Bloß kein Neid...
Dienstag, 18. März 2008
Um die staatliche Rente weiter zu diskreditieren, muß den Bürgern deutlich gemacht werden, dass uns der gesamte umlagefinanzierte Koloss teuer zu stehen kommt. Die Reformer schlagen ständig in die gleiche Wunde, schwadronieren um eine angebliche Unbezahlbarkeit und erregen sich an diversen kapitalgedeckten Modellvorschlägen. Diese seien dann für den Bürger eher finanzierbar, nicht weil dies tiefgreifende Analysen bestätigen, oder empirische Erfahrungen in Chile und England verifiziert haben, sondern einzig und alleine, weil die Reformer diese These axiomsgleich in den Raum werfen.
In dieser Weise ist auch ein "Bericht" der heutigen BILD-Zeitung zu interpretieren. Man will den Menschen Glauben machen, dass selbst eine kleine Rentenerhöhung zum Einsturz des Rentengebäudes führen würde. Dort heißt es: "Politiker-Aufstand gegen höhere Rente!" - Natürlich läßt es sich die BILD nicht nehmen, in dieser Diskussion in die Rolle des großen Sittenwächters zu schlüpfen. Voller Entrüstung, in große Lettern gepackt, deutet die BILD an, dass mancherlei Politiker den Rentnern nicht mal 1,1 Prozent mehr gönnt. Danach reiht man aber brav auf, was diese Herrschaften meinen unter die Leute bringen zu müssen. Um wen es sich bei den vier wackeren Abgeordneten handelt, wird nur oberflächlich behandelt, ist aber wert in aller Kürze angerissen zu werden.
Freilich dürfen wir von leuchtenden Gestalten sprechen, die mit gutem Beispiel vorangehen. Noch im November letzten Jahres haben sich drei Abgeordnete dieser illustren BILD-Runde gegen 1,1 Prozent entschieden, stattdessen entschied man sich für 9,4 Prozent. Die gewissenhaften BILD-Herren Stefan Müller, Michael Fuchs und Rainer Wend stimmten selbstverständlich für die Erhöhung der Diäten. Da sprach man natürlich nicht von der fehlenden Finanzierbarkeit oder entwarf das Angstbild eines Kolosses auf tönernen Füßen. Der vierte im Bunde, bzw. im BILDE heißt Kurt Lauk, ist Europaabgeordneter der CDU und hatte damit nicht die Ehre, sich per Bundestagsmandat die eigenen Bezüge selbst zu erhöhen. Dennoch gehört er in die Riege der auserlesenen Herren, die weinsaufend vom Wasser predigen. Christlich motiviert ist in seinem Weltbild wenig, wie man annehmen muß. Vor einigen Jahren verlieh ihm die European Business School eine Professur "honoris causa". Kein Wunder, denn Sätze wie folgende prädestinieren natürlich für Auszeichnungen im Namen der herrschenden wirtschaftlichen Schule: „Die Gesamtdauer der Hartz IV-Leistungen muß vom 25. bis zum 65. Lebensjahr insgesamt auf eine noch festzulegende Anzahl von Jahren begrenzt werden, damit sich jeder darauf einstellen kann. Bei Arbeitsverweigerung muß man kürzen auf das Niveau von Mindestlohn in vielen Ländern um uns herum, also auf rund 400 Euro unter dem ALGII." Oder: "Der Zahnersatz muss komplett aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung heraus. Jeder Bürger weiß, dass irgendwann eine Zahnarztersatzbehandlung auf ihn zukommt. Er kann sich also rechtzeitig darauf einrichten.“
Natürlich unterschlägt die BILD, welch feines Bonzentum sich da für ein Niederhalten der Rentenbezüge ausspricht. Das liegt vorallem daran, dass die Menschen doch zu Neiddebatten neigten und genau diese Form von Debatte fürchtet man anzustoßen. Schwappt erstmal so eine Debatte über das Land, dann wird man aber nicht müde, dies als eine archaische Form der Diskussion abzutun, als Bösartigkeit des "kleinen Mannes", als unwürdiges Treiben, welches in einer Debatte einfach keinen Platz habe. Neid sei keine Grundlage, so verkünden die herrschenden Kreise und ihre Reformer, um formal miteinander zu neuen Einsichten zu gelangen. Und außerdem sei es das Privileg der Eliten, sich selbst besser zu stellen, weil sie ja die Leistungsträger dieser Gesellschaft sind.
Dass der Neid aber im Weltbild der Reformer, einer der Antriebsgründe ihres Systems ist, wird dabei ausgeklammert, peinlich verschwiegen. Der Neid ist ein Grundpfeiler der kapitalistischen Massengesellschaft, treibt Menschen zu mehr an, als sie eigentlich zu geben bereit sind. Er richtet das Augenmerk einer zufriedenen Person auf neue Ebenen persönlichen Strebens. Aber dieser Neid, der oft - allzuoft - dieses System schmiert, es am Laufen hält, ist ja ein erwünschter. Die andere Form des Neides aber, die man Neid nennt, die aber in Wirklichkeit das feine Gespür der Masse ist, sich gegen Ungerechtigkeit und Ungleichheit zu artikulieren, wird diabolisiert, um somit die gegebenen Zustände zu bewahren.
Da Unzufriedenheit und das Gefühl von Zurücksetzung nicht per Glücksdroge in den Griff zu bringen sind, bleibt nur der Weg der Diskreditierung. Wer also nun jene kritisiert, die die 1,1 Prozent den Rentnern nicht vergönnen und diese Kritik auch noch mit deren Selbsterhöhung der Diäten in Verbindung bringt, der driftet ab in eine Diskussionskultur, die dem Geist der herrschenden political correctness nicht entspricht. Man disqualifiziert sich selbst, weil man sich außerhalb der engen Grenzen einer aufoktroyierten Form politischen Streites begibt. In diesem Sinne ließe man den Kritiker bestenfalls über vermeintliche Sachzwänge und Argumente innerhalb der Reformesdialektik zu Wort kommen. Die Bezüge der feinen Herrschaften haben aber nichts in einer Diskussion zu suchen, in der über das Wohl und Wehe von Menschen gerungen wird. Je mehr Menschen sich dieser Beschneidung einer provokativen und deutlichen Streitkultur unterwerfen, desto weniger Gegenwehr haben solche Herren - wie in diesem Falle die BILD-Rentenwächter - zu erwarten, desto niedriger fällt die Hemmschwelle.
Und so scheinentrüstet sich die BILD-Zeitung, um den Lesern das Gefühl zu geben, es stünde der moralisch einwandfreie Springer-Verlag auf ihrer Seite. Man wird den vier Moralisten aus den Kadern bürgerlicher Parteien sicher nicht die eigene Selbstbereicherung unter die Nase reiben. Immerhin sind sie Teil einer bereits jahrelangen BILD-Kampagne zur endgültigen Destabilisierung der staatlichen Umlagefinazierung. Auch in der Form des Sittenwächters lassen sich solcherart Kampagnen führen...
In dieser Weise ist auch ein "Bericht" der heutigen BILD-Zeitung zu interpretieren. Man will den Menschen Glauben machen, dass selbst eine kleine Rentenerhöhung zum Einsturz des Rentengebäudes führen würde. Dort heißt es: "Politiker-Aufstand gegen höhere Rente!" - Natürlich läßt es sich die BILD nicht nehmen, in dieser Diskussion in die Rolle des großen Sittenwächters zu schlüpfen. Voller Entrüstung, in große Lettern gepackt, deutet die BILD an, dass mancherlei Politiker den Rentnern nicht mal 1,1 Prozent mehr gönnt. Danach reiht man aber brav auf, was diese Herrschaften meinen unter die Leute bringen zu müssen. Um wen es sich bei den vier wackeren Abgeordneten handelt, wird nur oberflächlich behandelt, ist aber wert in aller Kürze angerissen zu werden.
Freilich dürfen wir von leuchtenden Gestalten sprechen, die mit gutem Beispiel vorangehen. Noch im November letzten Jahres haben sich drei Abgeordnete dieser illustren BILD-Runde gegen 1,1 Prozent entschieden, stattdessen entschied man sich für 9,4 Prozent. Die gewissenhaften BILD-Herren Stefan Müller, Michael Fuchs und Rainer Wend stimmten selbstverständlich für die Erhöhung der Diäten. Da sprach man natürlich nicht von der fehlenden Finanzierbarkeit oder entwarf das Angstbild eines Kolosses auf tönernen Füßen. Der vierte im Bunde, bzw. im BILDE heißt Kurt Lauk, ist Europaabgeordneter der CDU und hatte damit nicht die Ehre, sich per Bundestagsmandat die eigenen Bezüge selbst zu erhöhen. Dennoch gehört er in die Riege der auserlesenen Herren, die weinsaufend vom Wasser predigen. Christlich motiviert ist in seinem Weltbild wenig, wie man annehmen muß. Vor einigen Jahren verlieh ihm die European Business School eine Professur "honoris causa". Kein Wunder, denn Sätze wie folgende prädestinieren natürlich für Auszeichnungen im Namen der herrschenden wirtschaftlichen Schule: „Die Gesamtdauer der Hartz IV-Leistungen muß vom 25. bis zum 65. Lebensjahr insgesamt auf eine noch festzulegende Anzahl von Jahren begrenzt werden, damit sich jeder darauf einstellen kann. Bei Arbeitsverweigerung muß man kürzen auf das Niveau von Mindestlohn in vielen Ländern um uns herum, also auf rund 400 Euro unter dem ALGII." Oder: "Der Zahnersatz muss komplett aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung heraus. Jeder Bürger weiß, dass irgendwann eine Zahnarztersatzbehandlung auf ihn zukommt. Er kann sich also rechtzeitig darauf einrichten.“
Natürlich unterschlägt die BILD, welch feines Bonzentum sich da für ein Niederhalten der Rentenbezüge ausspricht. Das liegt vorallem daran, dass die Menschen doch zu Neiddebatten neigten und genau diese Form von Debatte fürchtet man anzustoßen. Schwappt erstmal so eine Debatte über das Land, dann wird man aber nicht müde, dies als eine archaische Form der Diskussion abzutun, als Bösartigkeit des "kleinen Mannes", als unwürdiges Treiben, welches in einer Debatte einfach keinen Platz habe. Neid sei keine Grundlage, so verkünden die herrschenden Kreise und ihre Reformer, um formal miteinander zu neuen Einsichten zu gelangen. Und außerdem sei es das Privileg der Eliten, sich selbst besser zu stellen, weil sie ja die Leistungsträger dieser Gesellschaft sind.
Dass der Neid aber im Weltbild der Reformer, einer der Antriebsgründe ihres Systems ist, wird dabei ausgeklammert, peinlich verschwiegen. Der Neid ist ein Grundpfeiler der kapitalistischen Massengesellschaft, treibt Menschen zu mehr an, als sie eigentlich zu geben bereit sind. Er richtet das Augenmerk einer zufriedenen Person auf neue Ebenen persönlichen Strebens. Aber dieser Neid, der oft - allzuoft - dieses System schmiert, es am Laufen hält, ist ja ein erwünschter. Die andere Form des Neides aber, die man Neid nennt, die aber in Wirklichkeit das feine Gespür der Masse ist, sich gegen Ungerechtigkeit und Ungleichheit zu artikulieren, wird diabolisiert, um somit die gegebenen Zustände zu bewahren.
Da Unzufriedenheit und das Gefühl von Zurücksetzung nicht per Glücksdroge in den Griff zu bringen sind, bleibt nur der Weg der Diskreditierung. Wer also nun jene kritisiert, die die 1,1 Prozent den Rentnern nicht vergönnen und diese Kritik auch noch mit deren Selbsterhöhung der Diäten in Verbindung bringt, der driftet ab in eine Diskussionskultur, die dem Geist der herrschenden political correctness nicht entspricht. Man disqualifiziert sich selbst, weil man sich außerhalb der engen Grenzen einer aufoktroyierten Form politischen Streites begibt. In diesem Sinne ließe man den Kritiker bestenfalls über vermeintliche Sachzwänge und Argumente innerhalb der Reformesdialektik zu Wort kommen. Die Bezüge der feinen Herrschaften haben aber nichts in einer Diskussion zu suchen, in der über das Wohl und Wehe von Menschen gerungen wird. Je mehr Menschen sich dieser Beschneidung einer provokativen und deutlichen Streitkultur unterwerfen, desto weniger Gegenwehr haben solche Herren - wie in diesem Falle die BILD-Rentenwächter - zu erwarten, desto niedriger fällt die Hemmschwelle.
Und so scheinentrüstet sich die BILD-Zeitung, um den Lesern das Gefühl zu geben, es stünde der moralisch einwandfreie Springer-Verlag auf ihrer Seite. Man wird den vier Moralisten aus den Kadern bürgerlicher Parteien sicher nicht die eigene Selbstbereicherung unter die Nase reiben. Immerhin sind sie Teil einer bereits jahrelangen BILD-Kampagne zur endgültigen Destabilisierung der staatlichen Umlagefinazierung. Auch in der Form des Sittenwächters lassen sich solcherart Kampagnen führen...
1 Kommentare:
"Neid ist der häßliche Name, den die Oberschicht dem Rechtsgefühl angehängt hat." - August Strindberg (1849 - 1912), schwedischer Schriftsteller
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