenheiten. Und der Einfluss von Politikern hängt doch nun mal ganz gravierend mit Macht zusammen. Stichwort Macht durch mediale Meinungsmache etc.
Dass die Verhältnisse so sind, wie sie sind, liegt doch in allererster Linie an der Herrschaft der Mächtigen und deren Herrschaftstechniken. Die empfundene Ohnmacht, die du der Masse unterstellst, ist wenn dann Produkt dieser absoluten, repressiven Herrschaftsverhältnisse.
Dem Appell an die Eigenveratnwortung des Einzelnen stimme ich zu, aber auf gar keinen Fall der einseitigen Verortung der Ursachen aller Gegebenheiten allein beim Individuum.
@ Bakunin: "Wie viel Gebrauch wird sie von dieser zurückgewonnenen Freiheit machen?"
Das ist nicht die Frage - es geht vielmehr darum, wieviel Resonanz die Frau in den Medien erhalten wird, wenn sie auch weiterhin an ihrer kritischen Haltung festhält. Vermutlich keine. Das wäre anders verlaufen, wenn sie ihr Amt weiter innegehabt hätte. Der "Elite" ist es doch schnurzpiepegal, wenn irgendeine Pastorin in irgendeiner Kirche sonntags flammende Reden schwingt - sie ist erst dann alarmiert, wenn dies vor laufenden Fernsehkameras passiert.
Ich kenne die Frau nicht, ich habe aber ihre Predigt gelesen (man kann sie hier nachlesen: http://www.ekd.de/predigten/kaessmann/100101_kaessmann_neujahrspredigt.html ) - und es ist sehr erfreulich, was man da lesen darf. Die Lawine, die diese Worte losgetreten haben, sollte man nicht unterschätzen.
Vor diesem Hintergrund erscheint mit der gesamte Vorgang äußerst suspekt. Ich vermute, dass dieser Frau hinter den Kulissen sehr deutlich klargemacht worden ist, dass es besser für sie ist, wenn sie zurücktritt.
Pardon, "Die Vermessenheit der Margot Käsmann"?
Kollege, ich bin doch ziemlich erstaunt! Gerade Du redest doch seit Jahren dem moralischen Rigorismus das Wort und forderst "Ethik" ein, und jetzt dies hier. Da ist ein Mensch endlich mal entschieden und zieht (vermutlich nach Abwägung aller Gegenpositionen) die Konsequenz, und dann ist es auch wieder nicht recht :-(
Du stellst mich zunehmend vor ein Rätsel.
BG
Frank
Dein Beitrag gibt sich als objektiv aus, ist aber durchwegs von einem ganz spezifischen Zeitgeist infiziert, nämlich dem neoliberalen Zeitgeist der "Eigenverantwortung". Alle Ursache und Verantwortung läge jeweils im Individuum selbst...
# Mein Beitrag ist total subjektiv. Ich kann nicht mit den Augen Anderer wahrnehmen. Neoliberal ist gleich autoritär. Ich ziehe mir also den neoliberalen Schuh nicht an. Eigenverantwortung bedeutet in allererster Linie, zu wissen, was man denkt, glaubt, fürchtet... Wer diese Verantwortung abgibt, kann einfach nicht rumjammern.
Moral ist keinesfalls einfach nur einer gerade herrschenden Mode unterworfen und damit etwas völlig beliebiges. Es spricht viel dafür, dass es soetwas wie eine universell gültige Moral des Menschen gibt.
# Ja, ganz tief verschüttet gibt es das Grundwissen um die Vernetzung von Allem mit Allem, die aber nicht so richtig ernst genommen wird. Tatsächlich tut man das, was man Anderen antut, sich selber an. Eine Erfahrungsebene wird für Viele allerdings nicht ausreichen, das zu erkennen, obwohl gerade der christliche Gott ausgiebig darüber gesprochen hat. Was jetzt "Moral" ist, gelebte Moral sind Angriffskriege, Hetze gegen Hartz 4 Empfänger, Folterunterstützung und das nur in Deutschland...
Vieles, eher sogar das Meiste, was einem Mensch im Leben widerfährt, sind ganz klar "fremdverursachte" Gegebenheiten. Und der Einfluss von Politikern hängt doch nun mal ganz gravierend mit Macht zusammen. Stichwort Macht durch mediale Meinungsmache etc.
# Nichts ist "fremdverursacht". Zu Glauben, das eigene Leben sei von Politikern und anderen "Autoritäten" abhängig, ist nur ein Glaubenssatz. Wenn man dies glaubt, ist man einfach ein Opfer.
Dass die Verhältnisse so sind, wie sie sind, liegt doch in allererster Linie an der Herrschaft der Mächtigen und deren Herrschaftstechniken.
# Schon wieder die Schuldzuweisung eines Opfers. Man muss schon aktiv glauben, dass Andere mächtiger sind als man selbst, damit es sich manifestiert. Deshalb auch mein Hinweis auf die Aktivierung der eigenen mentalen Werkzeuge, wie Vision, Emotion, Intuition...
Dem Appell an die Eigenveratnwortung des Einzelnen stimme ich zu, aber auf gar keinen Fall der einseitigen Verortung der Ursachen aller Gegebenheiten allein beim Individuum.
# Man sieht nur das, was man glaubt. So einfach ist das. Wenn man etwas Anderes sehen will, muss man sich sozusagen umdrehen und auf das fokussieren was man will und nicht auf das, was man nicht will. Das ist die geistige Disziplin, die notwendig ist, um die Umstände zu ändern.
Die Umstände sind nicht wichtig. Nur das, was ich bin ist wichtig - denn daraus ergibt sich die Realität der Erfahrungen. Wer also die Umstände ändern will, muss sich selber ändern...
Übrigens: Selbstverständlich soll man Menschen in Not helfen und zwar mit Anmut. Gleichzeitig halte ich aber eine Aufkärung über die Macht jedes Menschen für notwendig. Das ist Bildung, wie sie sein sollte, nämlich die Fähigkeit, sich selber ein Bild machen und diese Bilder (Vorstellungen) realisieren zu können.
Hallo Anna,
Deine Kommentare beeidrucken mich sehr, denn in diese Richtung denke ich auch seit längerer Zeit. Wäre schön, wenn Du eine Möglichkeit bieten würdest, um mit Dir in Kontakt zu kommen, zwecks Gedankenaustausch.
Liebe Grüße
Margitta
Hab schon wieder Musik in meinen Ohren
[...] Wichtig ist nur die Veränderung,
dass man nie im Stillstand verharrt
und dass man sich auch in harten Zeiten
seine Träume und Wünsche bewahrt
Schön, das zu hören, doch was wirst du tun,
wenn dir all die Weisheit nichts bringt
und du merkst, dass der Klang deiner Stimme mir
keine Liebeslieder mehr singt
Still wird das Echo sein,
wenn die letzte Silbe verklingt
und du merkst, dass der Klang deiner Stimme mir
keine Liebeslieder mehr singt
Elemet of Crime
@ Anna
Das Opfer von dem du sprichst, mag vielleicht ja alle Hände damit zu tun haben, Wasser und Brot für seine Kinder an Land zu ziehen, vielleicht muss das Opfer meilenweit laufen um irgednwo noch einen vergifteten Brunnen zu finden, aus welchem es Wasser schöpfen kann um nicht zu verdursten. Vielleicht weiss dieses Opfer ja noch viel besser als der vermeintlich anmutige Helfer, was visualisieren bedeutet, was es bedeutet, Steine zu kochen, nur damit seine Kinder beim Geräusch des brodelnden Wassers ruhig einschlafen können, in froher Erwartung auf ein köstliches Mahl.
richtig spannend wirds vielleicht erst dann, wenn keiner mehr weiss wos lang geht. Wenn der Missionar vom Opfer lernt, Steine zu kochen.
"Das Opfer von dem du sprichst, mag vielleicht ja alle Hände damit zu tun haben, Wasser und Brot für seine Kinder an Land zu ziehen..." Geheimrätin
Du bringst das passende Beispiel. Du visualisierst - via dein fiktives Opfer oder alter ego - Steine statt Brot und vergiftete Brunnen und setzt dem ganzen noch einen Fluch drauf, auf dass es alle treffen möge...
Das ist contraproduktive Vorstellung in Reinkultur. Kein Wunder, wenn es sich manifestiert. Und Du kannst in diesem geistigen Zustand KEINEM helfen, weil Du genau wie "Opfer" auf das Unerwünschte fokussierst und dieses so verstärkst...
Frau oder Herr Anna
Das ist traurige Realität. Was diese Menschen täglich leisten kannst du dir vermutlich noch nicht mal annähernd vorstellen. Vielleicht kommst du ja irgendwann mal runter von deinem Sockel, von welchem aus du meinst, Opfer belehren zu können und schaust dir an, was du von dieser Mutter, die all abendlich Steine kochen muss, lernen kannst
schönen tach noch
Liebe Frau Geheimrätin,
(Ist Nomen Omen?) Die Mutter, die Steine kocht, wo hast Du sie getroffen? Und was willst Du tun, dass sie keine "Steine" mehr kochen muss? Lamentieren?
Laotse hatte vollkommen recht, wenn er sagte, dass man "das Fischen lernen muss" und "fischen" bedeutet in erster Linie, die Gedanken und Vorstellungen zu ändern - umzufokussieren. Ansonsten kochen die Kinder dieser Mutter auch wieder Steine...
Aber alles, was sich Gutmenschen vorstellen können, ist im besten Fall ein selbstgerechtes faschistisches Wohltätigkeitshelferlein zu schicken, das seine milden Gaben verteilt, sofern die "Opfer" nur untertänig genug sind...
A propos Sockel... Ja, lasst Euer Licht scheinen...
Na du kannst die Mutter ja mal besuchen und sie in deine Visualisier-Technik einweihen.
The Secret - auch Du kannst Dir im Universum eine Villa mit Pool bestellen
Noch was
@ Anna
Es ist diese unsägliche Arroganz derjengien, die Wein predigen und selbst noch nie verseuchtes Wasser getrunken haben, die mich maßlos wütend macht. Und die zudem noch jenen den Mund verbieten wollen, die die Katastrophe beim Namen nennen. Diese sollen also aufhören zu lamentieren und gefälligst die Klappe halten und stattdessen visualisieren und fokusieren? Sich der eigenen Opferrolle entledigen, endlich die eigenen Fesseln sprengen, das aber so wie Du es dir vorstellst? Tut mir leid, aber ich empfinde es einfach nur als anmaßend, wenn jemand meint, er müsse Leuten das "richtige Denken" beibringen, von denen er zudem noch keinen blassen Schimmer hat, wie sie innerlich ticken, denken oder geistig ausgerichtet sind. Wenn ein Hartz IV- Strafverfolgter die Sauerei beim Namen nennt, dann lametiert er in deinen Augen genauso, wie derjenige, der von einer afrikanischen Mutter erzählt, die Steine kocht. Hast du dir auch schonmal Gedanken darüber gemacht, dass es tatsächlich auch Menschen gibt, die ganz exoterisch handeln, ihre Vision im täglichen Leben zum Ausdruck bringen und das sogar inmitten der widrigsten Umstände die man sich nur vorstellen kann? Vielleicht sind ja die faschistische Helfer auch und vor allem diejenigen, die sich in ihrer Selbstgefälligkeit suhlen?
Es tut mir leid, wenn ich dir hier unrecht tue. Es ist nur so, ich könnte kotzen bei soviel Selbstgefälligkeit. Jeder einzelne von uns kann viel bewegen, da gebe ich dir absolut Recht. Jeder einzelne von uns trägt seine Verantwortung dahingehend, die herrschenden Zustände zu ändern oder sie beizubehalten, auch da gebe ich dir Recht. Wie der einzelne das tut, und was er tut oder denkt, das sollte doch aber bitte ihm selbst überlassen bleiben. Und da mag es doch auch bitte zuallerst mal erlaubt sein, die Dinge auch beim Namen zu nennen.
Wer weiß inzwischen schon, wie sehr das Wasser (und damit auch der Wein) hierzulande verseucht sind?
Ich weiß aber, dass jemand, "der Steine kocht", glaubt, dass das seine einzige Wahlmöglichkeit ist. Umfokussieren geht natürlich nur, wenn man annehmen kann - oder sogar weiß - dass es unendlich viele Wahlmöglichkeiten gibt - ganz im Sinne des "Law of Attraction". Das ist das "Fischen".
Wie letztendlich jemand fischt, ist seine Sache. Fischt er aber nur Steine, sollte er das vielleicht einmal überdenken...
Oder wie der christliche Gott - Jesus - gesagt hat: "An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen"! Ich würde hinzufügen, an meinen Früchten will ich mich erkennen. Das ist "die Dinge beim Namen zu nennen". Danach muss aber eine (geistige) Aktion folgen, ansonsten bleibt man im Benennen - das schnell zum Lamentieren mutiert - stecken und das scheint mir bei hier der Fall zu sein...
Danke Anna, dann hab ich dich also tatsächlich richtig verstanden. Mein Gott ist mir schlecht. Jesus Christ!
@ Geheimrätin
Vielen Dank für deine Einlassungen auf "anna"! Ich halte das was "anna" von sich gibt auch für anmaßenden Stuss...
@Geheimrätin
Es tut mir leid, aber Du hast gar nichts verstanden!
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