Die absolut stabile Idiotie
Mittwoch, 3. August 2016
Da ist sie wieder, die Forderung. Alle paar Jahre wird sie wieder ins Programm aufgenommen. Es ist ein bisschen so, als bekämen die Sicherheitspolitiker und solche, die sich für solche halten, gelegentlich einen fieberhaften Schub und dann muss sie raus, diese Forderung. Einige Jahre war nun Ruhe, nun geht es wieder mal um die Bundeswehr, die im Inneren endlich mal eine Einsatzberechtigung erhalten soll. Diesmal haben die Damen und Herren der nationalen Sicherheit den Herrn Herrmann aus dem Fränkischen vorgeschickt. »Wir leben nicht in Zeiten der Weimarer Republik. Wir haben eine absolut stabile Demokratie«, behauptete er in einem Interview. Da könne man also die Vorbehalte aufgeben. Soso, eine stabile Demokratie. Der Mann lebte immer schon in dieser parteipolitischen Parallelwelt, die von der Wirklichkeit da draußen eher so eine eingeschränkte Ahnung hat. Trotzdem darf man doch sicher mal nachfragen, was eine Bundeswehr gegen Äxte und/oder Amokläufe auszurichten vermag.
Es ist ja an sich überhaupt nicht so, dass wir kein Militär im Inlandseinsatz hätten. Man schaue sich doch bitte nur mal an, wie die heutige Polizei ausgestattet ist. Das sind doch keine Schupos mit zierendem Tschako auf den Kopf, das sind teils paramilitärische Beamte. Aus den Samtgrünen sind hochgerüstete Einheiten geworden, die wahrscheinlich besser mit Material ausgestattet sind als das, was die Bundeswehr so in ihren Waffenkammern lagern hat. Bundeswehr im Inland? Für was eigentlich. Oder anders und deswegen nicht gegenteilig beantwortet: Haben wir doch schon!
Trotzdem, die Frage muss man doch jetzt nochmal ganz konkret stellen, diese vermeintlich stabile Demokratie hin oder her: Für was denn der ganze Aufwand, für was eine Änderung des Grundgesetzes anstrengen, nur damit man eine zweite Armee neben der hiesigen dunkelblauen Armee aufstellen kann? Und was können bittesehr diese oder jene Armee eigentlich gegen Amokläufer tun? Ja, wie können sie denn im Augenblick eines Terroranschlages dienen, um eine Situation abzuwenden, die dann ja schon eingetreten ist? Armeen brauchen einen sichtbaren Gegner, eine Gegenarmee, dann greift das Prinzip. Aber gegen Unangekündigtes, gegen Überraschungsattacken, gegen Großstadtguerilla, da hilft doch keine Wehr. Herrmann sollte mal erklären, welchen Zweck es erfüllt, Soldatenreihen aufzubauen, wenn wieder mal einer mit einer Pistole überschnappt. Soll die Truppe neben der Polizei stehen und den darauf spezialisierten Sondereinsatzkommandos Kaffee kochen und das Salz von den Brezeln reiben? Oder glaubt der Mann einfach bloß, dass eine Übermacht an verschiedenen Armeezugehörigkeiten und Einsatzgruppen abschreckende Wirkung erzielt?
Was konkret hätte die Bundeswehr in München getan, was die Polizei nicht genauso, wahrscheinlich aber besser angestellt hat? Polizisten sind ja dauernd im Kriseneinsatz, die haben eine gewisse Routine. Was stellt denn so ein Division an, die die meiste Zeit des Jahres im Paralleluniversum des Heeres eine ruhige Kugel schiebt und plötzlich auf konkrete Probleme losgelassen wird? Man hätte zunächst mal aufmarschieren können vor dem Einkaufszentrum. Bis hierher schon mal in Ordnung. Und dann? Reingehen, wild um sich schießen, das Gebäude durchkämen? Was daran kann ein Sondereinsatzkommando nicht? Und was kann es nicht besser? Es sei denn man antwortet damit, dass die Bundeswehr über alle zivilen Verluste, die so ein Vorgehen mit sich bringen würde, gewissermaßen erhaben ist. Dann, ja dann ist so eine Bundeswehr im Inland natürlich schon eine neue Qualität im Einsatz gegen Amoktäter. Dem Amok mit Amok begegnen: Ist das die Quintessenz dieser Forderung? Oder geht es um Panzer, die einen Einzeltäter gezielt erschießen sollen? Je mehr man darüber nachdenkt, desto lächerlicher wird es.
Es scheint eher so, dass Herrmann - wie alle diese Sicherheitsfreaks in der Politik - überhaupt keinen Schimmer davon hat, wie man im Ausnahmezustand einer solchen Tat zu agieren hat. Truppe, Feldzugrhetorik, Schlachttaktiken und was alles dazugehört, sind jedenfalls keine Ansätze, um diese Tragödien einzuhegen. Die von ihm postulierte absolut stabile Demokratie hin oder her. Und klammern wir an dieser Stelle einfach mal freundlich aus, dass diese Demokratie zwischen rechten Rattenfängern und Marktkonformität in einer gewaltigen Zerreißprobe steckt. So absolut stabil, wie der Mann sagt ist sie also wahrscheinlich nicht mal, diese unsere Demokratie. Was allerdings stabil ist, dass ist die Idiotie, die annimmt, mit blindem Aktionismus, mit der Getriebenheit von der Öffentlichkeit und harter law-and-order-Sprache könne man die Gesellschaft zu einem sichereren Ort modeln.
Es ist ja an sich überhaupt nicht so, dass wir kein Militär im Inlandseinsatz hätten. Man schaue sich doch bitte nur mal an, wie die heutige Polizei ausgestattet ist. Das sind doch keine Schupos mit zierendem Tschako auf den Kopf, das sind teils paramilitärische Beamte. Aus den Samtgrünen sind hochgerüstete Einheiten geworden, die wahrscheinlich besser mit Material ausgestattet sind als das, was die Bundeswehr so in ihren Waffenkammern lagern hat. Bundeswehr im Inland? Für was eigentlich. Oder anders und deswegen nicht gegenteilig beantwortet: Haben wir doch schon!
Trotzdem, die Frage muss man doch jetzt nochmal ganz konkret stellen, diese vermeintlich stabile Demokratie hin oder her: Für was denn der ganze Aufwand, für was eine Änderung des Grundgesetzes anstrengen, nur damit man eine zweite Armee neben der hiesigen dunkelblauen Armee aufstellen kann? Und was können bittesehr diese oder jene Armee eigentlich gegen Amokläufer tun? Ja, wie können sie denn im Augenblick eines Terroranschlages dienen, um eine Situation abzuwenden, die dann ja schon eingetreten ist? Armeen brauchen einen sichtbaren Gegner, eine Gegenarmee, dann greift das Prinzip. Aber gegen Unangekündigtes, gegen Überraschungsattacken, gegen Großstadtguerilla, da hilft doch keine Wehr. Herrmann sollte mal erklären, welchen Zweck es erfüllt, Soldatenreihen aufzubauen, wenn wieder mal einer mit einer Pistole überschnappt. Soll die Truppe neben der Polizei stehen und den darauf spezialisierten Sondereinsatzkommandos Kaffee kochen und das Salz von den Brezeln reiben? Oder glaubt der Mann einfach bloß, dass eine Übermacht an verschiedenen Armeezugehörigkeiten und Einsatzgruppen abschreckende Wirkung erzielt?
Was konkret hätte die Bundeswehr in München getan, was die Polizei nicht genauso, wahrscheinlich aber besser angestellt hat? Polizisten sind ja dauernd im Kriseneinsatz, die haben eine gewisse Routine. Was stellt denn so ein Division an, die die meiste Zeit des Jahres im Paralleluniversum des Heeres eine ruhige Kugel schiebt und plötzlich auf konkrete Probleme losgelassen wird? Man hätte zunächst mal aufmarschieren können vor dem Einkaufszentrum. Bis hierher schon mal in Ordnung. Und dann? Reingehen, wild um sich schießen, das Gebäude durchkämen? Was daran kann ein Sondereinsatzkommando nicht? Und was kann es nicht besser? Es sei denn man antwortet damit, dass die Bundeswehr über alle zivilen Verluste, die so ein Vorgehen mit sich bringen würde, gewissermaßen erhaben ist. Dann, ja dann ist so eine Bundeswehr im Inland natürlich schon eine neue Qualität im Einsatz gegen Amoktäter. Dem Amok mit Amok begegnen: Ist das die Quintessenz dieser Forderung? Oder geht es um Panzer, die einen Einzeltäter gezielt erschießen sollen? Je mehr man darüber nachdenkt, desto lächerlicher wird es.
Es scheint eher so, dass Herrmann - wie alle diese Sicherheitsfreaks in der Politik - überhaupt keinen Schimmer davon hat, wie man im Ausnahmezustand einer solchen Tat zu agieren hat. Truppe, Feldzugrhetorik, Schlachttaktiken und was alles dazugehört, sind jedenfalls keine Ansätze, um diese Tragödien einzuhegen. Die von ihm postulierte absolut stabile Demokratie hin oder her. Und klammern wir an dieser Stelle einfach mal freundlich aus, dass diese Demokratie zwischen rechten Rattenfängern und Marktkonformität in einer gewaltigen Zerreißprobe steckt. So absolut stabil, wie der Mann sagt ist sie also wahrscheinlich nicht mal, diese unsere Demokratie. Was allerdings stabil ist, dass ist die Idiotie, die annimmt, mit blindem Aktionismus, mit der Getriebenheit von der Öffentlichkeit und harter law-and-order-Sprache könne man die Gesellschaft zu einem sichereren Ort modeln.
11 Kommentare:
Immer wenn ich was über die Bundeswehr lese muss ich sofort an diesen Guttenberg denken. Wir hätten niemals zulassen dürfen das der die Wehrpflicht abschafft. Wenn schon hätte man die ganze BW abschaffen sollen. Jetzt haben wir nicht mal mehr ansatzweise einen Querschnitt der Bevölkerung in der BW vertreten. Nicht auszudenken wenn diese oftmals ungebildeten und kriegsgeilen Männer mit scharfen Waffen auf unseren Straßen stehen um "Sicherheitsaufgaben" zu übernehmen.
Zwei Gründe für den Einsatz des Militärs im Anschlagsfall wüsste ich spontan: Absperrungen und Täterverfolgung. Damit ist die Polizei in Großstädten personell überfordert, wenn Täter noch auf der Flucht sind und die Straßen ganzer Stadtteile sowohl von Smartphonefoto-machen-wollendem Publikum (grässlich, was da in München abging) freigehalten werden als auch mit hohem Personalaufwand Täter so schnell wie möglich aufgespürt werden müssen, evtl. zeitgleich in verschiedenen Stadteilen - siehe Paris. Es geht um Anschläge, die sich über Stunden hinziehen. Nicht solche, wo es einmal knallt und es das schon war.
Potentielle Gegner der Bundeswehr im Inneren sind ja nicht Einzeltäter sondern z:B. nicht genehmigte - vielleicht auch genehmigte - Demonstrationen. Da ist der Gegner sichtbar!
tomdose
Nicht zu vergessen Security-Unternehmen, die sich auch immer mehr
zu einer 3. »Wehrmacht« neben den beiden Staatlichen entwickeln.
Aber klar, die Prämisse ist bekannt: »Wir erstellen Sicherheit« –
darüber werden wir einfachen Bürger in optimal bewachte Schafe konvertiert.
Und wenn mal ein Wolf in den Hochsicherheitspferch einbricht und das
eine oder andere Schäfchen reißt – kurbelt der Vorfall die Bewachungs- und Kontrollindustrie an.
@Brama, das halte ich für Träumerei, denn es gibt keinen Grund oder Ansatz, weshalb eine Armee anders bei einer solchen Verfolgungsjagd auftreten könnte, als die Polizei, es sei denn, man gewährt der Bundeswehr nicht nur "innere Beweglichkeit", sondern gleich noch "diktatorische Weisungsbefugnis". Die könnte man der Polizei aber auch verleihen. Dann wären wir ohnedies ehrlicher in der Debatte, denn letztlich geht es darum.
Das wird sich ohnehin wieder im Sande verlaufen.
In irgendeinem Kommentarbereich habe ich es schon mal geschrieben, dass es eine blöde Situation für Medien und Politik war: Alle gingen sofort von einem islamistischen Terroranschlag aus, die ganze Medienlawine rollte los, Politiker brachen ihren Urlaub ab und dann stellt sich heraus, das es „nur“ ein Amokläufer war.
Nun stehen die Politiker vor einen Wald von Mikrofonen und müssen irgendwas sagen.
Sogar über die bösen Ballerspiele wurde kurz mal wieder diskutiert.
Bundeswehr im Inneren?, Das war doch nur eine Frage der Zeit, bis der Vorschlag kommt, denn irgendwie muss man ja die Zeit bis zum nächsten Medienereignis rumkriegen.
Hier soll mit Kanonen auf "Spatzen" geschossen werden. Aber eines ist gewiss, dass dann auch wie in Frankreich der Ausnahmezustand zum Dauerzustand werden wird. Das ist wohl das Ziel in Europa. Die Eliten wollen nicht die Bürger schützen, sondern sich selber.
Unsere Eliten denken eben weiter. Dass die zurückliegenden Fälle in Ansbach, Würzburg und München lediglich Vorwände für künftige Bundeswehreinsätze liefern, sollte klar sein. Frau von der Leyen ist einiges, aber nicht doof. Wir wissen, dass Teile der Bundeswehr ausgebildet werden in Häuserkampf und Partisanenbekämpfung - natürlich nur zur Bekämpfung von islamistischen Terroristen in Afghanistan, wir wissen, das Krauss-Maffei Panzer baut und exportiert, die zur Bekämpfung innerstädtischer Aufstände ausgerüstet sind, wir wissen, dass die Bundeswehr sich öffnen will für junge Männer aus dem europäischen Ausland. Bringt man diese unbestrittenen Tatsachen zusammen, erhält man eine technisch und logistisch hochqualifizierte Söldnertruppe ohne soziale Bindung, um im Inland die kommenden Armutsaufstände niederzuschlagen.
Diese ganze Debatte ist doch eine einzige Verhöhnung aller Polizisten in Deutschland. Denn was bedeutet die Forderung, die Bundeswehr im Inneren einsetzen zu wollen, eigentlich in seiner Kernaussage? Es bedeutet doch nichts anderes, als der Polizei die Fähigkeit abzusprechen -wenn es mal richtig rund geht- ihre Aufgaben zu erledigen. So nach dem Motto: geht mal beiseite, jetzt kommen die großen Jungs. Es ist doch schön zu sehen, wie die für diese Debatte Verantwortlichen und ihre Claqueure in diesem Land mit den Menschen umgeht, die Tag für Tag ihre Rübe hinhalten, um den Menschen in diesem Land zumindest ein wenig das Gefühl zu geben, dass sich jemand um die öffentliche Sicherheit kümmert.
Rational ist der Einsatz der Bundeswehr im Inneren gegen Terroristen, Amokläufer und Kriminelle schlicht nicht notwendig. Die Polizei kann das alles viel besser.
Da fragt man sich doch, wofür Politiker meinen, ein Militär im Inneneinsatz zu brauchen? "Politiker sind dumm", wann immer man das bei Äußerungen von Politikern denkt, muss man sich dahingehend korrigieren, zu sagen: "Politiker sind nicht dumm, sondern korrupt, hinterhältig, unaufrichtig...".
Also, wenn Politiker nicht dumm sind, dann ist ihnen klar, dass Militär nicht gegen Terroristen und Amokläufer im Inland hilft, (im Ausland hilft das Militär dagegen übrigens auch nicht). Also, wofür oder wogegen gedenken unsere Politiker das Militär im Inneren zu gebrauchen?
Dazu sollte man sich kurz überlegen, wozu Militär überhaupt gebraucht werden kann: bei Katastropheneinsätzen und gegen Menschenmassen. Zum Ausführen von Befehlen ohne viel Nachdenken, auch wenn der einzelne Soldat die Situation nicht überblickt. Im Vergleich zur Polizei kennt das Militär i.d.R. nur eine Strategie: den Gegner ausschalten.
Vermutlich sollten wir uns daran gewöhnen, in Zukunft zusehen zu müssen, wie Hausbesetzer, Demonstranten und Streikende vom Militär zusammengeschlagen und zusammengeschossen werden. Nur mal eine Vermutung.
@BRAMA
und was ist an den Orten, an denen es KEINE Bundeswehrstandorte gibt? Diese sind übrigens in der Mehrzahl.
Nein, diese ganze Diskussion dient nur dazu, die Bevölkerung zu gängeln und ruhig zu stellen.
Nach Abschaffung der Wehrpflicht sind auch fast nur noch Leute beim "Bund", die es gewohnt sind, Befehlen "von oben" zu folgen - nichts mehr mit Staatsbürger in Uniform.
Das war allerdings auch die treibende Absicht dahinter, eben eine Zombie-Armee.
MfG: M.B.
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