Hessens Konservative haben 'nen Schatten

Montag, 17. Dezember 2012

Komm aus Deiner linken Ecke, ruft ein Werbeplakat der hessischen Konservativen dem Betrachter zu. Wir sehen eine gelockte Frau, sie trägt grüne Boxhandschuhe, sie will denen, die aus der linken Ecke kommen, scheinbar eine verpassen. Die Handschuhe mögen grün sein, weil das zum Blümchen passt oder aber einfach nur, weil man damit verdeutlichen will, dass die hessischen Christdemokraten ökologisch aufgestellt sind. Wie McDonalds, das nun auch häufig mit grün unterlegtem Logo wirbt, unterfüttert sich das Schwarze grünlich. Der grüne Daumen ist hier zu einem Paar grüne Fäuste mutiert. Sie warten auf die, die aus der linken Ecke kommen. Dialog ist nicht geplant, Hiebe vermutlich schon. Wer aus der linken Ecke kommt, darf keine Gnade erwarten. Aufgetischt wird zudem, dass die in der linken Ecke feige sind, denn man muss sie herausfordern, in den Ring bitten. Von alleine kommen sie ja nicht heraus.


Deutlicher wird eine ausführlichere Variante des Plakates. Hier ist das ökologische Faible kein Thema mehr. Es geht nämlich um viel mehr als darum, den Wähler mit Ökologie zu neppen. Jetzt gibt es zwei Zusätze, die dem McCarthyismus alle Ehre machen. Verantwortung statt linke Politik heißt es da. Linke Politik ist also verantwortungslos, sie ist unbesonnen und damit gefährlich, will man implizieren. Und man leitet standesgemäß ein, schreibt: In Hessen aktueller denn je. Hier wird das große Märchen der Konservativen aufbereitet, nämlich jenes, wonach wir aktuell im linken Zeitgeist leben, sozialistische Ideen im Aufwind seien, die Marktwirtschaft am linken Lebensgefühl erstickt. Das sei ein Problem, das gerade in Hessen aktueller denn je sei. Man kürt einen linken Zeitgeist zum Kontrahenten, gegen den es sich zu wehren gilt. Notfalls mit Boxhieben. Einen Gegner, den es so nicht gibt, der nur als Nische existiert und der sicherlich nicht mal ansatzweise so gefährlich ist, wie die konservativen Konzepte. Es ist eine Meisterleistung an Verschlagenheit, sich einen Feind zu erfinden, um als wackerer Boxchampion aus dem Ring klettern zu können.

Vielleicht verrät das Plakat aber mehr als es will. Die hessischen Konservativen fordern die politische Linke mit einer schmächtigen Frau heraus. Sie wirkt nicht besonders angsteinflössend, nicht sehr kraftvoll. Der Landesverband hat auf höchster Ebene einige Exemplare Mann, die einen mächtigen Gegner, den es aktueller denn je zu besiegen gilt, besser versohlen könnten. Man unterschätze hier nicht die Sprache des Unterbewussten. Man schickt eine nicht sehr robuste Frau in den Ring, eine, die sogar jetzt noch geschminkt ist. Man glaubt wohl, eine solche Verteidigerin des Landes vor den Typen aus der linken Ecke, reiche vollkommen aus. Warum einen bulligen Mordskerl vergeuden? Die plakative Gefahr von links wird demnach kraft des Layouts aufgehoben. Der fiese Kontrahent ist somit doch nicht das große Thema, es ist so nichtig, dass weibliche Fäuste genügen, ihn in die Seile gehen zu lassen.

Es sind Schattenboxereien, die die hessischen Konservativen da zu einem Plakat ausgearbeitet haben. Inhaltlich leer, was den Zustand der Partei karikiert. Es handelt sich um einen Rückgriff auf traditionell konservative Wahlslogans: Kommunismus oder Freiheit war einst, heute heißt es Verantwortung statt linke Politik. Damals gab es tatsächlich einen Gegenspieler - heute leider nicht. Es täte dieser Demokratie und dem Gemeinwohl gut, wenn der linke Gegenspieler mehr Einfluss hätte, wenn der Zeitgeist zuweilen auch nach links tendierte. Beides trifft nicht zu, nur in der Gedankenwelt der Konservativen, wo sie sich mittels Aufbau eines Gegners aufwerten wollen. Sie boxen gegen Schattenwesen. Sie haben 'nen Schatten - als Gegner.



10 Kommentare:

Anonym 17. Dezember 2012 um 08:58  

Vielleicht sollte man darauf hinweisen, dass das Plakat bereits 37 Jahre auf dem Buckel hat.

Hartmut 17. Dezember 2012 um 10:32  

Wenn ich nicht so eine hohe Achtung vor den sog. "Primitiven Völkern" hätte, würde ich zu den Konservativen im Hesseland sagen, primitiver gehts nimmer.....

Aus der Mottenkiste der 50-60er Jahre aufgepeppte, billigste, das Unbewußte kitzelnde Propagandamaterial, womit sie den tumben Michel vera...... wollen.

Wie immer eine gute Analyse.

Ergänzen möchte ich noch: Sprache wirkt mehr auf das Bewußtsein - Bilder hingegen mehr auf das Unbewußte. Daher die Erkenntnis: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte..... :-)


Anonym 17. Dezember 2012 um 11:34  

....Schimmel und Grünspan sind auch grün....

Blackout 17. Dezember 2012 um 13:29  

Es folgt ein schwarzes Plakat mit weißer Schrift

In Deutschland aktueller den je...

...komm aus Deinem konservativen Blackout: komm aus Deiner geistig moralischen Umnachtung


Ein "schwarzes Loch" und weiße Sterne sind auf dem Plakat zu sehen ;-)

Schorschel 17. Dezember 2012 um 20:48  

Meiner Meinung nach ist diese Plakatwerbung ein Eigentor der CDU. Mein Gedanke nach der Betrachtung dieses Bildes: Kommst du aus deiner linken Ecke, gibt es ein paar auf die Fresse.
Ergo: Jeder sollte in seiner linken Ecke bleiben und NICHT CDU wählen. Denn sonst gibt's eine auf die Fresse.

Frau Lehmann 17. Dezember 2012 um 23:17  

Statt eines groben Muskelprotzes eine junge hübsche Frau zu "positionieren" soll doch wohl assoziieren, dass die CDU "modern" sei- starke Frauen braucht das Land - da werden keine konservativen Rollen bemüht von einer konservativen Partei, die ihre konservativen Einstellungen damit verdeckt. Außerdem soll der "Feind" wohl als hinterlistiger Feigling erscheinen, wenn er sich angesichts solch einer "schwachen" Frau trotzdem nicht aus seiner Deckung wagt.
Aber dennoch, nicht wesentlich gescheiter als die "Rote-Socken-Kampagne" der FDP kurz nach der Wende, aber erschreckend, dass es in diesem Land wieder (oder immer noch?) ein glasklares politisches Feindbild zu geben scheint. Nachtigall, ick hör dir trapsen...

Garfield 18. Dezember 2012 um 05:56  

@Schorschel

geschmacklich kann man vom Plakat halten was man will, aber ein Eigentor ist das MMN nicht, im Gegenteil:

die Marketing-Abteilung der CDU hat wohl begriffen, was die SPD offenbar nicht hat - daß der Versuch beim Gegner zu landen nur nach hinten losgeht, und man sich besser die eigenen Leute sichert...

so ist das Plakat wohl eh nicht an Linke gerichtet, und im Vergleich zum In-die-Mitte-Rücken oder der Steinbrück-Nominierung der SPD immer noch der taktisch klügere Zug.

Anonym 18. Dezember 2012 um 14:57  

Was man auch noch dedenken sollte: Wahlentscheidend sind die Frauen! Bei ihnen gilt es, sich einzuschleimen unter dem Motto: Mit Deiner Power gegen links. Dass dabei zugleich alles untergebuttert wird, vergessen gemacht werden soll, wofür gerade die HesseCDU steht, steht auf einem anderen Blatt: Für Betreuuungsgeld und damit Herdprämie, für powerige "Weiblichkeit" im trauten Heim - beste Protagonistin die von Herrn Koch nach Bonn gesandte Familienministerin Schröder, die zwar nicht als Herdprämierte arbeitet, aber als Plakatfrau nicht weniger geeignet wäre, schlägt sie doch des öfteren gnadenlos zu, im Sinne der CDU.

Meint
ANMERKER

Madner Kami 20. Dezember 2012 um 07:35  

@ Schorschel 17. Dezember 2012 20:48

Dachte ich mir auch so. Erfüllt dieses Plakat nicht schon den Straftatsbestand der Nötigung? "Komm aus deiner linken Ecke, sonst gibts Prügel"? oder "Komm aus deiner linken Ecke und du bekommst Prügel"?

Anonym 20. Dezember 2012 um 10:48  

Die Botschaft, die transportiert wird, ist vor allem negativ.
Die unverantwortlichen Linken soll man nicht wählen. Einen Grund, warum ich CDU wählen sollte findet sich da nicht.
Eine nicht grade sehr ansprechende Werbung

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