Liberal sein bedeutet, alles zu belassen, wie es ist
Freitag, 10. Juli 2009
Quatsch! Was uns an dieser sozialistischen Gleichmacherei stört ist doch weniger der Umstand, dass alle ungefähr im gleichem Rahmen verdienen würden. Das stört uns jedenfalls insofern nicht, wenn wir von denen sprechen, die diese Gesellschaft arbeitend oder verwaltend am Leben halten. Leistungsträger sollten selbstverständlich nicht im engen Korsett fast gleichhoher oder besser –niedriger Löhne entlohnt werden. Aber was darunter, unter dem Leistungsträger geschieht, da sind wir doch liberal. Wenn die Menschen Gleichmacherei des Lohnes wollen, na bitte, dann stehen wir dem nicht im Wege. Es ist ja auch gelebter Liberalismus, die zum Himmel schreiende Dummheit der Werktätigen und der Unterschicht zu akzeptieren.
Aber Liberalismus hat Grenzen. Das muß man wissen. Gleichmacherei kann nicht überall geduldet werden. Wenn fünfundneunzig Prozent der Menschen einen Pauschallohn wollen, dann bitte, das verstehen wir zwar nicht, aber wir dulden es, ganz im Geiste unserer liberalen Ahnherrn. Doch wenn durch Gleichmacherei Strukturen verschwinden, Hierarchien bröckeln, die Ordnung erlischt, ja dann kann man doch selbst als Liberaler nicht mehr freiheitlich gesonnen bleiben, dann muß man erst mal unfrei denken, damit man frei bleiben kann.
Man stelle sich nur mal vor, der Angestellte, der sich ein eigenes Büro erarbeitet hat, würde sich nicht mehr besser und wichtiger fühlen, als solche Angestellten, die sich in Gruppen- und Großraumbüros selbst überwachen; diese wiederum wären sich dessen nicht mehr bewusst, einen höheren Stellenwert zu haben, als die armen Trottel die in hitzedurchfluteten Werkshallen Fließbändern hinterherhetzen. Letztere fühlten sich nicht stärker als solche, denen die Fließbänder längst enteilt sind, die also erwerbslos wurden; während die Erwerbslosen selbst nicht mehr mit stolzer Miene auf Obdachlose herabsähen. Und wer ohne Dach ist, der labt sich eben an der Rechtlosigkeit von Asylanten, erfreut sein eigenes Vegetieren am Siechen der Asylhoffenden.
Wenn nun all diese Gruppen, andere freilich auch, die ich hier der Kürze wegen nicht erwähnt habe, einen ziemlich gleichen Lohn hätten, der Angestellte in etwa so viel verdienen würde, wie ein Erwerbsloser, dann wäre das zwar durchaus seltsam, aber irgendwo noch begreiflich und beherrschbar. Wenn aber die sozialistische Gleichmacherei diese Herrschaftspyramide kippt, eine horizontale Hierarchie installiert, die vielleicht nicht perfekt funktionieren, die aber die Dialektik der Massen schleifen würde, so dass diese sich nicht mehr von oben herab führen oder zügeln oder aufwiegeln ließe, dann ist ein Maß an Freizügigkeit gegeben, welches selbst wir Liberalen nicht mehr dulden können.
Zahlt man ihnen einen Lohn in den Grenzen von Gleichmacherei, läßt dabei die Leistungsträger, also die Herren dieser wunderbaren Welt, außer Achtung, so ist diese altruistische Mentalität am Ende vielleicht sogar barer Vorteil für die stillen und lauten Anführer unserer Welt. Man könnte sich große Summen sparen, die kostentreibende Berechnung der Löhne fiele weg, so wie die Arbeitskräfte, die solche Berechnungen betrieben haben. Aber wenn die Hierarchie kippt, und sei es nur die Hierarchie innerhalb des Fußvolkes, so kippt früher oder später – wahrscheinlich früher – auch die Potenz der Herren.
Was wäre denn los, wenn ein Bürohengst nicht mehr verächtlich auf einen schwitzenden und stinkenden Fließbandritter hinunterblicken würde? Wie soll das denn gut gehen, wenn der Arbeitende nicht voller Argwohn seinen Nachrücker, der Nachhut der industriellen Armee, den Arbeitslosen entgegentreten könnte. Am Ende begriffen diese Menschen, dass es keine Menschen mit Mehrwert gäbe, selbst dann nicht, wenn sie Mehrwert schafften. Wie soll denn diese Gesellschaft noch vorwärts kommen, Fortschritte machen, wenn man den verschiedenen Gruppierungen nicht mehr drohen könnte? Wenn man beispielsweise einem Sachbearbeiter nicht mehr fragen kann, ob er denn zukünftig so stinken möchte, wie sein Kollege in der Montagehalle? Oder den Erwerbslosen nicht mehr sachlich darauf aufmerksam machen dürfte, ob er denn nicht Angst habe, einmal so rechtlos zu werden, wie sein sudanesischer oder nigerianischer Mitmensch, der seine Rechte ja schon in der Wüste, auf der Ladefläche der Menschenschlepper zurückgelassen hat? Wie sollten wir vorankommen, wenn nicht mit diesem Schlangengift?
Geld ist da nur Randerscheinung. Hierzulande arbeiten Menschen für Aufwandsentschädigungen. Sie arbeiten teilweise höchst motiviert, weil man ihnen Hoffnung macht, weil man sie wissen läßt, dass sie besser sind als solche, die nicht einmal die Aufwandsentschädigung in Anspruch nehmen möchten. Sie arbeiten ohne Lohn, aber sie arbeiten: das läßt sie in der gesellschaftlichen Hierarchie aufsteigen. Wir haben erkannt, dass der Verdienst nur ein Faktor ist, denn wichtig ist die Hierarchie – die Hoffnung hofft nicht auf dicke Gehaltsschecks, sie hofft auf den Aufstieg in der Pyramide. Arm sein und naserümpfend einige Treppenstufen hinabblicken zu können: so läßt es sich leben. Aber wehe der Gesellschaft, die auch nur daran denkt, diese Stufen abzutragen, Häuser nur noch ebenerdig zu bauen!
Und nicht auszudenken, wenn diese Spinnerei vom Gleichmachen auch noch global angewandt würde. Wenn man ganze Völker auf gleicher Augenhöhe behandeln würde. Unser Wohlstand wäre dahin. Nicht unserer in dem Sinne, denn wir Leistungsträger sind unantastbar, aber der relative Wohlstand der fünfundneunzig Prozent würde schwinden. Damit könnten wir noch leben; uns ist es egal, ob jeder Erwerbslose auch satt wird. Aber wenn er nicht mehr erfüllt von Dankbarkeit seinem Gott huldigt, der ihn in Europa und nicht in Afrika auf die Welt beförderte, dann bröckelt alles, dann gehen wir alle zugrunde. Und dieses Wir sind dann wir alle, auch und vorallem wir Leistungsträger.
Nichts gegen Gleichmacherei, wo sie angebracht ist, das heißt, wo sie keinem wehtut oder bestenfalls eine Modeerscheinung ist. Aber Ordnung muß nicht nur sein, sie muß bleiben. Liberal zu sein bedeutet, alles so zu belassen, wie es ist. Wir können uns keine Welt vorstellen, in der wir nicht anhand von Treppenstufen aufhetzen, motivieren und mundtot machen können. Mit einer Lohnerhöhung haben wir bis heute kaum Leistungssteigerungen bewirkt, aber wenn wir dem Angestellten einen Mitmenschen vorführen, der seit Jahren in Arbeitslosigkeit lebt, dann blüht er auf, dann merkt er erst, wie gut es ihm in seiner Not doch eigentlich geht. Dann lächeln wir verständnisvoll, nicken großzügig, weil wir ihm Meinungsfreiheit zugestanden haben, aber schleudern im knallhart ins Gesicht, dass er auf hohem Niveau jammert. Wie sollen wir die Not denn anders verwalten, wenn nicht mit den Nöten der Anderen, die wir dem Notleidenden vor Augen führen? Wir können den Armen dieser Gesellschaft ihr mieses Leben nur dadurch erträglich machen, indem wir auf noch miesere Lebensentwürfe deuten. Wenn ein liberal gesitteter Mensch glaubt, er müßte die Not im Keime ersticken, dann ist er kein Liberaler, dann ist er Gleichmacher, Sozialist, irgend so eine Form von Kommunist, ein Roter eben, ein Träumer und Phantast, ein Terrorist letztlich, der unsere Gesellschaft zerdeppern will. Man muß solche Leute unfrei machen, damit sie die Freiheit nicht beflecken.
Wenn der Penner Geschichte wird, dann wird auch der Leistungsträger Geschichte. Daher brauchen wir den Penner, damit wir auch weiter gebraucht werden. Wir sind ihm dankbar, wir sind froh, dass es ihn gibt – zeigen dürfen wir es ihm aber nicht. Voll Dankbarkeit treiben wir ihn an, damit er gefügig bleibt; voll Dankbarkeit verweisen wir auf ihn, nennen ihn ein Negativbeispiel, fragen Kinder, ob sie denn mal so werden wollen, wie diese abgerissene Gestalt; voll Dankbarkeit benutzen wir ihn als Treibstoff des Fortschritts. Würde nicht ständig die Not des endgültigen Abstiegs, diese zu Fleisch gewordene Ausweglosigkeit des Niedergangs, in den Köpfen der Menschen herumspuken, wäre die Hierarchie auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet und mit ihr, lägen auch wir dort. Und früher oder später – wahrscheinlich auch in diesem Falle früher – läge dort die ganze Menschheit. Denn was wäre sie ohne uns?
Aber Liberalismus hat Grenzen. Das muß man wissen. Gleichmacherei kann nicht überall geduldet werden. Wenn fünfundneunzig Prozent der Menschen einen Pauschallohn wollen, dann bitte, das verstehen wir zwar nicht, aber wir dulden es, ganz im Geiste unserer liberalen Ahnherrn. Doch wenn durch Gleichmacherei Strukturen verschwinden, Hierarchien bröckeln, die Ordnung erlischt, ja dann kann man doch selbst als Liberaler nicht mehr freiheitlich gesonnen bleiben, dann muß man erst mal unfrei denken, damit man frei bleiben kann.
Man stelle sich nur mal vor, der Angestellte, der sich ein eigenes Büro erarbeitet hat, würde sich nicht mehr besser und wichtiger fühlen, als solche Angestellten, die sich in Gruppen- und Großraumbüros selbst überwachen; diese wiederum wären sich dessen nicht mehr bewusst, einen höheren Stellenwert zu haben, als die armen Trottel die in hitzedurchfluteten Werkshallen Fließbändern hinterherhetzen. Letztere fühlten sich nicht stärker als solche, denen die Fließbänder längst enteilt sind, die also erwerbslos wurden; während die Erwerbslosen selbst nicht mehr mit stolzer Miene auf Obdachlose herabsähen. Und wer ohne Dach ist, der labt sich eben an der Rechtlosigkeit von Asylanten, erfreut sein eigenes Vegetieren am Siechen der Asylhoffenden.
Wenn nun all diese Gruppen, andere freilich auch, die ich hier der Kürze wegen nicht erwähnt habe, einen ziemlich gleichen Lohn hätten, der Angestellte in etwa so viel verdienen würde, wie ein Erwerbsloser, dann wäre das zwar durchaus seltsam, aber irgendwo noch begreiflich und beherrschbar. Wenn aber die sozialistische Gleichmacherei diese Herrschaftspyramide kippt, eine horizontale Hierarchie installiert, die vielleicht nicht perfekt funktionieren, die aber die Dialektik der Massen schleifen würde, so dass diese sich nicht mehr von oben herab führen oder zügeln oder aufwiegeln ließe, dann ist ein Maß an Freizügigkeit gegeben, welches selbst wir Liberalen nicht mehr dulden können.
Zahlt man ihnen einen Lohn in den Grenzen von Gleichmacherei, läßt dabei die Leistungsträger, also die Herren dieser wunderbaren Welt, außer Achtung, so ist diese altruistische Mentalität am Ende vielleicht sogar barer Vorteil für die stillen und lauten Anführer unserer Welt. Man könnte sich große Summen sparen, die kostentreibende Berechnung der Löhne fiele weg, so wie die Arbeitskräfte, die solche Berechnungen betrieben haben. Aber wenn die Hierarchie kippt, und sei es nur die Hierarchie innerhalb des Fußvolkes, so kippt früher oder später – wahrscheinlich früher – auch die Potenz der Herren.
Was wäre denn los, wenn ein Bürohengst nicht mehr verächtlich auf einen schwitzenden und stinkenden Fließbandritter hinunterblicken würde? Wie soll das denn gut gehen, wenn der Arbeitende nicht voller Argwohn seinen Nachrücker, der Nachhut der industriellen Armee, den Arbeitslosen entgegentreten könnte. Am Ende begriffen diese Menschen, dass es keine Menschen mit Mehrwert gäbe, selbst dann nicht, wenn sie Mehrwert schafften. Wie soll denn diese Gesellschaft noch vorwärts kommen, Fortschritte machen, wenn man den verschiedenen Gruppierungen nicht mehr drohen könnte? Wenn man beispielsweise einem Sachbearbeiter nicht mehr fragen kann, ob er denn zukünftig so stinken möchte, wie sein Kollege in der Montagehalle? Oder den Erwerbslosen nicht mehr sachlich darauf aufmerksam machen dürfte, ob er denn nicht Angst habe, einmal so rechtlos zu werden, wie sein sudanesischer oder nigerianischer Mitmensch, der seine Rechte ja schon in der Wüste, auf der Ladefläche der Menschenschlepper zurückgelassen hat? Wie sollten wir vorankommen, wenn nicht mit diesem Schlangengift?
Geld ist da nur Randerscheinung. Hierzulande arbeiten Menschen für Aufwandsentschädigungen. Sie arbeiten teilweise höchst motiviert, weil man ihnen Hoffnung macht, weil man sie wissen läßt, dass sie besser sind als solche, die nicht einmal die Aufwandsentschädigung in Anspruch nehmen möchten. Sie arbeiten ohne Lohn, aber sie arbeiten: das läßt sie in der gesellschaftlichen Hierarchie aufsteigen. Wir haben erkannt, dass der Verdienst nur ein Faktor ist, denn wichtig ist die Hierarchie – die Hoffnung hofft nicht auf dicke Gehaltsschecks, sie hofft auf den Aufstieg in der Pyramide. Arm sein und naserümpfend einige Treppenstufen hinabblicken zu können: so läßt es sich leben. Aber wehe der Gesellschaft, die auch nur daran denkt, diese Stufen abzutragen, Häuser nur noch ebenerdig zu bauen!
Und nicht auszudenken, wenn diese Spinnerei vom Gleichmachen auch noch global angewandt würde. Wenn man ganze Völker auf gleicher Augenhöhe behandeln würde. Unser Wohlstand wäre dahin. Nicht unserer in dem Sinne, denn wir Leistungsträger sind unantastbar, aber der relative Wohlstand der fünfundneunzig Prozent würde schwinden. Damit könnten wir noch leben; uns ist es egal, ob jeder Erwerbslose auch satt wird. Aber wenn er nicht mehr erfüllt von Dankbarkeit seinem Gott huldigt, der ihn in Europa und nicht in Afrika auf die Welt beförderte, dann bröckelt alles, dann gehen wir alle zugrunde. Und dieses Wir sind dann wir alle, auch und vorallem wir Leistungsträger.
Nichts gegen Gleichmacherei, wo sie angebracht ist, das heißt, wo sie keinem wehtut oder bestenfalls eine Modeerscheinung ist. Aber Ordnung muß nicht nur sein, sie muß bleiben. Liberal zu sein bedeutet, alles so zu belassen, wie es ist. Wir können uns keine Welt vorstellen, in der wir nicht anhand von Treppenstufen aufhetzen, motivieren und mundtot machen können. Mit einer Lohnerhöhung haben wir bis heute kaum Leistungssteigerungen bewirkt, aber wenn wir dem Angestellten einen Mitmenschen vorführen, der seit Jahren in Arbeitslosigkeit lebt, dann blüht er auf, dann merkt er erst, wie gut es ihm in seiner Not doch eigentlich geht. Dann lächeln wir verständnisvoll, nicken großzügig, weil wir ihm Meinungsfreiheit zugestanden haben, aber schleudern im knallhart ins Gesicht, dass er auf hohem Niveau jammert. Wie sollen wir die Not denn anders verwalten, wenn nicht mit den Nöten der Anderen, die wir dem Notleidenden vor Augen führen? Wir können den Armen dieser Gesellschaft ihr mieses Leben nur dadurch erträglich machen, indem wir auf noch miesere Lebensentwürfe deuten. Wenn ein liberal gesitteter Mensch glaubt, er müßte die Not im Keime ersticken, dann ist er kein Liberaler, dann ist er Gleichmacher, Sozialist, irgend so eine Form von Kommunist, ein Roter eben, ein Träumer und Phantast, ein Terrorist letztlich, der unsere Gesellschaft zerdeppern will. Man muß solche Leute unfrei machen, damit sie die Freiheit nicht beflecken.
Wenn der Penner Geschichte wird, dann wird auch der Leistungsträger Geschichte. Daher brauchen wir den Penner, damit wir auch weiter gebraucht werden. Wir sind ihm dankbar, wir sind froh, dass es ihn gibt – zeigen dürfen wir es ihm aber nicht. Voll Dankbarkeit treiben wir ihn an, damit er gefügig bleibt; voll Dankbarkeit verweisen wir auf ihn, nennen ihn ein Negativbeispiel, fragen Kinder, ob sie denn mal so werden wollen, wie diese abgerissene Gestalt; voll Dankbarkeit benutzen wir ihn als Treibstoff des Fortschritts. Würde nicht ständig die Not des endgültigen Abstiegs, diese zu Fleisch gewordene Ausweglosigkeit des Niedergangs, in den Köpfen der Menschen herumspuken, wäre die Hierarchie auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet und mit ihr, lägen auch wir dort. Und früher oder später – wahrscheinlich auch in diesem Falle früher – läge dort die ganze Menschheit. Denn was wäre sie ohne uns?
19 Kommentare:
Wieder einmal habe ich Zeit dein Blog zu lesen. Wieder einmal habe ich darin mir eingängige Gadanken gefunden. Und wieder einmal ermutigt mich dies, meinen Senf dazu zu geben.
Das Verfahren, sich glücklich zu schätzen, weil es anderen schlechter geht, begegnet mir oft, obwohl ich wahrlich kein intensiver Menschenbesucher bin. Z.B. im Gespräch mit einer Frau: ich kenne sie recht lange und ihre Probleme in der Arbeit und ihren Frust, sich jenseits davon nicht zu den Tätigkeiten ermutigen zu können, die sie gerne machen würde, z.B. musizieren. Neuerdings hörte ich andere Worte: zwar sei dies immer noch alles so, aber es gehe ihr nun besser. Sie habe mal darüber nachgedacht, dass es uns eigentlich sehr gut geht. Wenn man an Menschen in Afrika und dergleich denkt, da geht es uns schon gut. Ich sagte dann, dass dies wohl nicht ein echt glückliches Erleben sein könne, wenn man sich nur mehr zufrieden fühlen kann, wenn es anderen schlechter geht. Ist da nicht eher nur eine Erleichterung im Spiel, die die Angst vorläufig kaschiert? Was wäre denn dann, wenn es diesen anderen morgen besser ginge? Nein, darum ginge es nicht, man müsse nur sehen, dass es einem schlechter gehen könnte und man deswegen zufrieden sein solle. Wir lebten in Regionen, da verhungere niemand und das sei schließlich auch etwas.
Freilich ging es darum, worauf die Frau nicht mehr eingehen wollte. Fielen denn die Schlechtergestellten der Welt weg, dann müßte man zum einen zu sich selbst ehrlicher sein und zum anderen beginnen anzuklagen und die am eigenen Selbst erlebte Opferscham überwinden und aufbegehren. Viele Menschen erleben es als schamvoll, unten zu sein. Die öffentlichen Narrative sorgen mit Dauerfeuer dafür, dass Glück und Unglück im Leben auf ein Kausalgeflecht um den individuellen psychischen Apparat herum eingeschränkt bleiben. Der Sieger kann seine innere Siegeszeremonie feiern, der Verlierer geht auf das innere Begräbnis. Die Resultate und Tatsachen der äußeren Welt sind viel zu sehr auf das Icherleben bezogen, auf die Facetten des Icherlebens. Man kann die Realität kartografieren und auf die 6 Mrd Iche verrechnen, so spricht unser öffentliches Wort. Die Vermögens- und ERfolgsverteilung ist eine Ichkapazitätsverteilung.
Das bedeutet liberal zu sein auch. Jenseits des Ich und seines Seinssensoriums gibt es nichts. Die Menschen sind wie evolutionäre Durchlauferhitzer: die einen haben 5 Zoll Rohre, die anderen halt nur 1/4 Zoll Rohre. Das sind die Voraussetzungen; woher sie kommen, das ist Tabu.
Die Liberalen wollen ihre eigenen Handlunsgvoraussetzungen belassen, wie sie sind: sie wollen im Ausgang ihrer Kapitalsorten handeln. Und die Früchte ihrer Handlungen sollen wiederum diese Voraussetzungen dieses ihres Handelns stärken. Die Handlungskapazität ist aber in Wirklichkeit nicht das entscheidende Unterschiedsmerkmal bei den Menschen. Sie ist relativ gleich verteilt. Ausnahmen bestätigen nur diese Regel. Aber die Voraussetzungen sind nicht gleich verteilt. Wir landen also in der Rede über die Chancengleichheit. Ich finde sie sinnvoll. Es kommt aber darauf an, wofür sie sinnvoll ist. Sie alleine garantiert gar nichts. Und sie hilft gar nichts, wenn die Intersubjektivität nur das Wettbewerbsethos trägt bzw. wenn die Pfade der Chancen von vornherein nicht mehr sind, als das Aufwärmtraining für den Kampf. Denn genau damit will man sich die Hände waschen: gäbe es Chancengleichheit, dann würden die Unterlegenen feierlich am Alter kosmischer Gerechtigkeit geopfert werden dürfen. Das Wettbewerbsethos wäre als Naturrecht angelobt.
Glückwunsch zu diesem Beitrag!
Und weil (fast) alle wollen, dass alles so bleibt wie es ist, weil es ja vieleicht noch schlimmer werden könnte, werden diese 'Liberalen' im September ein Rekordergebnis einfahren. Nicht zuletzt auch deshalb, weil viele meinen, die FDP sei so eine Art Zwischending von SPD und CDU.
Ach wenn es doch endlich mal eine linke Partei gäbe, die den verlogenen Begriff 'Leistungsträger' offensiv wendet und ihn auf die bezieht, welche wirklich etwas leisten: Kassiererinnen, Krankenschwestern, Altenpfleger, Bandarbeiter, Lehrer, Erzieher, Polizisten (doch, doch, die auch!) und alle, aus denen man das Maximum an Arbeitskraft presst. Warum überläßt man die Deutungshoheit für so viele Begriffe wider besseres Wissen den Staatsparteien?
Ach Roberto, danke für den grossartigen Text, genau so ist es.
Und mittlerweile weiss ich, dass ich eigentlich zeitlebens nichts anderes tue und getan habe, als den Schlüssel zu suchen, der uns die Tür aus diesem Wahnsinnskonstrukt öffnet.
Was das glücklich sein betrifft, so ist es so, dass ich mittlerweile auch sagen kann, ein glücklicher Mensch zu sein. Und das nicht weil es mir besser geht als anderen. Das ist und war immer ein Grund für mich, unglücklich zu sein. Wie sollte ich glücklich sein wenn es anderen schlechter geht? Nein unglücklich macht mich das.
Das Glück in mir liegt jenseit aller Bedingungen und ist eine Quelle die ich, bzw. die mich eines Tages gefunden hat. Vielleicht ist es auch die Freiheit die fehlt, dieses Glück dass ja da ist denn wäre es nicht da könnte es nicht fehlen. So kann ich heute an den Zuständen schier verzweifeln und unglücklich sein, das Glück und die Freiheit trage ich denoch immer in mir. Und deswegen richte ich mein Leben auch nur noch dahingehend studierend und probierend aus, dieses Glück und diese Freiheit auch im äusseren zu manifestieren.
Das hört sich nun sehr hochtrabend und allmächtig an, aber was bleibt einem anderes übrig, wenn man sich dazu entschieden hat, die Sense selbst in die Hand zu nehmen und weiter zu leben?
@romano, Roberto J. de Lapuente
Ich erlebe auch immer wieder dieses globale "Teile und herrsche" - Als jemand, der eine Brieffreundin in einem Drittweltland hat, die mir partout nicht glauben wollte, dass es auch in Deutschland Elend gibt weiß ich warum ich von globalem "Teile und herrsche" schreibe. Diese Vorgehensweise ist übrigens älter als der Neoliberlalismus, es gab schon vor den "Reformen" unter Rot-Grün in Deutschland Menschen die uns einfach einreden wollten: "Geh in die Dritte und Vierte Welt, wenn es dir hier nicht paßt, und sieh dir wahres Elend an!".
Ich bestreite übrigens nicht, dass es schlimmer ist als in Deutschland in einem Dritt- oder Viertweltland zu leben, aber wollen wir ernsthaft ein Industrieland auf die Stufe der Dritten und Vierten Welt herunterreden? Es gibt übrigens ein Land, wo die Unterschiede zwischen Reich und Arm mittlerweile so gravierend sind, dass die Armen (in diesem Land an der Hautfarbe erkennbar) einen der "ihren" als Präsident gewählt haben - Obama.
Manche reden davon, dass mitten in den USA eine Dritte und Vierte Welt existiert - in einem superreichen Industriestaat, der die Gewinne nur an die "Eliten" verteilt hat, und der Rest so sehen, wo der bleibt...
Ich bin zwar kein Ami, aber ich bin sicher, die Unterklassen dort bekommen von den Klassenkämpfern von Oben - vorwiegend aus der George W. Bush-Fan-Ecke, und evtl. auch von dem ein oder anderen ewiggestrigen Demokraten (nicht den Obama-Fans) zu hören: "Geh doch in die Dritt- und Viertweltländer....!"
Wie schon gesagt, ein globales "teile und herrsche" der selbsternannten "Eliten" weltweit, was widerrum mir klarmacht, warum die Gegenveranstaltungen zu den G8-Gipfeln, die sogenannten "Sozialforen" so wichtig sind....
...es entsteht eine neue Solidarität dadurch, die dieses globale "teile und herrsche" früher oder später durchbricht....
Übrigens, auch afrikanische Länder fallen nicht mehr darauf hinein, und Rückkehrer, die aus den Industriestaaten ausgewiesen wurden - warum auch immer - sind auch selbstdenkende Menschen, die dieses menschenverachtende "teile und herrsche" mitbekämpfen helfen wollen....
....hoffe ich....
Ein Standpunkt, der deine Argumentation gut belegt, die du über neoliberale Betonköpfe mit mir teilst.
Hier eine Antwort an mich aus deiner Forumsrubrik "Wir sind, was wir essen":
"[...]Die überwiegende Mehrheit Menschen sind als Individuuen, in dem gerade herrschenden politischen und Wirtschaftssystem einfach existent, ohne es sich ausgesucht zu haben. Sie sind da und wenn der Neoliberalismus auch da ist, werden sie ihre Existenz mit diesem vereinbaren. So ist die Masse Menschen, so sind menschliche Gesellschaften angelegt.
Die negativen Elemente der Herrschaftsformen haben nicht Bestand, weil sie vom Menschen gewünscht sind, auch nicht weil der Mensch als solcher dumm oder unfähig sei oder unwillig etwas anders zu machen, sondern weil Menschen schlicht so sind.
Wieso sollte man einem Menschen böse sein, der somit quasi seiner Programmierung folgt?
Vor allem wenn es auch noch starke gesellschaftliche Strömungen gibt, die diesem Individuum Mensch als System innerhalb des Systems Gesellschaft einen Wirkradius als Individuum vorgegeben haben, gegen den sich das einzelne Individuum gar nicht oder kaum wehren kann, vor allem auch, weil es eben genauso Teil des Ganzen ist und somit Erkenntnisstheoretisch enge Grenzen hat?
Die Dinge gehen ihren Gang, ob Sie oder Ich noch einen Herzanfall wegen der Gesellschaftsentwicklung bekommen oder nicht.
[...]"
Ich hab ihm schon die passende Antwort gegeben, denn nach dieser Ansicht sind gesellschaftliche Umwälzungen einfach unmöglich, weil die Menschen eben "schlicht so sind", dass die die Überstülpungen selbsternannter "Eliten" als Naturgesetze widerstandslos anerkennen, andernfalls wären die Kandidaten für "Herzinfakte".
Eine solche Schicksalsgläubigkeit hat weder ein Spartacus, ein Voltaire, ein Rosseau noch sonst einer der für gesellschaftlich-revolutionäre Veränderungen auftritt, den vertreten nur die vermeintlichen Profiteure von Ideologien aller Art, die andere als "Fanatiker" brandmarken wollen, um vom eigenen Fanatismus abzulenken - Nur schade, dass Worte verräterisch sind.....und den Schreiberling selbst enttarnen....
Der Beitrag trifft den liberalen Nagel auf den Kopf. Herrschaftsfreiheit? Wo kämen wir denn da hin?
»Doch sind alle diese Hoffnungen Illusionen. In der Praxis verlangt alle gesellschaftliche Assoziation
Herrschaft, und das ist auch gut so [...] Was immer uns Ethnologen an Geschichten über
'Stämme ohne Herrscher' erzählen mögen, hat wenig Plausibilität [...] Gesellschaft heißt Herrschaft
[...] Gesellschaft ist eben nicht nett, sondern nötig« (Ralf Dahrendorf).
'Das ist die Freiheit, die wir meinen' möchte man da noch ergänzen. Auch Hegels 'Einsicht in die Notwendigkeit' fällt so an ihren Platz. Und auch unsere sogenannte 'Demokratie' - sie dient eben nicht der Minimierung von Herrschaft, sondern im Gegenteil nur ihrer Legitimation. Was beklagt ihr euch, ihr habt die 'Herrschaften' doch selbst gewählt? Herrschaftsfreiheit freilich steht auch hier nicht zur Wahl, sondern höchstens eben eine andere 'Herrschaft'. Und das Über- bzw Unterlegenheitsgefühl unter den verschiedenen Schichten der Beherrschten selbst spiegelt diesen Aufbau eben auch dann noch, wenn damit schon längst keine eigentliche 'Weisungsbefugnis' mehr verbunden ist.
@romano: Steckt nicht im Begriff der 'Chancengleichheit' selbst schon der 'Kampf', das Streben nach dem 'Seltenen', dem 'Knappen', das eben nicht für alle reicht? Und das muss auch, wie ja Roberto schon ausgeführt hat, gar nicht unbedingt das Materielle meinen, wenn es auch um so einleuchtender daherkommt, wenn 'das Verdienst' und 'der Verdienst' in eins fallen...
@Anonym 16:22: Es geht hier aber gar nicht nur um 'neoliberale Betonköpfe', sondern vielmehr um das Wesen des 'allgemeinen' Liberalismus selbst - inklusive auch Voltaire und Rosseau. Und ich bin Roberto sehr dankbar, dass er Text und Überschrift eben auch so angelegt hat. Denn selbst wenn wir die unbedingte 'Marktgläubigkeit' des Neoliberalismus abschütteln könnten, blieben wir, wenn wir nicht tiefer bohren, immer noch diesem unseligen Erbe des Liberalismus ausgeliefert und würden weiterhin nur 'Scheingefechte' innerhalb seines durchaus als 'naturgesetzlich' verstandenen Weltbildes austragen. Das gilt ausdrücklich auch für alle sozialdemokratischen, sozialliberalen (sic!) und auch 'sozialistischen' Unterströmungen des wesentlich von Hobbes mitgegründeten Menschen- und Weltbildes des unablässigen 'Kampfes aller gegen alle'. Und würden vermutlich auch nur wieder bei stärkeren Betonung des Aspektes 'Staat' landen wollen - der aber eben immer nur die notwendige andere Seite der Medaille 'Markt' selbst ist. Wirklich 'gesellschaftlich-revolutionär' wäre oder ist daher nur die kritische Hinterfragung beider - und das heisst eben auch: des ganzen Liberalismus und seiner Wirkungsgeschichte.
@Peinhard
Danke für den Hinweis, hast auch wieder Recht.
Übrigens, ich las mal einen interessanten Artikel über den "Vater des modernen Kapitalismus" - Calvin.
Hier einmal, kommentarlos, der Link-Tipp:
http://www.bernerzeitung.ch/schweiz/standard/Calvin--Der-Taliban-von-Genf/story/31362784
...soll heißen, wie Robert Kurz auch schon festgestellt hat, der Kapitalismus ist ein politisches System, dass sogar aus dem Calvinismus hervorgegangen sein dürfte, d.h. Calvin hat ein Monster geschaffen, dass sich selbständig gemacht hat.
Der moderne Kapitalismus bzw. Liberalismus ist eben kein Naturgesetz, welches man unwidersprochen hinnehmen soll ;-)
Calvin hat den Kapitalismus nicht erschaffen, wie er wohl von niemanden erschaffen wurde. Er entstand aus einer Reihe von Faktoren, eben auch aus dem Protestantismus und überallem aus Calvins Prädestinationsauslegung. Diese war für Calvin keine wirtschaftliche Größe, wurde aber hernach von kalvinistisch Gesinnten wunderbar ins System der Mehrwertschaffung und Ausbeutung eingebaut. Max Weber befaßte sich seiner Zeit eindringlich damit...
@Roberto J. de Lapuente
Danke für den Hinweis, folge mal dem Link, die behaupten ja, dass manche behaupten Calvin wäre der Gründer des "modernen Kapitalismus" - in der "Berner Zeitung", und erwähnen, dass mit Max Weber auch, d.h. die sehen es ähnlich wie du.
Ich poste hier übrigens lieber den Link auf die "Berner Zeitung", da der komplette Text wohl doch etwas zu lange wäre - sorry für ;-)
Ich weiß nicht, wer der Gründer des "modernen Kapitalismus" war - ist schon länger her, dass ich "Das Schwarzbuch Kapitalismus" von Robert Kurz gelesen habe, gebe ich gerne zu - Adam Smith war's wohl auch nicht, aber die religiöse Herkunft würde mich nicht wundern in Zeiten wo der Neoliberalismus selbst immer mehr enttarnt, dass der Kapitalismus eine (weltliche) Religion ist.
Ich hatte mal das Vergnügen privat einen überzeugten Neoliberalen zu hören - Ich schreib's hier, aber gesagt habe ich's dem nicht, der hat sich wie ein Pfarrer angehört mit seiner Predigt über die "Segnungen des Kapitalismus".
Ich glaub ein Schwiegersohn von Karl Marx sah den Kapitalismus bereits als Religion an? Stimmt das?
PS: In Starwars kamen doch auch solche Aliens vor, die aus dem Kapitalismus eine Religion erschaffen haben? Oder?
wenn menschlichkeit einfach bedeuten würde - eigtl. bedeutet sie das doch auch, daß ich meinen mitmenschen so annehme wie er ist und jeden als leistungsträger betrachte, egal ob chefarzt, müllmann oder "urwaldbewohner" und ihm von daher auch gleiche rechte und ein gleiches recht auf ein ausgefülltes selbstbestimmtes leben einräume und dann auch das gleiche recht auf die nun einmal nur begrenzt vorhandenen resourcen, gäbs doch eigentlich keine probleme, egal ob der eine sich benzin für seinen polo wünscht oder bessere waffen für die jagd. es darf eben einfach nur niemand mehr verlangen und bekommen als er benötigt - und den umfang des benötigten bestimmt die allgemeinheit.so eine gesellschaft wäre dann nicht mehr auf angst - nicht "dazu" zu gehören und gier - alles haben zu wollen aufgebaut und hätte dann sogar die muße die heute als allerweltskrankheit herrschende allgemeine dummheit langsam abzubauen. wär natürlich schlimm für alle liberalen und pseudos.
Kapitalismus ist das was übrig bleibt, wenn in einer historisch-dialektischen Entwicklung Calvin's Prädestinationslehre auf Säkularisierung trifft, und damit Gott und die Moral aus der protestantischen Ethik verschwinden, und dadurch wiederum nur noch ein sinnentleerter Arbeitsethos sowie ein ersatzreligiöses Profitstreben zurückbleiben. (frei nach Max Weber)
"...und den umfang des benötigten bestimmt die allgemeinheit."
Aber leben wir nicht genau in einem solchem System? Bestimmen nicht die Vertreter der Allgemeinheit, d.h. hat nicht ein Gremium, bestimmt durch die Vertreter der Allgemeinheit, die Warenkörbe berechnet, mit denen sich der Regelsatz des ALG II festsetzen ließ?
Wenn die Allgemeinheit oder deren Vertreter beginnen, Notwendigkeiten zu definieren, dann kommt vorallem Knappheit heraus. Was Not tut ist die Definition des existenziell Benötigten durch das Individuum selbst. Jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen.
Wenn jemand mehr Benzin für seinen Polo will, um das Beispiel aufzugreifen, dann muß man sich die Frage gefallen lassen, warum er meint, mit seinem Wollen die Blut-und-Öl-Ordnung weiterstrapazieren zu dürfen. Noch mehr tote Nigerianer, noch mehr tote Afghanen - denn das Erdöl tötet die Menschen, die auf den Ressourcen sitzen, bettet die dortigen Diktatoren auf Rosen, alles mit Segen unserer Vetreter, dieser Allgemeinheit eben.
Eine Forderung nach mehr Benzin ist damit in diesem System eine Aufforderung, den status quo zu erhalten und zu verschärfen. Und wenn die Allgemeinheit das benötigte Maß festlegt, dann legitimiert sie auch noch diese Methoden.
@beobacher
Sehe ich ähnlich, auch wenn die Vokabel vom "Leistungsträger" mir nicht gefällt - die neoliberale Erklärung was man neuerdings darunter zu verstehen hat ist der Grund.
Hier mehr dazu:
http://www.zeitgeistlos.de/zgblog/2009/neusprech-leistungstrager
Ich denke hier haben wir ein Problem, dass diese Begriffe sogar bei Menschen, die es eigentlich gut meinen angekommen sind - Wir beide sollten den Neoliberalen nicht den Gefallen machen ihre Begriffe, wenn auch in anderem Zusammenhang zu kopieren.
Ich weiß, es ist schwer, denn die neuere dt. Geschichte beweist dies auch bei anderen Begriffen.
Wer weiß heute schon, dass z.B. der Begriff "Gutmensch", den Neoliberale so gern kopieren, um Menschen wie uns abzuqualifizieren zuerst in Diskussionen mit NPD, DVU, REP & Nazi-Konsorten - meist zur "Ausländer- und Asylantenproblematik" aufgetaucht ist - Heute benutzen den sogar Jugendliche - ohne dessen Herkuft, siehe oben - zu hinterfragen bzw. kennen zu wollen.
Damals - 1997 - im Bundestagswahlkampf vor der Wahl Schröders hieß jeder "Gutmensch", der den (Neo-)Nazis Widerrede lieferte, wenn es um "faule Ausländer" und "Asylanten" ging.
Ich betrachte diesen Begriff daher nicht als Schimpfwort, sondern aus Auszeichnung.
Da ich damals gegen rechtsextreme Unmenschlichkeit, wie heute gegen faschistisch-neoliberale Wirtschaftsunmenschlichkeit, auftrete bin ich gerne ein Gutmensch.
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
@Roberto J. De Lapuente
Gabriele Gillen bezeichnet in einem geplanten neuen Buch die "Lust an der Bevormundung", die du hier so treffend beschreibst, und ja keine Alternativen - Liberale sind die wahren Bewahrer (=Konservative).
Die Linken sind eben die Erneurer (=Fortschrittlichen, Reformer).
Unter Schröder wurde der Begriff "Reform" ins Gegenteil verkehrt - man könnte auch Konterrevolution dazu sagen - Neuerdings sind "Reformer" eben Menschen die zurück zum dt. Absolutismus wollen, eben Bewahrer alter Zustände - Es wird Zeit, dass die Linke sich nicht von Konservativen (auch bei GRÜNEN und der SPD) erklären läßt was "links" und "gerecht" angeblich sein soll, sondern sich darauf besinnt, dass "links" immer Fortschritt bedeutet hat - zugunsten der Normalbürger, d.h. der Mittel- und Unterschicht nicht der Oberklasse und der Besserverdiener.
Übrigens, dank Honduras und der FDP-Unterstützung der dortigen Putschisten - auch Nachdenkseiten nachzulesen - müßte man wohl eher vom "Neuen Faschismus" statt von "Neuer Lust an Bevormundung" reden. Beides gehört für mich übrigens untrennbar zusammen: Wer mir z.B. als HartzIV-EmpfängerIn vorschreiben will wie ich zu leben habe ist ein Faschist und gleichzeitig "Bevormunder".
Heinrich Manns "Der Untertan" läßt grüßen....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Schluß mit der depressiven Stimmung hier!
Was tun mit neoliberalen Holzköpfen?
Hier die Lösung für den versierten Heim- und Gartenwerker.
http://www.youtube.com/watch?v=Oqt3mlXKfO0
gute laune
carlo
@carlo
Was meinst du mit "depressiver Stimmung"?
Danke dennoch für den Tipp ;-)
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
PS: Es gibt keine "Depressionen", die meisten psychischen Krankheiten sind die Erfindung eines gewissen Scharlatans namens Siegmund Freud - Kleiner Scherz.
Im Ernst, hier kannste mal nachlesen, wie schwankend psychische Zuschreibungen sind:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30661/1.html
...übrigens, das war mir schon vor der "Entdeckung" klar, die Eugenik, eine Pseudo-Wissenschaft, die fröhliche Auferstehung dank DNS feiern will, war im vorherigen Jahrhundert schon auf dem Tripp....
Da kann ich reinschauen in Dein Blog so oft ich will. Da ist fast immer etwas, was meine Zustimmung findet. Aus Erfahrung. Nach Überlegung. Durch Austausch mit Betroffenen.
Manchmal denke ich: Ja, ich weiß (leider!). Manchmal lerne ich noch etwas dazu oder ein mir unbequemer Gedanke bringt mich zum Nachdenken.
Aber immer bin ich froh, dass es noch Menschen gibt, die sich nicht in die Perversionen unserer Gesellschaft haben einsaugen lassen. Denn ohne ihre Stimmen fängst du irgendwann an, dich selbst für irre zu erklären.
Ich weiß nicht, ob Du The Zeitgeist Movement kennst (www.thezeitgeistmovement.com). Viele Deiner Positionen sind da sehr dicht dran. Ich glaube, Du solltest zumindest einen Blick riskieren. Denn auch wenn wir die Sklaverei der Institutionen abstreifen müssen, brauchen wir doch Verbündete, die uns den Rücken stärken.
"Wenn der Penner Geschichte wird, dann wird auch der Leistungsträger Geschichte. Daher brauchen wir den Penner, damit wir auch weiter gebraucht werden. Wir sind ihm dankbar, wir sind froh, dass es ihn gibt – zeigen dürfen wir es ihm aber nicht. Voll Dankbarkeit treiben wir ihn an, damit er gefügig bleibt; voll Dankbarkeit verweisen wir auf ihn, nennen ihn ein Negativbeispiel, fragen Kinder, ob sie denn mal so werden wollen, wie diese abgerissene Gestalt; voll Dankbarkeit benutzen wir ihn als Treibstoff des Fortschritts."
zu diesem absatz ist mir folgender, sehr guter, artikel eingefallen:
Poor? Pay Up.
You have to be rich to be poor.
(Gutes englisch notwendig)
http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2009/05/17/AR2009051702053.html
macht real deutlich, wie dringend arme menschen doch sind. So dringend, dass man es ihnen besonders schwer macht.
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