Aufruf zur Solidarität

Montag, 20. Juli 2009

Mit brennender Sorge müssen wir nun feststellen, dass in einem Land, in denen die Ärmsten der Armen wie Maden im Speck gedeihen, die Leistungsstärksten der Leistungsstarken einen Krückstock benötigen. Diese Gesellschaft erlaubt den Beziehern von Sozialleistungen feinen Kaviar zum Frühstück, eine moderne Einrichtung mit technischem Allerlei, noble Karossen und ein wohliges Leben in Glückseligkeit - der Leistungsträger aber wird alleinegelassen, muß von wenigen Pfennigen sein tristes Dasein bestreiten.

Wir solidarisieren uns mit Madeleine Schickedanz! Ihre Armut hat uns berührt! Wir armen Schweine der Gesellschaft, nehmen unsere Schwester in unsere Mitte, damit auch sie wieder in den Genuss eines alimentierten Lebens in Reichtum kommen kann. Es ist ein Skandal, eine Person wie jene, derart am Hungertuch nagen zu lassen. Was ihr den Geringsten unserer Schwestern antut, das tut ihr auch uns an! Wie sollen wir es eines Tages unseren Kindern erklären, dass Schwester Schickedanz nicht einmal Geld für Gemüse, Obst und Kräuter aufwenden konnte, weil sie Gemüse, Obst und Kräuter ja in ihrem Garten angebaut hatte? Wie wird es für unsere Kinder aussehen, wenn sie eines Tages erfahren, dass jene Frau für lumpige 40 Euro beim Italiener um die Ecke speisen mußte? Wir werden nichts zu unseren Gunsten vorbringen können, außer vielleicht, dass die Schickedanzens keine Bedarfsgemeinschaft waren, der Herr Gemahl seine Gemäldesammlung behalten durfte.

Damit die zeitgenössische Gesellschaft nicht eines Tages mit den Bildern der ausgemergelten Frau konfrontiert wird, wenn unsere Kinder im Geschichtsbuch Bilder unmenschlicher Zeiten nachblättern, heißt es nun Solidarität zu zeigen. Ihr Armen dieses Landes, ihr Armen dieser Welt, ihr Obdachlosen und ALG II-Bezieher, ihr chronisch Kranken und Kleinrentner, ihr Alleinerziehende und Verwitweten:

Kratzt aus eurem Sparschwein, was es hergibt, plündert eure Notgroschen, nehmt euer gesamtes Geld und schickt es ganz zur Schickedanz!

Es wäre doch gelacht, wenn eine reiche Gesellschaft wie die unsere, die Faulpelze und Minderleister wie Könige behandelt, nicht auch eine halbverhungerte Leistungsträgerin durchfüttern könnte. Keine Angst Frau Schickedanz, wir halten zusammen, jetzt wo Du eine von uns bist - wir halten solange zusammen, bis Du wieder obenauf bist und vergessen hast, wer Dich durchgefüttert hat! Wir halten zusammen, auch wenn wir nicht wissen, wie es wohl ist, wenn zwei Personen von 600 Euro im Monat (Gemüse, Obst und Kräuter herausgerechnet) leben müssen - wir wissen eher wie es ist, von 400 Euro vier Mäuler zu stopfen. Wir wissen auch nicht, wie es beim Italiener an der Ecke schmeckt, weil wir nur an jener Ecke lungern, Hut vor unserem Schneidersitz, Blick zu Boden, nicht aufs Teller. Wir wissen auch nicht, wie es sich anfühlt, von nur 600 Euro monatlich zu leben, aber nebenher aus Katalogen Jeans, Pantoffeln und Küchentechnik zu bestellen. Doch einerlei: denn wir halten zusammen!

Wir sind so solidarisch, wie Deinesgleichen mit uns solidarisch war und ist, als sie in unserem Namen Steuersenkungen forderten, die wir nachher mit leeren Kassen bezahlen werden müssen. Als sie Lohnnebenkosten gesenkt wissen wollten, damit mehr Arbeitsplätze entstehen, von deren Lohn niemand leben kann. Als sie die paritätische Sozialversicherung einseitiger Richtung Angestellte ausrichten wollten, damit das deutsche Unternehmertum wettbewerbsfähig bleibt. Wer sich so herzergreifend um uns arme Schweine gekümmert hat, der hat Solidarität verdient.

Nehmt also euer Geld und schickt es ganz der Schickedanz! Damit Leistungsträgerschaft sich auch auszahlt! Damit wir auch in Zukunft mutige und tatkräftige Unternehmer finden, die sich unserer annehmen! Wenn das Beispiel einer alleingelassenen Schickedanz Schule macht, wird sich keiner mehr aufrappeln wollen, uns das Glück per Katalog ins Haus zu schicken...

61 Kommentare:

Anonym 20. Juli 2009 um 07:09  

Sie beklagte den hartherzigen Egoismus in diesem (unseren) Lande mir den Worten:
Hier denkt jeder nur an sich. Nur ich denke an mich.

Anonym 20. Juli 2009 um 08:11  

Ja, der Versandhandel. Der macht's. Damit kann ich mir auch problemlos einen neuen Porshe, eine neue Küche, und Kaviar leisten, auch bei 400 Euro im Monat. Ich kann mir jeden Luxus dieser Welt leisten, wenn ich ihn nur per Versandhandel bestelle. Eine geniale Erfindung.

Lada 20. Juli 2009 um 09:03  

Wie kommt es eigtl., dass die sogenannten "Leistungsträger" (weil leider immer häufiger Leistung mit Einkommen/Vermögen verwechselt wird) immer wieder fordern, dass sich Ihre Leistung lohnen müsse, aber nicht bereit sind, auch NEGATIVE Konsequenzen Ihres Tuns selbst zu tragen?

Und was hat diese Frau dazu bewegt, der Bams ein Interview zu geben? Die Frau entlarvt sich ja am laufenden Band selbst. Kann da überhaupt Mitleid aufkommen?

Interessant ist übrigens, dass sich eine Frau mit einem Aktienpaketwert von 3 Milliarden als "typische Mittelständlerin" sieht. Vielleicht ist es ja doch nicht gelogen, dass sich die FDP für den "Mittelstand" einsetzt.

Anonym 20. Juli 2009 um 09:41  

Sie hat ihr ganzes Geld in die Firma gesteckt, anstatt wie eine Heuschrecke nach einem Hochjubeln der Aktienkurse einfach abzuhauen.

Sie hat auch zu besseren Zeiten keine rauschenden Feste veranstaltet oder Geld für eine Ferrarisammlung o.ä. herausgeschmissen.

Und wer sie -bei einem Aktienwert von gerade noch 27 Mio EURO (dem c.a. 480 Mio Schulden gegenüberstehen)- als Milliardärin bezeichnet, irrt gewaltig.

Wer hat schon einmal 480 Mio Schulden gehabt ?

Wer sich bequem als Beamter zurücklehnt, kassiert ohne Risiko und ohne größere Anstrenung lebenslang.

Sie haftet mit allem, auch dem Erbe der Kinder... und bekommmt anders als unsere Beamten keine Rente / keine Absicherung o.ä.

ad sinistram 20. Juli 2009 um 09:42  

Sie sehen ja, Herr/Frau Anonym, wir weinen bittere Tränen...

landbewohner 20. Juli 2009 um 10:12  

ja herr oder frau anonym hats erkannt. bei dem bericht in bild da schiessen jedem hartz 4 empfänger die tränen des mitleids in die augen, während er sich heimlich darüber freut, daß es ihm soviel besser geht als der armen madeleine - der schuft. aber noch sind deutschland und seine leistungsträger nicht verloren: es sei an die solidarität der schäffler mitarbeiter erinnert, die sie ihrer chefin demonstrierend bewiesen haben, als sie ins elend zu stürzen drohte!!

ad sinistram 20. Juli 2009 um 10:18  

Und nicht nur die, Beobachter, auch Porschianer haben sogar von Werksbesetzung gesprochen, wenn man ihnen ihren obersten Leistungsherrn wegnimmt. Sag noch einer, in diesem Land herrsche keine Solidarität!

Anonym 20. Juli 2009 um 10:42  

@ Beobachter und Roberto
Also stimmt das tatsächlich: Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber?

Peinhard 20. Juli 2009 um 10:43  

Doch, doch, allenthalben Solidarität. Im Forum der Tagesschau bspw der Vorschlag 'Man könnte auch früher anfangen zu arbeiten' zum Thema 'Rente mit 67'. Vielleicht mit 12, so dass man garantiert nicht mehr in den Genuß derselben käme. Das könnte dann in einen Fonds... Es ist zum Heulen, wahrlich.

Anonym 20. Juli 2009 um 10:51  

@Roberto J. de Lapuente

Unser aller "Mutter der Nation", Maggy Merkel, hat so eben im Sommerinterview den HartzIV-EmpfängerInnen eine Erhöhung von HartzIV erneut verweigert.

Der reinste Absolutismus in Deutschland - in jedem anderen Land würde diese gute Maggy Merkel von der Mehrheitsbevölkerung das Mores gelehrt - Hier kann die frei und frech hinstehen und sagen, die Reichen alimentieren wir, die Armen nicht, die sollen gefälligst verrecken....

G. G. 20. Juli 2009 um 11:12  

Lieber Herr Lapuente,

sie haben es auf den Punkt gebracht. Ich finde ihren Text spitze. Weiter so und vielen Dank.

Robert Reich 20. Juli 2009 um 11:26  

Hab mir schnell noch ein paar Zellstofftaschentücher besorgt, um die Tränen zu trocknen, ob der Katastrophe die Frau Schikedanz ereilte. Dereinst mussten wir ja auch Miterleben, wie Frau (Geld-)Reifen-Schaeffler ins soziale NICHTS katapultiert wurde.
Aber seit der ARD-Sendung "Anne Will" vom 25.05.2008 wissen wir ja endlich wie es beispielseise den schmarotzenden Hartz-lern geht. Frau Dr. Rita Knobel-Ulrich hats gesagt: "„Hartz IV alimentiert die Menschen ganz gut. Vater, Mutter und zwei Kinder bekommen 345 Euro pro Erwachsenen, 247 Euro pro Kind, plus Wohngeld, plus Heizung, plus Strom, plus Krankenversicherung. Das sind circa 2.000 Euro im Monat. Das muss man erst mal verdienen!..."
Wegen dieser "Tatsachen" müssen wir Solidarität mit den verarmten Leistungsträger (was für eine Wortschöpfung!) üben.

Unterdosis 20. Juli 2009 um 11:35  

"Sie haftet mit allem, auch dem Erbe der Kinder... und bekommmt anders als unsere Beamten keine Rente / keine Absicherung o.ä."

So ist es. Wenn man in der Wirtschaft versagt - dann ist das Geld weg, eventuell sogar alles. Und wenn einem das Geld nicht mehr gehört können die Kinder es selbstverständlich auch später nicht mehr erben, c'est la vie.

Was die Rente betrifft: wäre Frau Schickedanz freiwillig versichert geblieben, dann hätte Sie nun auch Anspruch auf Rente. Aber vermutlich war ihr die Rendite der gesetzlichen RV zu niedrig.

Tja, schade aber auch! Dann muss Frau Schickedanz wohl entweder ihre Familie anpumpen oder arbeiten gehen.

Arbeiten, Sie wissen schon - das, was bisher andere für den Profit ihres Unternehmens getan haben.

Ach, kennen Sie nicht? Dann stimmt es also doch - die Eigeninitiative ist tot.

Anonym 20. Juli 2009 um 12:19  

richtig!
hört gefälligst auf teuren analogkäse und mogelschinken zu fressen,
fensterkitt tuts ja wohl auch, ach was sag ich, mal ne woche am daumen
lutschen ginge doch auch mal! gerade den fetten und faulen sozialschmarotzern
täte es doch mal gut!
das geld wird jetzt anderweitig gebraucht, deshalb spendet, SOLIDARITÄT mit
unseren leistungsträgern!

dazu fällt einem nix mehr ein. diese ins extrem pervertierte arroganz
ist einfach nur noch unverschämt.

brave new world!

ad sinistram 20. Juli 2009 um 12:50  

Zitat Peinhard:
"Im Forum der Tagesschau bspw der Vorschlag 'Man könnte auch früher anfangen zu arbeiten' zum Thema 'Rente mit 67'. Vielleicht mit 12, so dass man garantiert nicht mehr in den Genuß derselben käme. Das könnte dann in einen Fonds... Es ist zum Heulen, wahrlich."

Dazu paßt, wie fast immer, Marcuse:

"Die Menschen treten in dieses Stadium als langjährig präparierte Empfänger ein; der entscheidende Unterschied besteht in der Einebnung des Gegensatzes (oder Konflikts) zwischen dem Gegebenen und dem Möglichen, zwischen den befriedigten und den nicht befriedigten Bedürfnissen. Hier zeigt die sogenannte Ausgleichung der Klassenunterschiede ihre ideologische Funktion. Wenn der Arbeiter und sein Chef sich am selben Fernsehprogramm vergnügen und dieselben Erholungsorte besuchen, wenn die Stenotypistin ebenso attraktiv hergerichtet ist wie die Tochter ihres Arbeitgebers, wenn der Neger einen Cadillac besitzt, wenn sie alle dieselbe Zeitung lesen, dann deutet diese Angleichung nicht auf das Verschwinden der Klassen hin, sondern auf das Ausmaß, in dem die unterworfene Bevölkerung an den Bedürfnissen und Befriedigungen teil hat, die der Erhaltung des Bestehenden dienen."

lemmi 20. Juli 2009 um 13:26  

Großartig! Wo kann ich spenden? Nur noch 27 Millionen... man bedenke, daß die (ohne Zinsen) gerade mal noch knapp 40.000 Monate reichen werden, nicht mal 3.333 Jahre.
Ich meine das ist unseren Leistungsträgern nicht vermittelbar oder? Den Aufruf zur Solidarität finde ich daher wunderbar und genau passend in den heutigen Zeiten: Keine lästigen Umwege mehr über Staaskredite, -bürgschaften und andere Formen der Hochsubventionierung zur Systemerhaltung. Nein, gleich ohne Umschweife direkt an den Geldbeutel der breiten Masse. Die Aktion ist ausbaufähig, nach dem "Notopfer Schickedanz" könnte man mit dem "Notopfer Porsche" gleich weitermachen. Nennt mir ein Konto und ich überweise... .

klaus baum 20. Juli 2009 um 14:07  

gibt es eine kontonummer? soll ich etwas überweisen? oder bei quelle vor ort neue elektrogeräte kaufen?

Hal9002 20. Juli 2009 um 14:37  

Zuerst glaubte ich eine gelungen Satire gelesen zu haben!?! Das hat die Gute aber wirklich gesagt??!
Echt sprachlos!!! Wahnsinn. Oder hat das die Titanic geschrieben? So wie die WM?
Und der Porsche Betriebsrat möchte für die Aktionäre streiken? Für kürzeren Kündigungsschutz? Längere Arbeitszeiten?
Was kommt als nächstes? Deutsche Mütter für den Krieg?
Ach Scheisse: Vielleicht haben die Vogonen doch Recht.
Traurig....

Peinhard 20. Juli 2009 um 14:38  

Ein gutes dutzend Generationen der Unterwerfung unter den Imperativ der 'abstrakten Arbeit', zunächst gewaltsam, dann immer gewohnheitsmäßiger bis zur Freiwilligkeit des 'gar nichts anderes Kennen' hinterlassen ihre Spuren - es wird offenbar tatsächlich zur 'Natur', wozu der Mensch zuerst unter dem falschen Hinweis auf dieselbe gezwungen werden musste. Er verteidigt seinen Zwang nicht nur, er wünscht ihn sich und leidet unter seiner Abwesenheit mehr als an ihm selbst. Wenn er dazu Geschichte entweder gar nicht oder nur noch im Spiegel der herrschenden Verhältnisse kennt, wird die Selbstausbeutung immanent - und 'Mitarbeitebeteiligung' und 'Wirtschaftsdemokratie' kein Wagnis mehr, sondern eher schon logische Konsequenz. Es braucht wohl nicht weniger als eine neue 'Aufklärung', einen neuen Ausgang aus der 'selbstverschuldeten Unmündigkeit'... :(

Viktor 20. Juli 2009 um 15:31  

> Sie haftet mit allem, auch dem
> Erbe der Kinder...

Wie verquer ist das denn? Nix dafür getan, aber ein Recht auf Erbschaft? Und wenn die Frau es vor ihrem Ableben wieder ausgibt (aus was für Gründen auch immer - und wenn es eben Schuldentilgung oder Haftung ist), dann gibt es eben kein Erbe. Ich hab' auch nichts geerbt. Oh weia. Aber gut, daß 'mal jemand an die Kinder gedacht hat!

Anonym 20. Juli 2009 um 17:02  

@Peinhard

Gerade deswegen sollten wir - wie Don Quichotte gegen Windmühlen - tagtäglich gegen die Vorurteile vorgehen.

Wir sind es Sir Peter Ustinov, siehe hierzu unter Robertos Text zu den "Zigeunern" einfach schuldig.

Ich hörte heute auch den Vorwurf, im Real Life, ich und "meine Politik". Und dies nachdem ich meiner Verwandtschaft tagtäglich predige, es ist keine Politik mehr in Deutschland, die Wirtschaft bestimmt wo es lang geht. Egal, ich reite weiter gegen die täglichen Vorurteils-Windmühlen, auch im echten Leben, an......Wäre es doch noch Politik, und nicht gesteuerter Lobbyismus aus der Wirtschaft der bestimmt, dann wären wir alle froh, aber leider heißt es doch wieder: "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing."


Liebe Grüße an alle
Nachdenkseiten-Leser

Desparada-News 20. Juli 2009 um 18:20  

Arbeiten gehen - 1.-- Euro-Job, klasse Möglichkeiten, die Nebenkosten der Arbeit sind dann schon mal abgedeckt, wenn äußerst sparsam damit umgegangen wird. Immerhin hat Schickedanz den Mehrwert aus ihrem Garten, was alles noch mehr erleichtert.
Müll auflesen, da ist sie gleich an der frischen Luft, und hat Bewegung. Das hilft der geschlauchten Unternehmergesundheit garantiert wieder auf.

otti 20. Juli 2009 um 18:59  

Köstliche Glosse!
Was war wohl die Intention des Interviews?
Den Leistungsträgern geht es nicht besser als euch, den Leistungsbeziehern.
Dann ist das Weltbild ja wieder in Ordnung, um beglückt und befriedigt CDU zu wählen. Keine Frage, gerecht ist Die Welt der Merkel.

Peinhard 20. Juli 2009 um 19:54  

@NDS-Leser

"Wäre es doch noch Politik, und nicht gesteuerter Lobbyismus aus der Wirtschaft..."

Es ist Politik - nur steht die in diesem System immer und zuallererst unter dem Imperativ der Wirtschaft. Das war in 'besseren Zeiten' nicht anders, nur hatte da eben auch die Wirtschaft andere Interessen und Prioritäten.

Anonym 20. Juli 2009 um 21:37  

@Peinhard

Das ist ja das Problem, um es mit Heiner Flassbecks "Gescheitert - Warum die Politik vor der Wirtschaft kapituliert" zu schreiben.

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

Anonym 20. Juli 2009 um 21:52  

die arme frau,
ich fühle mit, so als wenn ihre tränen über meine wangen laufen würden, so als würde ich von den 345 euro meine strom- und gas rechnung selber begleichen müsste und man mir sagt; gehen sie doch zu den tafeln wenn sie nicht klarkommen ...

wo wird sie wohl enden, vermutlich im frühling in ihrer wohnung am gardasee, völlig alleine so ohne bedienstete, im sommer in spanien ohne gärtner, im herbst in ihrer villa in tunesien und im winter auf einem luxusliner eines ihrer freunde in der karibik ...

vielleicht muss sie sogar ein paar ihrer habseligkeiten verkaufen, damit sie human weiterleben kann.
(mein gesamter besitz incl. kleidung beläuft sich auf ca 5.000 euro )

sorry,
ich kann nur spekulieren, weshalb sie sich so der öffentlichkeit präsentiert, aber ich vermute das es sich lediglich um eine mitleidsnummer handelt von der sie auf die eine oder andere art zu profitieren gedenkt ...

und man darf nicht vergessen, derzeit ist wahlkrampf, und wenn die merkel eine statistik in die finger bekommt in der es heisst; wenn ich ihren laden rette, sichere ich mir allgemeine unterstützung vom wahlvieh, und dann regnet es bald (steuer)geld ...

am ende, auch wenn es mir nicht schmeckt:
besser für quelle als für die ikb, hsh, bayernlb, usw.

lg,
e

Julian 20. Juli 2009 um 21:53  

Jetzt beim zweiten Lesen ist mir die Einleitung aufgefallen - "Mit brennender Sorge[...]"...

Ist schon eine sehr entlarvende Geschichte, das alles.

Anonym 20. Juli 2009 um 21:53  

@all

Ein interessanter Gedanke, schließen Springer-Journalisten, und andere Faulenzer im Medienbereich von sich auf andere, wenn die immer wieder Arbeitslose als faul diffamieren wollen?

Hier ein hochaktueller Bericht von BildBlog:

http://www.bildblog.de/9323/wie-eine-linde-der-anderen

D.h. der Schreiberling hat vom anderen Presseorgan fast identisch abgeschrieben.

Man sollte also nun endlich auch den stinkfaulen Journalisten, die stinkfaule Journalistin, entdecken, der/die zu faul ist selbst zu recherchieren und daher einfach bei anderen Medien klauen geht.

Vielleicht Roberto J. de Lapuente schreibst du auch mal was dazu?

Nach faulen Beamten, faulen Lehrern, faulen Politikern wäre es nun endlich auch einmal an der Zeit die faulen Journalisten zu enttarnen.

Übrigens, ist der oben geschilderte Vorgang, wenn man Bildblog glauben darf, kein Einzelfall - Deutschlands Journalisten-Elite ist stinkfaul geworden.

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

Tim 21. Juli 2009 um 00:08  

Ich habe heute im Radio (NDR-Info) einen Kommentar gehört, der hörte sich an, als wäre er hier abgeschrieben worden. :-)

Hat mich übrigens tief getroffen, dieses schreckliche Schicksal. Und ich habe mich entschlossen, der armen Frau die gelebte Solidarität der Sozialen Martwirtschaft von heute zu demonstrieren: Ich werde ihr ein "Hartz-IV-Kochbuch" zusenden; geschenkt, völlig umsonst, sogar das Porto spendiere ich. Sie muss mir dann also lediglich die Service-Leistung entlohnen...

Michel 21. Juli 2009 um 00:50  

Colin Crouch - Postdemokratie.

Das summiert sehr schön viele Entwicklungen der letzten Jahre (Privtisierung, Drehtür Politik-Wirtschaft) usw.

Und wer mal nach Postdemokratie auf Amazon guckt, der findet auch gleich noch ein paar Schmöker, die sich zu lesen lohnen.

Was die Schickedanz angeht: die hat nie im Unternehmen wirklich mitgearbeitet, sondern das alles immer Managern und Aufsichtsräten und ihren jeweiligen Ehemännern überlassen, die Dividenden hat sie trotzdem gerne kassiert, nehme ich an. Jedenfalls kam das mal in einem (handelsblatt? manager-magazin?) Interview so raus. Sie deutet es ja auch selber in dem Bild-Interview an, dass die Manager die Verantwortung tragen, außer für Internet und so.

Dass sie bei einer Pleite mittellos wäre, glaube ich irgendwie kaum. Irgendwo werden da doch wohl ein paar Millionen in der Schweiz gebunkert sein oder so...
Und die Kinder haben bestimmt längst Trust-Funds, die nicht angetastet werden dürfen.

Interessant ist natürlich mal wieder, wie Bild Stimmung pro-Schickedanz macht, sie als Mittelklasse hinstellt und kräftig auf die Tränendrüse drückt.
Anscheinend ist es Zeit, Arcandor-Aktien zu kaufen, denn wenn Bild die unterstützt, kann man damit rechnen, dass das Unternehmen staat(t)lich gerettet wird. Oder will Bild/Springer den Versandhandel gleich miteinschließen? Macht doch Sinn, gelle? Bild hat ja bisher für die "Volksbibel" und das Volks-was-weiß-ich geworben.
Demnächst also:

"Der Volks-Versandhändler vom Boulevard. Prominente testen unsere Produkte! Bilden sie sich eine Meinung, wir kümmern uns um die Manipulation! Wenn sie das Vaterland lieben, kaufen Sie die Volksprodukte von Bild! Denken Sie an die Mitarbeiter!"*

Und in Anlehnung an ein beschämend berühmtes Motto:

"Bild macht Arbeit."*

(Das die darauf noch nicht gekommen sind?!!!)


*Zynismus und Sarkasmus. Nicht ernstgemeint.

potemkin 21. Juli 2009 um 08:15  

Es gab tatsächlich mal eine Zeit, in der es ein echtes Unternehmerrisiko gab, mit allen Konsequenzen, bis Unter-Brücken-schlafen und Freitod. Ende des vorletzten Jahrhunderts (das Wort Leistungsträger kannte man noch nicht) gab es zwar hemmungslose Ausbeutung, aber keinerlei 'soziales Netz' für die Gescheiterten. Emile Zola hat Glanz und Elend dieser Kaste hervorragend beschrieben. Heute ist es praktisch unmöglich, aus dem Geld-Olymp ins Bodenlose zu fallen.

Anonym 21. Juli 2009 um 14:17  

@Tim

Wenn es nur das abschreiben wäre :-)

BildBlog berichtet ja manchmal auch darüber, dass Bild-Journalisten geschichten frei erfinden, und der durchschnittliche Bild-Leser aus der konservativen Ecke (CDU/CSU/FPD/SPD/GRÜNE) glaubt diese frei erfunden Geschichten noch, und richtet die Politik danach...

Ich könnte nämlich wetten, dass die Geschichten vom faulen Hartz-IV-Empfänger allesamt frei erfunden sind.

Bild lügt immer noch, eigentlich nix Neues, aber man sollte es immer wieder einmal erwähnen, da die Menschheit kein Langzeitgedächtnis besitzt ;-) :-(

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

Anonym 21. Juli 2009 um 15:21  

Frau S. bekommt ja nichtmal Wohngeld, weil ihr dummerweise das Haus gehört, in dem sie lebt.

Jetzt sind ihre Aktienpakete nur noch 27 Mio oder so ähnlich wert und das obwohl sie früher schon 170 Mio aus ihrem "Privatvermögen" zugeschossen hat. Da kann man doch nur hoffen, dass von diesem Privatvermögen noch etwas übrig ist.

Die 400_und_paar_zerquetschte Mio Schulden der Quelle AG schmälern den Wert ihres Paketes auf 27 Mio Euro. Da hat sie aber Glück gehabt, als Aktionärin nicht dafür (4xx Mio) gerade stehen zu müssen. Vielleicht sollte sie diese 27 Mio versilbern und ihrem irgendwann mal um 170 Mio. entreicherten Privatvermögen wieder zuführen.

Lesefuchs 21. Juli 2009 um 16:13  

Verwunderlich ist immer bloß Eines:
Da existieren Familienunternehmen deren Besitzer als Milliar- oder Millionäre bezeichnet werden und die u.a. Anwesen in den nobelsten Orten der Welt ihr Eigen nennen und dann haben diese Firmen Millionen Schulden!
Wenn der Normalo 2 Monate keine Miete zahlt kommt die Mahnung. Beim dritten Monat die Räumung. Wenn der Normalo überzieht kommen 12% Zinsen. Wenn das Geld ausbleibt - die Pfändung!
Also so lange diese Damen und Herren nicht die letzte Hütte, den letzten Bentley und und und verscherbelt haben, solange brauchen diese keine Mitleid! Wieviel noch auf irgendwelchen Nummernkonten verweilen, will ich dabei gar nicht wissen!

MedienGuerilla 21. Juli 2009 um 16:41  

Hallo in die Runde ,

es ist schade das hier kein Trackback angeboten wird.... den ich hätte zugerne den neusten Artikel der ähnlich "Sarkastisch" Formuliert ist , hier als Link gesetzt.Nun probiere ich es halt Manuell und hoffe es klappt ;-)

http://suboptimales.wordpress.com/2009/07/21/madeleine-schickedanz/

Anonym 22. Juli 2009 um 01:18  

Es braucht wohl nicht weniger als eine neue 'Aufklärung', einen neuen Ausgang aus der 'selbstverschuldeten Unmündigkeit'... :(

Wie ich den Satz wohl nicht mehr lesen kann ... häufig zitiert und nie kapiert, daß Menschen immer den Verstand entwickeln, den die Umwelt für ein möglichst bequemes zufriedenes Leben benötigt. Mehr nicht. Das ist einfach biologisch so vorgegeben.

Ausnahmen entsprechend ihrer Anlagen bestätigen meiner Meinung nach die Regel.

Als wenn wir ein Volk von Allesdenkern und Alleskönnern werden könnten ... Theoretisch am Reißbrett ja, von den theoretisch möglichen Anlagen ja, aber nicht in der Realität.
Das zeigt das Scheitern noch jeder Gesellschaft auf. Spätestens die Urenkelgeneration macht Erfolge zunichte und die Spitze einer Gesellschaft als oberster Profiteur wird immer am eigenen Erhalt arbeiten. Das ist ein sich selbst erhaltendes System im Gesellschafts-System.

Sieht man auch jetzt im vorliegenden Fall.

Da kann der Bürger Verstand haben so viel er will, das sind die Fakten aus der Soziologie und Psychologie.

Es muss immer nur jeder selbst vor Gott für sich persönlich die Entscheidung treffen:
Wer will ich sein?
Wie will ich leben?
Wie will ich mit meinem Nächsten umgehen?

Alles andere sind eitle Vorhaben, die stets an der Realität scheitern werden.
Was nicht heißt, das jede Initiative scheitern muss oder sinnlos wäre :-)

Tim 22. Juli 2009 um 01:36  

@Nachdenkseiten-Leser:

"Ich könnte nämlich wetten, dass die Geschichten vom faulen Hartz-IV-Empfänger allesamt frei erfunden sind."

Nun ja, ein paar Zeitgenossen, die nicht wirklich arbeiten wollen, kenne ich auch persönlich. Nur würde ich das nie zum Generalverdacht machen.
Die Leistungs-Missbrauchsvorwürfe sind aber in der Tat zu 98% frei erfunden. Siehe:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/003/1600327.pdf
und:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,422527,00.html

Michel 22. Juli 2009 um 04:31  

Ach ja, Bild versucht, Politik zu machen und Wirtschaftspolitik ist ja bekanntlich die lohnendste Politik.

Opel + RHJ sind da auch ein Beispiel, denn RHJ wurde in den Springermedien kräftig gelobt, allerdings ohne die geringsten Hintergrundinfos: Döpfner sitzt wohl mit an Bord bei RHJ.

Schickedanz: keine Ahnung, warum Bild da auf Mitleid macht, anscheinend haben sie aus der Schaeffler-Geschichte gelernt und Madame Unternehmenslenkerin-Dividendenprofiteurin wird diesmal besser vermarktet.
Wird noch interessant, zu sehen, wie die Quelle-Schickedanz-Geschichte ausgeht bzw. an welchen Hedgefonds das verscherbelt wird.


Die "Habt-Mitleid-den-Eliten-gehts-genauso-beschissen"-Nummer hat übrigens auch Tradition in angelsäschsischen Ländern.
Denn wenn Prinz Harry fast die Eton-Abschlussprüfung nicht schafft und wenn Prinz William fast das Studium an der Elite-Uni schmeißt, dann weiß der gemeine Engländer natürlich sofort, dass die stinkreichen, arbeitslosen Royals genau dieselben Probleme mit dem vollkommen verwöhnten, Elite-erzogenen, Marihuana rauchenden, polospielenden, luxusgekleideten Nachwuchs haben wie Papa und Mama aus der Arbeiterklasse, denn Geld spielt bei solchen Tragödien natüüüüüüüüüüüüüüürlich keine Rolle, über Vermögensunterschiede muss man da hinwegsehen getreu nach dem Motto:
"Wir können jedes Problem ignorieren, wenn wir uns nur genug Mühe geben."

Bei Bild-Schickedanz heißt das dann wohl:
"Wir können alle Klassen- und Finanzunterschiede ignorieren, wenn wir uns nur genug Mühe geben und uns aufs Menschliche konzentrieren *schluchz*".

endless.good.news 22. Juli 2009 um 07:09  

Tja ja die liebe Bild Zeitung. Wie war das mit Leistungsgesellschaft, mit Risiko des Unternehmers? Wenn ihre Firma pleite geht hat sie eben pech. So sieht es doch auch aus bei jemandem der 30 Jahre arbeitet und Arbeitslos wird und irgendwann Hartz 4 bekommt. So sieht es beim kleinen Selbsständigen aus. Ich sehe keinen Unterschied, außer das diese Frau etwas mehr Geld verloren hat. Scheinbar hat sie die Leistung nicht gebracht. Vielliecht muss man nur den Druck erhöhen dann kommt es wieder? Ist doch das alles lösende Rezept.

Das mit den Erben finde ich schießt am Ende den Vogel ab. Erbe verloren... Die armen Kinder jetzt müssen sie tatsächlich arbeiten. So ein Mist keine Millionen und der Lebensabend mit 40 war schon geplant.

Lada 22. Juli 2009 um 09:30  

@ Lesefuchs:

Du vermischst 2 verschiedene Sachen: Schulden haben ist das eine, seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen können das andere.

Im Übrigen hat jede AG (und wahrscheinlich jedes andere Unternehmen) Schulden, mindestens in Form der Aktien, die von anderen Personen gehalten werden.

Anonym 22. Juli 2009 um 13:18  

@Tim

"[...]Nun ja, ein paar Zeitgenossen, die nicht wirklich arbeiten wollen, kenne ich auch persönlich. Nur würde ich das nie zum Generalverdacht machen.
[...]"

Wie schrieb Roberto J. de Lapuente weiter unten:

"[...]Ich kenne einen...

Die Hartz IV-Regelsätze sind nicht zu niedrig, meint er. Er kenne auch einen Hartz IV-Empfänger, ganz persönlich, ein Intimus quasi, und der lebe immerhin in Saus und Braus, der rauche sogar und käme ab und an auf ein Bier in die Kneipe herüber. Ich kenne einen, leitet er dann seinen Satz ein, ich kenne einen Arbeitslosen, dem geht es gut. Er kenne einen Arbeitslosen, der ein schönes Leben habe, Zeit und ausreichend Geld, genug Jammerkraft habe er zudem. Aber schuld sei der Erwerbslose an der Misere nicht, viele wollen ja arbeiten, bestimmt die Hälfte der Arbeitslosen, meint er mitmenschlich. Er sei ja kein Unmensch, aber man müsse schon deutlich sagen, dass jemand, der nicht arbeitet, auch keine zu hohen Ansprüche stellen dürfe. Schon gar nicht, wenn es denen eh so gut geht.
[...]"

Leseempfehlung falls Du wirklich jemand kennst, und dies nicht nur behauptest ;-) *grins*

Tim 23. Juli 2009 um 02:50  

Hehe, der musste ja jetzt kommen. *g* Hab ich natürlich gelesen, schaue ja jeden Tag hier rein.

Aber was soll ich sagen... so ist es nunmal. *schulterzuck* Lohnt sich ja nicht, zu leugnen, dass es auch solche Leute gibt. Solange man eben keinen Generalverdacht daraus konstruiert!
Ich kenne auch jemanden, der den vielzitierten Missbrauch betreibt (Schwarzarbeit bei Leistungsbezug). (Tue ich wirklich *g*) Aber der gehört damit halt zu den verschwindend geringen 3%. Und ich halte es für ein Unding, dass ein ganzes Gesetzbuch auf solche Minderheiten ausgerichtet wird, und 97% Anständige darunter zu leiden haben.

Peinhard 23. Juli 2009 um 09:45  

Was heisst denn bitte 'anständig'...? Das müsste man ja wohl auch erst mal hinterfragen...

Anonym 23. Juli 2009 um 10:59  

@Tim

Hinterfrag doch mal die Gründe der Menschen, die du angeblich kennst.
Könnte es vielleicht daran liegen, dass manche resigniert haben? Unsere Gesellschaft ist so menschenfeindlich geworden, dass man sogar als depressiv-resignierter Arbeitsloser als Faulenzer angesehen wird.
Es könnte aber auch einen anderen Grund geben, dass manche sich als Schutzfunktion anpassen.
Sowas ähnliches habe ich mal, in der Holocaust-Literatur, gelesen.
Es scheint ein normaler menschlicher Überlebensmechanismus zu sein, dass man sich anpasst, wenn man mit gewissen Vorurteilen belegt wird - Bei den Holocaustopfern hatte dies aber tödliche Folgen.

Die heute angepassten Arbeitslosen sind eben (noch) keine Mordopfer der Neoliberalen, aber denen traue ich mittlerweile jede Schw..... zu....

Ich rede hier mal nicht von den 97%, die du meinst sondern von den 3%, die angeblich schwarz arbeiten oder einfach nur "faulenzen"....

Ich denke die Gründe - auch dort - dürften verschieden sein....

...und ein wirklich fauler Mensch, der lethargisch den ganzen Tag im Bett rumlümmelt ist mir nur in der Bild-Zeitung - bei der Phantasie der dortigen Märchenerzähler, die sich "Journalisten" nennen, vorgekommen....

Eigentlich lese ich keinen "Stürmer", aber man bekommt ja trotzdem mit was die neuen Rechten der Bild so täglich als "Zeitung" fabrizieren....

Zurück zu den 3% angeblich faulen, die arbeiten manchmal auch ehrenamtlich, so stand vor kurzem im "Neuen Deutschland" ein Interview mit jemandem, der seit 18 Jahren keiner regulären Erwerbsarbeit nachging, dass er immer beschäftig war - eben nur weder schwarz noch faul - sondern frei und ehrenamtlich als AlHI und HartzIV-Empfängern.

Nach der Lesart der Neoliberalen ist so einer ebenso faul, wie jemand, der eben keiner regulären Erwerbsarbeit nachgeht, aber sonst auch nicht den ganzen Tag im Bett rumliegt.....

Man müßte sich einmal über die Begriffe "anständig" und "Arbeit" unterhalten, denn die Aufdröselung dieser Begriffe beinhaltet so manche Überraschung, wenn man sich damit beschäftigt? Wußtest du z.B., dass beide Begriffe von menschenverachtenden, massenmörderischen Ideologien für ihre Zwecke mißbraucht wurden, und dass dies Thema in Deutschland weitgehend totgeschwiegen wird?

Mir war dies auf jeden Fall, zwar nicht ganz, aber dennoch neu.....

"Arbeit" und "Anstand" sind beides keine rein positiven Begriffe...auch global nicht....

landbewohner 23. Juli 2009 um 13:28  

zum begriff der arbeit: wenn sich frau merkel oder herr sarazzin am ende eines tages hinsetzen, weil sie ihre arbeit erledigt haben - was ist daran positiv zu bewerten?
was ist wohl positiver zu bewerten: 1 arbeitsloser, der schwarz einer armen alten rentnerin die wohnung streicht oder der Phantom pilot der mal kurz ein paar afghanen ins himmelreich befördert oder die sachbearbeiterin der arge, die mal eben so 2 - 6 kindern den besuch einer weiterführenden schule verweigert?
und nun noch zu den 3% schwarzarbeitern: wenn die herrschenden eliten beschliessen, einem grossen teil der bevölkerung ein angemessenes leben zu verweigern - und das ist hartz4- ist es dann nicht vollkommen legitim, quasi notwehr, solche gesetze zu unterlaufen? eigentlich fängt hier doch der notwendige widerstand an. alle arbeiten "schwarz", betriebe stehen still und die eliten sehen"schwarz" und alt aus.
ok, sehr vereinfacht - aber das sollte die dämliche mißbrauchsdebatte ma ins rechte licht rücken.

Anonym 23. Juli 2009 um 14:04  

@beobacher

Danke für die hochaktuellen Beispiele.

"Arbeit" war noch nie ein positiver Begriff, als Ideologie - nicht erst seit den NS-Verbrechern, die Sache fing schon bei den "alten" Griechen an.

"Arbeit" war für die nämlich eine Tätigkeit für Sklaven, daran hat sich bis heute nix geändert, unsere "Eliten" arbeiten ja auch nicht sondern lassen ihr Geld arbeiten, und hetzen gegen die die mit ihrer Hände Arbeit.....

Davon soll ja nun abgelenkt werden, und man kennt sich ja - Wiedeking erhielt heute 50 Millionen Euro als Abfindung - Wieviel Arbeitslose könnte man von diesem leistungslosen "Einkommen" eigentlich ernähren? Wo hat so ein Manager noch "Anstand"?

Perspektive2010 23. Juli 2009 um 17:30  

Wir sollten "Schickedanzen" als Synonym für Jammern auf höchstem Niveau verwenden, sei es im Duden oder als Unwort des Jahres.

landbewohner 23. Juli 2009 um 17:34  

letzte meldung der ARD: Quelle Mitarbeiter sammeln für ihre Chefin. Wem tut da was weh???????????

Anonym 23. Juli 2009 um 19:31  

@beobacher

Stimmt die Nachricht? Ich traue keiner Nachricht mehr, lieber beobachter seit LobbyControl folgendes berichtet hat:

http://www.lobbycontrol.de/blog/index.php/2009/07/leserbriefe-fur-die-atomlobby

...soll heißen, wir leben medial in der reinsten Bananenrepublik wo man alles (auch Meinungen und Demonstranten bzw. Unterstützer) kaufen kann wenn man sehr viel Geld hat.....oder eben "systemrelevant" sein will...

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

Tim 24. Juli 2009 um 03:13  

Eigentlich möchte ich mich hier jetzt nicht in eine Ecke drängen lassen, in der ich nicht stehen möchte. Aber ich bilde mir halt was drauf ein, an jedes Thema möglichst differenziert heranzugehen.

Was die Diskussionswürdigkeit von Begriffen wie "Arbeit" und "Anstand" angeht sind wir einer Meinung.
Natürlich ist ein Ehrenamt eine eine ehrenvolle (wie der Name sagt) und wichtige Tätigkeit mit Nutzen für die Gesellschaft. Dagegen will ich überhaupt nichts gesagt haben.
Aber wenn ich sage, ich "kenne" den Menschen, dann meine ich das auch so. Ein Ehrenamt bekleidet der nicht. Er arbeitet äußerst fleißig - nur eben schwarz, für gutes Geld. Und bezieht nebenbei ALG-II. Jetzt die Preisfrage: Wem nützt das und wer hat dadurch Nachteile? Kleiner Tipp: Die "Bonzen" sind es nicht. Im Gegenteil. Wo bleibt da die Solidarität? Sorry Leute, wenn ich damit in ein Wespennest steche, aber für so ein Verhalten habe ich kein Verständnis.

Und jetzt mal Butter bei die Fische, Nachdenkseiten-Leser: Du willst mir nicht weismachen, dass es da draußen garantiert nicht einen einzigen Menschen gibt, der wirklich einfach nur faul ist, oder aus rein egoistischen Motiven Leistungsmissbrauch betreibt, oder etwa doch?

Im Grunde genommen wollte ich hier auch keine Diskussion anfangen, sondern dir lediglich die statistischen Argumente GEGEN die Faulheits- und Missbrauchsrethorik liefern. ;-)

Peinhard 24. Juli 2009 um 10:48  

@Tim

Aber es gibt doch kein richtiges Leben im falschen... ;) Nee, im Ernst, was ist denn das für eine 'Solidarität', die du da einforderst? Die der Zwangsenteigneten in einem irrationalen und inhumanen System - und selbst 'immanent' schon äußerst fragwürdig, da iA eben nur ein ganz bestimmter Teil gesetzlich zur 'Solidarität' verpflichtet wird. Eigentlich also nichts als eine erzwungene Armutsverwaltung, für die der Ausdruck 'Solidargemeinschaft' auch nur eine weitere Orwell'sche Sprachregelung darstellt.

Der eigentliche 'Mißbrauch' in diesem System liegt viel tiefer, mindestens auf der Ebene der massenhaften Vernutzung von Menschenmaterial für den abstrakten Zweck der Geldvermehrung, weshalb es übrigens auch wenig sinnvoll ist, sog. 'ehrliche Arbeit' gegen 'leistungslose Kapitaleinkünfte' in Stellung zu bringen. Beides sind in diesem Spiel auch nur wieder die zwei Seiten ein und derselben falschen Medaille. Eine 'Befreiung der Arbeit' kann es deshalb auch nicht gegenüber, sondern nur vom Kapital geben.

ad sinistram 24. Juli 2009 um 11:03  

@ Tim, zum Thema Schwarzarbeit und die moralische Komponente dahinter. Ich möchte eigentlich nur Brecht zitieren, denn er erläutert letztlich die moralische Frage des Verbrechens, als das ja Schwarzarbeit mehr und mehr stilisiert wird:

"Ihr Herrn, die ihr uns lehrt, wie man brav leben
Und Sünd' und Missetat vermeiden kann
Zuerst müsst ihr uns was zu fressen geben
Dann könnt ihr reden: damit fängt es an.
Ihr, die ihr euren Wanst und unsre Bravheit liebt
Das eine wisset ein für allemal:
Wie ihr es immer dreht und wie ihr's immer schiebt
Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.
Erst muss es möglich sein auch armen Leuten
Vom großen Brotlaib sich ihr Teil zu schneiden."

Anonym 24. Juli 2009 um 11:24  

@Tim

Peinhard und Roberto J. de Lapuente haben Dir wohl schon eine richtige Antwort geliefert, d.h. eine Antwort meinerseits erübrigt sich - ich sehe es ganz genauso wie die beiden, und Faulenzer sehe ich nur am oberen Rand der Gesellschaft.

Wie erklärst du mir, dass ein absoluter Versager, wie Herr Wiedeking 50 Millionen Euro als Abfindung für sein Versagen erhält? Wieviel angeblich faule Arbeitslose könnte man von diesem Geld ernähren?

Mir geht es hier nicht um Neid, sondern um Gerechtigkeit (nicht die neoliberale Version, sondern die gute alte Gerechtigkeit). Mir kann kein Mensch erklären was daran gerecht sein soll?

Vielleicht, siehe auch heute Nachdenkseiten - Punkt 3 und Punkt 13 Anmerkung drehen immer mehr dem "guten alten Deutschland" den Rücken für immer zu. Ich bin übrigens auch schon nahe dran, geistig habe ich diesem Land schon vor Jahren innerlich gekündigt.

Hätte ich Kohle wäre ich schon längst weg.

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

Tim 25. Juli 2009 um 04:00  

Überzeugt mich alles noch nicht so recht.

Leider ist mein Gedächtnis nicht das beste, aber irgendwer hat mal gesagt: "Taxes are the price we pay for civilized society"

Gut, wenn ihr meint, können wir die Sozialsysteme ja auch abschaffen, dann wird niemand mehr gezwungen, da einzuzahlen. Die FDP wird's euch danken.

@Roberto: Ja, deshalb bin ich auch für Mindestlöhne und höhere ALG-II-Sätze. Aber letztere müssen auch irgendwo herkommen.

@Peinhard: Wo liegt denn die Grenze? Bis zu welcher Einkommensgrenze ist Schwarzarbeit in Ordnung? Wer darf und wer darf nicht? Und was meinst du, wieviel bei "denen da oben" zu holen ist; glaubst du das reicht aus, damit Millionen anderer guten Gewissens "faul sein" oder schwarzarbeiten dürfen? (Nichts anderes forderst du hier quasi.)

@all: Vielleicht mögt ihr mir einfach mal EURE Utopie erläutern. Vielleicht bringt uns das weiter...

ad sinistram 25. Juli 2009 um 07:55  

@ Tim:
"Ja, deshalb bin ich auch für Mindestlöhne und höhere ALG-II-Sätze. Aber letztere müssen auch irgendwo herkommen. "

Darüber müssen wir nicht reden. Ich weiß nicht, was genau sein soll, ob das Mindestlohn oder ALG II heißen muß, es ginge darum, dass Menschen abgesichert sind und das in jeder Lebenslage.

Aber darum ging es mir eigentlich im Moment nicht. Mir ging es um das Moralische. Es is müßig, sich hinzustellen um zu fordern, die Menschen mögen hübsch brav sein. Erst kommt das Fressen, dann die Moral - es ist notwendig bei der Reihenfolge zu bleiben. Nicht der Schwarzarbeiter ist demnach zu verurteilen, sondern jene, die es notwendig machen, dass Menschen mit Schwarzarbeit über die Runden kommen müssen.

Peinhard 25. Juli 2009 um 10:38  

@Tim

Ja, ich bin tatsächlich für die Abschaffung der sogenannten 'Sozialsysteme'. Allein deren Vorhandensein und die dennoch ziemlich trostlose Lage der solchermaßen Beglückten ist ein schwerer Schlag in's Gesicht für alles Gerede von der angeblich 'wohlfahrtssteigernden' Wirkung dieses unseres Wirtschaftssystems. Das hält sich näcmlich tatsächlich in sehr engen Grenzen, und so etwas wie wirkliche 'Massenarmut' gibt es (von Missernten und 'Naturkatastrophen' mal abgesehen) erst seit Beginn der Industrialisierung, eine der zuverlässig auftretenden Risiken und Nebenwirkungen der abstrakten Reichtumsproduktion. Die gilt es anzugreifen, dann erübrigen sich auch die 'Sozialsysteme'.

"@Peinhard: Wo liegt denn die Grenze? Bis zu welcher Einkommensgrenze ist Schwarzarbeit in Ordnung? Wer darf und wer darf nicht? Und was meinst du, wieviel bei "denen da oben" zu holen ist; glaubst du das reicht aus, damit Millionen anderer guten Gewissens "faul sein" oder schwarzarbeiten dürfen? (Nichts anderes forderst du hier quasi.)"

Von 'denen da oben' ist in Bezug auf Güter zur Bedürfnisbefriedigung natürlich so gut wie nichts zu holen - und Geld kann man bekanntlich nicht essen. Du vermengst hier munter die monetäre und die stoffliche Seite der ganzen Angelegenheit. Stofflich sieht das im Grunde so aus, dass wir, was Produktivität und 'Manpower' angeht, ohne weiteres weltweit genug für alle bei gleichzeitiger 'sozialer Sicherheit' in allen Lebenslagen produzieren könnten. Vermutlich sogar mit einem Bruchteil der momentan eingesetzen 'Arbeit'. Nur sind wir dummerweise so organisiert, dass immer alles zuerst durch den 'monetären Filter' muss - und der verlangt knallhart, dass dabei aus Geld mehr Geld werde. Das aber ergibt in der Folge eben keinen stofflichen Reichtum für alle, sondern abstrakten (sozusagen 'ungeniessbaren') Reichtum für eine Minderheit (gleichzeitig die 'Elite', die somit auch über die 'Politik' hinweg die wahren Weichenstellungen vornehmen kann und auch tut) sowie prekäre (dh immer sozial unsichere) 'Beschäftigung' für den Rest, und für viele nicht einmal das, die fallen dann eben den besagten 'Sozialsystemen' weniger zur Last als vielmehr zum Opfer.

Solange also dieses System dermaßen irrational und inhuman fehlkonstruiert ist (allein die gleichzeitige Existenz von Armut und Arbeitslosigkeit lässt die gesamte Absurdität des Geschehens klar zu Tage treten, wenn man mal die immanente Sicht gegen eine sozusagen 'höhere Warte' tauscht) - solange also dies so ist, bin ich nicht bereit, mich ernsthaft um das 'Funktionieren' dieses offenkundigen Unsinns zu sorgen. Sondern ich sehe lediglich zu wo ich bleibe - das Fressen, nicht die Moral. Die 'Bezahlbarkeit der Sozialsysteme' ist mir dabei so schnuppe wie ich andererseits auf meinen Rechten dieselben betreffend bestehe. Sogar explizit billigend, dass sie dabei 'überdehnen' können und die ganze Unhaltbarkeit der 'Geldmaschine' nur umso offener zu Tage tritt.

Ist das so erstmal deutlich genug...? ;-)

Tim 26. Juli 2009 um 00:38  

Ja darunter kann ich mir was vorstellen.
Aber glaubst du ernsthaft, dass sich bei einer "Überdehnung" der Sozialsysteme die "Unhaltbarkeit der Geldmaschine" offenbart und in der Folge eine bessere Welt ihren Anfang nähme? Ich fürchte, das hätte ganz andere Folgen. ;-)

@Roberto:
Dann müssen wir uns jetzt drüber streiten, ob Schwarzarbeit wirklich die einzige Möglichkeit ist, um über die Runden zu kommen...

Anonym 26. Juli 2009 um 11:09  

@Tim

Es gibt noch eine, aber die habe ich aus "Der Pate" - Vorwort (frei aus meinem Gedächtnis zitiert):

"Wenn es mit rechten Mitteln geht, dann so, wenn nicht, dann verdiene ich mein Geld halt anders."

Soll heißen:

"Kein großes Vermögen wurde rechtmäßig erworben".

Fazit:

Wir werden alle Gangster, und dann soll der Staat/die Kapitalisten mal sehen wie die mit uns zurecht kommen.

Zynisch ich weiß, aber das ist wohl die einzige Alternative zur Schwarzarbeit, und es gibt ein Land, dass wie immer, als Beispiel dafür dient: Die USA.

Die Gefängnisindustrie dort floriert sicher nicht ohne Grund so gut....

Solche Zustände in Deutschland? Die will doch keiner ernsthaft - Oder?

Gruß
Nachdenkseiten-Leser

Peinhard 26. Juli 2009 um 12:56  

@Tim

Nein, da gibt es natürlich überhaupt keinen Automatismus in Richtung 'bessere Welt'. Um so wichtiger scheint mir die Aufklärung in Bezug auf diese neue 'selbstverschuldete Unmündigkeit'.

Und natürlich ist Schwarzarbeit nicht die einzige Art, über die Runden zu kommen. Anlagebetrug im großen Stil bspw geht natürlich auch, ist ungleich lukrativer und wird, ist der Stil nur groß genug, sogar noch mit Steuergeldern abgesichert. Dem gegenüber hat Schwarzarbeit doch schon wieder etwas erstaunlich 'ehrliches'...

Tim 27. Juli 2009 um 02:25  

Ich weis, irgendwer ist immer noch schlimmer...

Ganz ehrlich, ich habe das Gefühl wir reden hier größtenteils aneinander vorbei.

Peinhard 27. Juli 2009 um 10:07  

Nö, das glaube ich eigentlich ganz und gar nicht. :)

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