Lustig, lustig, traleralera!
Donnerstag, 6. Dezember 2012
Nikolaustag. Manchmal habe ich den Eindruck, seitdem man die Mentalität Südeuropas zum Auslöser der Krise auserkoren hat, ist so gut wie jeden Tag Nikolaustag. Keiner, an dem rauschige Bärte, cocacolarote Roben und fette Bäuche vorstellig werden. Einer, bei dem eine zeitgemäße Interpretation des Nikolo, frei von Runzeln, frei von altbackener Schwerfälligkeit, molestiert. Im Geschäftsanzug gerafft, schön glatt rasiert und gescheitelt, liest er nicht aus einem güldenen Buch Sünden heraus, sondern spricht leger aus dem Stehgreif. Das ist moderner. Und die müßiggängerische Eintagespräsenz per annum reicht auch nicht mehr in Zeiten, da Flexibilität und Erreichbarkeit Primärtugenden sind. Bald ist Nik'lausabend da, kann man mehrmals im Jahr singen. Und es ist nicht nur der Abend alleine für ihn reserviert. Er stapft in Talkshows, schreibt in Gazetten, ist immer als Nikolaus präsent, der keine Geschenke zu verteilen hat, wohl aber Vorwürfe, Vorurteile und den drohenden Finger.
... Nik'laus ist ein guter Mann ...
Neulich lauschte ich zwei Kollegen. Sie sprachen von einer Talkrunde am Vorabend. Zu Gast mehrere Leute aus der Politik und den Medien. Meinungsmacher eben. Einer bestätigte dem anderen, das dieser Nikolaus Blome doch eine recht gute Figur gemacht habe. Ich traute meinen Ohren kaum. Ausgerechnet dieser Mann, ausgerechnet der gegelte Blome. Letztlich darf das einen nicht verwundern. Blome ist omnipräsent. Wie sein Namensvetter aus der Legende scheint er alles zu sehen, zu hören, zu riechen, ist immer zur Stelle. Er hat nicht zu allem eine Meinung, aber zu seinem Lieblingsthema hat er die einzig richtige und gültige Meinung. Eine populistische, die nach fünf Pils noch nachvollziehbar und logisch klingt. Ein so beharrlicher Mensch, der ins Fernsehen drängt, um dort nochmal zu verlesen, was er zuvor in seine Zeitung schrieb, erntet irgendwann Anerkennung. Man verwechselt Beharrlichkeit manchmal mit Seriosität.
... Nik'laus legt gewiss was drauf ...
Das Thema, das ihn besonders beschäftigt, sind die Griechen. Es könnten auch die Spanier, Italiener und Portugiesen sein. Vielleicht sind die das Thema kommender Jahre. Ökonomische Fragen sind ihm dabei eher zweitrangig, Zusammenhänge egal. Die Krise des Euro ist für ihn ein Produkt völlig inakzeptabler Mentalitäten, wie man sie am Mittelmeer findet. Zur Korruption und Hang zur Hängematte, attestiert dieser Nikolaus den Südländern außerdem Undankbarkeit. Die Eurokrise hat für ihn keine ökonomischen Grundfeste, sondern ist rein ein Problem falscher Geisteshaltung und mediterraner Rückständigkeit. Erfüllen die Krisenstaaten die vorgegebenen Kriterien, so legt Nik'laus gewiss noch was drauf, fordert noch mehr deutsche Tugendhaftigkeit für Europa und die nachhaltige Kleinhaltung mediterranen Lebensgefühls.
Lasst uns froh und munter sein ...
Nikolaus platzt nicht nur in unser Wohnzimmer, um die bösen Kinder zu schelten. Er sagt, dass wir froh und munter sein sollen, denn die deutsche Mentalität hat alles richtig gemacht. Sie ist der Urgrund einer standfesten deutschen Wirtschaft. Weil dem Deutschen der Müßiggang üblicherweise fremd ist, lebten wir als paradiesische Insel inmitten der Agonie. Die Wirtschaft schwingt auf, die Menschen hätten Arbeit, die Kanzlerin hütet unsere Interessen und Nikolaus teilt uns mit, dass jetzt Glück programmiert ist, dass wir Dankbarkeit zeigen sollten dafür, mit so guter Mentalität ausgestattet zu sein. Natürlich belohnt ein richtiger Nikolaus auch die braven Kinder. Er lobt sie und sagt ihnen, dass man jetzt noch mehr Anstrengungen machen müsse, um das Vollbrachte weiterhin zu sichern. Blut, Schweiß, Tränen als Belohnung für Niedriglöhne, sinkende Einkommen und prekäre Arbeitsverhältnisse. Und gerade deshalb: Lasst uns froh und munter sein!
... Bald ist Nik'lausabend da ...
Der stellvertretende Chefredakteur der BILD-Zeitung ist ein Platzhirsch. Er hat es in den letzten Jahren geschafft, von einer breiten Öffentlichkeit als ein ehrlicher Makler angesehen zu werden. Immerhin vertritt er die behäbigen Ressentiments, die eben diese breite Öffentlichkeit teilt. Er wirkt mit seiner kühlen, glatten Art nicht wie ein Populist, sondern wie jemand, der sagt, was er sagt, um der Wahrheit zu ihrem Recht zu verhelfen. Er und sein Blatt brechen komplexe ökonomische Prozesse auf Mentalitätsfragen herunter. Diese Popularisierung der Krise ist zugleich eine Trivialisierung. Nikolaus Blome bedient den deutschen Chauvinismus und erntet Anerkennung. Und ein ihm an die Seite gestellter Knecht Ruprecht namens Augstein putzt seinen chauvinistischen Sendungsauftrag zu Seriosität heraus.
... Hast denn die Rute auch bei dir? ...
Jeder Zeitgeist erhält den Nikolaus, den er geistig vorbereitet. Das autoritäre Bürgertum kannte den cholerischen, den schlagenden Nikolaus, der nur Stichwortgeber des Ruprecht war. Die Aufbruchsgesellschaft nach dem letzten Weltkrieg kannte den gnädigen und verständigen und lobenden Nikolaus, der kurz vor dem Abendessen ohne Ruprecht zu Besuch kam. Und in chauvinistischen Zeiten, da die inneren Diskrepanzen im Lande dazu führen, nach Außen wie ein Hegemon aufzutreten, da trägt der Nikolaus keine Mitra, sondern Anzug; ist er nicht mit der Gelassenheit des Alters sondern mit jugendlicher Arroganz am Werk; ist er nicht großherzig sondern kühl und herablassend.
... Nik'laus ist ein guter Mann ...
Neulich lauschte ich zwei Kollegen. Sie sprachen von einer Talkrunde am Vorabend. Zu Gast mehrere Leute aus der Politik und den Medien. Meinungsmacher eben. Einer bestätigte dem anderen, das dieser Nikolaus Blome doch eine recht gute Figur gemacht habe. Ich traute meinen Ohren kaum. Ausgerechnet dieser Mann, ausgerechnet der gegelte Blome. Letztlich darf das einen nicht verwundern. Blome ist omnipräsent. Wie sein Namensvetter aus der Legende scheint er alles zu sehen, zu hören, zu riechen, ist immer zur Stelle. Er hat nicht zu allem eine Meinung, aber zu seinem Lieblingsthema hat er die einzig richtige und gültige Meinung. Eine populistische, die nach fünf Pils noch nachvollziehbar und logisch klingt. Ein so beharrlicher Mensch, der ins Fernsehen drängt, um dort nochmal zu verlesen, was er zuvor in seine Zeitung schrieb, erntet irgendwann Anerkennung. Man verwechselt Beharrlichkeit manchmal mit Seriosität.
... Nik'laus legt gewiss was drauf ...
Das Thema, das ihn besonders beschäftigt, sind die Griechen. Es könnten auch die Spanier, Italiener und Portugiesen sein. Vielleicht sind die das Thema kommender Jahre. Ökonomische Fragen sind ihm dabei eher zweitrangig, Zusammenhänge egal. Die Krise des Euro ist für ihn ein Produkt völlig inakzeptabler Mentalitäten, wie man sie am Mittelmeer findet. Zur Korruption und Hang zur Hängematte, attestiert dieser Nikolaus den Südländern außerdem Undankbarkeit. Die Eurokrise hat für ihn keine ökonomischen Grundfeste, sondern ist rein ein Problem falscher Geisteshaltung und mediterraner Rückständigkeit. Erfüllen die Krisenstaaten die vorgegebenen Kriterien, so legt Nik'laus gewiss noch was drauf, fordert noch mehr deutsche Tugendhaftigkeit für Europa und die nachhaltige Kleinhaltung mediterranen Lebensgefühls.
Lasst uns froh und munter sein ...
Nikolaus platzt nicht nur in unser Wohnzimmer, um die bösen Kinder zu schelten. Er sagt, dass wir froh und munter sein sollen, denn die deutsche Mentalität hat alles richtig gemacht. Sie ist der Urgrund einer standfesten deutschen Wirtschaft. Weil dem Deutschen der Müßiggang üblicherweise fremd ist, lebten wir als paradiesische Insel inmitten der Agonie. Die Wirtschaft schwingt auf, die Menschen hätten Arbeit, die Kanzlerin hütet unsere Interessen und Nikolaus teilt uns mit, dass jetzt Glück programmiert ist, dass wir Dankbarkeit zeigen sollten dafür, mit so guter Mentalität ausgestattet zu sein. Natürlich belohnt ein richtiger Nikolaus auch die braven Kinder. Er lobt sie und sagt ihnen, dass man jetzt noch mehr Anstrengungen machen müsse, um das Vollbrachte weiterhin zu sichern. Blut, Schweiß, Tränen als Belohnung für Niedriglöhne, sinkende Einkommen und prekäre Arbeitsverhältnisse. Und gerade deshalb: Lasst uns froh und munter sein!
... Bald ist Nik'lausabend da ...
Der stellvertretende Chefredakteur der BILD-Zeitung ist ein Platzhirsch. Er hat es in den letzten Jahren geschafft, von einer breiten Öffentlichkeit als ein ehrlicher Makler angesehen zu werden. Immerhin vertritt er die behäbigen Ressentiments, die eben diese breite Öffentlichkeit teilt. Er wirkt mit seiner kühlen, glatten Art nicht wie ein Populist, sondern wie jemand, der sagt, was er sagt, um der Wahrheit zu ihrem Recht zu verhelfen. Er und sein Blatt brechen komplexe ökonomische Prozesse auf Mentalitätsfragen herunter. Diese Popularisierung der Krise ist zugleich eine Trivialisierung. Nikolaus Blome bedient den deutschen Chauvinismus und erntet Anerkennung. Und ein ihm an die Seite gestellter Knecht Ruprecht namens Augstein putzt seinen chauvinistischen Sendungsauftrag zu Seriosität heraus.
... Hast denn die Rute auch bei dir? ...
Jeder Zeitgeist erhält den Nikolaus, den er geistig vorbereitet. Das autoritäre Bürgertum kannte den cholerischen, den schlagenden Nikolaus, der nur Stichwortgeber des Ruprecht war. Die Aufbruchsgesellschaft nach dem letzten Weltkrieg kannte den gnädigen und verständigen und lobenden Nikolaus, der kurz vor dem Abendessen ohne Ruprecht zu Besuch kam. Und in chauvinistischen Zeiten, da die inneren Diskrepanzen im Lande dazu führen, nach Außen wie ein Hegemon aufzutreten, da trägt der Nikolaus keine Mitra, sondern Anzug; ist er nicht mit der Gelassenheit des Alters sondern mit jugendlicher Arroganz am Werk; ist er nicht großherzig sondern kühl und herablassend.
8 Kommentare:
Blome ist gewiss ein übler Kerl. Schlimmer aber ist der 'im Zweifel Linke' Augstein, welcher glaubt, sich aus einer Mischung aus Eitelkeit und Dummheit heraus an einer solchen Sendung beteiligen zu müssen. Es ist wohl diese Angst, in seiner Bedeutung nicht genügend wahrgenommen zu werden, wie man sie auch bei seinem leiblichen Vater in oft peinlicher Weise erleben kann. Wie meinte mal ein Kabarettist: Überschätzte Personen der Weltgeschichte...
"Eine populistische, die nach fünf Pils noch nachvollziehbar und logisch klingt."
Müßte es nicht heißen "die nach fünf Pils erst anfängt, nachvollziehbar und logisch zu klingen"?
Schön geschrieben, Roberto, danke. Mein schönstes Nikolausgeschenk heute :)
@anonym 6. Dezember 2012 10:49:
Chapeau!
Denn genau mit dieser Bierlogik
sind diese Nikoblomen unterwegs.
Wie schon ein gebildeter englischer
Europareisender im 18. Jhdt. beschrieb (leider ist mir sein Name entfallen, dreadfull sorry!):
>Die Deutschen sind plump und versoffen.<
Wobei der Grad der Alkoholisierung vom Geldbeutel abhängt: Billigbier und Champagner haben im Prinzip die gleiche unselige Wirkung auf die Fähigkeit,sich seines eigenen Verstandes ohne Anleitung Dritter zu bedienen.
Ich bin in diesem Land, Deutschland, geboren. Ich kann nichts dafür. Und wenn ich in Polen, Malawi oder Neuseeland geboren worden wäre, könnte ich ebenfalls nichts dafür. Es besteht also kein Grund, darauf stolz zu sein, dass ich Deutscher bin. Für mich jedenfalls kein erkennbarer Grund. Aber es gibt jede Menge Anlass, sich für andere Deutsche fremd zu schämen, meiner bescheidenen Ansicht nach.
Das "Volk der Dichter und Denker" lässt sich verblöden von einer Horde von Mietmäulern, von Banditen und Halunken. Das mag anderenorts genau so sein, aber gemessen an der Arroganz, die die meisten Deutschen vor sich hertragen, ist das ein Armutszeugnis. Ein Armutszeugnis dafür, dass man sich von interessengelenkten Horden von Boulevardschreiberlingen eine heile Welt vorgaukeln lässt, die abgrundtief verdorben, moralisch verrottet und propagandistisch verfälscht ist.
Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen wie unfassbar tief mich dieses Land ankotzt, die grenzenlose Selbstgefälligkeit der politischen Klasse, die unglaubliche Scheinheiligkeit und Heuchelei ihrer Repräsentanten und das Ergebnis von 50 Jahren Verblödungsindustrie in der jetzigen Gesellschaft. Purer Sozialdarwinismus auf Kosten von Nichtprivilegierten, Ausgegrenzten und Benachteiligten erzeugt von Politikern und Medienpropagandisten, die als Konzernvasallen an Marionettenfäden zappeln.
Und immer wieder die gleichen Hackfressen in den Medien, die ihren braunen Dreck so lange breit treten dürfen, bis auch der letzte Idiot die Botschaft verstanden hat.
Ich möchte mich am liebsten mit meiner Motörhead-Sammlung und einem Hektoliter Ardbeg auf meine Hallig verkriechen und jeden versenken, dessen Mast ich am Horizont sehe...
Anton Chigurh
"Müßte es nicht heißen "die nach fünf Pils erst anfängt, nachvollziehbar und logisch zu klingen"?"
Nee, ich meinte das so, wie ich es schrieb.
Lieber R. D. L.,
Sie haben sowas von Recht!
Diese Verstandesverweigerer
brauchen nicht einmal besoffen zu
sein, um solchen Schicht(en)käse für bare Münze zu nehmen.
Aber so einen DIN-Norm-Michel/Nickl
machen ja auch nicht substanzgebundene Reizauslöser zum Zerebralzombie:
Brot und Spiele-Events,
Privatfernsehkicks und wahrscheinlich sein eigener Schweissgeruch, abgesondert im
Job-/ Existenzhamsterrad.
Ich muss gerade an die Putze in der
Maischberger contra Boes-Sendung denken: entweder war die eine gut eingeachste Quotenverbesserungstante oder wirklich so blau-/braunäugig wie sie sich präsentierte.
Mit oder ohne Alk oder Alkaloide:
die sind immer high – Kant himself
könnte denen nicht mehr raushelfen!
Blome und andere nutzen aus, dass die Welt auch innerhalb Europas schon sehr komplex ist, die Leute jedoch gerne einfache Lösungen präsentiert bekommen. Sie haben das im Angebot, was die Mehrheit sich wünscht: Einfache Lösungen, eindeutige Schuldzuweisungen. Lösungen, die man mit und ohne Bier in wenigen Minuten nachvollziehen kann (d.h. <10 Minuten).
Das Thema mit den Ländern in Südeuropa und deren Wirtschaft lässt sich nicht in einer Nachrichtensendung wie heute in 15 Minuten an den Mann bringen. Mir hat hier eine 45(!)minütige Debatte mit Heiner Flassbeck das notwendige Hintergrundwissen gebracht. So etwas lässt sich in der BILD nicht vermitteln, nicht in heute und auch nicht auf N-TV in deren News.
Die Frage ist aber: Will der einfache deutsche Michel die einfache oder die wahre Lösung. Ich glaube der Michel will eben die einfache...
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