Ermordete Kinder

Samstag, 15. Dezember 2012

Zwanzig durch Schusswaffe ermordete Kinder sind eine Tragödie. Es fällt schwer, sich tote Kinderleiber vorzustellen. Es scheint so unwirklich. Trost mag es für die Eltern keinen geben. Und ob sie das Trauma aus diesem Verlust je überwinden können, scheint doch sehr fraglich. Verdrängen vielleicht. Auch das wäre dann schon ein modus vivendi.

Dass man sachlich darüber berichtet wäre der journalistische Idealfall. Leider geschieht das gerade nicht. Die üblichen Medien des Boulevard überströmen ihre Leser und Zuseher mit Seelenkitsch, lassen sie ihn Tränenmeere ertrinken. Selbst sich selbst seriös schimpfende Vertreter der journalistischen Zunft sind nun larmoyant, neigen zur Rührseligkeit und betonen die Unfassbarkeit, dass da so viele Kinder aus ihrem Leben und Lachen gerissen wurden. Und alle, ausnahmslos alle, widmen sich des heulenden US-Präsidenten.

In einem solchen Augenblick mag es kleinkariert und vielleicht auch pietätlos sein, dergleichen Rührseligkeit zu kritisieren. Schlimmer noch, wenn man Vergleiche zieht. Aber um den Hype in Relation zu setzen, wieder klar zu sehen, ist eine solche Kritik notwendig.

18.000 Kinder sterben täglich an Hunger. Zum besseren Verständnis: Bevor man endgültig verhungert ist, litt man an Sichtproblemen, erblindete, war apathisch und wachstumsgehemmt, elementarste Körperfunktionen konnten nicht ausgeführt werden. 30.000 Kinder sterben pro Tag insgesamt an vermeidbaren oder behandelbaren Krankheiten. Zwar sind unter den Opfern auch Kinder, die als Hungertote zählen, aber nicht alle sind auf Mangelernährung zurückzuführen. Über die kindlichen Opfer pro Tag in Kriegsgebieten finden sich kaum Zahlen. Sie dürften allerdings nicht unwesentlich sein.

"Die Weltlandwirtschaft könnte problemlos 12 Milliarden Menschen ernähren. Das heißt, ein Kind, das heute an Hunger stirbt, wírd ermordet", sagte Jean Ziegler vor etlichen Jahren. Kinder, die an heilbaren Krankheiten sterben, unbeachtet von den Pharmakonzernen, die die benötigten Medikamente herstellen, werden auch ermordet. Kindliche Kriegsopfer sowieso.

Sind achtzehntauend durch Hunger ermordete Kinder weniger Tragödie? Machen wir uns ein Bild über die Berge toter Kinderleiber? Kümmern uns die Eltern, die zu ausgehungert sind, um überhaupt zu trauern? Zu ausgehungert, um überhaupt ein Trauma zu entwickeln, für das sie erst die Energie hätten, wenn sie regelmäßig satt würden?

Welcher Präsident weint um diese Kinder? Welche Presse berichtet davon mit derselben skandalös-melodiösen Tonlage wie in diesem aktuellen Fall? Haben wir unseren modus vivendi mit den durch Hunger ermordeten Kindern schon gefunden? Ist es unser Modus, sie einfach zu vergessen und sie einmal jährlich mit pseudoethischen Habitus und ritueller Selbstverständlichkeit, meist zur Adventszeit, per Ablaßspendenschein abzuspeisen?

Heute Abend soll Jörg Pilawa die Springer-Spendensendung Ein Herz für Kinder leiten. Die schwerste Sendung seines Lebens, nennt er sie nun nach dieser Tragödie. Und die Tragödie die sich täglich abspielt? Kann er in ihrem Angesicht unbeschwert durchmoderieren? Oder steht sie ihm nicht im Angesicht, weil er wie alle nicht zu viel darüber wíssen möchte? Haben wir uns so sehr daran gewöhnt, dass des wohl in fernen Weiten Hungertote gibt? Mit achtzehntausend toten schwarzen und asiatischen Kindern lebt man wohl besser, als mit zwanzig Kindern aus unserer westlichen Mitte?

Die zwanzig Kinder sind ein Desaster. Man kann es nicht oft genug erwähnen. Aber spricht aus dem Umgang mit diesem Fall nicht auch eurozentristischer Dünkel? Ist es nicht auch gewissermaßen ein rassistischer Einstieg in diese Thematik? Was ist diese westliche Gesellschaft doch verlogen.



25 Kommentare:

der Herr Karl 15. Dezember 2012 um 13:01  

"Sind achtzehntauend durch Hunger ermordete Kinder weniger Tragödie?"

"Welcher Präsident weint um diese Kinder?"

Als ich den Präsidenten im Radio hörte, dachte ich spontan an getötete Kinder in Afghanistan und Pakistan - durch amerikanische Drohnen...

ad sinistram 15. Dezember 2012 um 13:03  

@ Herr Karl:

Das wollte ich gar nicht schreiben, sonst heißt es gleich: Mensch, sind Sie polemisch. Aber wie ich gestern schrieb: Nicht ich bin es... die Welt ist es.

The Personalist 15. Dezember 2012 um 13:10  

Es ist weder pietätlos noch kleinkariert. Es ist - und das ist das (andere) Traurige - die richtige Zeit, genau jenes zu kritisieren, was unserer Ignoranz zum Opfer fällt: Kindertode auf der ganzen Welt.
Betroffenheit wäre pure Heuchelei. Ich kenne diese amerikanischen Kinder sowenig wie afghanische oder afrikanische. Nur gut, dass unsere Aufmerksamkeitsspanne nur wenige Tage anhält.
Aber genug des Zynismus: Wenn ich mich damit beschäftige, weiß ich, dass ich - wie jeder andere - echtes Mitgefühl empfinden kann. Deswegen: Gut, auch an die anderen Kinder zu erinnern. Gerade jetzt!

Richard 15. Dezember 2012 um 14:14  

Natürlich gibt es eine ganz unterschiedliche "Qualität" bei Opfern.
Die verhungernden und getöteten Kinder irgendwelcher Drittweltländern kann man nicht mit amerikanischen gleichsetzen.
Seid bloss froh, dass keine Deutschen darunter waren!
Und die schauspielerische Leistung des Präsidenten samt Krokodilstränen war wirklich arg mittelmäßig...

Anonym 15. Dezember 2012 um 16:18  

Nicht zu vergessen die getöteten kinder von Gaza-Stadt

Hartmut 15. Dezember 2012 um 16:22  

Dein Artikel ist mir an die Nieren gegangen. Genau so denke ich auch darüber. Vielleicht daher.

In vielen Diskussionen und Auseinandersetzungen mit diesem traurigen Thema habe ich so ähnlich immer versucht zu argumentieren. - Nach spätestens 5 Sätzen stieß ich regelmäßig auf "taube Ohren"....

Ich habs aufgegeben.....

Daher einen großen Dank für diesen Artikel !

Anonym 15. Dezember 2012 um 17:17  

Genau meine Meinung! Danke

Anonym 15. Dezember 2012 um 18:16  

Was mir fehlt ist bei allen mainstreammedialen (Krokodils)tränen der Blick hinter die Kulissen der USGesellschaft: Ist dies nicht eine im Kern mörderische Gesllschaft, eine Gesellschaft, die ihr Recht auf Waffenbesitz verteidigt und stolz darauf ist? Ist der neurliche Amoklauf nicht die gegebene Folge solchen Waffenbesitzes, eine Folge, mit der wir immer wieder konfrontiert werden? Nichts geschieht in diesem durchgegunten Land, um der Waffenlobby die Stirn zu bieten. Man will ja gewählt werden! Ist man dann wiedergewählt, hätte also die Möglichkeit etwas zu tun, wird doch nichts getan, stattdessen sympathy geheuchelt und geht über zur mörderischen Tagesordnung - same procedure as every year!
Mir vergeht da das Mitleid...

Meint:
ANMERKER

ulli 15. Dezember 2012 um 18:17  

Man sollte mal darüber nachdenken, was diese vielen amoklaufenden Kinder eigentlich über die heutige westliche Zivilisation aussagen! (Dieser Täter war zwar schon 20 Jahre alt, hat aber offenbar als Kind seiner Eltern gehandelt.)

Frau Lehmann 15. Dezember 2012 um 18:32  

Ja, unsere westliche Welt ist verlogen und mit dem Leid anderer werden Geschäfte gemacht, auch und gerade mit dem Mittel der Emotionalisierung. Nur die wahren Ursachen, nicht die solcher Amokläufe, nicht die des Hungerns, werden nicht thematisiert werden.

Danke für den Artikel.

Kleiner Hinweis: In diesem Satz stimmt was nicht: "Die üblichen Medien des Boulevard überströmen ihre Leser und Zuseher mit Seelenkitsch, lassen sie ihn Tränenmeere ertrinken".
Müsste es nicht heißen: im Tränenmeere?

Anonym 15. Dezember 2012 um 23:28  

Naja, man hat sich gewöhnt an hungernde Kinder, an unschuldige Kriegsopfer. Man kann es nicht ändern, sowas passiert, aber man tut es ja nicht absichtlich. In Afrika sterben Kinder am Hunger, nicht weil wir zu viel fressen, sondern weil korrupten Politikern, Diktatoren ihr Volk egal ist. Deshalb schicken wir Drohnen, kämpfen für Demokratie, bei denen auch Unschuldige sterben. Wir sind die Guten.

Das ist alles nicht ganz ernst gemeint, aber so basteln sich viele die Welt zurecht. Was ist so schockierend an derartigen Taten, was es Präsidenten zu tränen rührt, während gerade seine Drohnen in Pakistan bei viel schlimmeren Massakern nicht zu diesen Gefühlsregungen führten? Weil diese Gewalt aus unserer Mitte kommt, weil wir dafür keine Ausrede haben, keinen, den wir vor Gericht zerren könnten, keinen, den wir den Krieg erklären könnten, ja noch nicht einmal härtere Strafen nützen hier etwas. Wir stehen fassungslos und hilflos dem gegenüber.

Vielleicht bilden wir uns ein, dass in einer so fortgeschrittenen Zivilisation wie der unseren sowas nicht passieren dürfte, dass verhungernde Kinder in Afrika deshalb normal sind, weil sie nicht unseren Stand des Fortschritts erreicht haben, und deshalb kommen wir damit eher zurecht, aber das kann man nicht schon Rassismus nennen. Nein, da bin ich mir sicher, Rassismus ist das nicht.

ad sinistram 16. Dezember 2012 um 00:02  

Ich bin mir sicher: Es ist Rassismus. Es sind halt nur Schwarze, nur Asiaten. Zum Thema "unschuldige Opfer" habe ich Anfang der Woche etwas hier geschrieben bzw. gestern im Neuen Deutschland.

Garfield 16. Dezember 2012 um 04:21  

Ich denke es geht da weniger um Rassismus, ist wohl eher ne zynische aber logische Verkettung der heutigen Medienwelt.
Die Kinder verhungern halt still und heimlich, und werden erst als Teil z.B. einer weihnachtlichen Spendengala relevant.
Haben sie's erst mal so weit geschafft, ist Asien/Afrika aber auch viel näher als die Obdachlosen, die vor der eigenen Haustür erfrieren.

Die Medien spielen dem Präsidenten den Ball zu, der muß den Pass dann nehmen, gewollt oder nicht.
Wie er den Pass nimmt ist natürlich ne andere Sache, und das hatte schon besondere Qualität...

war das echt der gleiche Mann, der sich noch heute dafür feiern läßt, den "Staatsfeind Nr.1" - statt vor ein Gericht zu bringen - einfach vor seinen Kindern abknallen zu lassen?
Aber mußte wohl sein (vor der Familie), hätte ja sonst was von ner Hinrichtung gehabt LOL.

zum Rassismus - da das Thema selbst ein Aufhänger ist, kanns auch umgekehrt laufen.
Der Tod dieses schwarzen Jugendlichen in Florida war z.B. vermeintlicher Fall von Rassismus. Sonst hätte dieser eine/zig Tsd Morden auch nicht Obama samt Pathos auf den Plan gerufen, und es v.A. auch nicht in unsere Medien geschafft.
Als rauskam, daß die rassist. Motivation v.A. in NBC's Schneideraum "rausgearbeitet" wurde, war's hier schon keine Meldung mehr wert, und in den USA schon fast ein Rassenkrieg in Gang.

Anonym 16. Dezember 2012 um 10:41  

Das ist alles richtig, was Du schreibst, Roberto.

Ich habe vor Monaten meinen Job bei einem großen Investor gekündigt, nachdem ich erfahren hatte, dass dieser massiv in die Spekulation mit Lebensmitteln eingestiegen ist. Für mich ist das kein Geschäft, sondern Massenmord an verhungernden Menschen in der 3. Welt, ich kann so etwas mit meinem christlichen Glauben nicht vereinbaren, auch wenn ich in einem ganz anderen Bereich tätig war. Für eine solche Firma stelle ich meine Arbeitskraft nicht zur Verfügung, das wäre der Pakt mit dem Teufel gewesen.

Der Voyeurismus der westlichen Medien widert mich an. Alles wird nun an die Öffentlichkeit gezerrt und meiner Meinung nach produziert man damit weitere Amok-Läufer. Ich glaube, dass es sich um Menschen handelt, die mit ihrer Tat "berühmt" und endlich mal beachtet werden wollen. Und diese Beachtung bekommen sie ja von den Medien im Überfluss. Glückwunsch, was für ein Wahnsinn.

Es sollte verboten werden, über Amok-Läufe zu berichten, ich bin mir sicher, dass das einen Großteil verhindern würde. Einfach totschweigen und den Trottel, der das Ganze auf Youtube einstellt, verknacken, dann überlegen sich das die Spanner vielleicht in Zukunft. Mit "Pressefreiheit" hat das Ganze nichts zu tun, es ist Voyeurismus, sonst nichts.

Anonym 16. Dezember 2012 um 12:50  

@ ANMERKER

So tragisch und so fürchterlich das Schicksal der nun betroffenen Familien jetzt im Einzelnen auch ist: das Problem ist definitiv hausgemacht. Dass eine erschossene Fünfjährige nicht Schuld sein kann am "Amerikanischen Waffenproblem" ist klar - aber spätestens zehn Jahre später hätte dieses Mädchen teilgenommen am waffengeilen Lifestyle, der so traditional bei denen ist wie bei uns das Phänomen "Schützenfest".
Ich selbst war Zeuge, wie ein 16-jähriger Spacken, neben mir in einem Pawn Shop in Tucson, AZ stehend, eine 44er Magnum kaufte, indem er seinen Führerschein zeigte und ein Formular ausfüllte. Dann spazierte er mit der Wumme raus aus dem Laden. Er hat das Recht dazu und er nutzte dieses Recht. Aber so wie dieser Typ aussah, hätte ein verantwortungsvoller Geschäftsmann ihm nicht einmal ein Plastikmesser verkaufen dürfen.
Solange aber so etwas funktioniert, wird es weiterhin solche Horrormeldungen wie aus Newtown, Mass. - aus dem "Land Of The Free" geben !
Anton Chigurh

Schorschel 16. Dezember 2012 um 13:18  

Was mir auch auffiel bei der Berichterstattung: Er war ein autistischer junger Sohn einer alleinerziehenden Mutter wurde hier als Begründung für die Tat angegeben. Das kommt mir sehr schwarz-weiß vor. Autismus hat NICHTS mit Gewalt zu tun und auch eine alleinerziehende Mutter ist kein Grund für Gewalt. Das sind Erklärungen, die meiner Meinung nach das Motiv nicht erklären, sondern eher verschleiern. Was also hat den jungen Mann tatsächlich angetrieben? Werden wir das je erfahren?

Hartmut 16. Dezember 2012 um 14:18  

Was Schorschel über AUTISMUS schreibt, kann ich nur bestätigen. Eher das Gegenteil dürfte zutreffen, Autisten sind i.d.R. hochsensible und friedliebende Menschen.

Quelle:
Ich sehe die Welt wie ein frohes Tier - Eine Autistin entdeckt die Sprache der Tiere - Temple Grandin

Aus diesem Buch habe ich viel über Autismus erfahren.

Anonym 16. Dezember 2012 um 16:34  

Ich habe sofort an Ziegler gedacht als ich das Medienevent zum Massaker sah. Kinder werden jeden Tag ermordet. Es ist für uns feinen Leute hier aber nicht interessant. Hat Frau Merkel schon mal die Solidarität mit den Eltern verhungerter Kinder ausgesprochen??

Bono Beau 16. Dezember 2012 um 18:38  

Die Medienwelt ist halt boulevardisert - im Grunde ist ein Amolklauf in Amerika gar keine Nachricht. Es ist einfach ein Ereignis ohne erklärenden Wert. 18000 hungertote Kinder sind eine Nachricht. Drum kommt sie in der Medienwelt nicht vor.

Wolfgang Buck 16. Dezember 2012 um 21:45  

Was ich mir von einem Präsidenten (der ohnehin nach seiner zweiten Amtszeit nicht wiedergewählt werden kann..und nebenbei Friedensnobelpreisträger ist) erwartet hätte wäre ungefähr folgende Trauerrede gewesen:

"...Zulange haben wir zugesehen wie die Waffenlobby Million um Million in die Schatullen der Politiker in Washington DC schaufelt. Zu lange haben wir zugesehen wie eben diese Firmen Milliardengeschäfte mit dem Tod in unserem Land machen. Ich kann Euch Eure Kinder nicht zurück bringen aber ich werde Euch versprechen ab sofort der Verantwortung meines Amtes gerecht zu werden. Ich verspreche Euch, dass in Zukunft keine Kinder mehr durch automatische Waffen bedroht werden. Der Täter hat eine schwere Schuld auf sich geladen. Nicht minder schwer lastet die Schuld aber auch auf jenen die solche Waffen verkaufen und auf jenen die das alles erlauben. Ich nehme meinen Teil der Schuld auf mich und verspreche hier und heute auch meiner Verantwortung gerecht zu werden. Das ist das mindeste was ich für Euch in Eurer Trauer tun kann."


Ich träum dann mal weiter :(

Anonym 17. Dezember 2012 um 01:45  

Wieder mal ein hervorragender, scharfsinniger Artikel. Den Kommentaren zum Thema Autismus kann ich mich nur anschließen. Die Berichterstattung in dieser Hinsicht ist irreführend und skandalös. Nicht auszuschließen, dass der junge Mann Autist war, aber Autisten sind weder gewaltbereiter noch gefühlsärmer als andere Menschen. Sie haben lediglich ein vergleichsweise schwach ausgeprägtes intuitives Verständnis sozialer Signale. Ihr Sozialverhalten wird daher stärker als das der meisten anderen Menschen vom Intellekt gesteuert. Was dazu führt, dass sie einerseits oft "hölzern", unsicher und wenig spontan wirken (gerade in "unregelten" Situationen), andererseits aber oft deutlich reflektierter, logischer und weniger parteiisch sind.

Aber für Medien und Politik ist es eben bequem, Amokläufe mit psychiatrischen Diagnosen zu erklären. Erspart die Suche nach tieferen sozialen Ursachen. Hier ein interessanter Beitrag dazu: http://neoprene.blogsport.de/2009/03/17/freerk-huisken-zum-amoklauf-in-winnenden/

flavo 17. Dezember 2012 um 09:21  

Rätsel über das warum? Der letzte Mensch blinzelt nach dem Stellen dieser Frage in Massenform. Ein Massenblinzeln.
Es paßt geradezu perfekt in die Weihnachtszeit. Der Besetzung des emotionalen Sensoriums mit Kitschgefühlen bekommt hier noch einmal eine wuchtige Unterspülung. Das Übel der Welt ist grausam, es bricht herein in die heilsame Welt der Tüchtigkeit und Frohhoffnung, in die förmigen Konturen einer allerbestens harmonischen Weltenordnung, aber sehet der Retter ward geboren und spendet uns das ewige Heil. Die Masse blinzelt hinauf auf die Weltenlenker und Weltenkommunikatoren, gebannt durch den tiefen Schlag der Grausamkeit einer nichtverdrängten und frei und voll ausgelebten Aggression eines jungen Mannes. Es gibt keinen zulässigen Grund dafür. Es gibt keine Sprache dafür. Nur ein güldenes Warum, das wie ein Siegel alle Antworten verschließt. Man muß es nicht verstehen. Man darf behäbig weiter leben in dieser vorweihnachtlichen abwechslungsreichen emotionalen Dichte. Allseits Berichte über die vielleicht geahnte befreite Aggressionswucht. Lösendes Abdrücken superpotenter Feuerwaffen wie wild, ausatmendes aggressionexpressives ahhhh, erscheint opak kodiert am Horizont des Sinnes. Und verschlossen. Geahnt wird nur das Opake. Die Sprache fehlt und erzeugt massenhaftes Vorbeireden. Und Blinzeln bei jenen, die nicht reden, sondern zuhören. Das Showformat taugt für alles. Für ein Wettspiel, für eine Gesprächsrunde oder für eine Trauerstunde. Der Präsident spult eine selten aufgemachte Schublade seiner Schockprogramme herunter. Beschwört das Warum, den Bann der Grundlosigkeit. In dieser Welt gibt es keinen Grund für diese Tat. Dies ist doch das Wort der Stunde. Der Zweifler kann sich an Gewißheit halten, es fehlt der Grund für diese Tat. Es ist schon alles gut, man versteht es halt nicht gleich. Aber man kann sich darauf verlassen.
Der Kirchgänger hat indes eine Gelegenheit für einen besonders innigen Kniefall, für ein festeres zusammendrücken der gefalteten Hände und ein extatischeres Anflehen des Herrn in dieser Adventenzeit. Das warme Zusammenrücken in diesem Jammertal der Not und Grausamkeit, die Ermunterung zum Gutsein in Gottes Namen, zum Blindsein und Beweihräuchern der Ordnungen dieser Welt. Der kirchgängerische Pöpel im Rockzipfel der gebenedeiten Mäntelherren und ihrer verwöhnten Blondschöpfe bekommt eine Lektion im Nichtfragen und der Antwortenentsagung. Schweig und verlange keine Antwort! Spende zur Not. Stattdessen sind die Kinder zu beschützen, die pervers in Werbung, Film, Krieg, Arbeit und religiöser Abrichtung missbrauchten Kinder sind zu beschützen. Nicht davor, nein, vor exaltierten Sonderlingen um die Ecke, deren Handlungslogik spontane Blutbäder evozieren kann.

Anonym 17. Dezember 2012 um 12:45  

Lieber Wolfgang Buck, dem, was sie um 21.45 Uhr geschrieben haben, kann ich nur zustimmen und meine eigenen Träume sehen in der Regel ganz ähnlich aus. Leider sehe ich in der Realität für den Präsidenten der Corporate States of America nur zwei gangbare Möglichkeiten:

1.: Er belässt es bei der rührseligen Ansprache und geht nach zwei Wochen wieder zur Tagesordnung über. Oder

2.: Er schreibt es sich ehrlich und aufrichtig auf die Fahnen, Waffengesetze zu verschärfen (mindestens ein Verbot schnellfeuerfähiger Waffen in Privatbesitz inklusive privat geführter "Sicherheits"-firmen, vulgo Söldner) und/oder die Produzenten in ihren inländischen Absatzfreiheiten einzuschränken. Das hätte leider mindestens folgende Konsequenzen:
-er müsste das weiße Haus erweitern lassen, da seine nahe und ferne Verwandtschaft sowie seine engen Freunde und er selbst nebst Familie bis zum Ende seiner Amtszeit die Räumlichkeiten nicht mehr verlassen könnten.
-das Essen müsste bis zum Ende seiner Amtszeit mindestens einen halben Tag vorher von mindestens zwei Vorkostern getestet, einer Massenspektrometrie unterzogen, nur unter strengster Aufsicht zubereitet und dazwischen wie Gepäck auf dem Bahnsteig behandelt werden, will sagen: NICHT unbeobachtet lassen!.
-sollte er, warum auch immer, das Haus verlassen müssen, dann nur in Begleitung von mindestens fünf äusserlich identischen Doublen (am besten Klonen) und in Kettengetriebenen, bewaffneten Fahrzeugen ohne Fenster und mit besonderem Unterbodenschutz.
-fliegen viele gänzlich aus.
-die Secret-Service-Agenten müssten durch enge Familienmitglieder ersetzt werden, die zuvor von iranischen oder nordkoreanischen Spezialsten ausgebildet wurden.
-es müsste eine, am besten russisch-produzierte Flugabwehranlage rund um das weisse Haus installiert werden, auf deren Steuerung das Pentagon NICHT, NIEMALS und UNTER GAR KEINEN UMSTÄNDEN Zugriff erhalten dürfte.

So, damit liegt die Chance des Präsidenten, das Ende seiner Amtszeit zumindest mit den meisten seiner Gliedmaßen zu erleben, wahrscheinlich besser als 50/50.

Pech wäre bloß, wenn alle diese teuren Maßnahmen durchgeführt würden, und zwei Tage später würde es aus sämtlichen Medien posaunen, aus wohlinformierten Quellen sei verlautbart worden, der Präsident sei DEFINITIV kein gebürtiger Amerikaner und habe darüber hinaus über Jahre hinweg eine weisse Teenagerin im Oval Office sexuell missbraucht und dabei die Internationale gesungen.

Sorry, manchmal platzt es einfach heraus...

Gruß

L aus BO

Brandubh 18. Dezember 2012 um 00:29  

Es ist natürlich auch anthropologisch zu erklären.
Die 18000 täglich sterbenden Kinder gehören zu einer Out-Group.
Sie gehören nicht zu uns.

Unser Gott ist ja auch unser Gott, nicht der Gott der anderen, z. B. Allah.

Dei da draußen sind böse. Da muss man kein Rassist sein.
Menschsein reicht.

Oder man wird intelligent.

Brandubh 18. Dezember 2012 um 00:29  

Es ist natürlich auch anthropologisch zu erklären.
Die 18000 täglich sterbenden Kinder gehören zu einer Out-Group.
Sie gehören nicht zu uns.

Unser Gott ist ja auch unser Gott, nicht der Gott der anderen, z. B. Allah.

Dei da draußen sind böse. Da muss man kein Rassist sein.
Menschsein reicht.

Oder man wird intelligent.

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