Unpolitisches Politisieren
Samstag, 8. November 2008
Dass Medienkampagnen gegen eine ungeliebte Person initiert werden, dürfte keine Neuigkeit unserer Tage sein. Wie diese Medienkampagnen allerdings - mit welcher unterirdischen Dialektik, mit welchen unmöglich platten Schlagworten - abgewickelt werden, dürfte aber schon eine erschreckende Neuigkeit sein, mit der wir uns seit einigen Jahren abzuplagen haben. Die Medien haben freilich immer schon mehr oder minder Partei gegen jemanden ergriffen - aber in einer solch plumpen Art und Weise wie im Falle Andrea Ypsilantis, wäre eine solche Parteinahme vor einigen Jahren oder Jahrzehnten nicht machbar gewesen. Wenn man sich einst an der Person Franz Josef Strauss' gestossen hatte, dann war freilich auch Polemik im Spiel, so wie Polemik immer ein Stilmittel der Kritik sein muß, aber man hielt sich konkret an die Inhalte seiner Politik oder seiner ruppigen Weltsicht. Die Person Strauss mag einem damals sympathisch gewesen oder nicht - das war belanglos, denn man bewertete ihn gemäß seiner teils undemokratischen und gesetzeswidrigen Äußerungen und Taten (z.B. Spiegel-Affäre), nicht aber nach irgendwelchen politischen Nichtigkeiten, die genau besehen belanglos gewesen wären. Natürlich war nach dem Besehen seiner Untaten und dem Vernehmen seiner Hauruck-Rhetorik auch die Kritik an ihm meist hart, unfreundlich und schroff, auch oft an der Grenze des Ertragbaren für ihn selbst, aber sie war nicht an den Haaren herbeigezogen, war kein Phantasiekonstrukt aus dem Kopf eines Kritikers, sondern ergab sich aus der Betrachtung der Person Strauss.
Anders heute; anders im Falle Ypsilantis. Sie hatte im Wahlkampf viel zu verkünden, vorallem und wesentlich politische Inhalte betreffend. Vieles sollte in Hessen verändert, reformiert werden, vom kochschen Mief befreit sein. Und dann war da noch diese eine Äußerung, wonach sie mit der LINKEN nicht zusammenarbeiten wolle. Letzteres war auch später nie geschehen, nie offiziell - man hätte nur die gemeinsamen inhaltlichen Übereinstimmungen genutzt. Das wäre legitim gewesen, hätte nicht einmal grob gegen ihren damaligen Ausspruch verstossen. Dennoch stürzten sich die Medien auf sie, vollzogen ein Lehrstück vulgärsten Kampagnenjournalismus'. Eine ganze Zunft schien von dieser Kampagne, von diesem Fieber ergriffen, nicht nur die Mitarbeiter des Springer-Verlages ließen oberflächliche und unter die Gürtellinie gehende Verunglimpfungen auf sie herniederregnen, sondern auch solche, die in vermeintlich vernünftigen Magazinen ihre Brötchen verdienen. Einheitsfront gegen Ypsilanti! Und bezeichnenderweise interessierte sich niemand für die Inhalte ihrer möglichen Politik, sondern nur für diesen einen, unglücklichen, verunglückten Satz. Man hätte über Ganztagsschulen streiten können, die Ypsilanti wollte, über erneuerbare Energien und Mindestlöhne - aber nein, daran wollte sich niemand die Finger verbrennen. Besser schien es, die rote Andrea mit ihrem "Versprechen" - was ja gar kein Versprechen war, sondern eine Äußerung in einem Gespräch - zu erwürgen. Man ersann sich Schlagworte, mit der man sie erledigen könnte: Machtgier, Machtgeilheit, Wahlbetrügerin! Alles was sie tat, alles was sie sagte, wurde fortan immer in den zynischsten Tönen kommentiert - als ein Stimmenimitator, der sich als Müntefering ausgab, meinte, sie solle Hessen fallenlassen und stattdessen ein Amt in der Bundes-SPD übernehmen, und sie daraufhin erläuterte, dass sie dies nicht machen könne, da attestierte man ihr Opportunismus und Karrierismus - immerhin habe sie ja gezögert und man hätte herausgehört, dass sie eigentlich gerne aus der hessischen Affäre herauswolle. Kürzlich mußte sich Ypsilanti sogar mit der Kriegstreiberin und christlichen Fundamentalistin Sarah Palin vergleichen lassen - beide seien sich ähnlich: Gescheitert und von Stimmenimitatoren reingelegt worden! Derart grobschlächtig ist Journalismus mittlerweile...
Kurzum: Ypsilanti konnte nicht mehr überzeugen, weil man sie nicht mehr überzeugend darstellen wollte. Sie war reduziert auf ein Versprechen, welches man ihr in einem Interview abnötigte, reduziert auf eine Nebensächlichkeit. Politische Inhalte, jene nämlich, wofür Ypsilanti wirklich stand, für eine sozialere Politik, für eine dezente Rückbesinnung zu sozialdemokratischen Wurzeln, fand in der Kampagne gegen ihre Person keine Berücksichtigung. Die ganze Kampagne war sicherlich eine politische Kampagne, aber diese war im Inhalt relativ unpolitisch - sie wollte ja konkrete Politik, ein Vergleichen der Politik Kochs mit Ypsilantis, gar nicht an die Tagesordnung bringen. Sie wollte nicht erleuchten und erhellen, wollte nicht Inhalte heranziehen, um dann zu entscheiden, was besser für Hessen wäre, welche Linie dem Bundesland wohl besser täte; sie war eine Kampagne des Mundtotmachens - einem Charakter wie Strauss, der in seinen Äußerungen viel härter, viel verächtlicher, oft offen demokratiefeindlich war, der mit seinem Auftreten eine ganze Generation derart verängstigte, dass sie meinte, Strauss sei das neue Gesicht des deutschen Faschismus, wurde nie in dieser plumpen Form angegriffen. Man spöttelte über ihn, fertigte journalistische Polemiken an - all das schon; aber die Inhalte und politischen Merkmale seiner Person waren immer die Basis. Dies war im aktuellen Falle aber nie so; Ypsilanti wurde persönlich angegriffen, ihre politische Gesinnung nie oder bestenfalls spärlich.
Eine inhaltlich unpolitische Politkampagne zeichnete also die "Affäre Ypsilanti" aus - das Jahr 2008 wird als jenes Jahr ins Leben Andrea Ypsilantis eingehen, in dem sie ihre ganze politische Reputation verlor. Nicht weil sie politische Werte vertrat, die sie zur Antidemokratin gemacht hätten, nicht weil ihre Vorschläge untragbar gewesen wären, sondern weil sie angeblich einen Wortbruch begangen habe. Sie wird noch in Jahren nicht nach ihren politischen Inhalten gemessen, sondern nur an dieser einen, relativ unpolitischen, mehr auf organisatorische Komponenten abzielende Äußerung reduziert werden. Man könnte auch sagen, dass es das Unpolitische sein wird, was immer im kollektiven Gedächtnis bleibt. Und wieviele derer, die heute auf der Straße nach dem Scheitern Ypsilantis so tun, als geschehe es ihr recht, wissen eigentlich etwas über ihr Programm? Wissen etwas über ihre politische Sichtweisen? Sie ist nicht politisch gescheitert, sondern unpolitisch - nicht, weil ihre Politik so schlecht gewesen wäre, denn zu diesem Versuch kam es erst gar nicht, sondern weil man sie in vulgärster Manier mobbte, sie zur Teufelin degradierte. Das alles hatte ja mit Politik nichts mehr zu tun!
Eine derart plumpe, inhaltsleere, auf reine Interessenswahrung angelegte Kampagne, gab es vor einigen Jahren noch nicht. Überhaupt schien eine derart unpolitische Politikhaltung nicht machbar zu sein. Die Menschen waren, auch nach und gerade nach 1968, sehr wohl politisch informiert - nicht nur das, sie waren auch politisch engagiert. Menschen demonstrierten gegen die Umweltverschmutzung, gegen den Overkill, gegen Atomkraftwerke. Sie besetzten Häuser und untermalten neue Lebensgefühle politisch (z.B. Punk) - es schien so, als sei jede Handlung des eigenen Lebens eine politische Botschaft und demgemäß wurde gehandelt. Nicht immer richtig, nicht immer sinnvoll - aber es wurde gedacht und umgesetzt, sich engagiert und gegen die Objekte der Kritik vorgegangen. All das scheint vorbei - die Wälder sterben noch immer, vielleicht schlimmer als in den Achtzigerjahren, aber keiner protestiert mehr dagegen; der Overkill ist immer noch möglich, aber die Menschen verzichten darauf, auch nur daran denken zu wollen - von den sozialen Nöten rund um den Globus, für die sich kaum eine breite Öffentlichkeit findet, um sich engagiert dagegen aufzulehnen, gar nicht erst zu sprechen. Irgendwann, keiner weiß warum und wann genau, haben die Menschen aufgehört, sich mit der Kraft ihres Denkens und mit ihrem eisernen Willen, gegen die Mißstände in der Welt aufzulehnen; irgendwann war da eine fast gänzlich unpolitische Menschenmasse, die aber kraft der Medien meinte, noch immer politisiert zu sein. Diese liest vom Wortbruch der Ypsilanti und glaubt damit das Höchstmaß der politischen Bildung erreicht zu haben. "Ypsilanti ist eine Betrügerin!" ist der Merksatz einer solchen unpolitischen Politisiertheit, ist das höchste der Gefühle heutiger politischer Information. Und dieses Unpolitische, verkauft als politische Information, schleicht sich auch in den Journalismus, kriecht auch zielstrebig in die Politik selbst, die ja auch immer unpolitischer, dafür aber interessensgelenkter wird. Gleichzeitig wird selbst der Wahlkampf mehr und mehr unpolitisch, wird zu einer feiernden Obamania, die keine politischen Inhalte mehr braucht, mit bunten Luftballons und leicht zu merkende Phrasen auskommt.
Der Politologe Francis Fukuyama schrieb nach dem Zusammenbruch des real existierenden Kommunismus, dass wir das "Ende der Geschichte" erreicht hätten. Dazu bastelte er ein wenig an Hegels Dialektik, um ein Resultat zu erzielen, welches besagt, dass durch das Ende des Ideologienstreites, des Kalten Krieges, die jetzigen Zustände als finale Lösung menschlichen Miteinanders übriggeblieben sei. Gerade so, als ob im Mittelalter der Feudalherr damit gerechnet hätte, dass seine von Gott gewollte Herrschaft eines Tages undenkbar sei - jede Gegenwart glaubt von sich, das Ende der Geschichte zu sein. Und reduziert auf den Moment der Gegenwart ist sie es ja auch - aber eben nur in jenem Moment. Vielleicht hat aber das Ende des Ideologienstreites noch etwas anderes bewirkt, nämlich das "Ende der Politik" oder das "Ende des Politischseins" - es ist zu hoffen, dass dieses Ende nur ein zwischenzeitliches Pausieren ist. Es wäre an der Zeit, dass das politische Gewissen wieder erwacht, und zwar ein wirkliches politisches Gewissen und nicht dieses Surrogat des Möchtegern-Politisierens, bei dem man sich nur Schlagworte um die Ohren haut, oberflächlich an der Schale des Politikers kratzt oder Nebensächlichkeiten wie diesen ominösen Wortbruch in Szene rückt.
Anders heute; anders im Falle Ypsilantis. Sie hatte im Wahlkampf viel zu verkünden, vorallem und wesentlich politische Inhalte betreffend. Vieles sollte in Hessen verändert, reformiert werden, vom kochschen Mief befreit sein. Und dann war da noch diese eine Äußerung, wonach sie mit der LINKEN nicht zusammenarbeiten wolle. Letzteres war auch später nie geschehen, nie offiziell - man hätte nur die gemeinsamen inhaltlichen Übereinstimmungen genutzt. Das wäre legitim gewesen, hätte nicht einmal grob gegen ihren damaligen Ausspruch verstossen. Dennoch stürzten sich die Medien auf sie, vollzogen ein Lehrstück vulgärsten Kampagnenjournalismus'. Eine ganze Zunft schien von dieser Kampagne, von diesem Fieber ergriffen, nicht nur die Mitarbeiter des Springer-Verlages ließen oberflächliche und unter die Gürtellinie gehende Verunglimpfungen auf sie herniederregnen, sondern auch solche, die in vermeintlich vernünftigen Magazinen ihre Brötchen verdienen. Einheitsfront gegen Ypsilanti! Und bezeichnenderweise interessierte sich niemand für die Inhalte ihrer möglichen Politik, sondern nur für diesen einen, unglücklichen, verunglückten Satz. Man hätte über Ganztagsschulen streiten können, die Ypsilanti wollte, über erneuerbare Energien und Mindestlöhne - aber nein, daran wollte sich niemand die Finger verbrennen. Besser schien es, die rote Andrea mit ihrem "Versprechen" - was ja gar kein Versprechen war, sondern eine Äußerung in einem Gespräch - zu erwürgen. Man ersann sich Schlagworte, mit der man sie erledigen könnte: Machtgier, Machtgeilheit, Wahlbetrügerin! Alles was sie tat, alles was sie sagte, wurde fortan immer in den zynischsten Tönen kommentiert - als ein Stimmenimitator, der sich als Müntefering ausgab, meinte, sie solle Hessen fallenlassen und stattdessen ein Amt in der Bundes-SPD übernehmen, und sie daraufhin erläuterte, dass sie dies nicht machen könne, da attestierte man ihr Opportunismus und Karrierismus - immerhin habe sie ja gezögert und man hätte herausgehört, dass sie eigentlich gerne aus der hessischen Affäre herauswolle. Kürzlich mußte sich Ypsilanti sogar mit der Kriegstreiberin und christlichen Fundamentalistin Sarah Palin vergleichen lassen - beide seien sich ähnlich: Gescheitert und von Stimmenimitatoren reingelegt worden! Derart grobschlächtig ist Journalismus mittlerweile...
Kurzum: Ypsilanti konnte nicht mehr überzeugen, weil man sie nicht mehr überzeugend darstellen wollte. Sie war reduziert auf ein Versprechen, welches man ihr in einem Interview abnötigte, reduziert auf eine Nebensächlichkeit. Politische Inhalte, jene nämlich, wofür Ypsilanti wirklich stand, für eine sozialere Politik, für eine dezente Rückbesinnung zu sozialdemokratischen Wurzeln, fand in der Kampagne gegen ihre Person keine Berücksichtigung. Die ganze Kampagne war sicherlich eine politische Kampagne, aber diese war im Inhalt relativ unpolitisch - sie wollte ja konkrete Politik, ein Vergleichen der Politik Kochs mit Ypsilantis, gar nicht an die Tagesordnung bringen. Sie wollte nicht erleuchten und erhellen, wollte nicht Inhalte heranziehen, um dann zu entscheiden, was besser für Hessen wäre, welche Linie dem Bundesland wohl besser täte; sie war eine Kampagne des Mundtotmachens - einem Charakter wie Strauss, der in seinen Äußerungen viel härter, viel verächtlicher, oft offen demokratiefeindlich war, der mit seinem Auftreten eine ganze Generation derart verängstigte, dass sie meinte, Strauss sei das neue Gesicht des deutschen Faschismus, wurde nie in dieser plumpen Form angegriffen. Man spöttelte über ihn, fertigte journalistische Polemiken an - all das schon; aber die Inhalte und politischen Merkmale seiner Person waren immer die Basis. Dies war im aktuellen Falle aber nie so; Ypsilanti wurde persönlich angegriffen, ihre politische Gesinnung nie oder bestenfalls spärlich.
Eine inhaltlich unpolitische Politkampagne zeichnete also die "Affäre Ypsilanti" aus - das Jahr 2008 wird als jenes Jahr ins Leben Andrea Ypsilantis eingehen, in dem sie ihre ganze politische Reputation verlor. Nicht weil sie politische Werte vertrat, die sie zur Antidemokratin gemacht hätten, nicht weil ihre Vorschläge untragbar gewesen wären, sondern weil sie angeblich einen Wortbruch begangen habe. Sie wird noch in Jahren nicht nach ihren politischen Inhalten gemessen, sondern nur an dieser einen, relativ unpolitischen, mehr auf organisatorische Komponenten abzielende Äußerung reduziert werden. Man könnte auch sagen, dass es das Unpolitische sein wird, was immer im kollektiven Gedächtnis bleibt. Und wieviele derer, die heute auf der Straße nach dem Scheitern Ypsilantis so tun, als geschehe es ihr recht, wissen eigentlich etwas über ihr Programm? Wissen etwas über ihre politische Sichtweisen? Sie ist nicht politisch gescheitert, sondern unpolitisch - nicht, weil ihre Politik so schlecht gewesen wäre, denn zu diesem Versuch kam es erst gar nicht, sondern weil man sie in vulgärster Manier mobbte, sie zur Teufelin degradierte. Das alles hatte ja mit Politik nichts mehr zu tun!
Eine derart plumpe, inhaltsleere, auf reine Interessenswahrung angelegte Kampagne, gab es vor einigen Jahren noch nicht. Überhaupt schien eine derart unpolitische Politikhaltung nicht machbar zu sein. Die Menschen waren, auch nach und gerade nach 1968, sehr wohl politisch informiert - nicht nur das, sie waren auch politisch engagiert. Menschen demonstrierten gegen die Umweltverschmutzung, gegen den Overkill, gegen Atomkraftwerke. Sie besetzten Häuser und untermalten neue Lebensgefühle politisch (z.B. Punk) - es schien so, als sei jede Handlung des eigenen Lebens eine politische Botschaft und demgemäß wurde gehandelt. Nicht immer richtig, nicht immer sinnvoll - aber es wurde gedacht und umgesetzt, sich engagiert und gegen die Objekte der Kritik vorgegangen. All das scheint vorbei - die Wälder sterben noch immer, vielleicht schlimmer als in den Achtzigerjahren, aber keiner protestiert mehr dagegen; der Overkill ist immer noch möglich, aber die Menschen verzichten darauf, auch nur daran denken zu wollen - von den sozialen Nöten rund um den Globus, für die sich kaum eine breite Öffentlichkeit findet, um sich engagiert dagegen aufzulehnen, gar nicht erst zu sprechen. Irgendwann, keiner weiß warum und wann genau, haben die Menschen aufgehört, sich mit der Kraft ihres Denkens und mit ihrem eisernen Willen, gegen die Mißstände in der Welt aufzulehnen; irgendwann war da eine fast gänzlich unpolitische Menschenmasse, die aber kraft der Medien meinte, noch immer politisiert zu sein. Diese liest vom Wortbruch der Ypsilanti und glaubt damit das Höchstmaß der politischen Bildung erreicht zu haben. "Ypsilanti ist eine Betrügerin!" ist der Merksatz einer solchen unpolitischen Politisiertheit, ist das höchste der Gefühle heutiger politischer Information. Und dieses Unpolitische, verkauft als politische Information, schleicht sich auch in den Journalismus, kriecht auch zielstrebig in die Politik selbst, die ja auch immer unpolitischer, dafür aber interessensgelenkter wird. Gleichzeitig wird selbst der Wahlkampf mehr und mehr unpolitisch, wird zu einer feiernden Obamania, die keine politischen Inhalte mehr braucht, mit bunten Luftballons und leicht zu merkende Phrasen auskommt.
Der Politologe Francis Fukuyama schrieb nach dem Zusammenbruch des real existierenden Kommunismus, dass wir das "Ende der Geschichte" erreicht hätten. Dazu bastelte er ein wenig an Hegels Dialektik, um ein Resultat zu erzielen, welches besagt, dass durch das Ende des Ideologienstreites, des Kalten Krieges, die jetzigen Zustände als finale Lösung menschlichen Miteinanders übriggeblieben sei. Gerade so, als ob im Mittelalter der Feudalherr damit gerechnet hätte, dass seine von Gott gewollte Herrschaft eines Tages undenkbar sei - jede Gegenwart glaubt von sich, das Ende der Geschichte zu sein. Und reduziert auf den Moment der Gegenwart ist sie es ja auch - aber eben nur in jenem Moment. Vielleicht hat aber das Ende des Ideologienstreites noch etwas anderes bewirkt, nämlich das "Ende der Politik" oder das "Ende des Politischseins" - es ist zu hoffen, dass dieses Ende nur ein zwischenzeitliches Pausieren ist. Es wäre an der Zeit, dass das politische Gewissen wieder erwacht, und zwar ein wirkliches politisches Gewissen und nicht dieses Surrogat des Möchtegern-Politisierens, bei dem man sich nur Schlagworte um die Ohren haut, oberflächlich an der Schale des Politikers kratzt oder Nebensächlichkeiten wie diesen ominösen Wortbruch in Szene rückt.
46 Kommentare:
Tja, es scheint so, dass die Parallele zu 1929 auch in anderer Hinsicht bald offensichtlich wird, dass Wort "Demokrat" wird einem vielleicht bald wieder als Schimpfwort entgegengeschleudert?
Man macht sich heute ja - im näheren Umkreis - verdächtig, wenn man die Regierung immer wieder, egal ob berechtigt oder unberechtigt, kritisiert, oder gar von Obama erzählt. Hoffen wir, dass deine düsteren Prognosen nicht zutreffen, aber nach erneuten antisemitischen Ausfällen von CDU-Politikern (Wulff) habe ich da so meine Zweifel, aber wie heißt es so schön: "Die Hoffnung stirbt zuletzt."
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Du hast völlig recht. Und gleichzeitig ist die Tatsache, dass die Grünen in Hamburg eben das Kraftwerk selbst genehmigen, gegen das sie im Wahlkampf zu Felde gezogen waren, keiner Rede wert, jedenfalls keiner mit 'Wortbruch' im Text. Im Zweifelsfall ist das dann sogar 'verantwortungsbewusstes' Handeln. Verantwortung für was oder wen?
Dieses Land kotzt mich täglich mehr an. Nur weiss ich dummerweise auch kein wirklich besseres, weniger verlogenes. Nennt man das jetzt 'Weltschmerz'...?
Ich habe die Schmierenkomödie gegen Ypsilanti durchaus verfolgt.
Es stimmt mich traurig, dass es offenbar nicht mehr möglich ist, mit guten politischen Inhalten eine Wahl zu gewinnen.
Es stimmt mich ausgesprochen misstrauisch, wenn eine Politikerin mit Rufmordkampagnen und hinterhältigen Attacken davon abgehalten wird, ihren durch den Souverän legitimierten politischen Auftrag zu erfüllen. Wir sind das Volk und das Volk hat sich mehrheitlich für sozialdemokratische Politik entschieden. Wenn jetzt keine sozialdemokratische Politik kommt, dann kann man doch nur schließen, dass dies keine Demokratie mehr ist.
Es wird interessant, ob die Wähler bei Neuwahlen die SPD und die CDU abstrafen. Ich vermute, wer sozialdemokratische Politik will, der wählt Parteien, die diese Politik auch durchsetzen. Und da die SPD während der andauernden Zerreißprobe zwischen rechts und links offenbar weder willens noch fähig ist, Politik zu machen, werden sich wohl einige Wähler nach Alternativen umsehen. Lafontaine und die Linkspartei werden sehr viel Aufmerksamkeit erhalten, es wird beurteilt werden, was sie sagen und wie sie es sagen. Dann könnte es sein, dass die Linkspartei als stärkste Partei aus den Neuwahlen hervorgeht.
Es wäre aber trotzdem schön, auch weiterhin Politiker vom Formate Ypsilantis in der Politik zu sehen.
Lieber NachDenkSeiten-Leser,
nur am Rande: Ich mag Wulff nicht, besser gesagt ist er mir gleichgültig. Er hat sich unbedacht geäußert, hat das Leid der Manager arg übertrieben bzw. erfunden, aber antisemitisch war das nicht. Dazu gehört meines Erachtens schon sehr viel mehr, als das Wort "Pogrom"... ich habe vor einigen Monaten von einer Pogromstimmung gegen Arbeitslose geschrieben. Somit wäre auch ich Antisemit.
Dem anonymen Kommentator möchte ich zu seinem Optimismus gratulieren. Ich hoffe natürlich, dass seine Prognose zutrifft und die LINKE - bei aller Kritik an dieser Partei - als stärkste Kraft aus den Neuwahlen herausgeht, aber leider bedrückt mich die Angst, dass die LINKE evt. nicht mal die Fünf-Prozent-Hürde schafft - die "Affäre Ypsilanti" hat nämlich auch bewirkt, dass man mit der LINKEN "Wortbruch" und "Hinterhältigkeit" konnotiert. Es hat ja nicht nur Ypsilanti das Wort gebrochen, sondern die LINKE hat sie dazu quasi auch verleitet, hat den Wortbruch erst möglich gemacht. Ich hoffe also, dass die fünf Prozent erreicht werden... alles was dann noch kommt, vergrößert nur die Opposition.
Lieber Roberto de Lapuente,
dich bezeichnet ja auch keiner als Antisemit, sondern ich meine Herrn Wulff und zwar deswegen, weil kein geringerer als der Zentralrat der Juden dies als Verharmlosung des Holocaust, wenn nicht sogar als Antisemitismus, gebrandmarkt hat:
http://de.news.yahoo.com/17/20081108/tbs-zentralrat-der-juden-verschaerft-kri-f92856d.html
Übrigens, der überaus schäbige Streit um eine gemeinsame Erklärung gegen Antisemitismus am 09.11. zeigt mir wo hier die rechtslastigen Brandstifter liegen - auf jeden Fall nicht im Lager der Linkspartei....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
PS: Vielleicht ist hier auch eine PR-Kampagne im Gange? Gar von der INSM gesteuert - eben weil Sinn damit anfing? Warum weiß ich auch nicht, aber der Verdacht läßt sich nicht von der Hand weisen - oder bin ich da Verschwörungstheoretiker?
Noch was mir fällt gerade ein:
"[...]Dazu gehört meines Erachtens schon sehr viel mehr, als das Wort "Pogrom"... ich habe vor einigen Monaten von einer Pogromstimmung gegen Arbeitslose geschrieben. Somit wäre auch ich Antisemit.[...]"
Das hat bestimmt so manchem CDUler nicht gepaßt, und auch der INSM nicht - liegt hier vielleicht die Wurzel der Strategie?
Frei nach dem Motto der neoliberalen "Elite":
Was die KritikerInnen von unseren unsozialen Gesetzen gegen Arbeitslose können können wir auch, und verdrehen die Tatsachen einfach so, dass jeder, der das Wort - oder ein ähnliches - nur in den Mund nicht automatisch des Antisemitismus verdächtig ist, d.h. wenn demnächst Gesetze gegen "Arbeitsunwillige" verschärft werden, dann verbietet man sofort den Vergleich, da man ja auch Manager mit Juden gleichsetzen wollte. So kann man Kritik auch mundtot machen...
Nur so eine Vermutung von mir, die sich hoffentlich nicht bestätigt....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
PS: Mit den so genannten "Anti-Deutschen" gibt es ja bereits im linksextremen Spektrum eine Gruppe, die jegliche Kritik an Israels Politik als Antisemitismus brandmarken will - Vielleicht erleben wir jetzt auch nur die Anpassung der, m.E. extrem rechtslastigen, CDU an diese Strategie?
Der Verdacht gegen die INSM kommt übrigens daher weil Wulff und Sinn beide "Botschafter der Initiative für die Neue Soziale Marktwirtschaft" sind.
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Hier muss man eigentlich beiden auf die Finger klopfen - Herrn Wulff für die unangebrachte Verwendung des Begriffs 'Pogrom' und dem Zentralrat für seine andauernden Versuche, den Begriff sozusagen für die Juden zu 'monopolisieren'. Und auch die implizite Subsummierung des Holocaust unter den Begriff Pogrom will mir nicht ein. Das war keine 'Massenausschreitung', sondern kaltblütig und industriell organisierter Mord.
@Peinhard
Eigentlich wollte ich nichts mehr zum Thema sagen, aber hier noch der Hinweis auf eine hochaktuelle Comic-Darstellung des Streits - aus jüdischer Sicht:
http://www.israeli-art.com/satire/juden.htm
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Wulff soll ja nur gesagt haben, dass es ein Pogrom sei, der an den Managern vollzogen wird. Das ist nicht nur übertrieben, sondern geradezu verdummend und wirft ein bezeichnendes Licht auf diesen Mann, aber was der Zentralrat herausliest, entbehrt wirklich jeder Realität. Wulff habe eine Brandstifter-Rede gehalten, sagt der Generalsekretär des Zentralrates. Das war ein Satz, keine Rede - und dieser Satz sei am Ende des Interviews gefallen. Man muß Wulff nicht mögen, ob festzustellen, dass er im Sinne der Anklage nicht schuldig ist - im Sinne dessen, dass er die Lage der Manager dramatisiert, ist er allerdings schon schuldig.
Was aber den Zentralrat angeht: Es ist verwerflich, was man von dessen Seiten vernehmen muß. Das Wort "Pogrom", hier freilich falsch angewandt, ist nicht für den Zentralrat reserviert. Er kann in vielen Zusammenhängen genutzt werden - ich tat es ja auch schon. Bin ich deshalb ein Brandstifter?
Diese Frau hat mehr Rückgrat, mehr Mut und mehr Weitsicht als die gesamte SPD-Führung. Das Schlimme an dieser infamen Geschichte ist das ironische Stillhalten der Parteioberen. Wenn das die zukünftige Parteistruktur der SPD ist, dann kann man diese Partei nicht einmal mehr wohlwollend bedauern, sondern dann muss man sie aufrichtig ignorieren lernen. So etwas soll meine Interessen nicht mehr ?versuchen? zu vertreten.
Ich kann nur inständig hoffen, dass Neuwahlen den LINKEn eine bessere Position und damit mehr Einfluss bescheren. Hessen ist nur ein sechszehntel des deutschen Problems. 2009 muss endlich die Tür zur Demokratie wieder geöffnet werden. Ich wünsche es uns.
fletcher2
Lieber Roberto de Lapuente,
du schreibst:
"[...]Bin ich deshalb ein Brandstifter?[...]"
Nein bist du nicht, und verwerflich finde ich nicht das Verhalten des Zentralrates sondern die Strategie über die ständig gleichen Manager=Juden-Vergleiche den Zentralrat zur Reaktion zu drängen.
Wie bereits erwähnt, ich vermute da eine hundsgemeine Strategie entweder der CDU oder der INSM dahinter....
Bleibt nur eine Frage bis wann die ersten Wulff-Sinn-Nachzügler aus dieser Ecke kommen?
Übrigens der hirnrissige Vergleich Wulffs ist ja bei Michel Friedman gefallen, und dies nicht von ungefähr vor dem 09.11.08 - dem zigten Jahrestag der Reichskristallnacht.
Herr Friedman hat ja, in seiner Talkrunde, extra noch einmal nachgefragt, da er zuerst dachte er habe sich verhört - übrigens der Friedman ist gerade wegen eines uralten rechtsextremen Vergleiches an seine persönliche Adresse - der "Zigeunerjude" damals - sehr hellhörig wenn es um antijüdische Worte bzw. hirnrissige Vergleiche geht.
Und Wulff soll das nicht wissen?
Da glaub ich ehrlich gesagt nicht dran, und bleib bei meiner Vermutung irgend jemand verspricht sich was von der erneuten Debatte "Manager = Juden".....
Sei es INSM oder CDU/CSU....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
@flechter2
"[...]Ich kann nur inständig hoffen, dass Neuwahlen den LINKEn eine bessere Position und damit mehr Einfluss bescheren.[...]"
Ich auch, und dass die LINKE nicht den Berliner Weg geht - dort macht die nämlich beim Sozialabbau Wowereits fleißig - aus so genannten "Sachzwängen" mit.
Das Mobbing gegen Ypsilanti hat der hessischen Linkspartei noch einmal die Chance zum Nachdenken gegeben - eben nicht in eine Regierung mit zwei angeblich linken, in Wahrheit aber neoliberalen, Parteien einzugehen -den GRÜNEN und der SPD.
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Lieber Roberto de Lapuente,
ist dir Norman G. Finkelstein ein Begriff?
Der Mann hat aus dem rechtsextremen Spektrum für sein Buch "Die Holocaust-Industrie" viel Beifall erhalten, leider.
Er hat aber ein neues Buch geschrieben, dass wahrscheinlich auch wieder aus der falschen Ecke Beifall erhält obwohl viele seine Thesen vielleicht doch stimmen könnten: "Antisemitismus als politische Waffe".
Ich empfehle es dir als Lektüre, da hier viel aufgedröselt wird, was die hirnrissigen Vergleiche angeht, und allerdings auch den Versuch jegliche Kritik an Israel sofort als Antisemitismus zu brandmarken....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Themenwechsel: "Dass Meinungsmache so total möglich ist, erstaunt selbst uns." - meint die Redaktion von Nachdenkseiten hier:
http://www.nachdenkseiten.de/?p=3574#more-3574
Die Beschreibung trifft den Nagel ebenso auf den Kopf wie der Text von Roberto de Lapuente....
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
Auf das "Wortbruch-Argument" habe ich schon an anderer Stelle hingewiesen. Es folgt dem Schema der Neoliberalen,die mit der Deregulierung alle Moral für sich abgelehnt haben, die alles machen, was ihnen nützt, die aber alles heftig kritisieren, was ihnen zuwiderläuft. Herrenmenschen, die von anderen fordern, woran sie sich selbst nicht halten. Die SPD hatte die Mehrwertsteuerpläne Merkels heftig bekämpft, Merkel wollte 2%, die SPD setzte dann 3% durch. Das Nichteinhalten von Wahlversprechen hat doch mittlerweile eine lange Geschichte, aber weil Ypsilanti der Mehrheit, die Koch abgewählt hatte, zu ihrem Recht verhelfen wollte (und dazu mußte sie mit der Duldung der Linken versuchen, eine Regierung zu bilden), hat man sie fertig gemacht.
Heute abend, 8.11.08, hat Jauch bei Gottschalk als abschreckendes Beispiel deutscher Politik Ypsilanti genannt, nur den Namen genannt, ohne weitere Begründung.
Bei der hohen Einschaltquote von "Wetten das?" prägt das die Meinung hierzulande derart, verstärkt gleichsam das Maschinengewehrfeuer der neoliberalen Propaganda zu einem Fazit, geäußert in einem einzigen Satz. Und zementiert damit das Negativbild einer linken Korrektur dieser unerträglichen Verhältnisse in unserem Land.
Nachtrag: Was sind tausend Sätze von uns gegen den neoliberalen Irrsinn im Vergleich zu diesem einen Satz von Jauch in "Wetten das?"
"[...]Heute abend, 8.11.08, hat Jauch bei Gottschalk als abschreckendes Beispiel deutscher Politik Ypsilanti genannt, nur den Namen genannt, ohne weitere Begründung.
Bei der hohen Einschaltquote von "Wetten das?" prägt das die Meinung hierzulande derart, verstärkt gleichsam das Maschinengewehrfeuer der neoliberalen Propaganda zu einem Fazit, geäußert in einem einzigen Satz. Und zementiert damit das Negativbild einer linken Korrektur dieser unerträglichen Verhältnisse in unserem Land.[...]"
Es dämmert aber auch immer mehr, dass unsere Medien massive Meinungsbeeinflussung betreiben - für den gescheiterten Neoliberalismus:
"Gerade das vermeintlich Unpolitische ist in höchstem Grade politisch" - so die Überschrift zum Text:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26857/1.html
Und da meinen manche es gäbe keine Meinungsmache in Deutschland - in gewissen Arbeitslosenforen.
Mfg
Junger
Ich bin froh, hier bei Ihnen gelandet zu sein. Der Text ist sehr beeindruckend. Allerdings, einige politisch denkende Menschen gibt es schon noch. Bei den nachdenkseiten informieren sich täglich 25000. Und doch, da gebe ich Ihnen Recht, es sind noch viel zu wenig. Wenn ich aber höre, dass im Wendland wieder 14000 gegen den Castor-transport demonstrieren, greift wieder das Prinzip Hoffnung. Es kann doch nicht sein, dass dieses antidemokratische, deutsch-nationale Konklomerat voll den Raum besetzt.Zumal die leute ja noch nicht einmal politisch interessiert sein müssen; sie brauchen ja nur ihren ganz normalen Verstand zu benutzen.
Ich danke Ihnen jedenfalls für Ihre Arbeit und zähle auf Sie.
Nun gut, aber so ganz habe ich dich nicht verstanden. Was erwartest du ?
Nette Gegner ?
Das Geld, das vorhanden ist wird natürlich so effektiv eingesetzt wie möglich. Der Gegner besitzt halt viele Medien und Geldmittel.
Man hatte Angst um sein Geld bekommen und dadurch halt viel Aufwang getrieben.
Mich wundert, dass dir es nicht klar ist wie kalt dann gehandelt wird.
Du glaubst da war mal eine Moral ?
Nein, die haben uns bis jetzt eigentlich nur verstanden, wenn mit der gleichen Brutalität geantwortet wurde.
Ein leider dummes Spiel.
Edgar
Noch mal kurz zum Begriff "Progrom". Ich teile die Meinung von Roberto, dass dieser Satz (ganz im Gegensatz zu der Aussage von Sinn) zu sehr aufgebauscht wird. Dazu noch einen recht informativen Blog-Eintrag: http://www.weissgarnix.de/?p=679
@m.ro
Danke für den Hinweis, aber hier versucht sich doch ein evtl. Betroffener an Wulff's Äußerungen abzuarbeiten, wenn ich nicht irre?
Warum ich übrigens nicht beim Wort "Pogrom" - ähnlich wie M. Friedman - sehr aufmerksam bin ist folgendes: Ich erlebte letzte Woche gerade bei älteren Menschen wieder, dass "die Juden an allem Schuld sind" und "außerdem sitzen in der Wall-Street nur Juden".
Wenn das kein Antisemitismus ist, dann weiß ich auch nicht weiter...
Darauf wolle ich hinweisen als ich mich an Wulff's - evtl. fremdgesteuerten - hirnrissigen Vergleichen abarbeitete.
Auch die FES attestiert in einer Umfrage den Deutschen wachsenden Judenhaß (=Antisemitismus) bzw. berichtet darüber, dass Jugendliche "Jude" und "Opfer" als Schimpfworte benutzen...
Gerade hier hätte unsere "Elite" zusammen mit der Linkspartei heute ein Signal gegen den wachsenden Judenhaß setzen können....
Hat Sie aber nicht, sondern sich der zunehmend rechtsextrem-antisemitischen "Neuen Mitte" angepaßt....
Es ist fünf vor Zwölf, und da unterstütze ich eher die Linkspartei als andere...
Bis demnächst im Lager, wenn es so weiter geht in Deutschland....
Die Aufseher kenne ich auch schon, die heißen Wulff, Sinn, Merkel, INSM & Co....
Mfg
Junger
Noch was über die Friedrich-Ebert-Stiftung - hier ein Beispiel zur Arbeit der FES:
http://www.hagalil.com/archiv/2006/07/mannheim.htm
Die Studie, dass die so genannte "Neue Mitte", die konservative Parteien von CDU/CSU bis FDP umarmen wollen, immer mehr ins rechtsextreme Spektrum abdriftet findet man übrigens auch auf der Homepage der Friedrich-Ebert-Stiftung...
Mfg
Junger
noch ein kleiner nachtrag zu jauch: in der wetten-daß-sendung trat ein kleines mädchen auf, zirka 8 jahre alt. sie spielte den flohwalzer auf dem klavier in rekordzeit. jauch sagte sinngemäß: das ist ein kind, das etwas leistet.
dieser jauch hat das neolib-denken offenbar stark verinnerlicht.
Nett übrigens, die selben Menschen, die sich hier:
http://www.weissgarnix.de/?p=679
über absurde Vergleiche (Manager = Juden) aufregen haben geschwiegen als Arbeitslose = Parasiten (!= auch aus der Verfolgungsgeschichte unserer jüdischen Mitbürger bekannt)verglichen wurden bzw. noch schlimmer, die die heute Manager verteidigen fanden die antisemitischen Vergleiche in Richtung Arbeitslose für durchaus gerechtfertigt....
So etwas nennt man wo anders Heuchelei oder Doppelmoral....
Mfg
Junger
@Klaus Baum
Ist dir noch aus dem Geschichtsunterricht das letzte Aufgebot der Wehrmacht bekannt - 1945? Die verführten, und verhetzten Kinder und Jugendlichen?
Ich glaube den Neoliberalen steht das Wasser bis zum Hals, wenn die nun - ähnlich wie damals -Jugendliche und Kinder für sich sprechen lassen bzw. diese für ihre Zwecke instrumentalisieren wollen ;-)
Gruß
Nachdenkseiten-Leser
PS: Auch damals dachte man schon Kinder und Jugendliche sind am leichtesten zu verführen....irgendwie erschreckend die Parallelen...Nicht?
@klaus baum
Danke für den Beitrag auf deinem Blog.
Du sprichst mir aus der Seele....es ist die pure Doppelmoral unserer neoliberalen "Eliten" die sich hier selbst enttarnt...
Mfg
Junger
Apropo Doppelmoral, dazu gehört auch, dass uns die neoliberalen "Eliten" neuerdings vorschreiben wollen was wir zu denken haben bzw. unter "links" verstehen sollen.
Da grassieren doch tatsächlich Bücher, die uns den Begriff "Linksneoliberal" näher bringen sollen....
Der Inhalt ist der selbe wie immer, die typisch neoliberal-marktgläubig-rechten Phrasen, die werden nun aber als "linksneoliberal" verkauft - von Sigmar Gabriel (SPD) & Co.
Für wie dumm halten die uns eigentlich?
Mfg
Junger
Jaja - die Agenda2010 ist 'ein linkes Projekt' (Lauterbach et al.). Denn 'links', das hiess schon immer - Hauptsache Arbeit...
Selbst Orwell hätte gestaunt, was heute alles möglich ist und nahezu kommentarlos überall abgedruckt wird.
Den Medien geht es schon lange nicht mehr um einen angeblichen Wortbruch. Es geht ihnen um die öffentliche Hinrichtung einer Frau, die es gewagt hat, gleichzeitig gegen Koch und gegen den Schröderismus in ihrer Partei anzutreten.
Aehm, ich verstehe den Wortbruch, der Ypsilati vorgeworfen wird, nicht. Sie und die SPD hat mit den Gruenen Koalitionsverhandlungen aufgenommen - mit dem Ziel eine Minderheits-Regierung aufzustellen. Nun ist es ja so, dass auch theoretisch die Moeglichkeit besteht, dass ein oder mehrer CDU- oder FDP-Abgeordnete(r) mit der Minderheits-Regierung stimmen koennte. Wo ist das Problem? Sicher sind die Aehnlichkeiten - ich vermeide schon Gemeinsamkeiten - mit den Linken eher vorhanden als mit der CDU/FDP. Aber so weit ich weiss, sind Abgeordnete frei und koennen einzig und allein Ihrem Gewissen verpflichtet und koennten auch einer Minderheits-Regierung zustimmen. Oder gibt es da etwa "Zwang"? Waere dass dann nicht ein Fall fuer das Verfassungsgericht? Das klingt naemlich irgendwie nach "Zwangsarbeit". Die SPD wird sich wohl mit dieser Posse zumindest in Hessen ueberfluessig gemacht haben. Fuer die Bundes-SPD wage ich noch kein Urteil abgeben. Aber eine SPD, die die CDU rechts ueberholt, ist ueberfluessig wie ein Kropf.
Nun man sollte vor der Wahl nicht mehr reden als man hinterher halten kann.Niemand hat Frau Ypsilanti gezwungen eine Wahlaussage gegen die Linke zu machen.
Für mich als Parteimitglied der Linken tut es mir doppelt weh das nun wohl der unsoziale ausländerdiskriminierende kurs der Koch CDU fortgeführt wird.
Die SPD hat nach Ypsilantis Wahllüge und dem gleichzeitigen Rechtsruck unter Müntegöring viel Reputation verloren.
Wer einmal lügt dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht.
Und die Spd lügt seid vielen Jahren das sich die Balken biegen.
Soziale gerechtigkeit ist von dieser SozialAbbauparteiDeutschlands nicht zu erwarten.Wer für Agenda 2010 und Hartz4 steht ist ein feind des einfachen Bürgers und gleichzeitig ein Freund des Grossbonzentums.
Ohne Ihnen zu Nahe treten zu wollen, Herr von Bieren, aber es ist bezeichnend und besorgniserregend, wenn selbst ein Mitglied der LINKEN Schlagworte aufgreift, die wir sonst in den Massenmedien lesen und hören müssen (wie eben den Begriff "Wahllüge"). Dies ist nicht nur seltsam, weil die Wahllüge eben keine Lüge war, besser gesagt: kein Versprechen, kein programmatischer Punkt oder dergleichen, sondern weil Sie hier einen Begriff jener Massenmedien benutzen, die üblicherweise und in schöner Regelmäßigkeit die LINKE seit Jahren mobbt und drangsaliert.
Und anstatt sich mit der Person Ypsilantis zu solidarisieren, die ja wirklich eine unglaubliche Schmutzkampagne ertragen mußte und noch immer muß, solidarisieren Sie sich mit den Medien. Obwohl Sie und ihre Partei selbst erleben mußte und wieder erleben wird, mit welcher perversen Vehemenz diese Kampagnen geführt werden. Schöne neue LINKE...
@Roberto de Lapuente
"[...]Schöne neue LINKE...[...]"
Aehm im Netz ist man anonym, d.h. man kann sich als links, rot, gelb, grün oder sonstwie farbig bezeichnen - als trojanisches Pferd.
Darüber schon mal nachgedacht?
Ich denke mal unser "von" ist ebensowenig Mitglied der LINKEN, wie ich Mitglied der CDU bin....
Mfg
Junger
Noch was, unabhängig von meiner vorherigen Antwort an dich zu "Albert von Bieren" (Albert vom Bier? Komisches Pseudonym *schmunzel*) ich gebe zu, dass ich Ad Sinistram einem Arbeitslosenforum empfohlen habe, dass regelmäßig von Troll-Threads unterwandert wird - http://www.tacheles-sozialhilfe.de.
Mich würde es also auch nicht wundern, wenn sich der ein- oder andere Troll hierher verirrt hat....und dir einen Bären aufbinden will....
Mfg
Junger
Lieber Robert, wieder mal ein sehr, sehr guter Artikel. Ich habe mir erlaubt, ihn in einem Forum zu verlinken, wo ich neulich eine Diskussion eben über dieses Thema hatte.
Dieser Verfall der Medien in den letzten Jahren ist wirklich erschreckend - z.B. taugt für mich Spiegel Online nur noch, um morgens meinen Blutdruck in die Höhe zu treiben, als Kaffee-Ersatz.
Weiter so, bitte!
@junger: es handelt sich nicht nur um doppelmoral. ich habe das in meinem blog an anderer stelle versucht, es mit hilfe des kategorischen imperativs von kant zu verdeutlichen: handle so, das die maxime (die regel, die ich für mich in anspruch nehme) deines handelns stets zur allgemeinen gesetzgebung dienen kann. dem wird aber nicht entsprochen. beispiel: hartz-IV-empfänger werden seitens der sogenannten leistungsträger pauschal diffamiert. als die kritik an den managern aufkam (ich glaube, der auslöser war die steuerflucht des herrn zumwinkel), hat herr olaf henkel gesagt, man müsse hinsichtlich der manager differenzieren und dürfe diese nicht pauschal verurteilen. das heißt: bezüglich der eigenen kaste fordert man differenzierung, hinsichtlich der arbeitslosen wird undifferenziert verurteilt.
diese einseitige inanspruchnahme von rechten, hier das recht auf differenzierte beurteilung, kann man getrost als herrenmenschenmoral bezeichnen, was für mich noch treffender ist als doppelmoral.
vielleicht gelingt es, zu Robertos Artikel zurückzukehren...
Schon im Januar Schrieb Albrecht Müller auf den NachDenkSeiten:
"Die Rechten in der SPD (früher die Kanalarbeiter, dann die Seeheimer und heute bis hin zu den Netzwerkern) haben nur dann ein wirkliches Interesse an der Macht im Staat, wenn sie auch die Politik ihrer Partei bestimmen. An einem Wahlsieg von Andrea Ypsilanti haben sie vermutlich weit über Wolfgang Clement hinaus kein Interesse. Wahrscheinlich gilt das auch zum Beispiel für den Bundesfinanzminister Steinbrück, dessen enge Kooperation mit Koch bekannt ist."
Und er sollte Recht behalten, eine engagierte Politikerin wurde öffentlich hingerichtet, obwohl sie, gemessen am üblichen Entscheidungsprozess der letzten Jahre innerhalb der SPD, breite innerparteiliche Diskussionsprozesse initiiert hat und sich dabei 95% Zustimmung gesichert hat. Sie konnte gegen die veröffetlichte Meinung und ohne Rückhalt in der Bundes-SPD gerade nach dem Rechtsruck unter Müntefering nur verlieren. Alles andere durfte nicht passieren. Keine Verschwörung, sondern geschickte Einflussnahme zu eigenen Gunsten, ohne sich die Finger schmutzig zu machen. Gutes Beispiel dafür Giovanni Di Lorenzos "Ein linker Putsch" in der Zeit .
Solange die SPD ihr Verhältnis zur LINKEn nicht klärt, kann sie sich keinen Bundestagswahlkampf erlauben, in dem sie sich von der CDU/CSU/FDP in die linke Ecke gedrückt fühlt.
Lieber Roberto Lapuente, was die Medien demagogisch mit dem Begriff "Wortbruch" bezeichnen beschreiben Sie als "diese eine relativ, unpolitische, mehr auf organisatorische Komponenten abzielende Äußerung". Ich denke, Sie sehen das viel zu harmlos und haben einen idealistisches Verständnis des Politischen. Warum hat "die Politik", die bei zum allergrößten Teil aus Wirtschafts-lobby, Parteilobby C--S--F--G----- und aus Medienlobby besteht, Ypsilanti fertiggemacht? Ich denke, weil der in der Politik über allem anderen stehende Instinkt für die Machterhaltung die berechtigte Sorge hatte, daß der drohende Erfolg des Ypsilanti-Projekts ein nicht mehr kontrollierbarer Katalysator für die Beschneidung des eigenen Machtvolumens dargestellt hätte. Niemand hat das soweit ich weiß besser auf den Punkt gebracht, als Stuttman in seiner Karikatur, welche das große C-S-F-G-Gebäude mit heruntergelassenen Rolläden zeigt, als der LINKE-Trabbi ankommt, und der Wortblase "Wenn sie klingeln sind wir nicht da". Ich glaube aber, es wird nichts helfen. Die Medien können zwar die zerebrale Innenwelt ihrer Konsumenten gehörig verschmutzen, um sie möglichst bewegungsunfähig zu machen, aber die Verhältnisse sind inzwischen so verrottet, daß auch z.B. die Wirkungsmacht eines Jauch-Nebensatzes nicht mehr so flächendeckend ist. Glaub ich. Hoff ich.
Ich zweifele nicht an unserer Demokratie. Nein, für Zweifel bleibt kein Raum mehr. Dieses Land ist undemokratisch. Die Regierung regiert bewußt gegen die Mehrheit des Volkes und die Presse bejubelt die Regierung und mobbt die Opposition.
Menschen mit anderen Meinungen werden bis zur Vernichtung ihrer Existenz drangsaliert.
Man braucht bei den Neoliberalen keine Haftandrohung. Der Verlust von Arbeitsplatz und Wohnung wirken viel stärker.
Das ist erst der Anfang. Sollten wie befürchtet nächstes Jahr die Arbeitslosenzahlen steigen, so steigt auch der Druck
Interessant finde ich in dem Zusammenhang, dass man immer mal wieder Umfragen präsentiert, nach denen die Mehrheit das Scheitern von Ypsilanti für richtig hält - und da frage ich mich immer welche Leute da überhaupt befragt werden. Die meisten, die ich kenne - und auch wenn ich sonst zu dem Thema Foren durchforste, finden es alles andere als richtig, manche sind sogar darüber erschrocken welche Schmutzkampagnie hier durchgezogen wurde, um zu verhindern, dass es zu einer Regierung kommt, die nicht dem Mainstream entspricht.
Albrecht Müller meinte auf seinen Nachdenkseiten, dass dies das Ende der Demokratie sei und dem schliesse ich mich vorbehaltlos ein. Hier wurde ein Politiker gestützt, der schon längst sein Verfallsdatum überschritten hat, der aber immer noch ein Garant dafür ist, dass sich die Politik in Hessen in keinsterweise ändert - und als Mietmaul für rechtspopulistische Kampagnen ist er ebenfalls jederzeit zu haben. So musste jemand wie Andrea Ypsilanti zum Scheitern gebracht werden, hätte ihr politischer Erfolg doch die bisherige Doktrin in Deutschland nicht nur in Frage gestellt, sondern auch jene entblösst, die von einer Talkrunde zur anderen laufen, um dort als Lautsprecher jene Propaganda zu verbreiten.
Fall Ypsilanti aber beweist vor allem eines: die wirtschaftsliberalen Kader und ihre Lakaien haben sich tief in den Machtapparat hinein gefressen, kleben auf ihren Stühlen fest und sind zu allem bereit, wenn sie ihre Vorherrschaft gefährdet sehen. Demokratisch ist in diesem Land nichts mehr zu ändern und selbst in der Krise wird man nicht müde jene falschen Rezepte anzubieten, die das Debakel auch mitverursacht haben, statt die wirklichen Ursachen zu beheben (aber das wäre ja eine Abkehr von der bisherigen Doktrin). Die logische Konsequenz also wäre diese Leute in die Wüste zu schicken und dafür zu sorgen, dass nie wieder in diesem Land etwas zu bestimmen haben - aber das ist leider nur ein frommer Wunsch, der wohl so schnell auch nicht in Erfüllung gehen wird.
Finde ich ganz ausgezeichnet und sehr zutreffend.
Das Volk bekommt die Politiker die es verdient.
Nun haben wir die Möglichkeit aus der ersten Reihe zu verfolgen, wie effektiv die Pressekampagne war und wie mündig der Bürger Hessens ist: Sollte die Mündigkeit wirklich keine Hülse sein, würde der SPD-Kandidat die im Jannuar stattfindenden Wahlen gewinnen (vorausgesetzt natürlich, er stellt nicht ein diametral entgegengesetztes Bild von Ypsilanti was die Inhalte angeht, dar).
Aber es wird sicherlich anders kommen. Und dann frage ich mich: Hat es der Bürger anders verdient? Denn es steht jedem offen sich kundig zu machen über die wahren Skandalen, über die wahren Drahtziehern, über die wahren Probleme in diesem Land. Es steht jedem Bürger frei, demokratisch zu denken, zu handeln, zu fühlen.
Aber wer in einer Mediengesellschaft in der die Schranken nach unten nicht nur geöffnet sondern abgeschafft wurden dem Mainstream der Einfachheit halber folgt, der kann sich nicht über die Folgen seines Handelns beklagen.
Sicherlich gibt es Menschen, die sich eben nicht informieren können. Aus unterschiedlichen Gründen. Aber diese bilden keineswegs die Mehrheit.
Die Mehrheit ist gebildet von Menschen deren Denken nie die Chance hatte frei von der Geschichte zu werden, sich frei von dem Zwang einer ideologisierten Denkweise zu artikulieren. Es gab immer Interessen die dies zu verhindern suchten - und leider auch vermochten.
"Jammertal Deutschland" ist im Grunde nur das Ventil durch das die Sehnsucht nach freier geistiger Bewegung seinen Weg nach Draußen sucht. Andere gehen auf die Straße und machen den "Eliten" klar was sie von der einen oder anderen Entscheidung halten.
Und was bleibt sind unsägliche Kampagnen gegen jämmerlichen Erscheinungen wodurch lächerliche Dritte lachen können.
Abendland? Das war mal.
MG
Replik zu ...Hat es der Bürger anders verdient? Denn es steht jedem offen sich kundig zu machen über die wahren Skandalen, über die wahren Drahtziehern, über die wahren Probleme in diesem Land. Es steht jedem Bürger frei, demokratisch zu denken, zu handeln, zu fühlen.
Zwar nicht falsch, aber man darf dabei nicht vergessen, wie auf Grund der Bildungskatastrophe und der vielen schlecht bezahlten Jobs z.T. unter dem Existenzminimum viele Menschen gar nicht die Kraft finden werden, sich aktiv woanders zu informieren. Das heißt, die Aussage greift viel zu kurz und hilft nicht weiter, die Verhältnisse zu verstehen oder zu erklären.
Insofern haben wir diesen Politikzirkus auch nicht verdient, sondern haben uns bisher zu wenig gewehrt. Und vor zehn Jahren gab es tatsächlich Hoffnung, nachdem Kohl auf Altenteil abgeschoben wurde. Aber Rot-Grün hat die Hoffnungen nicht erfüllt, im Gegenteil.
Solche Medienkampagnen wie gegen Ypsilanti tun dann noch ihr übriges, sich trotz aller Unzufriedenheit mit dem herrschenden Politikbetrieb abzufinden, genauso wie z.B.Steinmeier zum Retter der Finanzkrise hochgeschrieben wurde, was ebenfalls einer kritischen Überprüfung nicht Stand halten würde.
Was folgt daraus? Wenn wir in dieser Gesellschaft etwas verändern wollen, hin zu einer Gesellschaft, in der Bildungsgerechtigkeit, Teilhabe am sozialen Leben, Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit im Mittelpunkt stehen, dann bedarf es auch Personen, die diese Ziele glaubhaft in der medialen Öffentlichkeit vertreten. Beim jetzigen Zustand der SPD bedarf es hier sicher auch der LINKEn. Und Lafontaine ist zum Beispiel jemand, an dem die zum Teil tumben Angriffe abperlen.
Die LINKE kann Themen in der öffentlichen Wahrnehmung besetzen und Lafontaine, aber selbst Sahra Wagenknecht bekommen in den öffentlich-rechtlichen Medien entsprechend Raum zur Verfügung gestellt. Und die bundesweiten Schülerproteste heute schaffen es auch in die BR3-Nachrichten.
Insofern ist das "Ende der Politik" noch lange nicht da und die derzeitige Finanz-, Witschafts- und Glaubwürdigkeitskrise wird viele Chancen bieten, substanziell etwas zu verändern.
@aschlutter
"...auf Grund der Bildungskatastrophe und der vielen schlecht bezahlten Jobs z.T. unter dem Existenzminimum viele Menschen gar nicht die Kraft finden werden, sich aktiv woanders zu informieren."
Die Bildungskatastrophe haben wir letztlich ebenfalls den Politikern deren Handeln wir legitmiert haben, zu verdanken: In meinem Bekanntenkreis hat sich bis noch vor nicht allzu langer Zeit, keiner offen beschwert. Nun, da die Bildungsmisere als kleineres Übel gewählt wurde, um das Volk zu beschäftigen, dürfen wir über die Bildung reden und jeder redet darüber. Kaum jemand redet über die tieferen Gründe der Vernachlässigung, denn wir dürfen doch nicht denken, dass dies möglicherweise gewollt war, etwa um eben diese, heute vorhandene, flexible Masse der Schlechtverdiener zur Verfügung zu haben, die man einstellen oder rausschmeissen kann, nach Belieben, ohne sich mit Sozialkram aufhalten zu müssen.
Für diese Informationen benötigt man gar keine grossen Recherchen, es genügt wenn die Eltern einige Jahre zurückblickend, sich und ihren Kindern die Unterschiede zwischen der Arbeit damals und heute klar machen und ein wenig darüber reden. Das wäre nur ein Anfang.
Nur, dafür müssten wir uns eingestehen, dass wir selbst denken können und genau das haben Interessenvertreter zu verhindern gesucht, direkt mit Hilfe von Medien oder indirekt indem die Lobbyrolle erfunden wurde. Wie effektiv diese interessensgesteuerte Arbeit war, können wir erkennen, wenn wir die individuelle Anpassung als Maßstab einsetzen.
Und es ist genau diese Anpassung, die uns bisher davon abgehalten hat uns zu wehren und es ist genau diese Effektivität der Lobbyarbeit die in Zukunft es immer leichter verhindern wird können und zwar mit Hilfe von unverantwortlichen Kampagnen, risikoblinden Vernebelungen und ein immer enger gestrickten gesetzlichen Rahmen.
Nicht auszudenken, was ein charismatischer und redegewandter Politiker heute schon anrichten könnte. Gott sei Dank gibt es einen solchen in der rechten Szene nicht und Gott sei Dank sind Lafontaine oder Gysi nicht daran interessiert...
MG
Vielleicht nur eine Kleinigkeit:
Seit einigen Tagen fällt mir auf, dass Roland Koch im NDR4 nur noch der "hessische Ministerpräsident" und nicht mehr der "geschäftsführende Ministerpräsident" ist. Oder habe ich etwas verpasst?
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